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ОглавлениеAn Bord der STERNENSEGLER
»Ich weiß, dass du nicht dumm bist, mein Modulmann«, pfiff die Vigpanderin. »Andererseits bist du aber auch nicht so intelligent wie ich als Sternenprinzessin, die alle Dinge stets viel klarer sieht als du. Glaubst du wirklich ernsthaft, dass es eine gute Idee ist, jetzt noch einmal auf die Suche nach den Tessalern zu gehen?«
Goman-Largo beherrschte sich meisterhaft, nur um die Mundwinkel seines asketisch wirkenden Gesichtes flog ein leichtes Zucken.
»Wenn du Recht hast, dann bist du immer im Recht«, erklärte er mit unbewegter Stimme. »Ab und zu gilt das jedoch auch für andere, und in diesem Fall für mich, Neithadl-Off. Sicher, uns hat der Schwarze Ritter auf der Kristallwelt Llokyr eine Menge von Ungelegenheiten bereitet, aber das liegt nun schon weit hinter uns. Anima ist zu ihrem Atlan zurückgekehrt, Nussel und die beiden angeblichen Meisterdiebe sind mit dem fremden Schiff in unbekannte Fernen verschwunden. Was hält uns jetzt noch auf?«
»Ich fürchte mich noch immer vor dem Ritter!«, kam es kläglich zurück. »Er hat uns aufgetragen, dass wir uns um diesen ominösen Sternenmarschall kümmern sollen, der eine neue Invasion plant, vergiss das nicht.«
»Ich denke pausenlos daran«, versicherte der Tigganoi scheinbar vollkommen ernsthaft. »Andererseits wusste aber auch dieser ach so furchtbare Ritter nicht zu sagen, wann Dulugshur wieder aktiv wird, vergiss das nicht. Die Zeit ist ein Medium voller Unwägbarkeiten und durchaus keine Konstante. Einflüsse aus höheren Dimensionen wirken pausenlos auf sie ein!«
»Und was kann das bedeuten?«, erkundigte sich Neithadl-Off.
»Dass das Heute schon gestern gewesen sein kann, das Gestern aber erst morgen stattfindet«, sagte der Modulmann. »Dass ein bestimmtes Ereignis gerade dann eintritt, wenn man es erwartet, ist mehr als unwahrscheinlich, und deshalb mache ich mir auch keine großen Sorgen. Ein paar Wochen spielen in den großen kosmischen Zusammenhängen so gut wie keine Rolle. Wenn ich aber gerade in diesen Wochen auf dem Planeten Tessal eine Gruft der Zeitingenieure entdecke, kann das von größter Bedeutung sein! Nur eine ganz kleine Manipulation, und schon wird die Invasion Dulugshurs niemals stattfinden – verstehst du das?«
Die Vigpanderin seufzte leise.
»Nicht ganz, meine Stärken liegen auf anderen Gebieten«, gab sie widerstrebend zu, und Goman-Largo lächelte verhalten.
»Du bist eine Meisterin darin, die Wahrheit zu verbiegen, ich weiß«, bemerkte er süffisant. »Das mag manchmal vielleicht ganz nützlich sein, doch in diesem Fall hilft es uns wirklich nicht weiter. Kommen wir also wieder zur Hauptsache zurück: Wir machen uns umgehend auf den Weg, um nach den Tessalern und der YOI I zu suchen, keine Widerrede mehr.«
»Behandelt man so eine Partnerin?«, pfiff Neithadl-Off gekränkt. »Anstatt mich durch logische Argumente zu überzeugen oder sanft zu überreden, verbietest du mir den Gebrauch meiner Sprechwerkzeuge. Das ist infam – gut, von jetzt ab sage ich überhaupt nichts mehr!«
»Zu schön, um wahr zu sein«, murmelte der Tigganoi, aber das hörte die Parazeit-Historikerin schon nicht mehr. Sie hatte ihre roten Sensorstäbchen eingezogen und schmollte vor sich hin.
Lange würde dieser Zustand nicht anhalten, das wusste Goman-Largo aus Erfahrung. Seine Partnerin war viel zu neugierig. Für den Moment hatte er jedenfalls Ruhe vor ihr, und so wandte er sich an die Bordpositronik.
»Du hast mitgehört, POSIMOL?«, erkundigte er sich.
»Selbstverständlich«, bestätigte das Gehirn. »Das muss ich doch, denn nur so kann ich neue Daten erlangen, um meinen Wissensstand zu erweitern. Was aber die Vigpanderin angeht ...«
»Die geht dich im Augenblick gar nichts an«, stoppte der Modulmann seinen Redefluss. »Du brauchst jetzt auch keine neuen Daten, die alten genügen vollauf. Oder haben dir die Meisterdiebe etwas geklaut?«
»Welch unvornehme Ausdrucksweise!«, beklagte sich POSIMOL. »Der Umgang mit Atlan und seinen Leuten hat deine guten Sitten restlos verdorben. Nein, mir kann man so leicht nichts entwenden, meine Speicher sind nach wie vor in bestem Zustand.«
»Das freut mich aber«, meinte Goman-Largo lächelnd. »Gut, dann klaube aus ihnen die Kursdaten heraus, die du während des Fluges in Richtung Tessal aufgezeichnet hast. Und dann nichts wie ab zu jenem Punkt, an dem Sorays Aufklärer verschwunden ist, klar?«
Nun schien auch die Positronik gekränkt zu sein, denn sie gab als Antwort nur ein kurzes »Verstanden« zurück.
Das war dem Tigganoi jedoch nur recht, denn im Moment legte er in erster Linie Wert auf seine Ruhe. Er war durchaus nicht so sorglos, wie er sich nach außen hin gab, und er wollte über einige Dinge ungestört und intensiv nachdenken.
Natürlich war es ihm keinesfalls egal, dass er nun im Begriff war, den Forderungen des seltsamen »Ritters« zuwiderzuhandeln. Er wusste nur zu gut, welche Machtmittel dieser besaß, dafür war die Sternenfalle von Askyschon-Nurgh ein zu eindrucksvolles Beispiel gewesen.
Irgendwann würde er notgedrungen doch daran gehen müssen, sich um die Gefahr zu kümmern, die der wiedererwachte Dulugshur aus ferner Vorzeit darstellte. Andererseits beherrschte ihn nach wie vor der unstillbare Drang, nach Angehörigen des ominösen Ordens der Zeitchirurgen zu suchen, um ihnen das Handwerk zu legen.
Daran, dass es das Volk der Tigganoi und die Zeitschule jetzt noch gab, glaubte er nicht mehr ernsthaft. Er ahnte nicht einmal entfernt, wie viel Zeit während seiner langen Stasis innerhalb der Zeitgruft auf Xissas vergangen war, aber es musste bestimmt eine extrem lange Spanne gewesen sein.
Vermutlich war er nun der einzige, der noch etwas von diesen Dingen wusste! Also konnte nur er allein gegen die Agenten dieses Ordens agieren und sie daran hindern, durch »Zeitkorrekturen« neue gefährliche Paradoxa zu schaffen.
Falls es nun, wie er vermutete, auf Tessal tatsächlich noch eine Zeitgruft gab, konnte sie ihm dabei eine große Hilfe sein. Mehr noch, vielleicht fand er dort auch Mittel, die er gegen den Marschall aus der Vergangenheit einsetzen konnte! Dann würde es keine zweite Invasion durch seine Flotten mehr geben, und somit war indirekt auch die Forderung des Schwarzen Ritters erfüllt. Und wenn er, wie er vage hoffte, außerdem noch etwas über Corloque erfuhr ...
Goman-Largo hatte sich in seinem Sitz zurückgelehnt und die Augen geschlossen. Inzwischen hatte POSIMOL bereits den Antrieb der STERNENSEGLER aktiviert, und dessen gedämpftes Summen wirkte beruhigend auf ihn. So sehr sogar, dass er mitten im Nachdenken in den Schlaf hinüberglitt, ohne es zu merken.
Dafür hatte aber Neithadl-Off die Überzeugung gewonnen, nun lange genug geschmollt zu haben. Sie fuhr ihre Sensorstäbchen wieder aus und trippelte zu ihm hinüber, und dann kam ein entrüsteter Pfiff aus ihrer Mundleiste.
»Große Worte schwingen und andere madig machen, das kann er. Wenn er aber seinen Willen durchgesetzt hat, ist der Held müde!«, lautete ihr abfälliges Urteil.
Die STERNENSEGLER war indessen bereits in den Linearraum gegangen und jagte mit höchster Fahrtstufe ihrem Ziel entgegen.
*
Es war soweit, alle Tessaler waren wieder voll bei Besinnung. Allerdings hatte sich herausgestellt, dass sieben von ihnen leichte Verletzungen davongetragen hatten.
Sie wurden provisorisch verbunden, einige andere opferten ihre Unterwäsche dafür. Trotzdem brauchte keiner der Männer zu frieren, auch die ganz leicht bekleideten nicht. Die Temperatur in dieser Unterwelt war relativ hoch im Gegensatz zu jener in den primitiven Unterkünften auf dem eisigen Depotplaneten Tichex.
Ein echter Trost war das jedoch nicht.
Sorays Leute besaßen weiter nichts als das, was sie am Leibe trugen, und das war bei den meisten wenig genug. Dazu kamen außer den drei Kombistrahlern noch etliche Gegenstände, die sich in den Uniformen der Männer im Cockpit und des Obmanns befanden. In der Zwischenzeit hatte man diese hervorgeholt und begutachtet, aber das Resultat gab keinen Anlass zu großem Optimismus.
Drei Vibromesser mit nur spannenlangen Klingen, zwei elektronische Feuerzeuge und ein Universalwerkzeugbesteck, das Derlag nach dem Abschluss der langwierigen Reparaturen am Linearraumtaster in der Beintasche seiner Uniform vergessen hatte. Dies war alles, mit dem sich im Notfall etwas anfangen ließ, alles übrige konnte man getrost vergessen.
Soray saß auf der Kante seines Muldenbetts, betrachtete diese spärliche Ausbeute und sah überlegend vor sich hin.
Er hatte seinen spontan gefassten Entschluss, ins Blaue hinein auf die Suche nach seinem Schiff zu gehen, inzwischen revidiert. Die Logik sagte ihm, dass die Entführer – ganz gleich, wer immer sie auch sein mochten – die YOI I bestimmt nicht in unmittelbarer Nähe des Raumes untergebracht hatten, in dem er sich nun befand.
Zwar war der Aufklärer mit seinen nur zwanzig Mannshöhen Länge nicht besonders groß. In der Breite maß er jedoch reichlich sechs Höhen und in der Vertikalen immerhin fast vier davon. Damit stand fest, dass er nur durch einen geräumigen Schacht hier nach unten gebracht worden sein konnte, vermutlich in einen Hangar.
Wenn überhaupt!, resümierte der Obmann skeptisch. Es kann auch sein, dass die YOI I noch irgendwo auf der Oberfläche dieser Welt steht und man nur uns hier unten gefangen hält. Verdammt, wenn sich nur endlich einer dieser Entführer sehen ließe! Dann wüssten wir wenigstens, mit wem wir es zu tun haben, und vielleicht ließe sich durch Verhandlungen etwas zu unseren Gunsten erreichen.
Diesen Gefallen hatten sie ihm jedoch bisher nicht getan, obwohl nun schon mehr als drei große Zeiteinheiten vergangen waren.
Noch litten die tessalischen Raumfahrer keine Not. Doch es konnte nicht mehr lange dauern, dann mussten sich Hunger und Durst bemerkbar machen, und was dann ...?
In diesem düsteren Raum gab es nichts weiter als die Muldenbetten, jede Menge Staub und abgeplatzte Steinfladen. Ein Zustand also, der für tessalische Raumfahrer absolut unwürdig war, und die absolute Missachtung durch die Entführer kam noch dazu.
Ein gerechter Zorn erfasste den Obmann, er schnellte hoch und sah die abwartend herumstehenden Männer an.
»Ganz egal, was dabei herauskommt – wir brechen aus!«, knurrte er aufgebracht. »Natürlich gehe ich dabei voran, ich nehme einen der drei Strahler, Hauptmann Derlag und Adjutant Grablyn die beiden anderen. Wir bilden die Vorhut, und uns folgen drei Männer mit den Vibromessern. Wer meldet sich freiwillig dafür?«
Wie bei allen guten Soldaten hielt sich die Begeisterung für die freiwillige Teilnahme an einem Risikoeinsatz in engen Grenzen. Nur wenige Hände gingen zögernd hoch, Soray verteilte die Messer an die Nächststehenden und bedachte den Rest mit einem kühlen Blick.
»Ich werde mir jene merken, die gekniffen haben, beim Heiligen Stein!«, erklärte er streng. »Und gerade ihr werdet nun mitkommen, allerdings ohne eine Waffe ... Nur zwei bleiben zurück, um sich um die Verletzten zu kümmern.«
In weiser Voraussicht bestimmte er dazu den Piloten und den Navigator. Diese beiden waren die wichtigsten Leute, sofern es gelang, den Aufklärer zu entdecken und wieder in Besitz zu nehmen. Dann setzte sich der Obmann in Bewegung und ging mit energischen Schritten auf den einzigen Ausgang zu.
Die große Tür bestand aus einem stumpfgrauen Metall, das aber deutliche Spuren von Korrosion aufwies. Das bestätigte Sorays Auffassung über das Alter der subplanetaren Anlage, aber immerhin war die Tür verschlossen. Allerdings nur mit einem mechanischen Schloss, Soray stellte das mit einem raschen Blick fest und wandte sich an den Hauptmann.
»Nun bist du dran, Derlag, mit deinem Universalbesteck. Du wirst es doch wohl schaffen?«
»Kein Problem, Obmann«, versicherte sein Stellvertreter, und damit behielt er auch Recht.
Es dauerte nur knapp zwanzig Sekunden, dann gaben die Halterungen der primitiven Verriegelung nach. Leise knirschend schnappten sie zur Seite, der Hauptmann lächelte stolz und trat zurück.
»Der Weg ist frei, Obmann!«, bemerkte er lakonisch. »Jetzt hast du die Ehre, uns aus der Gefangenschaft zu führen, wie es einem hohen tessalischen Offizier gebührt.«
Das war natürlich gewaltig übertrieben, denn noch wusste niemand, was sich jenseits dieser Tür befand. Diese Ungewissheit bereitete auch Soray einiges Unbehagen, aber er spürte förmlich die Blicke seiner Untergebenen im Rücken. Er hatte erklärt, dass er ihnen vorausgehen würde, und so musste er es nun auch tun.
»Mir nach!«, stieß er betont energisch hervor, hob den Strahler mit der rechten Hand und drückte mit der linken die mit rötlicher Patina überzogene Klinke nieder.
Dann gab er dem Portal einen Stoß, es schwang knarrend auf und gab den ersten Abschnitt eines langen Weges frei.
*
Die STERNENSEGLER hatte, da die Kursdaten vorlagen, die Strecke ohne Unterbrechung zurückgelegt. Schon nach wenigen Stunden lief das Überlichttriebwerk aus, das Singen der Linearkonverter hörte auf. Das Schiff glitt in den Normalraum zurück, das kalte Funkeln der Sterne erschien auf den Bildschirmen, und POSIMOL verkündete:
»Linearflug beendet, der Zielpunkt wurde ohne eine merkliche Abweichung erreicht. Ich kann weder das Schiff der Tessaler noch andere Raumfahrzeuge orten und ersuche um neue Anweisungen.«
Goman-Largo hatte den ganzen Flug verschlafen und wurde erst durch die Stimme des Bordgehirns geweckt. Er fuhr zusammen, rieb sich kurz die Augen und schüttelte verwundert den Kopf.
»Wie, wir sind schon da? Habe ich wirklich so lange gepennt – und weshalb hast du mich nicht früher geweckt, Neithadl-Off?«
»Warum sollte ich?«, fragte die Vigpanderin spitz zurück. »Das Schiff kommt schließlich auch ohne deine meist unnötigen Anweisungen aus, und ich habe Wache gehalten. Ein reines Vergnügen war das jedoch nicht, du hast Geräusche von dir gegeben wie ein hungriger Saurier.«
»Willst du etwa behaupten, ich hätte geschnarcht? So etwas tue ich nie«, entrüstete sich ihr Gefährte.
»Wirklich nicht?«, pfiff Neithadl-Off amüsiert. »Nun, ich kann dir leicht das Gegenteil beweisen, denn ich habe ein Tonaufnahme davon gemacht. Willst du sie hören?«
»Keine Zeit, wir haben jetzt anderes zu tun«, wehrte der Modulmann ab. »Du kannst wirklich nichts feststellen, auch nicht eine Restenergiespur, POSIMOL?«
»Du verlangst Unmögliches von mir«, sagte die Positronik. »Wie sollen die Taster etwas hereinbringen, das schon vor Monaten nicht vorhanden war? Es gibt keine Spur von der YOI I.«
»Trotzdem werden wir jetzt intensiv nach ihr suchen«, bestimmte Goman-Largo. »Der fremde Einfluss, der sie erfasst hat, war längst nicht so stark wie der vorhergehende Sextadim-Schock, er kann sie unmöglich vernichtet haben. Schon gar nicht, ohne dass etwas von ihr zurückgeblieben ist, das ist doch klar.«
»Mir nicht«, kam es von der Vigpanderin, und Goman grinste kurz.
»Kein Wunder, Sternenprinzessinnen werden schließlich in ganz anderen Dingen unterrichtet, nicht wahr? Nun, die Dinge liegen so: Der Aufklärer wurde zwar von übergeordneten Energien erfasst, aber er bestand nach wie vor aus normaler Materie. Diese kann in einer höheren Dimension nicht länger als wenige Mikrosekunden existieren, weil sie dort ein Fremdkörper ist. Deshalb wird sie dann sofort wieder ausgestoßen, so wie ich etwas ausspucke, das einen üblen Geschmack hat. Kannst du mir geistig folgen?«
»Natürlich, obwohl dieser Vergleich nicht besonders ästhetisch war«, konterte Neithadl-Off. »Du willst damit ausdrücken, dass das Schiff der Tessaler vorübergehend aus unserem Normalraum entfernt, aber gleich darauf wieder in ihn zurückversetzt wurde. Nur nicht an der gleichen Stelle, weil das Universum in steter Bewegung ist, nicht wahr?«
»Du bist wirklich ein kluges Mädchen«, lächelte der Modulmann. »So muss es gewesen sein, und das Phänomen wurde bestimmt durch den Schwarzen Ritter verursacht, dessen bin ich sicher. Er hat uns ja nach unserer Rückkehr aus dem Muruth-System sehr deutlich bewiesen, zu welchen ungewöhnlichen Dingen er fähig ist.«
Die Vigpanderin zog ihre Sensorstäbchen halb ein.
»Schon der bloße Gedanke daran lässt mich jetzt noch schaudern«, pfiff sie misstönend. »Allerdings verfolgte er mit seinen anomalen Manipulationen keine wirklich bösen Zwecke, das hat sich ja zum Schluss herausgestellt. Wenn ich es so betrachte, glaube ich nun auch nicht mehr, dass er die Tessaler einfach umgebracht hat.«
»Wie schön, dass wir einmal wieder meiner Meinung sind«, sagte Goman-Largo lakonisch. »Gut, dann jetzt an die Arbeit, wir haben keine Zeit zu verlieren. POSIMOL, schleuse sofort alle Sonden aus, die über die nötigen Messinstrumente verfügen! Sie sollen den Raum im Umkreis von mindestens drei Lichtmonaten genauestens absuchen und auch den kleinsten Fremdkörper daraufhin analysieren, ob er Bestandteil der YOI I gewesen sein kann.«
»Ich habe verstanden, Anweisung wird sofort ausgeführt«, gab die Positronik zurück.
Schon Sekunden später verließen etwa zwei Dutzend kleine runde Körper das Schiff und schossen in alle Richtungen davon. Sie waren mit Mini-Impulstriebwerken ausgerüstet, die sie befähigten, kurze Raumsprünge nach Art von Transitionen durchzuführen, aber trotzdem bereitete sich der Modulmann auf eine lange Wartezeit vor.
Selbst bei der Beschränkung auf die vormalige Flugebene waren drei Lichtmonate alles andere als eine Kleinigkeit. Billiarden von Kubikkilometern mussten von den Sonden durchforscht werden, wobei ihre Kurse sich nach einem bestimmten Schema tangierten. Atlan hatte ein solches Verfahren einmal als »Suche nach einer Nadel in einem Heuhaufen« bezeichnet, das fiel dem Tigganoi jetzt ein.
Er wusste zwar nicht, was ein Heuhaufen war, aber er begriff den Sinn dieser Parabel sehr gut.
Neithadl-Off hatte inzwischen den Steuerraum verlassen mit der Bemerkung, Nahrung zu sich zu nehmen und anschließend etwas ruhen zu wollen. Auch ihr Gefährte verspürte jetzt Hunger und suchte die Automatküche auf, fand die Vigpanderin dort aber nicht mehr vor. Er orderte ein Mahl nach seinem Geschmack und aß mit gutem Appetit.
POSIMOL wachte in dieser Zeit selbständig über das Schiff und wertete die Signale aus, die ihm laufend von den Sonden zugefunkt wurden. Die Ergebnisse waren recht mager, das erkannte Goman-Largo, als er wieder auf seinen Platz zurückkehrte. Daran änderte sich auch in den folgenden Stunden nichts.
»Nur kosmische Mikromaterie, dazwischen relativ wenig größere Partikel, die aus benachbarten Sonnensystemen stammen«, resümierte die Positronik schließlich. »Vom Schiff der Tessaler ist nicht die geringste Spur zu entdecken, die Suche war vergeblich. Die Sonden haben die Grenzen des vorgegebenen Sektors erreicht und kehren wieder zum Schiff zurück.«
Der Modulmann fluchte leise.
»Der Teufel soll den Schwarzen Ritter holen!«, lautete sein wenig frommer Wunsch.
»Was ist ein Teufel?«, erkundigte sich POSIMOL sofort. »Ein Wesen dieses Namens kommt in meinen Speichern bisher nicht vor. Kannst du den Begriff näher definieren, damit mein Wissen ergänzt wird?«
»Ach, geh doch zum Teufel!«, knurrte Goman-Largo, erkannte im nächsten Moment den Unsinn dieser Worte und grinste kurz. »Später einmal, lass mich jetzt in Ruhe. Ich muss überlegen, was wir noch tun können, um die Tessaler wieder aufzuspüren – es gibt auf ihrem Heimatplaneten eine Zeitgruft, davon bin ich fest überzeugt.«