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1. Wie alles anfängt.

Die Ferien haben gerade begonnen und Lucy sieht aus dem Fenster auf die Straße. Alle ihre Freunde sind draußen und spielen dort mit Bällen, manche fahren mit ihren Fahrrädern herum und wieder andere spielen Fangen.

Nur Lucy nicht, sie hat Hausarrest. „So etwas Blödes“, murmelt sie vor sich hin. „Ausgerechnet jetzt, wo ich Ferien habe, darf ich wieder mal nicht nach draußen.“ Und die Betonung liegt auf wieder mal.

Lucy hat das Talent, des Öfteren Stubenarrest zu bekommen – ihrer Meinung nach natürlich immer unbegründet und ungerechtfertigt. Denn eigentlich sind ja die anderen selber schuld, wenn ihnen etwas zustößt. Aber immer schiebt man alles ihr in die Schuhe und behauptet dann auch noch, sie habe es absichtlich gemacht.

Ja, gut, sie hat ihrer Schwester, Kim, schon einen bösen Streich gespielt, aber der Streich war nichts gegen das, was Kim ihr zuvor angetan hatte.

Angefangen hat alles zwei Tage vor den Sommerferien. Es ist am Nachmittag, alle sind schon aus der Schule zurück, das sind Kim, Tom, Sam, Lucy und ihre Mutter, die ist auch schon von ihrer Arbeit zurück, als Lucy dringend auf die Toilette muss. Das Bad ist aber wieder mal von Kim blockiert, die sich zurechtmacht, um mit ihren Freundinnen am Abend noch auszugehen. Kim ist nämlich schon dreizehn und darf bis neun Uhr draußen bleiben.

Das ist wieder typisch, denkt Lucy. Die ist so was von eitel!

„Kim, mach bitte auf!“, ruft sie Kim durch die verschlossene Tür zu, „ich muss ganz dringend auf die Toilette!“

„Nö, ich habe meine Haare noch nicht fertig“, bekommt sie nur lapidar zur Antwort.

Lucy trommelt mit den Fäusten gegen die Tür. „Ich muss wirklich ganz dringend!“ Es ist doch immer dasselbe mit der dummen Kuh!

Nach einer gefühlten Ewigkeit ist es dann zu spät. Lucy steht vor der Tür in einer Pfütze. In dem Moment macht Kim die Tür auf und betrachtet Lucy mit einem arroganten Blick.

„Was hast du denn gemacht?“ Und Kim fängt an zu lachen. „Du bist ja noch ein Baby, das sich in die Hose macht!“ Kim zieht dabei ihr Handy aus der Hosentasche und macht sofort ein paar Bilder von Lucy.

„Du hast mir ja nicht aufgemacht und du wusstest doch, dass ich so dringend musste!“, platzt es wütend aus Lucy heraus.

Kim lacht nur, dreht sich um und verschwindet in ihrem Zimmer. Lucy steht immer noch wie angewurzelt da, als ihre Mutter die Treppe heraufkommt.

„Lucy, was ist passiert? Warum ist hier alles nass?“

Da bemerkt sie Lucys nasse Hose. „Sag mal, kannst du nicht rechtzeitig auf die Toilette gehen“?

Lucy sieht ihre Mutter mit Wut in den Augen an: „Doch, das kann ich“, flüstert sie mit erstickter Stimme. „Aber Kim, diese dumme Kuh, hat mir die Tür nicht aufgemacht. Und dann konnte ich es nicht mehr aushalten. Und jetzt macht Kim sich auch noch lustig über mich!“

Nur mit Mühe kann Lucy die Tränen zurückhalten. Jetzt nur nicht auch noch weinen, das fehlte noch!

„Müsst ihr eigentlich dauernd streiten? Ich weiß nicht, was mit euch los ist. Könnt ihr euch nicht mal einen einzigen Tag lang vertragen?“, seufzt ihre Mutter.

„Geh ins Bad, Lucy, zieh deine nassen Sachen aus und dusch dich ab. Ich rede inzwischen mit Kim.“

Damit dreht sie sich um und steuert schnurstracks auf Kims Zimmer zu. Lucy schlüpft ins Bad, aber sie lurt durch den Türspalt. Das will sie nicht verpassen!

Ohne anzuklopfen, öffnet die Mutter einfach die Tür zu Kims Zimmer und tritt ein.

„Du hast nicht geklopft“, hört Lucy Kim lospoltern, „das sollte ich mal bei dir machen. Dann hätte ich schon wieder einen Anschiss bekommen.“

Dann sieht Lucy, wie Kim sich verärgert umdreht. „Oh, ich dachte, das ist Lucy“, meint Kim daraufhin ein wenig kleinlaut, wie Lucy zufrieden bemerkt. Offenbar hat sie ein schlechtes Gewissen. Sie merkt ganz genau, dass jetzt was im Busch ist und fängt an zu plappern wie ein Wasserfall. „Lucy hänselt und ärgert mich auch jeden Tag! Deswegen habe ich jetzt nicht die Tür aufgemacht, ich konnte ja nicht ahnen, dass die sich gleich in die Hose macht und …“

Ihre Mutter unterbricht Kims Redeschwall. „Wir haben nun einmal nur dieses eine Bad und darin die einzige Toilette in unserem Haus, da wir seit dem Tod eures Vaters nicht mehr das Geld haben, um das zweite, kleine Bad unten fertig zu machen. Wenn jemand auf die Toilette muss, dann muss er auch ins Bad dürfen, egal ob du mit deinem Styling fertig bist oder nicht, das ist ja wohl selbstverständlich! Ich möchte, dass du dich nachher bei Lucy entschuldigst.“

„Aber Lucy entschuldigt sich auch nie bei mir“, widerspricht Kim, „zumindest nicht immer“, schiebt sie dann noch kleinlaut hinterher.

„Wenn Lucy was anstellt, wird sie dafür bestraft. Es gelten hier für alle dieselben Regeln.“

Die Mutter wendet sich zum Gehen. In der Tür dreht sie sich noch einmal um.

„Was du gerade gemacht hast, gibt es in unserer Familie nicht.“ Damit ist das Thema für sie erledigt.

Als Lucy ihre Mutter die Treppe hinuntergehen sieht, zieht sie vorsichtig die Tür vom Badezimmer zu. Braucht ja niemand zu wissen, dass sie gelauscht hat.

Lucys Geschichten

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