Читать книгу Das geraubte Halsband der Franziska von Hohenheim - Heiger Ostertag - Страница 8

Prolog

Оглавление

Der nächtliche Wintersturm heulte um die Mauern des einsamen Bergschlosses. Finster schien es und verlassen, nur aus zwei Fenstern im ersten Stock des Hauptgebäudes fiel ein karger Schimmer. Dort befand sich ein düsterer, großer Saal, in dessen Mitte ein mächtiger Leuchter stand. Die Flammen seiner sieben Kerzen verbreiteten einen diffusen Schein, der sich mit dem gelbrötlichen Flackern des matten Kaminfeuers zu einem ungewissen Licht verdichtete. Alles Übrige lag im Schatten; das schwere Eibenholz der Wände und der schwarze Samt der Vorhänge ließen den Rest des Raumes fast völlig in Dunkelheit versinken. Ein breiter Eichentisch stand nahe dem Kamin. An ihm befanden sich vier Personen, wie sie unterschiedlicher nicht sein konnten. Den Vorsitz hatte ein hochgewachsener, mächtig wirkender Mann von etwa fünfzig Jahren, dessen ausgeprägtes Kinn große Kraft und Energie verriet, ein Eindruck, der durch seinen durchdringenden Blick und die scharfen Gesichtszüge noch verstärkt wurde. Rechts neben ihm saß eine schöne schlanke Dame in kostbarer Kleidung, deren schwarzes Haar mit silberfarbenen Bändern durchflochten war. Um ihren vollen Mund lag ein eigenartiger Hauch von Melancholie. Ihr zur Seite befand sich ein schwarz gekleideter junger Mann von Mitte zwanzig, dem die scharfe Nase und die stechenden Augen ein fast raubvogelartiges Aussehen verliehen. Der letzte in der Runde war etwas älter als jener Mann. Sein Gesicht war bleich und von ungesunder Farbe, und über die Stirn zog sich eine Narbe wie von einem Degenhieb. Seine Kleidung glich der italienischer Briganten.

„Freunde“, begann eben der Älteste der Runde. „Ich habe Euch hierher gebeten, da die Zeit reif ist, unsere Pläne wirklich werden zu lassen. Doch was wir vorhaben, birgt viele Gefahren und Ihr müsst bereit sein, notfalls Euer Leben zu wagen. Wer dies nicht möchte und will, der soll es sagen, und er kann frei und ungehindert von dannen ziehen.“

„Lasst uns erst einmal wissen, was es für eine Kasse gibt, Graf“, rief der Raubvogelartige hitzig. „Nicht, dass wieder die Baronesse von …“

„Still, keine Namen“, unterbrach ihn der mit „Graf“ Angesprochene. „Sonst braucht Ihr nur zu wissen, dass die Bezahlung unseren Mühen voll und ganz entsprechen wird.“

„Nein“, erwiderte der Mann und schüttelte den Kopf. „Das ist mir zu ungenau. Ich muss wissen, für welche Summe ich mein Leben riskiere und wie geteilt wird.“

„Mehr kann und werde ich Euch nicht sagen.“

„Dann bin ich so frei, nehme Euer Angebot an und gehe. Morgen früh mit dem ersten Licht breche ich auf.“

„Ganz wie Ihr es wünscht“, antwortete der Graf ruhig.

„Trinkt noch einen Becher Wein mit mir, bevor Ihr geht“, sprach jetzt die Dame, wobei sie nach einem Krug, der nebst Bechern auf dem Tisch stand, griff. „Ihr sollt sehen, dass ich durchaus zu teilen verstehe!“

Sie goss einen tiefroten Wein aus dem Krug in zwei der Silberbecher, nahm einen der Becher in die Hand und stellte den anderen direkt vor den Mann. Dieser schob ihn mit einem Grinsen zurück und griff nach ihrem Becher.

„Lasst uns tauschen, mein Fräulein, ich bin gern vorsichtig, nichts für ungut.“

Die schöne Dame lächelte kalt und tat einen herzhaften Schluck. Der Mann tat es ihr gleich und leerte seinen Becher bis auf den Grund.

„Wahrhaftig, ein guter Tropfen. Ich danke!“ Er stand auf, verbeugte sich und schritt zur Tür.

Der Bleiche, die Hand schon am Dolch, wollte dem Mann folgen, doch ein Blick des Grafen hielt ihn zurück. Der Vogelgesichtige fasste nach der Klinke – und hielt in der Bewegung inne. Stöhnend griff er an seine Brust, taumelte und stürzte ohne einen weiteren Laut zu Boden, wo er reglos liegen blieb.

Der Graf, der schweigend das schreckliche Geschehen verfolgt hatte, wandte sich nun lächelnd der Dame zu: „Eure Kunst, mein Fräulein, ist nach wie vor bewundernswert, und Eure Fingerfertigkeit bleibt unübertroffen. Ich lasse unseren ‚Gast‘ entfernen, dann werde ich Euch ausführlich berichten, was ich aus Paris und Potsdam mitgebracht und was wir vorhaben.“

Das geraubte Halsband der Franziska von Hohenheim

Подняться наверх