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Die Debatte über den Hirntod

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Bis in die 1960er Jahre galt es als unvorstellbar, dass ein Mensch für tot erklärt werden könnte, solange sein warmes Blut durch seine Adern fließt. Seit der Einführung des Hirntodkriteriums hat sich die Lage grundlegend verändert. Auf die sogenannten Hirntoten trifft genau das zu, was lange undenkbar war: Sie gelten als tot, obwohl zumindest einige ihrer Lebensfunktionen mit technischen Mitteln aufrechterhalten werden. Innerhalb kurzer Zeit hat sich also ein radikaler Wandel des Todesbegriffs vollzogen. Wodurch wurde er ermöglicht?

Die Einführung des Hirntodkriteriums stellte eine Reaktion auf zwei sich in etwa zeitgleich vollziehende Entwicklungen in der Medizin dar. Bis nach dem Zweiten Weltkrieg wurde der Tod eines Menschen anhand des Herztodkriteriums festgestellt. Ein Mensch galt als tot, wenn seine Atmung und sein Kreislauf zum Erliegen gekommen waren. Der Herztod konnte in der Praxis mit dem Hirntod gleichgesetzt werden, denn erstens bewirkte ein entsprechend langer Ausfall der Atmung und des Kreislaufs, dass das Gehirn nicht mehr in ausreichendem Maß mit Sauerstoff versorgt und daher irreversibel geschädigt wurde. Und zweitens führte eine schwere Schädigung des ganzen Gehirns stets dazu, dass der Organismus nicht [20]mehr imstande war, eigentätig seine Atmung und seinen Blutkreislauf aufrechtzuerhalten. Dieser enge Zusammenhang wurde durch den technischen Fortschritt aufgelöst. Die Herzdruckmassage, die künstliche Beatmung und vor allem die Einführung der Herz-Lungen-Maschine ermöglichten es, Menschen am Leben zu erhalten, die bis dahin binnen kurzer Zeit gestorben wären. In der Folgezeit häufte sich die Zahl der Patienten, deren Gehirntätigkeit endgültig ausgefallen war, bei denen aber mittels der Herz-Lungen-Maschine der Blutkreislauf und die Versorgung mit Sauerstoff aufrechterhalten wurden. Der Zustand, in dem sich diese Menschen befanden, wurde 1959 von den französischen Ärzten Pierre Mollaret und Maurice Goulon erstmals als »endgültiges Koma« (coma dépassé) beschrieben.

Zweitens entstand in den 1950er Jahren die Transplantationsmedizin, die innerhalb weniger Jahrzehnte rasante Fortschritte machte. Bereits im Jahr 1967 führte der südafrikanische Arzt Christiaan Barnard die erste Herztransplantation durch. Transplantationen von Nieren und anderen Organen gehören heute zu den Routineoperationen. Mit den technischen Möglichkeiten wuchs auch der Bedarf an Transplantaten; und so war es ein naheliegender Gedanke, Menschen, die sich im endgültigen Koma befanden, als Organspender in Betracht zu ziehen.

Diese beiden Tendenzen, der Fortschritt der Medizintechnik und die Entwicklung der Transplantationsmedizin, riefen in ihrem Zusammenspiel das Bedürfnis nach einer Revision des Todeskriteriums hervor. Zu diesem Zweck wurde 1968 an der Harvard Medical School eine aus Medizinern, Theologen und Juristen bestehende [21]Ad-hoc-Kommission einberufen. Diese Kommission schlug vor, den Hirntod als neues Todeskriterium einzuführen. Für diesen Vorschlag nannte sie in ihrem Bericht zwei Gründe. Erstens stelle der Zustand des endgültigen Komas für die Patienten, deren Angehörige und die Krankenhäuser eine schwere Belastung dar, zweitens könne das Festhalten an überholten Kriterien des Todes zu Schwierigkeiten bei der Beschaffung von Organen für die Transplantation führen. Bereits kurz zuvor hatte die von der Deutschen Gesellschaft für Chirurgie eingesetzte Kommission für Reanimation und Organtransplantation in ihrer Stellungnahme für die Einführung des Hirntodkriteriums plädiert. Diese Erklärung fand jedoch in der Öffentlichkeit nicht so große Aufmerksamkeit wie der Bericht der Ad-hoc-Kommission in Harvard.

Im Verlauf der folgenden Jahrzehnte wurde das Hirntodkriterium von zahlreichen Staaten und ärztlichen Organisationen anerkannt. Auch in der Bundesrepublik Deutschland wurde es in das geltende Recht übernommen. Die Kompetenz für die Festlegung der Verfahren, die für die Feststellung des Hirntods nötig sind, übertrug der Gesetzgeber der Bundesärztekammer. Eingang fand das Hirntodkriterium unter anderem in das 1997 nach einer langen und kontroversen Diskussion verabschiedete sogenannte Transplantationsgesetz.5

Da die Einführung des Hirntodkriteriums einen Bruch mit der überkommenen Auffassung des Todes darstellte, ist es nicht verwunderlich, dass die Feststellung des Todes anhand des Hirntods von Beginn an von heftigem Widerstand begleitet wurde. Zu den ersten Kritikern des Hirntods zählte der Philosoph Hans Jonas. Er warf den [22]Verfechtern des Hirntodkriteriums vor, dass sie den Tod aus einem bestimmten Interesse, nämlich demjenigen, leichter Organe für die Transplantation gewinnen zu können, »umdefiniert« hätten.6 Den Verdacht, dass die Änderung des Kriteriums nicht nur auf naturwissenschaftlich-medizinischen Erwägungen beruhte, sondern von bestimmten Interessen geleitet war, hegte nicht nur Hans Jonas. Diese Vermutung spielt bis heute eine wichtige Rolle in der Diskussion.

Bevor wir uns den Argumenten zuwenden, die für und gegen die Angemessenheit der Rede vom Hirntod vorgebracht werden, muss eine Unterscheidung eingeführt werden, die unerlässlich ist, wenn man die Stichhaltigkeit dieser Argumente beurteilen will. Zu unterscheiden sind die Definition des Todes, die Kriterien des Todes und die Testverfahren, welche die Feststellung des Todes erlauben. Die Definition des Todes kann – wie jede andere Definition – weder wahr noch falsch sein, weil durch sie festgelegt wird, was der Begriff »Tod« bedeuten soll. Allerdings sollte sie, damit Mehrdeutigkeiten und Missverständnisse vermieden werden, dem umgangssprachlichen Vorverständnis des Begriffs nicht widersprechen und so weit wie möglich mit ihm übereinstimmen. Erst wenn man sich darüber geeinigt hat, was »Tod« bedeuten soll, kann sinnvoll danach gefragt werden, welche Kriterien die Feststellung des Todes erlauben, welche Bedingungen also erfüllt sein müssen, damit ein Organismus als tot bezeichnet werden darf. Ob sie erfüllt sind, muss mittels geeigneter Testverfahren geprüft werden. Da es sich bei der Frage, welche Verfahren in Bezug auf ein bestimmtes Kriterium geeignet sind, um ein rein technisches Problem handelt, dürfte es kaum grundsätzliche Meinungsverschiedenheiten über die [23]Testverfahren zur Todesfeststellung geben. Deshalb beschränkt sich die Kontroverse weitgehend auf die Definition und die Kriterien des Todes. Die Unterscheidung der begrifflichen Ebenen erlaubt es, jeweils präzise festzustellen, ob sich ein Argument grundsätzlich gegen ein bestimmtes Todesverständnis wendet oder ob es nur dazu dient, die Angemessenheit eines Todeskriteriums in Zweifel zu ziehen, ohne dass der zugrunde liegende Begriff des Todes infrage gestellt wird.

Die Befürworter des Hirntodkriteriums haben im Wesentlichen drei Gründe für dessen Angemessenheit angeführt. Erstens verweisen sie darauf, dass es sich beim Hirntod nur um neues Kriterium, nicht aber um eine neue Definition des Todes handle. Wie das früher gebräuchliche Herztodkriterium setze auch das Hirntodkriterium die Definition des Todes als Ganztod voraus. Gemäß diesem bereits vorgestellten Begriff des Todes ist ein Organismus dann tot, wenn er die Fähigkeit, mittels der Lebensfunktionen seine Bestandteile zu integrieren und sich als ein funktionelles Ganzes zu erhalten, ein für alle Mal verloren hat. An dieser Definition ändere sich durch die Einführung des Hirntodkriteriums nichts. Deshalb sei der Vorwurf, dass die Akzeptanz des Hirntods zu einer Verdopplung des Todesbegriffs führe – dem Tod des Menschen stehe nun der Tod des Gehirns gegenüber –, verfehlt. Der entsprechende Verdacht könne nur entstehen, wenn man nicht zwischen Ganztod und Partialtod unterscheide. Sobald man diesen grundsätzlichen Unterschied berücksichtige, werde jedoch deutlich, dass der Partialtod eines Organs, der des Gehirns, als Kriterium des Ganztodes des Organismus fungiere.

[24]Zweitens sei das Bewusstsein, zumindest in potenzieller Form, ein wesentliches Merkmal eines lebendigen Menschen. Die Hirntoten hätten aber aufgrund der schwer wiegenden und irreparablen Schädigung ihres Gehirns die Fähigkeit, etwas bewusst zu erleben und bewusst zu handeln, endgültig verloren. Das unterscheide sie von schlafenden und vorübergehend bewusstlosen Menschen ebenso wie von Embryonen, bei denen das Gehirn zwar noch nicht ausgebildet ist, die aber gewöhnlich zu Menschen mit einem intakten Gehirn und der Fähigkeit zum bewussten Erleben und Handeln heranreifen werden.

Drittens sei der Organismus der Hirntoten nicht mehr imstande, die Lebensfunktionen selbstständig zu vollziehen und seine Bestandteile und deren Funktionen in ein funktionelles Ganzes zu integrieren. Eben diese Fähigkeit sei aber gemäß der funktionalen Definition des Lebens ausschlaggebend für die Lebendigkeit eines Menschen. Im Übrigen lasse sich durch die Unterscheidung zwischen Ganztod und Partialtod verständlich machen, warum die Tatsache, dass die meisten Organe des Hirntoten noch leben, keinen hinreichenden Grund dafür darstelle, den ganzen Menschen als lebenden anzusehen.

Die Kritiker des Hirntodkriteriums teilen in der Regel die Auffassung, dass zwischen Ganztod und Partialtod unterschieden werden muss. Außerdem können sie sich der Meinung anschließen, dass der Tod funktional als Ausfall der Lebensfunktionen und als Ende der Selbstintegration des Organismus verstanden werden muss. Sie schreiben dem Begriff der organischen Integration jedoch eine andere Bedeutung als die Verfechter des Hirntodkriteriums zu, und sie bestreiten, dass der Organismus eines sogenannten [25]Hirntoten außerstande ist, seine Organe und Funktionen in ein Ganzes zu integrieren.

Im Einzelnen lassen sich folgende wichtige Einwände gegen die Angemessenheit des Hirntodkriteriums ausmachen: 1. Aktuales oder potenzielles Bewusstsein ist keine notwendige Bedingung für Lebendigkeit. 2. Die Fähigkeit zur organischen Integration ist graduell abstufbar. Die Behauptung, dass der Organismus eines »Hirntoten« diese Fähigkeit gänzlich eingebüßt habe, ist falsch. Richtig ist hingegen, dass sie bei ihm in einem geringeren Maße vorliegt als bei einem gesunden Menschen. 3. Wenn die sogenannten Hirntoten tatsächlich tot wären, dann müsste man konsequenterweise unmittelbar nach der Todesfeststellung alle technischen Maßnahmen, die der Aufrechterhaltung der Lebensfunktionen dienen, abbrechen. Tatsächlich werden diese Maßnahmen jedoch fortgeführt. Diese drei Einwände sollen kurz erläutert werden.

Gegen die These, dass Bewusstsein eine notwendige Bedingung der Lebendigkeit ist, spricht, dass es Menschen gibt, die zwar die Fähigkeit zum bewussten Erleben und Handeln endgültig verloren haben, bei denen aber die wesentlichen Lebensfunktionen intakt sind. Dies gilt für Menschen, die am apallischen Syndrom leiden, und – mit Einschränkungen – für anenzephale Neugeborene. Beim apallischen Syndrom, das auch als Wachkoma oder ständiger vegetativer Zustand bezeichnet wird, handelt es sich um ein Krankheitsbild, das durch schwere Schädigungen des Großhirns gekennzeichnet ist. Dabei bleiben jedoch die Funktionen des Zwischen- und Stammhirns sowie des Rückenmarks erhalten. Diese Teile des Zentralnervensystems steuern die vegetativen Lebensfunktionen. Deshalb [26]ist der Organismus eines Apallikers in der Lage, ohne technische Unterstützung wesentliche Vitalfunktionen aufrechtzuerhalten: Atmung, Blutkreislauf, Temperaturregulation und Stoffwechsel. Die Patienten, die sich im Wachkoma befinden, weisen keine oder nur zu vernachlässigende Anzeichen von Bewusstsein auf; gemäß der Ganztoddefinition sind sie aber zweifellos nicht tot. Bei künstlicher Ernährung und medizinischer Betreuung können sie im vegetativen Zustand jahrelang überleben. Ähnliches gilt, allerdings mit starken Einschränkungen, für anenzephale Neugeborene, bei denen große Teile des Gehirns nicht ausgebildet worden sind. Sie können selbst bei intensivmedizinischer Betreuung in der Regel nur wenige Tage überleben, in dieser Zeit sind bei ihnen die Atmung, der Blutkreislauf und die Temperaturregulation allerdings intakt.

Der Verweis auf Patienten im Wachkoma und anenzephale Neugeborene zeigt, dass gemäß der funktionalen Definition des Lebens anhand der Vitalfunktionen aktuales oder potenzielles Bewusstsein keine notwendige Bedingung der Lebendigkeit ist. Daher vermag das erste Argument der Befürworter des Hirntodkriteriums nicht zu überzeugen.

Wie steht es um das zweite Argument? Hat der Körper eines Hirntoten die Fähigkeit der organischen Integration vollständig eingebüßt? Gegen diese Behauptung lassen sich verschiedene, miteinander zusammenhängende Einwände vorbringen. Zunächst kann man darauf verweisen, dass die Fähigkeit zur Selbstorganisation in graduellen Abstufungen vorliegen kann. Bei den sogenannten Hirntoten liegt sie zwar in viel geringerem Maße vor als bei anderen Menschen, gänzlich verloren gegangen ist sie jedoch nicht. [27]Wenn der Körper eines Hirntoten tatsächlich gänzlich außerstande wäre, seine Bestandteile und Funktionen zu einem funktionellen Ganzen zu integrieren, dann würde er die gleichen Begleiterscheinungen des Totseins aufweisen wie ein Leichnam: Leichenstarre, einsetzende Verwesung usw. Tatsächlich verhält es sich jedoch anders, der Körper des Hirntoten sichert die Erhaltung seiner Bestandteile. Nicht nur dies: Wie der bekannte Fall des Erlanger Babys zeigt, ist ein hirntoter Organismus sogar fähig, einen heranwachsenden Embryo zu ernähren.

Hans Jonas hat in diesem Zusammenhang auf ein weiteres Problem hingewiesen. Die technischen Maßnahmen, durch die der Blutkreislauf und die Sauerstoffversorgung der Hirntoten aufrechterhalten werden, dienen dem Zweck, die Organe oder Gewebe, die für eine Transplantation vorgesehen sind, in einem guten Zustand zu halten. Dies ist aber nur möglich, weil durch Sauerstoffversorgung und Kreislauf die funktionelle und substanzielle Erhaltung der Teile des Organismus gesichert wird.7 Also ist auch das zweite Argument für das Hirntodkriterium, der Verweis auf die angeblich fehlende organische Integration, ernst zu nehmenden Einwänden ausgesetzt.

An dieser Stelle der Argumentation kann allerdings der Befürworter des Hirntodkriteriums eine weitere Überlegung ins Spiel bringen, um seine Position gegen die genannten Einwände zu verteidigen: Es sei zwar richtig, dass ein hirntoter Organismus noch ein funktionales Ganzes sei, seine funktionale Einheit verdanke er jedoch allein technischen Maßnahmen, also äußeren Faktoren. Ein Körper sei aber nur dann lebendig, wenn er seine Lebensfunktionen selbstständig vollziehen könne:

[28]»Entscheidend ist […] nicht, ob der Organismus oder seine Teilsysteme die Fähigkeit verlieren, zentral gesteuert beziehungsweise integriert werden zu können, sondern ob er selber fähig ist, diese Steuerungs- und Integrationsleistungen auszuüben. Würden eines Tages Computer entwickelt, die – eine gespenstische Vision – fähig wären, nach Funktionsausfall des Gehirns dessen Integrationsfunktionen zu übernehmen und ihn wie einen lebendigen Menschen agieren zu lassen, würde das an dem Tod des auf diese Weise marionettenhaft von außen gesteuerten Menschen nichts ändern. Zum Vergleich: Ein fahruntüchtig gewordenes Auto wird nicht dadurch fahrtüchtig, daß ein außerhalb angebrachter Motor Antriebsleistung auf seine Räder überträgt.«8

Darauf können die Kritiker des Hirntodkriteriums wiederum erwidern, dass die funktionale Definition des Lebens es offenlässt, ob »die Organtätigkeit, deren irreversibles Aufhören den Tod darstellt, spontan sein muß und nicht als Leben zu rechnen ist, wenn sie künstlich induziert und aufrechterhalten wird«9.

Meiner Meinung nach stoßen wir an diesem Punkt der Auseinandersetzung auf die entscheidende Frage: Gehört es zum Begriff des Lebens, dass ein Körper die Lebensfunktionen ohne technische Unterstützung aufrechterhält? Diese Frage muss eindeutig mit Nein beantwortet werden, weil beispielsweise Menschen mit einem Herzschrittmacher oder Dialysepatienten zweifellos nicht tot sind. Also muss im zweiten Schritt gefragt werden, in welchem Maße die Vitalfunktionen unabhängig von [29]technischen Maßnahmen erfolgen können müssen, damit ein Körper als lebendig gelten darf. Erst wenn diese Frage überzeugend beantwortet ist, wird es meines Erachtens möglich sein, eine klare Grenze zwischen lebendigen und toten Menschen zu ziehen und endgültig zu entscheiden, ob die sogenannten Hirntoten tot sind oder nicht.

Die vorangegangenen Ausführungen könnten den Eindruck erweckt haben, dass die Zulässigkeit der Organentnahme bei »Hirntoten« ausschließlich davon abhängt, ob diese Menschen tatsächlich tot sind. Dieser Eindruck ist jedoch irreführend. Es darf nämlich nicht ausgeschlossen werden, dass unter bestimmten Umständen auch die Organentnahme bei lebenden Menschen moralisch erlaubt sein könnte. Selbst wenn die sogenannten Hirntoten nicht wirklich tot sein sollten, dürfte also nicht grundsätzlich ausgeschlossen werden, dass ihnen unter besonderen Umständen Organe zum Zweck der Transplantation entnommen werden könnten. Darüber sollte zumindest eine offene Debatte möglich sein, deren Ergebnis nicht im Voraus feststehen darf.10

Obwohl sich das Hirntodkriterium in der Praxis weitgehend durchgesetzt hat, hält die Debatte über seine Angemessenheit an. Da bei der Festlegung eines Todeskriteriums viel auf dem Spiel steht und seine Einführung weitreichende Folgen für das gesellschaftliche Leben hat, dürfte sich daran in naher Zukunft nichts ändern.

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