Читать книгу Karo ? nein danke - Heidi Hollmann - Страница 4
Erdnüsse
ОглавлениеDie Spatzen pfiffen es von den Dächern. Der Milchmann wusste Bescheid, der Eiermann hatte es ebenfalls erfahren, die meisten ihrer Nachbarn auch. Im Grunde genommen war das ganze Viertel im Bilde.
Nur die, die es eigentlich anging, war ahnungslos wie es häufig genug der Fall ist. Sie ließ sowieso immer alles auf sich zukommen. Wozu sich unnötig aufregen, war ihre Devise schon seit langem. So hatte sie es zeitlebens gehalten und war gut damit gefahren. Auch wurde sie niemals von Neugier geplagt wie so manche der Frauen in ihrem Umkreis. „Was ich nicht weiß, macht mich nicht heiß“, hämmerte sie sich ein, falls sie mal ein unguter Gedanke überfiel.
Eben war ihr treuer Adam wie allabendlich ziemlich spät mit seinem Dackel ins Haus getreten. „Wir gehen noch mal eben Gassi“, hatte er ihr vor ca. zwei Stunden gesagt. Das Ebengassigehen dehnte sich meist aus. Wie immer freute sie sich, die beiden wiederzusehen, die, die ihr am nahesten standen. Ihr wurde warm ums Herz. Kinder hatten die Eheleute nicht. Deshalb wurde ihr der Tag häufig entsetzlich lang. Wenn ihr die Decke mal wieder auf den Kopf fiel, lud sie ihre beste Freundin Annegret zu sich ein. Nur schade, dass Adam sie nicht mochte. Sie war verwitwet und wohnte zwei Strassen weiter. Ilse bekam ein Hochgefühl, als sie ihren stattlichen, schwarzhaarigen Mann zur Garderobe gehen sah, wo er sich den Mantel auszog, an dem ein paar Schneeflocken klebten. Gutgelaunt bekam sie danach von ihm ein Küsschen, wozu sie ihm stets gewohnheitsmäßig ihre linke Wange bot, ihre Schokoladenseite. Sie führten eine gute Ehe und sie war dem Schicksal dankbar dafür.
Es war bitterkalt und sie wunderte sich nicht zum ersten Mal, wieso er es so lange bei diesem Wetter draußen aushielt. Gut, dass Pfiffi sein Mäntelchen anhatte. Sie nahm es von seinem Rücken, wobei sie ihm unvorsichtig den Bauch eindrückte. Das Tier sprang hoch und jaulte. Es fühlte sich ziemlich warm an. Hatte der Hund vielleicht Fieber? Besorgt betastete sie seine Nase. Dem armen Kerl schien es nicht besonders gut zu gehen. Er legte sich ins Körbchen und schaute hilfesuchend sein Frauchen an.
„Was mach ich nur mit dir“, sagte Ilse und war ganz deprimiert. „Ist was mit dem Hund?“, fragte sie ihren Mann. „Was soll denn mit ihm sein?“, antwortete er seiner Frau, die sich mit der Hand zittrig über ihr rotes Haar fuhr. Sie schüttelte den Kopf und blieb vor dem armen Tier stehen. „Irgendetwas stimmt mit dem Kleinen nicht!“ Pfiffi benahm sich ziemlich auffällig. Er öffnete ab und an die Schnauze, als wenn er um Luft ringen müsste. Speichel lief aus seinem armen Mäulchen. Dann mit einem Würgelaut und einem Ruck spie er etwas auf den Teppich.
„Erdnüsse“, stellte Ilse erstaunt fest. Diese Dickmacher kämen ihr niemals ins Haus hatte sie zu Adam gesagt. „Auch dann nicht, wenn Pfiffi dahinterher ist!“
Im Gegensatz zu ihr schwärmte Freundin Annegret nahezu für diese Dinger und hatte reichlich Vorräte angelegt.
Bei Ilse schrillten die Alarmglocken. Deshalb blieben also Hund und Herrchen so unverschämt lange aus! Ihr fehlte nur noch, dass Adam ihr unterzujubeln versuchte, er hätte Annegret wegen Pfiffis Gusto auf Erdnüsse besucht. Ilse schnappte sich ihren Adam, stellte ihn kurz zur Rede. Wider erwarten leugnete er nicht. „Verdammtes Vieh“, dachte er nur und begann wütend seinen Koffer zu packen. „Deinen Verräter kannst du behalten“, schrie er und schlug die Haustür kräftig hinter sich zu.