Читать книгу Dunkle Wolken über Bernice - Heidi Christina Jaax - Страница 10

Der Stutzer

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Amelie befand sich gerade im Innenhof, als Marc de Ville mit zwei Freunden am Spätnachmittag zu Pferde eintraf. Ein Blick in seine kalten Augen genügte ihr, um instinktiv zu empfinden, hier droht Gefahr. Er war edel und teuer gekleidet, für eine Reise zu Pferd etwas zu auffällig, denn seine pflaumenfarbenen Beinkleider aus Samt waren für einen Ritt denkbar unpraktisch. Auch sein blütenweißes mit Rüschen verziertes Hemd hatte unterwegs Schaden genommen. Seine golddurchwirkte Weste schimmerte schon von ferne und sein glänzendes, schulterlanges, blondes Haar war doch tatsächlich mit einer Brennschere geformt worden und mit einem schmalen, schwarzen Band aus Samt im Nacken kunstvoll gebunden. Das einzig Vernünftige an der Kleidung diese Gecken schienen die Reitstiefel zu sein, auch diese waren aus feinstem Leder und am Schaft mit einer auffälligen Spange verziert.

Die Freunde wurden von Claire und Suzette in der Halle begrüßt und Amelie fiel gleich die merkwürdige Reaktion von Claire auf, als Marc de Ville ihre Hand küsste und diese im Anschluss auch noch unschicklich lange hielt. Ihre Augen leuchteten, ein strahlendes Lächeln verzauberte ihr zartes Gesicht und sogar Amelie verspürte das Knistern in der Atmosphäre, obwohl sie in Liebesdingen noch über keinerlei Erfahrungen verfügte. Auch Suzette hob ihre kunstvoll gezupften Augenbrauen bei seinem Anblick, ließ sich aber die Bewunderung seiner aufgeputzten Männlichkeit nicht anmerken. Auch sie begrüßte er formvollendet, jedoch mit reduziertem Charme, da er sich unterwegs sicherlich bei seinen Reisebegleitern informiert hatte, welche der beiden Frauen über ein respektables Vermögen verfügte und somit eine lohnende Beute darstellte. Nach eigenen Angaben war er der Spross einer verarmten Adelsfamilie aus dem Süden des Landes, niemand kannte ihn und doch wurde er gleich als einer der Ihren behandelt. Wovon er lebt war unklar, es stand jedoch fest, dass er ein exzellenter Spieler war, der zumindest im Kreis der Amateure auf Schloss Bernice Seinesgleichen suchte. Als am Abend noch einige Gäste aus der Nachbarschaft hinzukamen, waren zumindest alle Frauen von ihm hingerissen und hingen verzückt an seinen Lippen, aus denen die Komplimente nur so herausströmten. Er verstand es auch interessant und kurzweilig zu erzählen und brachte im Laufe des Abends so manche Anekdote zu Gehör. Die einheimischen Männer betrachteten jedoch den Paradiesvogel mit Zurückhaltung und vereinzelt sogar mit Misstrauen, seinem zu offensichtlichen Charme verfielen sie nicht. Schon alleine die Äußerlichkeiten ließen keinen Vergleich mit den derben Gesichtszügen des Landadels zu, welcher auch in modischen Aspekten gänzlich andere Prioritäten setzte.

Er blieb einige tage auf Bernice und Claire blühte auf. Am kommenden Tag ließ die Schneiderin kommen und gab neue Kleider in Auftrag, in Farben welche sie nie zuvor getragen hatte. Auch verbrachte sie viel Zeit vor dem Frisierspiegel, wo sie mit Suzette neue Frisuren kreierte und strahlte von früh bis spät heller als der Sonnenschein. Normalerweise hätte diese Tatsache Amelie sehr gefreut, jedoch die Ursache der neuen Lebensfreude war ihr immer noch suspekt. Auch hatte Marc de Ville bei einem Blick in Amelies forschende, dunkle Augen verstanden, dass er zumindest ein weibliches Wesen auf Bernice nicht beeindruckt hatte. Um diese Problem würde er sich später kümmern. Amelie war spürbar erleichtert, als nach vier Tagen mit seinen Freunden abreiste. Doch ihre Freude währte nicht lange, denn schon nach einer Woche kehrte er alleine zurück. Er hatte eine vertrauliche Unterhaltung mit Claire, die danach strahlend, wie auf Wolken schwebend durch das Schloss lief und so nahm das Unheil seinen Lauf.



Dunkle Wolken über Bernice

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