Читать книгу Die Herren von Glenridge - Heike Ploew - Страница 8

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Man braucht

nichts im Leben

zu fürchten,

man muß nur

alles verstehen.

(Marie Curie)

3

Er stand neben dem flackernden Kamin. Einen Arm lässig auf die Umrandung gelehnt, in der anderen Hand ein Glas haltend, schaute er ihr erwartungsvoll entgegen. Brenda stürzte auf ihn zu, stolperte unbeholfen über die Leine, die der Drachen jetzt losgelassen hatte, und fiel – trotz allem – erleichtert in Jonathans ausgebreitete Arme. Lächelnd fing er sie auf und küßte sie. Hart, sehnsüchtig. Und Brenda vergaß alles in diesem Moment, fühlte nur noch, wie stolz er auf sie war, daß sie es bis hierhin geschafft hatte. Dann schob er sie von sich, sein Blick musterte sie, ganz langsam, von unten nach oben; die prüfenden Augen blieben in den ihren hängen, und Brenda konnte den Schalk in ihnen aufblitzen sehen.

»Du kommst spät, a gráidh; was hat dich so lange aufgehalten?«

Brenda sah ihn entgeistert an. Also das war doch wohl die Höhe!

»Was … was mich aufgehalten hat? Aufgehalten?? Oh, entschuldige bitte, Liebling, aber ich wußte ja nicht, daß die Uhr läuft, während du hier im Warmen sitzt und ich splitterfasernackt versuche, in dieses … dieses – was ist das hier überhaupt? Ach Scheiße, ist ja auch egal – jedenfalls hier ’reinzukommen und dich zu finden und … und …« Sie rang japsend nach Luft. »Sag mal, spinnst du jetzt total? Was hast du Mistkerl dir eigentlich dabei gedacht, mich hier in dieser … dieser Einöde auszusetzen? Und noch dazu nackt und gefesselt? Sollte das vielleicht lustig sein?«

Sie stampfte verzweifelt mit dem Fuß auf.

»Ich renne hier durch die Gegend, praktisch jeder kann mich so … so sehen – und dann muß ich mich auch noch von … von irgendwelchen … Männern erniedrigen lassen, und du … du … du fragst mich, warum ich … also … ich – verdammt!«

Brendas Stimme überschlug sich. Es hätte nicht viel gefehlt, und sie wäre in Tränen ausgebrochen. Jonathan nahm sie in den Arm, wiegte sie wie ein Kind hin und her und murmelte fremde Laute in ihr Ohr. Jetzt weinte sie wirklich. Froh, alles überstanden zu haben, Kleidung tragen zu dürfen und wieder in seinen Armen zu liegen. Was bis jetzt nur in ihren eigenen vier Wänden stattgefunden hatte, hatte sie nun in der freien Natur erlebt. Warum nahm er ihr denn nicht die Fesseln ab? Sie würde ihn so furchtbar gerne umarmen und sich an ihm festhalten. Aber erst nachdem sie ihm eine runtergehauen hätte!

Stattdessen hielt Jonathan ihr sein Glas an den Mund. Sie roch den lebensgeisterweckenden Duft von Whisky, nahm einen tiefen Schluck und mußte husten, rang keuchend nach Atem. Scharf floß der Alkohol durch ihre Kehle in den leeren Magen, und eine wohlige Wärme breitete sich in ihr aus. Jonathan lächelte mit der Überzeugung eines Mannes, der sich durchaus im Recht sah, und trocknete mit seinem Taschentuch Brendas Tränen.

»Geht es wieder?«

Sie nickte. Jetzt erst wurde ihr bewußt, wo sie sich befanden, und ihr dämmerte, daß sie beim Betreten des Salons flüchtig mehrere Gesichter gesehen hatte.

»Vielleicht könntest du dann mal für ein paar Sekunden den Mund halten und dich wie eine gut erzogene Ehefrau verhalten – wäre das möglich? Dann würde ich dir nämlich gerne meine Familie vorstellen.«

Wie bitte!?

Mit diesen Worten drehte er sie herum, hielt sie unnachgiebig an den Oberarmen fest und beugte sich zu ihr herunter. Familie? Brenda wurde knallrot. Sie hatte nur Augen für Jonathan und ihre Wut gehabt und dabei glatt verdrängt, daß sich noch andere Menschen in dem Raum aufhielten. Gott, wie schämte sie sich! Was mußten die nur von ihnen beiden denken? Jonathan schob sie ein paar Schritte vorwärts und deutete vage in den Raum hinein.

»Brenda, darf ich dir meinen Vater Henry McArcher, den Laird of Glenridge, vorstellen? Und das dort ist Connor – der älteste von uns vier Brüdern – und seine Frau Rachel, hier haben wir Malcolm und Lucinda, und das sind Frederick und Katherine. Tja – und das, ihr Lieben, ist sie: die neue Lady McArcher. Brenda. Meine Frau. Sie ist im Moment noch etwas schüchtern – verständlicherweise –, aber ich denke mal, sie freut sich sehr, euch jetzt endlich kennenzulernen; nicht wahr, Brenda?«

Brenda nickte nur benommen und leckte sich die trockenen Lippen. Vier Brüder.

Samt Anhang. Und ein Vater. Gab es auch eine Mutter? Heiliger Strohsack! Alkohol – sie brauchte unbedingt noch einen doppelten Whisky, um das hier zu überleben! Jonathan drehte sie noch Stück weiter.

»Und das, liebste Brenda, ist Miß Gibbons; sie kennst du ja schon. Sie ist der gute Geist des Hauses, unsere Hausdame, Vaters Gesellschafterin, und sie hat mitgeholfen, uns vier Jungs tatkräftig zu erziehen. Und bevor du jetzt irgend etwas sagst, was dir später bestimmt unheimlich peinlich sein wird, würde ich vorschlagen, daß du dich dort auf deinen Platz setzt. Vorher könntest du Miss Gibbons vielleicht in angemessenem Ton bitten, dir die Handschellen abzunehmen. Ich bin mir sicher, daß sie das gerne tun wird!«

Dann ließ er sie los und nahm in einem der Sessel Platz, ließ sie einfach alleine da stehen; alle blickten sie jetzt abwartend an, mit durchweg unbewegten Gesichtern, die ganze Familie. Und natürlich dieser Drachen.

Das war sie also – die Familie ihres Mannes, die er bisher mit keinem Wort erwähnt hatte! Die Personen, die ihm, neben ihr selber, am nächsten waren. Wie waren sie? Und vor allem: Warum begegneten sie ihr erst jetzt? Monate nach ihrer Hochzeit?

Die Männer thronten in tiefen, gemütlichen Ohrensesseln, die drei Frauen dagegen saßen gesittet neben den Sesseln auf noch niedrigeren Hockern, die Beine akkurat zusammengestellt und in den Händen Gläser mit Sherry. Der Hocker neben Jonathan war noch frei, wartete auf sie. Brenda atmete tief durch. Also denn … Es war erniedrigend, keine Frage, und sie gewann den Eindruck, daß – wenn sie jetzt den Raum verließe – keiner sie aufhalten würde und Jonathan sie sofort wieder nach Hause bringen würde. Sie kam sich vor wie in einem Experiment. Ein Bazillus, ganz allein auf einer riesigen Glasfläche, bereit, um unter ein Mikroskop geschoben und untersucht zu werden. Um ihre Bereitschaft und ihre Gefügigkeit zu prüfen.

Wollte sie das? Oder wollte sie wieder nach Hause, nach Hamburg? Nun, bis jetzt war es doch aufregend gewesen, nicht wahr? Und sie hatte Gefallen an dem Spiel gefunden. Wenn sie jetzt ginge, wäre alles vorbei … würde sie nie erfahren, wie es weitergehen könnte. War es tatsächlich denkbar, daß die ganze Familie …? Nein, das konnte nicht sein – oder doch? Immerhin schienen sie es völlig in Ordnung zu finden, daß der Sohn und Bruder seine Frau von fremden Männern benutzen ließ. Oder wußten sie nichts davon? Na ja … Brenda erinnerte sich, daß sie es eben selbst hinausposaunt hatte; aber das schien keinen hier besonders zu erschüttern. Ebensowenig die Tatsache, daß dieser Drachen – oh Verzeihung: Miß Gibbons natürlich! – sie an einer Leine ins Zimmer geführt hatte. Was war in dieser Familie los?

Brenda räusperte sich kurz und blickte den Drachen an, kämpferisch, trotzig. Und wuchs in den nächsten Sekunden ein Stück über sich selbst hinaus.

»Würden Sie mir – bitte – die Handschellen abmachen, Miß Gibbons?«

Sie hatte den ganzen Rest ihrer Selbstsicherheit zusammengenommen und eine gehörige Portion Ironie dazu, um diesen Satz herauszubringen. Innerhalb von Sekunden hatte sie damit ihr früheres Leben als eigenständiges Individuum aufgegeben. Sie wußte es nur noch nicht …

Zu ihrem Vorteil mußte man sagen, daß Miß Gibbons nicht im mindesten beleidigt oder triumphierend darauf reagierte. Sie wirkte nun wie eine durch und durch redliche und aufmerksame Hausangestellte, nicht mehr wie eine Gefängniswärterin. Sie nickte, kam zu Brenda und schloß die Handschellen auf; auch die Leine entfernte sie, rollte sie penibel zusammen und verstaute sie in der Tasche ihres Kostüms. Dann schenkte sie sich selbst einen Whisky ein und setzte sich in den letzten der sechs freien Sessel, die gemütlich um den Kamin drapiert waren. Brenda indessen ging steifbeinig zu ihrem Hocker und nahm ebenfalls Platz. Jonathan drückte ihr ein Glas in die Hand, und sie trank den Whisky fast in einem Zug, zum einen, um sich aufzuwärmen, und zum anderen, um ihren rasanten Herzschlag zu beruhigen. Es half ein wenig, nicht mehr ganz so präsent im Mittelpunkt zu stehen. Noch keines der anderen Familienmitglieder hatte ein Wort mit ihr gewechselt; auch bei der Vorstellung hatten sie nur milde lächelnd genickt. Und nun unterhielten sie sich weiter, als sei in der Zwischenzeit nichts gewesen, als hätte man nicht eben noch eine gefesselte Frau zu ihnen geführt und sie in ihre Mitte gesetzt.

Typisch Briten.

Wenigstens bin ich nicht mehr nackt, dachte Brenda, obwohl es fraglich schien, ob das so viel schlimmer als dieses ekelhaft kratzende Kleid gewesen wäre. Sie rutschte unruhig auf ihrem Hocker herum. Es wurde warm in dem Salon, und die Hitze des Kamins strahlte auf ihren Rücken; dadurch verstärkte sich das Kratzen noch. Warum mußte sie so etwas überhaupt tragen? Verstohlen blickte Brenda sich um. So nach und nach beruhigten sich ihre angespannten Nerven ein wenig, und ihr fiel auf, daß die Frauen alle das gleiche Kleid wie sie trugen, exakt der gleiche Schnitt und das gleiche Muster.

Die eine – Brenda glaubte sich zu erinnern, daß sie Katherine hieß – hatte noch kein einziges Wort gesagt und schaute nur auf die linke Hand des Mannes neben ihr, die, nur wenige Zentimeter von ihrem Gesicht entfernt, lässig auf der Sessellehne lag. Katherines Kopf hatte sich nicht einmal in der ganzen Zeit gehoben. Ihre langen, braunen Haare hingen glänzend über ihre Schultern, verdeckten den Ansatz eines prallen Busens, der sich unter dem Kleid abzeichnete.

Lucinda, die Frau von Malcolm, schien vor Energie nur so zu sprühen. Ihr braungebranntes Gesicht wies zahlreiche Lachfältchen auf, sie schenkte Brenda ab und zu ein aufmunterndes Lächeln, aber deren Versuch, dieses Lächeln zu erwidern, fiel zugegebenermaßen etwas kläglich aus. Die Dritte im Bunde, Rachel, unterhielt sich mit dem Laird; ihre tiefe, ruhige Stimme zeugte von Gelassenheit und Ernst, und doch schien sie eher der burschikose Typ zu sein. Brenda wurde es zu langweilig, die Gespräche drehten sich größtenteils um die laufenden Erntearbeiten, sie beugte sich flüsternd zu ihrem Mann hinüber und zupfte ihn am Ärmel.

»Jonathan, bitte, würdest du mir jetzt mal erklären, was hier …«

Weiter kam sie nicht.

»Jonathan!«

Der alte Herr hatte trotz seines Gespräches mit Rachel Brendas Worte vernommen, und bei seinem Ausruf zuckten alle zusammen, besonders Brenda. Nur Jonathan nicht, er schien damit gerechnet zu haben. Er stand auf, nahm Brenda das Glas aus der Hand und stellte es ab, dann packte er sie am Arm und zog sie, ohne ein Wort zu sagen, aus dem Salon.

»He, was ist denn? Ich wollte doch bloß …«

»Halt den Mund!«

Eingeschüchtert verstummte Brenda. Sie hatte keine Angst, natürlich nicht, aber dieses rigorose Verhalten von Jonathan erschreckte sie doch ein wenig. Er hielt sie eisern fest, durchquerte mit ihr die Eingangshalle, kümmerte sich nicht im geringsten um ihr Gejammer und Gehampel. Unwirsch öffnete er eine Tür, und sie stiegen ein paar Stufen hinab; wieder eine Tür, und Jonathan stieß sie in einen spärlich möblierten Raum. Zaghaft blickte Brenda sich um. Es sah nach einer Art Hauskapelle aus. In der Mitte ein Altar aus grauem Stein, massig und furchteinflößend. Vier Gebetsbänke waren um den Altar drapiert, die Wände waren nackt und kahl bis auf ein paar Kerzen in mächtigen eisernen Leuchtern. Und kalt war es, sehr kalt. Jonathan schmiß die Tür mit einem lauten Knall zu und drückte seine überrumpelte Frau mit dem Gesicht zur Wand, schob das Kleid nach oben, und seine Hand wühlte sich in ihren Schritt, so daß sie überrascht aufquiekte, mit der anderen hielt er sie unnachgiebig fest, sein Mund ganz nah an ihr Ohr gepreßt. Und dann sprach er. Mit dieser leise zischenden, aber dennoch sehr strengen Stimme, die sie so an ihm bewunderte und die ihr jedes Mal einen Schauer über den Rücken jagte. »Gefällt dir das, mein Liebling? Jaaa, das magst du, nicht wahr? Danach hast du dich doch gesehnt, gib es zu! Nach meiner Hand, die dich packt und sich zwischen deine Beine gräbt. Gib es zu, Brenda – wieso bist du so naß, he? Haben dich die Männer so angemacht, die du mit deinem Mund befriedigt hast? Diese einfachen, dreckigen Arbeiter? Haben sie dich erregt, Brenda, haben ihre Schwänze dich erregt, hast du dabei an mich gedacht, wie schön es wäre, wenn ich mich jetzt in dich stoßen würde … dich aufspießen würde, während sie deinen Mund in Besitz nehmen?«

Seine Hand wurde immer drängender, er hatte seinen Daumen in ihrem Poloch verankert; die restlichen Finger sausten durch die klatschnasse Spalte und kniffen und drückten das weiche Fleisch.

»Sag es mir: Hast du die ganze Zeit, als du versucht hast, ins Haus zu kommen, an mich gedacht und daran, wie ich dich belohnen würde? Hast du das, Brenda?«

Brenda preßte beide Handflächen gegen die kalte Mauer, sie hatte die Augen geschlossen, konzentrierte sich ganz auf die Hand, die sie in Besitz nahm. Wie sehr hatte sie sich danach gesehnt!

»Ja, ja, verdammt, natürlich habe ich daran gedacht, du … du Mistkerl! Wie konntest du mir das antun? – Oh, mach weiter, bitte, oh ja! Ist das gut! Oh Jonathan, ich … ich …«

Er hörte nicht auf; immer weiter putschte er sie hoch, und Brenda genoß es. Endlich hatte er sie wieder lieb; sie hatte ihn ja so vermißt. Sie wand sich unter seinen Händen, stemmte sich ihm entgegen. Dann plötzlich hörte er auf, stieß sie zu dem Altar und legte sie darauf. Mit hochgeschobenem Kleid und zitterndem Unterleib lag sie dort, verfolgte ihn mit ihren Augen. Er wanderte um den Altar herum, den Blick immer auf sie gerichtet; dabei leckte er sich genüßlich die Finger ab. Sie spürte, daß sie jetzt nicht betteln durfte. Er würde es vollenden, wenn er es für richtig hielt.

»Liebst du mich, Brenda?«

»Ja … ja … Das weißt du doch!«

»Vertraust du mir?«

»Aber ja – so wie noch …«

Atemlos stieß sie die Worte hervor.

»Wie noch keinem vorher – wolltest du das sagen, Brenda?«

»Ja, ja – du weißt es doch!«

»Ja, ich weiß. Ich kenne dich in- und auswendig, Brenda. Und ich weiß auch genau, wie du dich jetzt fühlen mußt. Du bist verständlicherweise sehr durcheinander. Ich gebe zu, daß ich heute eine Menge von dir verlangt habe, aber wenn ich nicht sicher gewesen wäre, daß du es schaffst, hätte ich deine Ankunft hier anders gestaltet.«

Ach ja, hätte er das?

Mit verschränkten Armen sah er auf sie hinunter.

»Sag mir, was du gefühlt hast in den letzten Stunden! Sei ehrlich – es war aufregend für dich, nicht wahr? Laß deine Empörung über mich mal aus dem Spiel. Denk nur daran, was du empfunden hast. Hat es dich aufgegeilt, Brenda? Hat es dich erregt, nackt über das Gelände zu laufen, immer damit rechnend, daß du jemandem begegnen könntest? Sag es mir!«

»Ja, ja, verdammt! Oh Jonathan … bitte!«

»Und als Miß Gibbons dich an der Tür … in Empfang genommen hat und sich um dich gekümmert hast, warst du da nicht froh und erleichtert? Hast du da gespürt, daß du dein Ziel erreicht hast?«

»Ich … ich glaube schon … Ja!«

Seine Hände begannen wieder, sie zu berühren; die eine lag warm und breit auf ihrem Bauch, die andere streichelte – erst sanft noch, dann immer fordernder – ihre brennende Scham.

»Und dann, als sie dich eingekleidet hat, da hast du es geschehen lassen, nicht wahr?«

Die Finger fanden ihren Kitzler.

»Hmmh … ja, ja.«

»Du hättest dich leicht wehren können, aber du hast es nicht getan. Warum nicht, Brenda? Warum?«

»Ich … Oh mein Gott! Ich weiß es … nicht.«

»Oh, ich bin mir sicher, daß du es weißt, Kleines. Bestimmt hast du ihr ein paar passende Worte an den Kopf geworfen, ist es nicht so?«

»Ja, ich … Ich meine, sie hat … Sie ist so …«

»Ich weiß, wie Miß Gibbons ist. Ich kenne sie seit meiner Geburt. Beruhigt es dich, wenn ich dir sage, daß sie auf meine Anweisung hin gehandelt hat? Daß ich ihr genau gesagt habe, wie sie dich behandeln soll?«

Brenda atmete immer lauter, ihr Stöhnen hallte durch den gruftähnlichen Raum, ihr Unterleib zuckte hin und her, streckte sich den Händen entgegen, aber die Hand auf ihrem Bauch drückte sie fest auf den Altar.

»Ja, das … Ich wußte doch nicht … daß sie … daß du …«

»Aber jetzt weißt du es, Brenda. Und nun sag mir: Warum bist du noch hier? Warum bist du nicht fortgelaufen? Ich will es von dir hören – jetzt. Ich bin dein Mann, und ich will, daß du es mir sagst. Warum bist du noch hier, Brenda? Warum läßt du das alles mit dir machen? Auch das hier gerade? Sag es mir!«

Seine Stimme war jetzt lauter geworden, noch eindringlicher als sonst, selten hatte sie ihn so … drohend und unerbittlich erlebt. Trotzdem hatte sie keine Angst vor ihm. »Ich warte!«

Und dann schrie sie es heraus, es war ja schließlich wahr, er kannte die Antwort eben so gut wie sie, so gut.

»Weil ich genau das brauche, zum Teufel noch mal! Dich brauche ich … Ich … ich kann ohne dich nicht mehr … nicht mehr leben, oh Jonathan, bitte, ich will, daß du … daß du mich zwingst, ich hab dich so vermißt, oh Gott, bitte, sag mir, was ich tun soll, zeig mir, daß du mich liebst, bitte, ich … Ich will auch immer … Bitte mach weiter, ich liebe dich, mein Gott, ich liebe dich ja so!«

Sie sah nicht, wie Jonathan sie zärtlich anlächelte, sie spürte nur, wie seine Hände sich zurückzogen, sie geschwind auf den Bauch drehten und ihren Unterleib nah an die Kante des Altars zogen. Wie eine Puppe ließ sie das geschehen, rührte keinen Muskel. Wenn er sie so hinlegen wollte, dann bitte, er würde es schon richtig machen. Sie jedenfalls war in diesen Sekunden körperlos, wichtig war nur, daß er wieder da war und sie berührte. Egal, wie – Hauptsache, er kümmerte sich um sie.

Seine Stimme klang wieder völlig normal, geschäftsmäßig und neutral, so, als hätten die letzten Minuten nie stattgefunden.

»Siehst du, Brenda, deshalb bist du noch hier. Du kannst gar nicht anders, denn alles in dir schreit danach, unterworfen zu werden. Du brauchst meinen Willen, den ich dir aufzwinge, du brauchst meinen Einfluß und meine Macht über dich. Und deshalb beginnt hier ab heute dein neues Leben – unser neues Leben. Du bist meine Ehefrau, und du wirst dich, solange wir hier sind, den Konventionen auf Schloß Glenridge unterwerfen.«

Wie zur Bekräftigung krallten seine Hände sich in ihre Pobacken.

»Ich verspreche dir, daß ich dich immer glücklich machen werde, Brenda. Du wirst eine Menge Regeln lernen und tagtäglich einhalten müssen; das wird manchmal sehr schwer für dich sein. Aber für heute reicht es, wenn du einfach nur schweigst und dir genau anschaust, wie die anderen Frauen sich verhalten.«

Seine Daumen spreizten ihre Pobacken, er knetete sie durch, als wollte er sie geschmeidiger machen.

»Du hast nämlich gerade einen großen Fehler begangen, Kleines. Du hast mich angesprochen, ohne dazu aufgefordert worden zu sein. Das ist den Frauen während der Mahlzeiten nicht erlaubt, verstanden? Natürlich konntest du das noch nicht wissen, aber mein Vater achtet sehr auf die Einhaltung der Regeln.«

Sie spürte seinen Atem, als er unendlich zärtlich viele kleine Küsse auf ihre Backen drückte.

»Wenn wir also gleich in den Salon zurückkehren, dann wirst du dich auf deinen Platz setzen und schweigen, und beim Dinner wirst du nur das essen, was ich dir auf den Teller lege, und nur das trinken, was ich dir in dein Glas einschenken werde – hast du mich verstanden?«

»Jaa … natürlich, Jonathan.«

»Tha seo máth … Gut so! Ansonsten hör einfach nur genau hin und beobachte alles. Und jetzt, Brenda – sag mir, wie soll ich dich für das, was du heute geleistet hast, belohnen, was meinst du? Was ist wohl angemessen dafür, daß du gefesselt und ohne schützende Kleidung den Weg zu mir gefunden hast?«

Brenda wagte es nicht, sich zu bewegen; aufgewühlt und bewegt von seiner Rede, war es ihr völlig egal, was er mit ihr machen würde, Hauptsache, er tat überhaupt etwas.

»Ich … Bitte, Jonathan, ich … Ich weiß nicht, was … Entscheide du!«

»Schon gut, Kleines, du bist jetzt sehr verwirrt … Entspann dich und konzentrier’ dich nur auf deine Belohnung!«

Schon der erste Schlag war wie eine Erlösung. Wo hatte er nur so plötzlich die Gerte her? Brenda bäumte sich auf, nahm die Hiebe aufseufzend entgegen, begrüßte sie wie alte Freunde. Seit über einer Woche hatte Jonathan sie nicht mehr gezüchtigt, und sie konnte sich jetzt auch denken, wieso nicht. Er hatte ihre Vorfreuden gesammelt, so nannte er dieses Ritual. Liebend gerne schürte er ihre Erwartungen auf eine ausgiebige Züchtigung, und dann kam er nach Hause und tat nichts. Rein gar nichts.

Tagelang konnte das so gehen. Aber mehrmals am Tag rief er an und schwärmte ihr vor, was er alles noch mit ihr anstellen würde, was man mit einem nackten Körper so alles tun könnte, und dann kam sie aufgewühlt nach Hause, und wieder geschah nichts. Das machte Brenda manchmal wahnsinnig. Auch jetzt war ihr Hintern rein weiß, man sah keine Spuren vergangener Bestrafungen, er war so jungfräulich wie schon lange nicht mehr. Die paar Hiebe der Männer im Stall zählten nicht. Nicht für Brenda. Das waren höchstens Streicheleinheiten gewesen. Dazu kam noch die Spannung, die sich den ganzen langen Tag in ihr aufgestaut hatte und die jetzt, mit einem Schlag nach dem anderen, abgebaut wurde. Oh ja, sie war eine gehorsame Ehefrau, nichts anderes wollte sie sein; für ihn. Ihre beiden Prachtbacken wölbten sich den Schlägen entgegen, erwarteten freudig jeden einzelnen, und sie genoß den sehnsüchtig erwarteten Frieden, der sich jedes Mal über sie senkte, wenn ihr Mann sie so behandelte. Waren die ersten Schläge noch tastend und fragend gewesen, legte Jonathan jetzt seine ganze Kraft in das Geschehen; nicht schneller, nur fester wurden die Hiebe, zeichneten ein regelmäßiges Muster auf das blanke Hinterteil der stöhnenden Brenda.

Jonathan konnte sich wirklich gratulieren. Der bisherige Teil ihrer Ankunft war ein Wagnis gewesen, doch er hatte es riskiert, und Brenda erfüllte alle seine Erwartungen. Es würde noch ein harter Weg für sie werden, dessen war er sich sicher, aber sie würde sich fügen, würde ihm folgen und sich ihm endgültig unterwerfen. Die Fäden, an denen sie hing, wurden immer stärker und reißfester.

Befriedigt hielt er inne und betrachtete sein Werk; auf jeder Pobacke leuchteten in regelmäßigen Abständen zehn exakte Striemen. Ja, das Sitzen für den Rest des Abends würde ihr überaus schwer fallen. Doch er würde es mit Wonnen genießen. Einen Moment lang war er versucht, sie zu nehmen, hier, auf den kalten Steinen, hart und brutal, seine Nägel in sie zu krallen und sie mit seinem Samen zu füllen. Aber er bezwang sich. Nein, das hatte noch Zeit, sie sollte sich ruhig noch ein wenig verzehren nach ihm und seinen Zuwendungen. Er streichelte sie, nahm die glühende Wärme der geschundenen Hautpartien auf und genoß diesen erneuten Triumph über die Psyche seiner Frau. Dann half er ihr fürsorglich von dem Altar herunter.

Bevor er ihr Kleid wieder zurechtzupfte, verschwand seine Hand erneut zwischen ihren zitternden Oberschenkeln, und mit Wohlwollen registrierte er die dampfende, feuchtwarme Hitze. Seine Augen bohrten sich in ihre.

»Versprich mir, daß du immer feucht für mich sein wirst, Brenda – tust du das?«

Er küßte sie; wie ein Kriegsheld nahm er seine Beute in Besitz.

»Ja, natürlich tue ich das, ich werde immer … immer feucht sein … Du Scheusal … Bleibt mir denn etwas anderes übrig? Ich kann ja gar nicht anders. Oh Himmel, Jonathan, was machst du mit mir? Warum bin ich … warum sind wir hier?«

Flehentlich blickte sie ihn an, so süß mit ihren verheulten Augen, die Wangen leuchteten vor unbefriedigter Lust, und jetzt schmiegte sie sich schutzsuchend an seinen Körper.

»Wir sind hier, weil ich dich endlich der Familie vorstellen wollte und weil du dir anschauen sollst, wie das Leben als perfekte Ehefrau aussehen könnte! Und etwas Abstand zu unserem bisherigen Alltag kann uns nur guttun.«

Mit seinem Taschentuch wischte er ihr Gesicht trocken und richtete endgültig das Kleid wieder her. Hand in Hand verließen sie den Raum. In der Eingangshalle blieb Jonathan stehen.

»Kleines, ich kann verstehen, daß du jetzt sehr verwirrt bist, aber … du wirst es nicht bereuen, glaube mir. Genieße es einfach, laß dich fallen … Du weißt, daß ich immer da sein werde, um dich aufzufangen … und, Brenda,« – er blickte sie noch einmal eindringlich an – »vertrau deinem Instinkt.«

Ihre Münder trafen sich erneut zu einem langen, besiegelnden Kuß, dann schob Jonathan sie von sich und verzog grinsend das Gesicht.

»Und noch etwas, mo bean! Ich weiß, es fällt dir schwer, aber könntest du es wohl vermeiden, mich als … Scheusal oder Mistkerl zu titulieren?«

Brenda sah ihn gespielt böse an.

»Das kann ich nun wirklich nicht versprechen! Nicht, wenn du so weitermachst. Soll ich dich jetzt vielleicht Lord Jonathan nennen? Ich kann es gar nicht fassen, daß du mir das verschwiegen hast. Adelig … mein Gott … und was bin ich dann jetzt?«

»Nun, du wirst dich daran gewöhnen müssen, mit Lady Brenda angesprochen zu werden. Meine Lady bist du ja schon lange!«

Wieder küßte er sie, und Brenda dachte, daß sich das eigentlich gar nicht so schlecht anhörte. Vor der Tür zum Salon hielt sie ihn noch einmal zurück.

»Warte mal kurz … Was ist denn mit … mit deiner Mutter … Ist sie …?«

»Sie ist tot, ja …« Sein Gesicht verdunkelte sich. »Das ist jetzt schon 23 Jahre her, kurz nachdem Connor und Rachel geheiratet haben … und mein Vater trauert immer noch um sie!«

Brenda hob die Hand und strich zärtlich über seine Wange.

»Das tut mir leid …«, sagte Brenda und lächelte mitfühlend, »sie war sicher eine gutaussehende Frau … Wenn ich mir ihre Söhne so ansehe …«

»Oh ja, das war sie …« Mehr wollte Jonathan nicht preisgeben und öffnete endgültig die Tür.

Gelockert und durch die konsequenten Hiebe wohltuend entkrampft, folgte Brenda ihrem Mann. Beide setzten sich wieder, und keiner von den anderen schenkte den Neuankömmlingen groß Beachtung, alle unterhielten sich einfach weiter, als ob nichts gewesen wäre. Trotzdem war Brenda noch recht aufgewühlt, die Gedanken schossen wie Blitze durch ihren Kopf. Eine seltsame Familie. Den Frauen war es also verboten, ohne Aufforderung zu sprechen. Warum? Was spielte sich in diesem Schloß sonst noch ab? Warum schien es keiner der hier Anwesenden verwunderlich zu finden, daß Jonathan mit ihr so plötzlich den Raum verlassen hatte? Wieso hatte der alte Laird das Recht, seinen Sohn auf den Fehler seiner Frau aufmerksam zu machen?

Brendas Gedankengänge wurden abrupt durch einen Gong unterbrochen, und die ganze Gesellschaft folgte dem Oberhaupt der Familie in das angrenzende Speisezimmer. Brenda kannte so etwas bisher nur von Bildern oder aus Filmen, und sie blieb beeindruckt stehen. Über der halbhohen Vertäfelung aus glänzendem Mahagoni waren die Wände mit einer dunkelblau gemusterten Tapete bestückt. Einzelne Wandlampen ließen die Gemälde zwischen ihnen, die allesamt in wertvollen Rahmen steckten, in einem diffusen Licht erscheinen. Neben dem Eßtisch und einer Anrichte gab es lediglich vier große exotische Palmen in den Ecken, kein weiteres Möbelstück.

Der Laird und Miß Gibbons setzten sich jeweils vor Kopf an die luxuriös gedeckte Tafel. Silberne Platzteller glänzten im Schein der Kerzenleuchter, sorgfältig poliertes Tafelsilber versprach den Genuß mehrerer Gänge, und edle Kristallgläser funkelten unter dem riesigen Kronleuchter, der über dem Tisch schwebte. Violettleuchtende Disteln – ein Symbol der schottischen Tradition – ragten aus einem üppigen, langgezogenen Blumengesteck. Die Brüder nahmen jeweils neben ihrem Vater und Miß Gibbons Platz, und die Frauen saßen sich alle vier in der Mitte gegenüber. Wie eingerahmt kam Brenda sich vor, aber auch beschützt. Ein Butler schenkte Wein und Wasser in die Gläser und servierte dann zusammen mit einem jungen Mädchen die Vorspeisen. Anschließend verließen die beiden den Raum. Die Familie war unter sich.

Zu Anfang war die Konversation etwas spärlich, alle konzentrierten sich auf die wirklich exzellente kalte Entenbrust und den köstlichen Salat. Brenda rutschte zwischenzeitlich mit schmerzverzerrtem Gesicht auf ihrem Stuhl herum, aber keiner nahm irgendwie Notiz davon. Erst als Jonathan ihr einen kurzen, prüfenden Blick zuwarf und sie seine hochzuckende Augenbraue sah, riß sie sich zusammen und bemühte sich, still zu sitzen. Und mußte dann doch innerlich schmunzeln. Mein Gott, sie funktionierte wirklich schon so gut, daß sie nur auf einen Blick ihres Mannes hin wußte, wie sie sich richtig zu verhalten hatte!

Ihr fiel eine ähnliche Situation ein, in die Jonathan sie ein paar Wochen nach ihrer Heirat gezwungen hatte. Es war so ein verregneter Sonntagnachmittag gewesen; stillschweigend hatten sie keine Verabredung mit ihren Freunden getroffen, um sich endlich mal wieder in aller Ruhe miteinander zu beschäftigen. Jonathan hatte sie über viele Stunden hinweg mit den verschiedensten Instrumenten behandelt, die sie sich im Laufe der Zeit angeschafft hatten, und Brenda freute sich nur noch auf den einen Moment, in dem er sie endlich erlösen würde. Normalerweise endete so eine Behandlung mit einer entspannenden Massage und den für Brenda so wichtigen, ausgiebigen Streicheleinheiten, doch diesmal besiegelte Jonathan die Züchtigung noch mit ein paar zusätzlichen, derben Rutenschlägen, die sich tief in Brendas Haut gruben, und erst als die ganze Fläche ihres Hinterns dunkelrot leuchtete und von wulstigen Striemen übersät war, hörte er auf. Keine Massage. Kein gemeinsames Kuscheln im Bett.

Stattdessen mußte Brenda sich chic anziehen – was nicht ohne Protest ihrerseits und einer ziemlich einseitig geführten Diskussion vonstatten ging, denn Jonathan ließ sich auf keine Kompromisse ein –, und er führte sie in ein nahegelegenes französisches Restaurant, welches sie oft besuchten. Dort bestellte er ein opulentes Sieben-Gänge-Menü und verlangte von ihr absolutes Stillsitzen. Er achtete peinlichst genau darauf, daß sie nur den Oberkörper bewegte, und Brenda hielt tatsächlich durch. Sie saß vier Stunden auf dem Stuhl, ohne sich zu rühren; ihr brennender Hintern quälte sie, ließ sie die vergangenen Stunden nicht eine Sekunde vergessen. Nach dem fünften Gang winkte Jonathan plötzlich den Kellner an den Tisch, stand auf, legte ihm freundschaftlich die Hand auf die Schulter und lächelte ihn verschwörerisch an.

»Antoine, ich habe eine etwas ungewöhnliche Bitte an Sie. Meine Frau und ich spielen gerade ein Spiel, und dazu brauchen wir unbedingt Ihre Hilfe. Wären Sie bitte so freundlich – und würden Sie das auch Ihren Kollegen vermitteln –, darauf zu achten, daß sich meine Frau nicht bewegt, während ich den Waschraum aufsuche? Ich wäre Ihnen sehr verbunden, wenn Sie das für mich tun würden und ich meine Frau gut beobachtet wüßte …«

Das war einer jener Augenblicke, in denen Brenda vor Scham am liebsten in den Boden gesunken wäre. Antoine hingegen hatte ein verständnisvolles Grinsen aufgesetzt und genickt.

»Selbstverständlich, Monsieur McArcher, immer stets zu Diensten. Ich nehme an, Madame darf ihre Hand heben, um nach ihrem Glas zu greifen?«

Jonathan verzog abwägend das Gesicht.

»Mmh – ich würde sagen: nein … Sie soll vollkommen reglos hier sitzen und warten, bis ich wiederkomme. Das ist dir doch recht so, Liebling?«

Nein, das war es überhaupt nicht, vor allem, da Brenda sich vorkam wie eine Skulptur, die von zwei Kunstkritikern fachmännisch beäugt wurde. Mal ganz davon abgesehen, daß nun das gesamte Personal ihres Lieblingsrestaurants über das Eheleben der McArchers Bescheid wissen würde. Sie funkelte Jonathan mit blitzenden Augen an.

»Ich scheine ja wohl keine andere Wahl zu haben«, säuselte sie dann ziemlich schnippisch.

»Doooch«, hatte Jonathan langgezogen erwidert und sich zu ihr hinuntergebeugt, »du kannst sofort aufstehen und nach Hause gehen … allein … Aber ich werde auch irgendwann nach Hause kommen, und dann …!«

Was dann passieren würde, war nicht nur Brenda klar, auch Antoine verzog kurzzeitig zweifelnd das Gesicht. Lieber Gott, war ihr dieser Auftritt peinlich gewesen!

Jonathan ließ sich natürlich absichtlich Zeit, erst nach einer Viertelstunde kam er aus dem Waschraum zurück. Indessen fühlte Brenda ununterbrochen die Blicke der sechs Kellner und des Barkeepers auf sich ruhen, allesamt gutaussehende Franzosen, und sie war sich sicher, daß diese … diese Kerle vollstes Verständnis für Jonathans Beweggründe hatten und sich insgeheim daran aufgeilten. Sie sah, wie Jonathan zu Antoine ging und sich kurz mit ihm austauschte, und für das Grinsen, das sie sich zuwarfen, hätte sie die beiden am liebsten erwürgt.

»Das war gemein von dir«, fauchte sie ihn an, als er sich hinsetzte, »gemein und niederträchtig! Die denken doch jetzt alle, daß … daß …!«

»Daß was? Daß ich dich unendlich liebe und dich keinen Moment unbeobachtet lassen möchte? Aber da haben sie doch recht, meinst du nicht?«

Er hatte ihre Hand zu seinem Mund geführt und sie mit Küssen übersät.

»Komm schon, Kleines, entspann dich, es hat dich angemacht, das sehe ich doch an deinen glänzenden Augen. Wenn es dich beruhigt – ich kenne Antoine schon viele Jahre, lange bevor er hier angefangen hat zu arbeiten, und ich weiß, daß ihm absolut nichts fremd ist, was zwischen Mann und Frau so alles passieren kann …«

Brenda hatte ihre Hand weggezogen.

»Ach, wie furchtbar interessant! Trotzdem – ich trau mich ja gar nicht mehr hierher nach diesem … diesem Auftritt.«

»Aber sicher werden wir wieder herkommen – jetzt, da alle wissen, daß du aufs Wort parierst … Und damit du siehst, daß sich dein Gehorsam auch lohnt …« – unnachgiebig hatte er sich wieder ihrer Hand bemächtigt – »was hältst du davon, wenn wir nachher durch den Park nach Hause laufen, ich würde dich unentwegt küssen und streicheln, und wenn wir zu dieser versteckten Bank kommen, die hinter dem Spielplatz, erinnerst du dich – dann würde ich dich genau dort das erste Mal in dieser Nacht vernaschen, auf eine ganz brutale, rücksichtslose Art, dich wie eine Hure nehmen, die es für 40 Euro mit jedem treibt … und zu Hause im Aufzug würde ich dich schon mal ausziehen, und du dürftest mich mit deinem Mund verwöhnen, bis ich wieder bereit für dich wäre … damit ich dich sofort ins Bett legen und wieder lieben könnte, diesmal ganz sanft und zärtlich … und ich würde mir unendlich viel Mühe dabei geben … noch mehr als sonst … denn du hast dir eine Belohnung redlich verdient!«

Just in diesem Moment kam Antoine mit dem nächsten Gang, und Brenda hätte ihm am liebsten die Teller auf den Kopf gedonnert, denn Jonathans Worte hatten sie wieder versöhnlich gestimmt, und sie hätte gerne noch mehr gehört. Beim Verlassen des Restaurants wartete dann noch eine kleine Prüfung auf Brenda, als Antoine ihnen dienstbeflissen die Tür aufhielt und Jonathan stehenblieb.

»Vielen Dank, Antoine, es war wieder mal vorzüglich bei Ihnen, sagen Sie das Ihrem Chef. Ach ja, ich glaube, meine Frau wollte sich auch noch mal bei Ihnen bedanken – ist es nicht so, Brenda?«

Aufmunternd hatte er sie angesehen, und Brenda hatte fragend zurückgeblickt.

»Na ja, wolltest du Antoine und seinen Kollegen nicht danken, daß sie so gut auf dich achtgegeben haben?«

Sie hätte es wissen müssen. Verlegen räusperte sie sich und reichte dem Kellner dann trotzig die Hand.

»Ich danke Ihnen wirklich sehr, Antoine, daß Sie in der Abwesenheit meines Mannes seine Funktion übernommen haben. Sagen Sie das bitte auch Ihren Kollegen!«

Und als Antoine ihr ein liebevolles, fast entschuldigendes Lächeln schenkte, da konnte sie ihm schon nicht mehr böse sein. Tja, so war das mit Jonathan und seinen Ideen …

Brenda tauchte aus dieser Erinnerung auf, als Miß Gibbons eine Glocke läutete und der Butler wieder das Speisezimmer betrat. Der Hauptgang konnte aufgetragen werden. Schüsseln und Platten wurden auf die Anrichte auf vorbereitete Wärmeplatten gestellt, Wein und Wasser wurde nachgeschenkt, und dann war die Familie wieder unter sich. Brenda staunte nicht schlecht, als zuerst die Frauen aufstanden, zum Büfett gingen und die gefüllten Teller dann vor die Männer plazierten. Die jungen Frauen taten das für ihre Ehemänner, und Miß Gibbons bediente den Lord. Als einziger Mann stand Jonathan auf und füllte für sich und Brenda einen Teller. Aha, anscheinend würde es wohl zu ihren Aufgaben gehören, ihren Mann beim Essen zu bedienen. Na gut, das konnte sie ja mal machen. Angesichts der Umstände verlief das Abendessen ruhig und harmonisch. Die Unterhaltung plätscherte dahin, drehte sich um das Gut und seine Belange, etwas Politik und allgemeine Themen. Und es schien völlig natürlich zu sein, daß zumindest zwei Personen schweigend und mit gesenkten Köpfen an der doch gemütlichen Zusammenkunft teilnahmen. Denn auch diese Katherine saß, wie vorhin im Salon, mit gesenktem Haupte da und sagte kein einziges Wort.

Es fiel Brenda dennoch sehr schwer, den Mund zu halten, schließlich war sie ein intelligenter Mensch und am Weltgeschehen mehr als interessiert, aber sie hatte es Jonathan versprochen, wollte ihn nicht blamieren, und instinktiv ahnte sie, daß sie das tun würde, wenn sie das Verbot nicht einhalten würde. Warum sollte sie ihm also nicht den Gefallen tun? Es schien ihm sehr zu gefallen, denn sie spürte manchmal seinen Blick, ganz kurz nur, aber sie empfand ihn wie ein stummes Lob an sie. Und es machte ihr Freude, wenn er sie so behandelte.

Also hatte sie reichlich Muße, sich ihre neue Familie anzuschauen. Connor war also der Älteste, das sah man ihm auch an, sein dichtes, graues Haar war von silbernen Fäden durchzogen, aber dennoch wirkte er sportlich und voller Elan. Er war groß wie alle seine Brüder, keiner der vier schien unter 1,90 Meter lang zu sein. Aber Connor war entschieden der Muskulöseste. Sein Jackett spannte sich über seinen mächtigen Schultern; er war nicht dick, wirkte aber unglaublich kompakt. Im Gegensatz dazu schienen seine schmalen Hände fehl am Platz zu sein. Wohlgeformt und ohne Schwielen hatten sie sicherlich nicht viel mit körperlicher Arbeit zu tun. Aber zu all dem paßte seine tiefe Stimme, die Brenda an den Sänger Bruce Low erinnerte.

Das Alter der beiden anderen Brüder konnte Brenda noch nicht einordnen. Frederick war vom Körperbau her die Ausnahme unter den Brüdern. Schlank war er, fast dürr, drahtig vom Scheitel bis zur Sohle. Sein kurzer, stoppeliger Haarschnitt gab ihm das Aussehen eines Draufgängers. Wie bei seinen Brüdern schimmerten seine Augen schwarz und unergründlich, allerdings wurden sie bei ihm von buschigen Augenbrauen gekrönt. Seine Gesten und seine Mimik erinnerten Brenda so sehr an Jonathan, daß man sie für Zwillinge hätte halten können. Auch ihr Humor schien sich zu ähneln. Beide würzten sie die Unterhaltung mit prägnanten und trockenen Bemerkungen, eine Eigenart, die Jonathan stets den Nagel auf den Punkt treffen ließ und die Brenda an ihrem Mann sehr zu schätzen gelernt hatte.

Frederick kümmerte sich während des ganzen Diners nicht im Geringsten um seine Frau Katherine, wie übrigens keiner am Tisch. Niemand richtete das Wort an sie.

Malcolm hingegen war der einzige, der Brenda ab und zu mit einem durchdringenden Blick musterte. Er schüchterte sie ein. Wenn sie ihn ansah, fühlte sie sich wie ertappt und senkte schnell den Kopf. Seine dunkelblonden Haare waren streng nach hinten gekämmt und zu einem Zopf gebunden, was aber seiner achtunggebietenden Männlichkeit keinesfalls schadete. Sein eckiges Kinn sowie eine Narbe über seiner rechten Schläfe gaben ihm ein etwas brutales Aussehen, aber er behandelte seine Frau Lucinda zärtlich und wie ein rohes Ei. Immer wieder nahm er ihre Hand in seine oder legte den Arm um ihre Schultern, flüsterte ihr leise etwas ins Ohr …

Jonathan stellte ein zweites Mal einen gut gefüllten Teller vor Brenda hin, und sie machte sich ausgehungert darüber her. Schließlich war es ein langer Tag gewesen, und sie hatte mächtigen Hunger. Außerdem schmeckte es wirklich hervorragend. Das Lamm war so rosa, wie es sein mußte, und die Sauce dazu war ein Traum. Sogar Nachtisch gestand Jonathan ihr zu, beobachtete lächelnd, wie sie genießerisch die Augen verdrehte. Brenda konnte nun mal den süßen Genüssen nicht widerstehen, und das war ihrer Figur nicht immer zuträglich. Er nahm sich vor, diese Schwäche etwas ausgiebiger in ihr Spiel mit einzubeziehen; da würde ihm bestimmt etwas Nettes einfallen – jetzt, da er alle Zeit der Welt hatte …

Als das Dinner beendet war, kehrte die ganze Familie zurück in den Salon und ließ sich von dem jungen Hausmädchen Kaffee und Cognac servieren. Brenda hatte kaum ihre Tasse ausgetrunken und gerade begonnen, sich zu entspannen und wohl zu fühlen, als sie auch schon am Arm gepackt wurde. Jonathan verabschiedete sich von den anderen, wünschte allen eine gute Nacht und zog sie aus dem Salon.

Die Herren von Glenridge

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