Читать книгу Rosen und Tränen - Heike Schultze - Страница 4
2.Kapitel
ОглавлениеInnerhalb kürzester Zeit wurde Sandrine wieder das brave, fleißige Mädchen, dass sie früher gewesen war. Von Jungen hatte sie auch erst mal die Nase voll! Ihren Eltern konnte das nur recht sein. Sie waren Beide der Meinung, dass Sandi noch genug Zeit hätte, den Richtigen zu finden. Und sicherlich würden sie selbst irgendwann mit einem von ihnen bevorzugten Kandidaten auftauchen.
So dachte es sich auch Sandi, aber das interessierte sie zu diesem Zeitpunkt sehr wenig! Sie konzentrierte sich nun jedenfalls wieder voll auf die Schule. Ihre Noten hatten sich im letzten Halbjahr so verschlechtert, dass sie nun die achte Klasse der Realschule wiederholen musste. Nun, wenigstens kannte sie den Lehrstoff schon und dadurch fiel ihr das Lernen sehr leicht! Ihre Noten wurden zusehend besser!
Auch ihre Freundschaft zu Pia und Babette wurde nun, wo Daniel aus dem Rennen war, wieder besser!
So vergingen die Wochen, die Monate und die Jahre!
Pia wechselte wieder jede Woche ihre Freunde und Babette hielt sich weiterhin von allen männlichen Wesen fern! Sandi ging es genauso!
Schließlich wurde Sandrine 16 Jahre alt! Bald würde sie die neunte Klasse mit hervorragenden Noten abschließen und hatte dann noch ein Jahr bis zum Schulabschluss! Ihre Eltern waren mit ihrer Tochter sehr zufrieden und das Verhältnis zwischen ihnen war wieder in Bestform!
Und genau zu dieser Zeit wurde ihr Leben abermals durch einen Jungen aus den Fugen gerissen! Und dieser Junge war keineswegs ein Unbekannter! Nein, es war Daniel Schwarz!!!
Und diesmal sollte es keine harmlose Liebelei sein, sondern es wurde eine regelrechte Lawine der Gefühle in Gang gesetzt, die unaufhaltsam talwärts raste und alles mitriss, was ihr in die Quere kam!
„Hallo, Sandi! Komm doch rein! Ich spüle gerade ab, da kann ich ein bisschen Unterstützung gebrauchen!“" Pia verdrehte die Augen und grinste dann ihre Freundin spöttisch an.
Pias Mutter lag zurzeit gerade wegen einer Herzoperation in der Klinik. Da ihr Vater den ganzen Tag arbeitete, musste Pia den gesamten Haushalt alleine machen. Das war nicht einfach für die Fünfzehnjährige, aber ihr Vater hatte ihr eine gehörige Taschengeldaufbesserung versprochen. Das bot schon einen gewissen Anreiz, aber langweilig war die Arbeit trotzdem noch.
Deshalb war sie froh, dass Sandi in diesen Tagen nachmittags zu ihr kam und ihr auch gerne bei der Hausarbeit half.
Während die Beiden nun den Abwasch gemeinsam erledigten, konnten sie sich prima unterhalten und die Arbeit war schnell getan.
„Wie geht’s Timo?“
Timo war Pias aktueller Freund und sie sprach sehr gerne über ihn. Deshalb grinste Sandi ihre Freundin an.
„Oh, es geht ihm prächtig! Wir sehen uns in letzter Zeit nur sehr selten. Ich habe viel zu tun. Ich glaube, ich werde lieber mit ihm Schluss machen.“
„Weshalb denn das? Ich dachte, du liebst ihn! Oder etwa nicht? Du hast doch so viele Anstrengungen unternommen, um ihn zu bekommen!“
„Ach, na ja! Bei mir ist das immer so, wenn ich etwas habe, was ich wollte, dann wird es mir eben bald langweilig. Außerdem, was ist schon Liebe? Das würde ich mir nie erlauben. Andere Mütter haben schließlich auch schöne Söhne! Die will ich nicht enttäuschen!“
Sandi sah die Freundin mit offenem Mund an. „Mein Gott, weshalb gehst du dann überhaupt mit ihm?“
„Weil es mir Spaß macht! Oder das hat es zumindest für eine Weile! Ja, und außerdem ist es total IN einen Freund zu haben.“
Sandi schüttelte den Kopf. Manchmal verstand sie Pias Ansichten überhaupt nicht.
„Ich würde bestimmt niemals mit einem Jungen gehen, wenn ich nicht so etwas wie Liebe für ihn empfinden würde!“
Pia zog die Augenbrauen nach oben und sah Sandi spöttisch an.
„Ja, genau! Deshalb hast du auch noch keinen Freund! Mensch, mit dieser altmodischen Nummer wirst du noch eine alte Jungfrau! Ich glaube, ich muss dir mal unter die Arme greifen.“
Nun warf Sandi ihrer Freundin einen skeptischen Blick zu.
„Schon wieder!“
Pia verstand nicht gleich, was Sandi meinte.
„Was soll denn das heißen? Schon wieder!“
Sandi lächelte.
„Hast du das vor zwei Jahren schon wieder vergessen?“
Pia stöhnte auf. „Ach, du lieber Himmel! Meinst du etwa das mit Daniel? Das war doch bloß ein Jux! Wir waren damals doch alle noch kleine Kinder!“
Sandis Blick entrückte und sie dachte an die Zeit vor fast zwei Jahren zurück, als sie und Daniel ein sehr glückliches Paar waren. Nein, für sie war es nie ein Jux gewesen und hätten ihre Eltern damals nicht dazwischengefunkt, wären sie vielleicht heute noch zusammen. Daniel war ihr erster Freund gewesen! Auch wenn sie heute wusste, dass sie mit ihm noch nicht die ganz große Liebe erlebt hatte. Würde sie jemals für einen anderen so empfinden oder waren diese Gefühle einzigartig?
Pia beobachtete sie mit wachsamem Blick und sie merkte genau, was in ihrer Freundin vorging oder glaubte zumindest es zu wissen.
„Also, für mich war das bestimmt kein Kinderkram! Meine Gefühle für Daniel waren echt! Ich glaube sogar, dass ich ihn irgendwie geliebt habe!“
„Na also! Dann hat meine Kuppelei ja geklappt!“" Pia grinste. „Hast du ihn eigentlich mal wiedergesehen?“
„Ja, letztes Jahr lief er mir nach der Schule mal über den Weg und da hatte er, glaube ich, ein anderes Mädchen dabei.“ In Sandis Stimme schwang ein wenig Enttäuschung mit und Pia bemerkte es. Doch sie entschloss sich, nicht darauf einzugehen. Dieses Kapitel war abgeschlossen und sie wollte ein Neues öffnen!
„Da siehst du’s! So ist eben das Leben! Man verliebt sich, bleibt ein wenig zusammen, trennt sich wieder und findet schließlich jemand anderen. Du wirst auch wieder jemanden finden und vielleicht kann ich dir ja wieder dabei helfen! Was meinst du?“
Pia sah ihre Freundin durchdringend an, aber diese antwortete nicht. Sie war immer noch weit weg. Da konnte sich Pia eine Bemerkung nicht verkneifen!
„Eigentlich ist es ja schon schade! Ihr ward ein richtig tolles Paar!“
Nun sah Sandi ihre Freundin doch sehr verwundert an. Was waren denn das für neue Töne? Litt Pia etwa neuerdings an Gedächtnisschwund? Sie war doch eine der Personen gewesen, die diese Verbindung beendet sehen wollten!
„Also, damals hast du dich aber ganz anders ausgedrückt!“
Pia zuckte die Schultern. Ihr tat ihre Bemerkung schon wieder leid, aber nun ließ es sich nicht mehr ändern. Also, beschloss sie, das Beste daraus zu machen. „Ach, damals! Da war doch alles anders! Heute jedenfalls finde ich, dass ihr zwei prima zusammengepasst habt. Na ja, vielleicht solltest du versuchen wieder mit ihm zusammenzukommen. Ich meine nur, wenn du noch immer etwas für ihn empfindest!“
Sandi starrte sie völlig entgeistert an. Sie konnte gar nicht glauben, was sie da hörte. Sie war ganz verwirrt.
„Ich habe doch nur gesagt, dass ich damals etwas für ihn empfunden habe!“ Mit einem Mal konnte Sandi nur noch herumstottern. Wieder zuckte Pia die Schultern.
„Na, dann eben nicht!“
Dann wendete sie sich wieder dem Geschirr zu. Für sie war die Sache nun erledigt. Sie hatte keine großen Ambitionen ihre beste Freundin wieder mit diesem Typen zusammenzubringen. Sie war ja ohnehin kein Freund von Wiederholungen!
Doch Sandi konnte die Worte Ihrer Freundin nicht so schnell vergessen! Sie begann nun ganz intensiv nachzudenken. Und zwar über Daniel!
Urplötzlich waren die alten Gefühle wieder da, die sie tief in ihrem Innersten vergraben hatte. Das warme Kribbeln in ihrem Magen, das heftige Herzklopfen, die Atemnot, die sie bei seinem Anblick empfunden hatte. Sie versuchte sich sein Gesicht vorzustellen, was ihr nicht sehr schwer fiel. Seinen Mund, seine tiefschwarzen Haare, seine Augen! Ganz besonders seine Augen! Die wunderschönsten blauen Augen, die sie je gesehen hatte! Augen, die auch jetzt ihre hypnotische Wirkung auf sie nicht verfehlten! Sie hatten Sandi wieder in ihren Bann gezogen!
Dieser Nachmittag und das Gespräch mit Pia waren noch lange in ihrem Gedächtnis. Die Worte ihrer Freundin beschäftigten sie tagelang.
Eine Woche später lief ihr dann urplötzlich Daniel über den Weg!
Es war gerade Schulschluss und Sandi verließ das Schulgelände. Da stand er vor ihr! Er sah sie an und lächelte ihr zu. Sandi blieb einen Moment stocksteif stehen und starrte ihn an.
Sie hatte Daniel seit ihrer Trennung vor zwei Jahren nicht mehr gesehen. Gut, sie hatte ihn vor einem Jahr kurz getroffen, ihn aber nicht weiter beachtet! Deshalb fielen ihr erst jetzt die Veränderungen an ihm auf!
Er war inzwischen vierzehn Jahre alt und die Pubertät hatte ihn eingeholt.
Früher war er einen Kopf kleiner als Sandrine gewesen, was besonders beim Küssen ein Problem darstellte. Er musste sich immer eine Stufe höher auf eine Treppe stellen und das hatte schon sehr komisch ausgesehen!
Nun überragte Daniel sie um einen ganzen Kopf. Aber auch sonst wirkte er viel erwachsener. Er war muskulöser geworden, hatte ein markanteres Gesicht und einen leichten Bartansatz auf der Oberlippe. Aber seine strahlenden Augen waren noch dieselben!
Das bemerkte Sandi sofort und war gefangen. Ihre Knie fühlten sich mit einem Mal butterweich an.
Sie sprachen kein Wort, sondern tauschten nur intensive Blicke aus. Dann trennten sie sich und jeder setzte seinen Heimweg in einer anderen Richtung fort.
Allerdings schwebte Sandi wie auf Wolken nach Hause. Daniel sah einfach umwerfend aus. Traumhaft! Für Sandi war nach dieser Begegnung eines klar: Sie musste wieder mit Daniel zusammenkommen! Sie hatte aber überhaupt keine Ahnung, wie sie das anstellen sollte. Sie wusste ja nicht, ob Daniel ihre Gefühle erwiderte oder ob er überhaupt zurzeit frei war. Jedenfalls sah Daniel nicht so aus, als könne er sich über zu wenig weibliche Aufmerksamkeit beschweren.
Bestimmt war es nicht einfach ihn zurück zu erobern, aber den Versuch war es auf jeden Fall wert, fand Sandi!
Was Sandrine nicht ahnen konnte, war, dass auch Daniel sie seit Jahren nicht vergessen konnte. Immer wieder hatte er sie heimlich verfolgt und beobachtet. Manchmal war er ihr auf dem Schulweg über den Weg gelaufen, hatte sie angelächelt, aber nie war eine Reaktion von ihr gekommen. Einmal war er sogar mit einem anderen Mädchen am Arm vor ihr her spaziert und da sah es für einen Moment so aus, als würde sie ihn bemerken, aber dann war sie doch reaktionslos weitergegangen. Daniel war nahe daran zu verzweifeln, denn er wünschte sich nichts sehnlicher, als Sandi zurück zu gewinnen!
Doch nun sah es so aus, als würden sich seine Chancen verbessern. Endlich hatte sie ihn richtig angesehen und er hatte sich bestimmt nicht getäuscht, dass sie Interesse an ihm gezeigt hatte. Er durfte nun nur nicht locker lassen. Das nächste Zusammentreffen musste er nutzen!
Doch beide hätten sich niemals denken können, wie schnell alles gehen würde!
Am Wochenende war Frühlingsfest in der Stadt gewesen und auch an diesem Montagnachmittag zog es Sandi auf den Kirmesplatz. Mit dabei waren Pia und ihre neue Freundin Sibylla Belling. Sie war fünfzehn Jahre alt, hatte rotblonde Locken und war sehr schüchtern. Sandi war nach ihrer Nicht-Versetzung in Sibyllas Klasse gekommen und die Beiden hatten sich sofort angefreundet.
Die drei Mädchen waren eine Stunde vor der Eröffnung auf dem Platz und liefen zwischen den geschlossenen Buden und Karussells umher. Schließlich setzten sie sich auf eine Bank und warteten.
Sie waren gerade in der schönsten Unterhaltung, als hinter der Schießbude ein Junge hervorkam und sofort auf sie zustrebte. Sandi blickte auf und erkannte ihn sofort.
Es war Daniel!
Daniel hatte sie auch erkannt. Er war nur gekommen, um sich kurz umzusehen, aber mit Sandi hätte er nicht gerechnet. Er lächelte! Genau auf so eine Gelegenheit hatte er gewartet!
Zunächst verwickelte er jedoch Pia und Sibylla in ein Gespräch.
Hallo, Pia! Na, alles locker? Und du bist also Billa? Ich hab schon viel von dir gehört. Woher kommst du denn?“
Billa sah Daniel äußerst irritiert an. Woher sollte er von ihr gehört haben?
Aber Daniel hatte sich bereits abgewandt und hatte nur noch Augen für Sandi! Auch sie sah ihn sehr intensiv an! Es konnte wirklich niemandem entgehen, dass die Beiden im Begriff waren, sich neu ineinander zu verlieben.
Sandi schlug das Herz bis zum Hals, so aufgeregt war sie. Davon hatte sie in den letzten Tagen geträumt, es aber nicht zu hoffen gewagt. Heute würde noch etwas Besonderes passieren, dass spürte sie!
Natürlich blieb auch Pia und Sibylla nicht verborgen, dass hier etwas im Gange war. Sie sahen sich bedeutungsvoll an und seufzten. Sandi und Daniel merkten gar nicht, dass die Beiden sich unterhackten und zusammen fortgingen. Sie waren viel zu sehr mit sich selbst beschäftigt.
Sandi wollte Daniel unbedingt wissen lassen, dass sie noch immer dieselben Gefühle für ihn hegte, wie vor zwei Jahren. Und genauso stellte sie überrascht fest, dass es bei ihm wohl genauso war. Aber Beide waren nun älter und ihre Gefühle füreinander stärker als damals. Sandi war locker, witzig und selbstbewusst und wunderte sich über sich selbst. Bei jedem anderen Jungen war sie immer total verschüchtert und brachte kein einziges Wort heraus. Bei Daniel war das ganz anders. Sie hatte das Gefühl als würde sie ihn schon ewig kennen und als gehörten sie beide einfach zusammen. Es war wie eine Art Zauber, der sie umfing!
Plötzlich wurde den Beiden bewusst, dass sie völlig alleine auf dem Platz standen. Sandi erschrak das sehr!
„Los, komm, Danny! Wir müssen sie unbedingt finden! Meine Mutter hat mich zusammen mit ihnen weggehen sehen. Wenn ich ohne die Beiden zurückkomme, habe ich gleich wieder Ärger!“
Daniel verdrehte die Augen.
„Ach was? Schon wieder! Hast du es in den zwei Jahren nicht geschafft, deine Eltern richtig zu erziehen?“
„Nein, leider nicht! Ich hatte aber auch keine Gelegenheit dazu. Ich habe nur gelernt, und gelernt und gelernt! Für Jungen hatte ich echt keine Zeit!“
Daniel grinste sie an.
„Und ich habe geübt, geübt und geübt! Bei einer aus meiner Klasse...“ Sandi wollte sich empört wegdrehen, aber Daniel hielt sie zurück. „...aber sie konnte dir überhaupt nicht das Wasser reichen!“
Das beruhigte Sandi ungemein!
Daniel und Sandrine suchten den ganzen Festplatz nach Pia und Billa ab, doch sie waren nicht aufzufinden.
Schließlich zuckte Sandi nur mit den Schultern und ging in Daniels Begleitung nach Hause. Eigentlich war es ihr ganz recht, dass sie die Mädchen nicht gefunden hatten, denn so konnte sie mit Daniel noch etwas alleine sein.
Viel zu schnell waren sie an der Hintertür von Sandis Zuhause und mussten sich trennen.
„Na, bekommst du jetzt keinen Ärger?“ Daniel lächelte.
Sandi sah zu ihm auf. „Nein, ich glaube nicht! Mir fällt bestimmt eine Ausrede ein!“
Sie sahen sich tief in die Augen und man spürte das Knistern in der Luft zwischen ihnen.
„Kommst du nachher um drei noch mal wieder?“ hauchte Daniel.
Sandi lächelte, denn genau auf diese Frage hatte sie gewartet.
„Vielleicht! Keine Ahnung!“
Es sollte vollkommen gleichgültig klingen, doch sie sah an Daniels Gesichtsausdruck, dass er sie durchschaut hatte. Er zog die Augenbrauen nach oben und grinste frech.
„Ich warte auf dich!“
Er zwinkerte ihr noch einmal zu und lief davon. Sandi atmete tief durch und lehnte sich glücklich an die Hauswand. Ein wunderbares Gefühl durchströmte ihren ganzen Körper wie sie es lange nicht mehr gespürt hatte. Sie würde am Nachmittag auf dem Festplatz sein und sich Daniel zurückholen. Es war ihr mit einem Mal völlig egal, was ihre Eltern dazu sagen würden.
Eine halbe Stunde später tauchten Pia und Billa wieder auf. Sie waren einmal durch die Innenstadt marschiert und dann in der Eisdiele eingekehrt. Da hätten Sandi und Daniel ja ewig suchen können. Natürlich wollten sie nun alles genau wissen, was zwischen den Beiden passiert war. Sandi schwieg jedoch und ein geheimnisvolles Grinsen umspielte ihre Mundwinkel. Das sagte besonders Pia eine ganze Menge.
Es wurde dann allerdings doch vier Uhr bis die drei Mädchen den Festplatz wieder betreten konnten. Das Styling hatte einfach endlos gedauert. Besonders bei Pia!
Je näher sie dem Festplatz kamen, umso weicher wurden Sandis Knie. Sie sah sich nach Daniel um und entdeckte ihn sofort.
Er stand direkt am Eingang und überblickte die ankommende Menschenmenge. Sehnsüchtig hatte er auf die Person gewartet, die er nun endlich entdeckte. Sofort hellte sich sein Gesicht auf und er kam lächelnd auf die Mädchen zu.
Pia und Sibylla taten so, als wäre er gar nicht vorhanden. Doch das bemerkte Sandi gar nicht. Sie war überglücklich ihn zu sehen.
Die Gruppe lief gemeinsam über den gesamten Platz und machte schließlich am Autoskooter halt. Hier trafen alle Jugendlichen zusammen, weil es hier gute Musik gab und weil es der ideale Ort zum Flirten war. Darauf kam es besonders auch Sandis Freundinnen an. Pia hatte sich von Timo getrennt und suchte nun ein neues Opfer und Sybilla hatte noch nie einen Freund und wurde nun von Pia unter die Fittiche genommen.
Daniels Anwesenheit störte die Beiden allerdings. Wie sollte sich ein anderer Junge an die Mädchen herantrauen, wenn da ständig einer bei ihnen herumstand?
Daniel stand nun auch schon eine Weile still neben Sandi, was sie langsam beunruhigte. Sie hatte sich einen romantischen Nachmittag vorgestellt und nun kam von Daniel keine Reaktion.
Endlich wandte er sich zu ihr um und Sandi war gespannt, was nun kam.
„Was meinst du? Wollen wir mal alleine rumgehen? Ich würde dich gerne etwas fragen!“
Sofort horchte Pia auf und zum ersten Mal an diesem Nachmittag strahlte ihr Gesicht vor Freude.
„Ja, ja, geh ruhig mal mit ihm! Wir kommen hier schon alleine zurecht!“
Beide Mädchen waren froh, Daniel endlich mal los zu werden, denn nun konnten sie sich endlich auf ihr eigentliches Anliegen konzentrieren.
Aber Sandi hätte sich ohnehin nicht davon abhalten lassen, mit Daniel mitzugehen. Das war doch genau das, worauf sie gewartet hatte. Sie wollte doch nur mit ihm alleine sein und natürlich konnte sie sich auch schon denken, was er sie fragen wollte.
Daniel führte Sandi zu einer versteckt zwischen Büschen gelegenen Bank. Sie war rundherum zugewachsen und von außen nicht zu sehen. Sandi fragte sich, woher er von dieser Bank wusste. Hier waren sie wirklich ungestört.
Stumm saßen sie nun eine Weile nebeneinander und man hörte nur die Musik vom Festplatz.
Plötzlich blickte Daniel hoch und sah Sandy mit seinen leuchtenden Augen an. Sandy musste zum wiederholten Mal feststellen, wie wunderschön sie waren. Sie versank in seinem Blick und verlor sich in seinen Augen. Alles um sie herum war vergessen. Sie begann davon zu schweben und das Kribbeln im Magen wurde stärker.
„Willst du mit mir gehen?“
Daniels Worte erreichten Sandi in den Himmelsphären und sie landete unsanft auf dem Boden. Völlig verwirrt und erschrocken sah die ihn an. Wie konnte er sie nur auf so eine unromantische Art und Weise fragen? Gab es da nicht andere Möglichkeiten?
„Nein, ich will nicht!“
Ihre Antwort kam so schnell und bestimmt, dass sie sich selbst darüber wunderte.
„Was? Warum willst du nicht?“ Daniel war genauso überrascht. Er war sich so sicher gewesen, dass sie zustimmen würde. Alle Anzeichen hatten doch dafür gesprochen, dass sie für ihn genauso empfand wie er für sie! Was hatte er nur falsch gemacht?
Sandi suchte nun verzweifelt nach einer plausiblen Erklärung für ihr Verhalten.
„Es geht mir alles ein bisschen zu schnell! Ich weiß ja auch gar nicht ob du es ehrlich mit mir meinst!“
Ihr war selbst klar, dass diese Erklärung nicht gerade sehr glaubwürdig klang! Aber etwas Besseres wollte ihr auf die Schnelle nicht einfallen!
Daniel sah sie nun auch ungläubig an. „Aber, Sandi! Du kannst mir ruhig glauben! Ich liebe dich wirklich und damit ist es mir sehr ernst!“
Sandi war nun erst recht unschlüssig. Seine Worte klangen so ehrlich und natürlich wollte sie auch nichts sehnlicher als wieder fest mit Daniel zusammen sein. Doch nun kamen ihr Gewissensbisse. Sie musste an ihre Eltern denken und wie sie zu Daniel standen. Sandi wollte einfach nicht so eine Enttäuschung erleben wie vor zwei Jahren. Sie wollte einen Freund, den sie problemlos ihren Eltern vorstellen konnte und den sie zu sich nach Hause einladen konnte. Sie wusste nun einfach nicht, ob sie auf ihr Herz oder ihren Verstand hören sollte.
„Lass mir noch etwas Zeit, okay? Ich gebe dir meine endgültige Antwort später.“
Damit musste sich Daniel vorerst zufrieden geben und die Beiden gingen nun wieder zurück zu Sandis Freundinnen, die immer noch ganz alleine am Autoskooter standen. Etwas gereizt sahen sie nun den Zurückkommenden entgegen.
„Ich habe jetzt eine mächtig trockene Kehle. Ich brauche dringend was zu trinken. Ich geh mir mal eine Cola holen! Kann ich jemanden etwas mitbringen?“
Er sah die Mädchen an und lächelte dann Sandi verführerisch zu. Nun ärgerte sich Sandi noch mehr, dass sie nicht gleich ‚Ja’ gesagt hatte. Dieser Junge war doch einfach ein Traum!
„Ja, mir kannst du auch eine Cola mitbringen, Danny!“
Die beiden anderen schüttelten die Köpfe und Daniel sprang davon. Sandi sah ihm nach. Es war ihr ganz recht, dass er nun für kurze Zeit verschwand, denn so hatte sie Gelegenheit, die ganze Sache mit Pia zu besprechen. Ihre Meinung war ihr sehr wichtig!
„Na, was war denn nun zwischen euch?“ Pia sah sie gespannt an.
„Daniel will wieder mit mir gehen!“
Pia grinste. „Das war mir schon klar! Und?“
Sandi seufzte.
„Ach, Pia! Ich weiß nicht, was ich tun soll. Ich meine, ich möchte schon gerne, aber ich finde auch, es geht alles viel zu schnell, oder? Ich meine, woher soll ich denn jetzt schon wissen, ob er es ernst meint. Er sagt es zwar, aber kann ich ihm das auch glauben?“
Pia seufzte und verdrehte die Augen.
„Oh, großer Gott! So etwas kannst du nie vollkommen sicher wissen. Wenn ich jedes Mal so denken würde, hätte ich gar keinen Freund gehabt. Du sollst ihn ja nicht gleich heiraten!“
Sandi sah ihre Freundin mit flehenden Augen an.
„Okay, okay, ich hab schon verstanden. Soll ich mal wieder mit ihm sprechen, ja?“
„Ja, wenn es dir nichts ausmacht! Es wäre jedenfalls sehr hilfreich für mich!“
„Schon gut! Ich werde mir das Bürschchen vorknöpfen und gründlich auf Herz und Nieren prüfen!“
Genau in diesem Augenblick kam Daniel zurück und gab Sandi die mitgebrachte Cola. Pia hackte sich gleich bei ihm ein und zog ihn von ihr weg.
„Komm doch mal mit! Wir haben etwas sehr wichtiges zu besprechen!“
Daniel warf Sandi einen verwunderten Blick zu und lächelte dann Pia zu. „Okay, wo ist die nächste Toilette?“
Während die Beiden weg waren, wartete Sandi nervös auf ihre Rückkehr. Sie wusste, dass sie sich auf ihre Freundin vollkommen verlassen konnte.
Kurze Zeit später tauchte Pia dann mit einem strahlenden Daniel wieder auf. Sie nickte Sandi zu.
„Du kannst ruhig mit ihm gehen! Er liebt dich wirklich!“
Sandi strahlte. Genau das wollte sie von Pia hören, denn alleine hätte sie diese Entscheidung nie treffen können.
Daniel führte sie nun zurück zu der einsamen Bank. Händchenhaltend saßen sie dort nebeneinander und sahen sich an.
„Wie lautet also nun deine positive Antwort auf meine Frage?“ fragte Daniel noch einmal und lächelte.
Sandi lächelte zurück. „Was meinst du denn? Natürlich sage ich Ja!“
Es war also geschafft! Sie waren wieder ein Paar!
Überglücklich liefen sie Hand in Hand über den Platz.
Viel zu schnell war es für die Mädchen Zeit zum Abendessen nach Hause zu gehen. Pia und Sibylla aßen heute bei Sandi zu Abend. Daniel begleitete die Mädchen noch bis zum Ausgang des Platzes. Dort blieb er dann stehen und wollte sich von Sandi verabschieden. Überrascht sah sie ihn an. „Warum bringst du mich denn nicht noch bis nach Hause?“
„Wir sehen uns doch nachher noch mal wieder, oder? Ich muss noch nicht nach Hause! Ich bleibe, solange hier und warte auf dich! Ich muss nämlich noch etwas erledigen!“
Traurig sah Sandi ihm nach, wie er zwischen den Karussells und Buden verschwand. Die Trennung fiel ihr schwer, auch wenn es nur für kurze Zeit sein sollte. Sie ging nun also schweren Herzens mit ihren Freundinnen nach Hause!
Nach dem gemeinsamen Abendessen durchwühlte Sandy ihren Kleiderschrank nach etwas passendem für den Abend. Sie wollte für Daniel besonders hübsch aussehen.
Schließlich entschied sie sich für einen schwarzen Sweatpulli mit silberfarbigem Aufdruck und einem ebenfalls schwarzen Stretch-Minirock. Da es abends noch kühl werden konnte zog sie noch eine blickdichte schwarze Strumpfhose darunter und schlüpfte in ihre nagelneuen schwarzen Pumps.
Pia toupierte ihr die langen braunen Locken mit etwas Haarspray nach oben und band sie dort mit einer glitzernden silbernen Haarschleife zusammen.
Sibylla war für das Make-up zuständig, denn das konnte sie wirklich prima.
Die drei fertig gestylten Mädchen betrachteten sich vor dem großen Flurspiegel, waren sie mit dem Ergebnis sehr zufrieden.
Als sie sich dem Festplatz näherten erwartete Sandi hoffend, dass Daniel auch diesmal wieder auf sie wartete. Aber diesmal kam er ihnen nicht entgegen. Sandi war enttäuscht. Die Mädchen überquerten den ganzen Platz, aber Daniel konnten sie nirgendwo entdecken.
Tieftraurig stand Sandi dann neben ihren Freundinnen am Autoskooter. Je mehr Zeit verging, umso deprimierter wurde sie. Auch ihre Freundinnen vermochten sie nicht zu trösten. Daniel ließ sich einfach nicht blicken.
Schließlich hatte Sibylla genug von der trüben Stimmung der Freundin und forderte sie auf, mit ihr eine Runde Autoskooter zu fahren. Wiederwillig war Sandi dann damit einverstanden und stieg zu Billa in den Wagen. Eigentlich wollte sie sich ja auch amüsieren.
Doch kaum war der Wagen angefahren, als Sandi Daniel am Autoskooter vorbeigehen sah. Er war gerade im Begriff den Festplatz zu verlassen. Was sollte sie nun tun? Aussteigen konnte sie nicht mehr und wenn die Runde beendet war, dann wäre Daniel längst weg. Ihr Blick fiel auf Pia, die ganz verlassen am Rand herumstand.
„Pia! Pia! Da ist Danny! Bitte, lauf ihm nach und hol ihn zurück. Biiiittteeee!!!“
Sie warf der Freundin flehende Blicke zu und die machte sich sofort auf den Weg. Sandi hoffte, dass sie ihn noch erreichen würde.
Und Pia hatte Glück und kurz darauf stand Daniel am Rand und winkte seiner Freundin zu. Entschuldigend zuckte er die Schultern. Bald darauf war auch die Fahrt zu Ende und Sandi stieg schnell aus und lief zu ihm.
„Wo bist du denn bloß gewesen? Ich bin schon fast eine Stunde hier und warte auf dich!“
„Tut mir wirklich sehr leid! Ich war die ganze Zeit im Bierzelt. Da hast du mich bestimmt nicht gesucht, oder? Ich muss jetzt auch gleich noch mal nach Hause. Ich habe kein Geld mehr und ich muss mal meine Oma anpumpen!“
Sandi lächelte. „Das brauchst du nicht! Ich habe genug Geld dabei!“
Daniel lächelte sie dankbar an. „Das ist nett, aber das ist nicht mein Ding! Bei so etwas bin ich altmodisch! Wenn ich eine Freundin habe, dann will ich sie einladen und nicht umgekehrt. Ich würde mich sonst nicht gut fühlen! Danke, aber Sorry!“
Sandi verstand ihn schon, aber sie war dennoch traurig, dass Daniel schon wieder gehen musste. Schließlich hatte sie so gehofft, die schönen Stunden vom Nachmittag fortsetzten zu können. Daniel ließ sich aber nicht erweichen und versprach sofort wieder zurückzukommen. Sandi sah ihm nach, bis er verschwunden war.
Diesmal brauchte Sandi auch wirklich nicht lange auf ihn zu warten. Nach einer guten Viertelstunde stand er plötzlich wieder hinter ihr und dann wurde der Abend genauso, wie sie es sich vorgestellt hatte.
Sie fuhren gemeinsam Autoskooter und im „Love-Train“. Dann schoss Daniel an einer der Schießbuden für Sandi eine Rose, genau in ihrer Lieblingsfarbe: Rosa! Sandi fühlte sich fantastisch! Dieser Abend hätte ewig dauern können!
Aber leider ging er viel zu schnell zu Ende! Am nächsten Tag hatte die Mädchen ja Schule und deshalb sollten sie um 22 Uhr zu Hause sein. Pia fragte ihre Freundinnen, ob sie sie noch bis nach Hause bringen würden. Gerne waren Sandi und Sibylla dazu bereit. Daniel kam auch mit, da er so noch eine Weile mit seiner Freundin zusammen sein konnte.
Pia wohnte in einer Reihenhaussiedlung in der Nähe der Schule, die auf einem Hügel lag. Der Weg dorthin dauerte etwa eine Viertelstunde.
Nachdem sie Pia sicher zu Hause abgeliefert hatten, gingen die Drei den ganzen Weg wieder zurück, denn Sandi wohnte in der Nähe des Festplatzes. Es war inzwischen auch sicher schon nach 22 Uhr, aber Sandi würde einfach sagen, dass sie Pia noch nach Hause bringen mussten. Dafür würden ihre Eltern sicher Verständnis haben.
Sibylla wohnte am anderen Ende der Stadt und hatte deshalb ihren kleinen Motorroller bei Sandi untergestellt.
Daniel brachte die Mädchen bis zur Hintertür und nun stand ihnen wirklich der Abschied, bevor.
„Treffen wir uns morgen vor dem Tunnel zum Hotel ‚Recht’?“
Sandi nickte.
Sie standen sich gegenüber und sahen sich an.
„Gibst du mir noch einen Abschiedskuss?“
Sandi lächelte verschmitzt und schüttelte den Kopf. Doch Daniel griff blitzschnell zu und umarmte sie, bevor sie sich umdrehen konnte. Fest hielt er sie umschlungen!
„Hey, mit deinen Lippen stimmt etwas nicht! Sie liegen nicht auf meinen! Gib mir schnell einen Kuss, sonst glaube ich nicht, dass ich heute Nacht schlafen kann! Das verstehst du doch sicher?“
Er sah sie tief in die Augen und Sandy wurde schwach. Ihr Sträuben war ohnehin nur gespielt gewesen! Bereitwillig gab sie nun ihrem inneren Drängen nach und lehnte sich gegen ihn. Zärtlich berührten sich ihre Lippen und langsam wurde der Kuss immer inniger. Er schien einfach ewig zu dauern und wenn es nach Sandi gegangen wäre, hätte er nie aufgehört. Sie hatte einfach alles um sie herum vergessen.
Besonders ihre Freundin Sibylla, die ganz diskret in eine andere Richtung sah und auf das Ende des Abschieds wartete.
Endlich lösten sie sich wieder voneinander und Beide waren ganz außer Atem.
„Ich liebe dich!“
Sandi konnte nichts mehr darauf erwidern, denn sie war noch vollständig gelähmt. Sie sah Daniel sich an der Ecke noch einmal umdrehen und winken, bevor er verschwand.
„Na, war’s schön? Ach, was frag’ ich dich denn! Man sieht’s dir ja an!“
Sibylla musste sich nun auch verabschieden, denn es war wirklich schon reichlich spät.
Sandi konnte lange nicht einschlafen, als sie in ihrem Bett lag, denn sie musste diesen verrückten Tag noch einmal Revue passieren lassen. Es war alles so schnell gegangen. Hatte sie sich Daniel nicht direkt an den Hals geworfen? Was war, wenn er nun von ihr dachte, sie sei leicht zu haben? Doch dann dachte sie an Pias Worte und stellte sich Daniels Gesicht vor. Nein, so war er nicht! Sie glaubte ihn schon so gut zu kennen, dass sie sich sicher sein konnte, ihm voll vertrauen zu können. Sie war sich nun völlig sicher, dass sie mit ihm immer noch zusammen wäre, wenn ihre Eltern sie damals nicht auseinander gebracht hätten.
Aber an ihre Eltern wollte Sandi nun überhaupt nicht mehr denken. Sie kannten Daniel doch überhaupt nicht. Ihre Meinung war ihnen deshalb völlig egal! Sandi hatte nun das, was sie sich seit langem erträumt hatte: Einen Freund! Und nicht irgend einen, sondern den einzigen, den sie liebte und wahrscheinlich auch je lieben würde! Mit diesem wunderbaren Gefühl konnte sie dann auch endlich einschlafen.
Am nächsten Tag wurde sie jedoch gleich wieder von Daniel enttäuscht. Zwei Stunden wartete sie vor dem Tunnel, aber umsonst. Daniel tauchte nicht auf! Wütend und vor allen Dingen tieftraurig fuhr sie dann mit ihrem Fahrrad „Felix“ ( er existierte noch!) wieder nach Hause. Dort umlagerte sie das Telefon, weil sie dachte, er würde wenigstens anrufen. Aber er tat es nicht!
Unglücklich weinte sie sich an diesem Abend in den Schlaf. So schnell hatte er sie also wieder vergessen! Gestern war sie glücklich gewesen und heute zu Tode betrübt!
„Mach dir doch nicht gleich wieder den Kopf verrückt! Was meinst du, wie oft ich schon versetzt worden bin? Aber dafür habe ich auch schon eine Menge Jungen auf mich warten lassen. Damit gleicht es sich wieder aus! Du nimmst alles einfach immer viel zu ernst! Wie ich deinen Daniel einschätze wird er sich sicher bald bei dir melden. Der ist doch total vernarrt in dich!“
Sandi war am nächsten Nachmittag wieder bei Pia und hatte ihr gleich ihr ganzes Leid geklagt.
„Ach, Pia! Was soll ich denn nur tun? Ich vermisse ihn doch so schrecklich! Ich kann mir beim besten Willen nicht vorstellen, warum er nicht gekommen ist. Wir hatten doch vorgestern einen so schönen Tag!“
Plötzlich stand Pia auf und ging hinaus in die Diele. Gleich darauf kam sie mit dem Telefon und dem Telefonbuch zurück. Beides legte sie vor Sandi auf den Boden.
„Bitte schön! Jetzt ruf ihn an!“
Sandi sah überrascht zu Pia auf, doch die nickte ihr nur zu. Sandi zuckte die Schultern und griff zum Telefonbuch.
„Also, gut, wenn du meinst!“
Gemeinsam suchten sie die Nummer der Schwarz’ heraus und Pia wählte für ihre Freundin. Es läutete am anderen Ende, und läutete, und läutete. Schließlich legte Sandi den Hörer auf.
„Es ist niemand da!“ seufzte sie traurig.
„Mensch, du Dummes! Gib doch bloß nicht so schnell auf. Versuch es noch einmal!“
Diesmal klappte es dann auch wirklich. Daniels Großmutter war am Apparat.
„Ja, hallo! Ist Daniel da? Hier spricht seine Freundin!“
Sandis Herz fing an schneller zu schlagen, als sie hörte, wie Daniel gerufen wurde. Dann hörte sie seine Schritte im Hintergrund und dann war er am Telefon. Sandi hörte seine sanfte, dunkle Stimme und sie ging ihr durch und durch.
„Hallo, Danny! Ich rufe an, um dich zu fragen, wo du gestern warst! Ich habe echt lange auf dich gewartet!“" Sie hielt den Atem an, während sie auf seine Antwort wartete.
Sie hörte ihn scharf einatmen. Was bedeutete das?
„Oh, ich weiß! Entschuldige bitte, aber es hat leider nicht geklappt. Ich musste gestern ganz dringend aufs Rathaus, um meine Anmeldung für das Straßenfest im Juni abzugeben. Ich will da mit meiner Feuershow teilnehmen und gestern war Anmeldeschluss! Ansonsten wäre ich auf jeden Fall gekommen!“
Sandi sah Pia überrascht an. Das Telefon hatte eine Freisprecheinrichtung und deshalb konnte ihre Freundin jedes Wort mithören. Pia zuckte nun auch mit den Schultern.
„Was für eine Feuershow? Du hast mir nie etwas davon erzählt!“
„Ach so! Stimmt, das weißt du ja noch nicht! Ich bin Feuerschlucker, oder will zumindest mal einer werden. Jedenfalls übe ich schon seit einiger Zeit an meiner Show. Und Fakir bin ich auch! Weißt du, ich laufe über Glasscherben und so ‘n Zeug!“
„Wow!“
Pia zog erstaunt die Augenbrauen nach oben. Sandi war ebenfalls total erstaunt.
„Wirklich? Davon hatte ich keine Ahnung! Das finde ich ja echt toll!“
Sie konnte sich gar nicht vorstellen, dass ihr Freund so etwas konnte.
„Sag mal, hast du nicht Lust, heute zu mir zu kommen? So gegen fünf Uhr hätte ich Zeit! Ich würde mich sehr freuen!“
„Du, ich weiß nicht! Ich bin nicht zu Hause, sondern bei Pia!“
Sie warf ihrer Freundin einen Blick zu, aber diese nickte nur zustimmend.
„Ja, okay! Geht klar! Sie hat nichts dagegen!“
Daniel atmete erleichtert auf. „Okay, dann sehen wir uns um fünf! Tschüss!“
Sandi legte auf und war wieder total glücklich.
„Na also! Ich habe dir ja gesagt, dass alles ganz harmlos ist. Aber er hat ja ganz schön was drauf! Das hätte ich gar nicht gedacht! Na, die Show werde ich mir auf jeden Fall mal ansehen!“
Bis halb fünf blieb Sandi noch bei Pia und half ihr bei der Hausarbeit. Dann bestand Pia aber darauf, dass sie zu ihrem Daniel ging.
„Bleib schön artig! Das mir keine Klagen kommen! Morgen verlange ich einen kompletten Bericht! Ist das klar?“
„Okay, okay!“ Sandi lachte und verabschiedete sich. Sie konnte es nun nicht mehr erwarten, bei Daniel zu sein.
Daniel wohnte immer noch in dem gleichen schäbigen Reihenhaus. Auf den ersten Blick hatte sich auch überhaupt nichts verändert, doch als sie näher kam, sah Sandi, dass die ganze Klingelanlage herausgerissen war. Was sollte sie nun tun? Sollte sie einfach an die Tür klopfen und darauf warten, dass sie jemand hörte? Da bemerkte sie, dass die Tür einen kleinen Spalt offen stand.
Okay, dachte Sandi und ging einfach hinein. Hier drin hatte sich ebenfalls nichts verändert. Die linke Tür, wo Daniels Großeltern und seine kleinen Schwestern wohnten, stand weit offen. Sandi zögerte. Sie konnte doch nicht einfach in eine fremde Wohnung gehen!
In diesem Moment ging in der Wohnung eine Toilettenspülung. Kurz darauf öffnete sich vor ihr eine Tür und Daniel trat mit offenem Reißverschluss aus der Toilette. Sandi drehte sich rasch zur Seite und spürte wie sie rot wurde.
Daniel bemerkte Sandi, zog sich schnell den Reißverschluss hoch und kam auf seine Freundin zu. Zärtlich zog er sie in seine Arme.
„Da bist du ja! Ich habe schon sehnsüchtig auf dich gewartet!“" Sanft küsste er sie auf den Mund und Sandi erwiderte seinen Kuss. „Komm!“ sagte Daniel und zog sie hinter sich her, die Treppe hinauf in sein Zimmer.
Hier hatte sich auch nichts verändert! Nur diesmal hatte er wohl Zeit zum Aufräumen gehabt! Daniel setzte sich auf die Couch und forderte Sandi auf, sich neben ihn zu setzen.
Doch sie zögerte. Sicher, sie hatte schon einmal mit ihm auf der Couch gesessen, aber damals waren sie noch jünger gewesen! Sie glaubte nicht, dass Daniel sich nur mit Küssen zufrieden geben würde. Er wollte mehr! Und Sandi war sich noch nicht sicher, ob sie schon dazu bereit war. Deshalb schüttelte sie den Kopf und setzte sich auf den Stuhl.
Daniel zuckte die Schultern und schaltete den Fernseher an und starrte nur noch auf den Bildschirm.
Sandi war schon ein wenig enttäuscht, dass er so schnell aufgab. Aber nun ließ sich daran nichts mehr ändern. Eine Weile verfolgte sie ebenfalls das Programm, doch das wurde ihr schnell langweilig. Mit der Zeit wurde sie wütend. Was sollte sie hier? Fernsehen konnte sie auch zu Hause! Sie begann sich im Zimmer umzusehen und studierte die Zeitungsausschnitte an den Wänden.
Daniel hatte sie die ganze Zeit aus den Augenwinkeln beobachtet und freute sich insgeheim, dass es ihm gelungen war, sie zu ärgern. Nun stand er auf und schaltete den Fernseher aus. Ehe Sandi wusste, was geschah hatte er sich verkehrt herum auf ihren Schoß gesetzt und umarmte sie. Zärtlich berührten seine Lippen die ihren zu einem sanften Kuss. Als Sandi ihn heftig erwiderte, schob Daniel langsam seine Zunge in ihren Mund. Sandi erschauderte verwundert. So war sie noch nie geküsst worden. Eine Welle der Erregung durchflutete ihren Körper, wie sie noch nie zuvor gespürt hatte. Es erstaunte und erschreckte sie zunächst, aber schließlich empfand sie es als sehr angenehm. Genussvoll aufstöhnend sank sie tiefer in Daniels Arme. Ihr Atem ging heftig und ihr Herz schlug wie wild.
Daniel bemerkte die Veränderungen in Sandis Körper und fühlte sich dadurch herausgefordert. Langsam wanderten seine Hände an ihrem Körper nach unten und schoben sich unter ihr T-Shirt. Dort ließ er sie sanft streichelnd aufwärts wandern.
Als Sandi seine Hände auf ihrer nackten Haut spürte, erschrak sie. Heftig löste sie sich von ihm und stemmte ihre Hände gegen seine Brust. Daniel verlor das Gleichgewicht und fiel zu Boden. Verwundert sah er zu ihr hoch und Sandi ängstlich und atemlos zu ihm hinunter. Dann fing Daniel an zu lachen und Sandi stimmte mit ein. Daniel stand auf und zog Sandi zu sich auf die Couch. Wieder küssten sie sich. Da Daniel nun wusste, wie weit er gehen durfte, wurde es nun noch sehr schön!
Viel zu schnell kam für Sandi wieder die Zeit zu gehen! Daniel begleitete sie noch bis hinunter zur Tür. Traurig sahen sie sich an!
Plötzlich drehte sich Daniel noch einmal herum, bat sie zu warten und lief nach oben in sein Zimmer zurück. Kurze Zeit später kam er wieder herunter und hielt etwas in seiner Hand.
„Ich habe hier etwas für dich! Es ist nicht viel, aber vielleicht freust du dich ja darüber!“
Er öffnete die Hand und darin lag ein kleiner getrockneter Seestern. Er gab ihn Sandi.
„Er ist wunderschön!“ Sandi war überwältigt. Ihr erstes Geschenk von ihrem Freund!
„Sehen wir uns morgen wieder?“ fragte Daniel.
Sandi schüttelte den Kopf. „Tut mir leid! Morgen muss ich in die Bücherei und unbedingt meine Bücher abgeben!“
Daniels Gesicht hellte sich auf. „Hey, in die Bücherei wollte ich schon lange mal wieder! Wann gehst du denn hin?“
„So gegen sechs Uhr!“
„Okay, ich bin dann da!“ Daniel lächelte und gab ihr noch einen kurzen zärtlichen Abschiedskuss.
Nun musste sich Sandi aber wirklich beeilen, sonst würde sie gleich wieder Ärger mit ihren Eltern bekommen. Und das wollte weder sie noch Daniel! Auf dem ganzen Heimweg schaute sie immer wieder auf den kleinen Seestern, den sie in der Hand hielt.
Zu Hause angekommen nahm sie eine Nadel aus ihrer Schreibtischschublade und dazu ein Stück Goldfaden. Damit stach sie vorsichtig durch die oberste Spitze des Seesterns und zog das Band durch. Anschließend knotete sie die beiden Enden zusammen. Nun hatte sie eine kleine Kette, die Sandy nun ständig an ihrem Herzen trug. Niemand außer ihr sollte wissen, dass sie sie trug. Für sie war es ein Pfand, dass sie für immer mit Daniel verband.
Die Bücherei lag genau auf halben Weg zwischen Sandis Haus und Daniels. Jeder der Beiden hatte also denselben Weg dorthin.
Sandi war wirklich gespannt, ob Daniel diesmal die Verabredung eingehalten hatte, als sie die Bücherei erreichte.
Daniel war da! Sie sah ihn gleich als sie die Bücherei betrat, denn er saß an einem der vorderen Tische und blätterte in einem Buch. Er sah nun hoch und winkte ihr zu.
„Was liest du denn?“
Daniel zeigte ihr den Buchtitel. Es war ein Buch über die großen Zirkusse in Europa. Was sonst?
Die nächste halbe Stunde verbrachten sie damit, still nebeneinander zu sitzen und in ihren Büchern zu blättern. Dann blickte Daniel sie an.
„Was meinst du? Gehen wir jetzt noch zu mir?“
Er grinste und zwinkerte ihr zu. Sandi lächelte und nickte.
Es war wunderschön zusammen mit Daniel in seinem Zimmer an diesem Abend und auch an den Nachmittagen in den nächsten drei Wochen! Sandi fühlte sich wunderbar und glaubte, nie glücklicher gewesen zu sein. Doch dann wurde sie leichtsinnig und beging einen schweren Fehler!
An einem Nachmittag im Juni musste Sandi früher nach Hause. Ihre Eltern wollten an diesem Abend zu einer Versammlung des Kaninchenvereins und sie sollte für sie einem Film mit dem Videorecorder aufnehmen. Es fiel ihr sehr schwer, Daniel früher als gewöhnlich zu verlassen und nach einer kurzen Überlegung fragte sie Daniel, ob er sie nicht begleiten wollte.
Daniel war begeistert und kam gerne mit. Sandi schloss die Hintertür auf und betrat mit Daniel das Haus. Sie legte den Zeigefinger an die Lippen.
„Psssst, sei bloß leise! Hier unten wohnt meine Oma. An der müssen wir erst mal vorbei!“
Daniel und Sandi schlichen nun durch den Flur zu der großen Treppe, die nach oben führte. Sandis Oma hörte zwar nicht mehr so gut, aber es war doch besser vorsichtig zu sein. Daniel betrat als erster die unterste Treppenstufe und ehe Sandi ihn warnen konnte, knarrte die Stufe schon laut. Erschreckt sahen sich die Beiden an.
„Sandrine, bist du das?“
Schon ertönte die Stimme ihrer Oma aus deren Wohnzimmer. Sandi hörte, wie sie sich aus ihrem Fernsehsessel erhob.
„Meine Oma kommt! Los, geh schnell in die Scheune!“
An das Haus mündete noch ein großes Gebäude, in der Sandis Vater Heu und Stroh, Holz und Kohle für den Winter und Futter für die Kaninchen lagerte. Außerdem diente es auch noch als Garage für das Auto.
Dorthinein schob Sandi nun ihren Freund. Es war keinen Moment zu früh, denn schon stand ihre Oma hinter ihr.
„Was machst du hier? Was willst du denn in der Scheune? Du weißt doch, dass du da nicht reingehen sollst, weil meine Häsin bald wirft!“
Sandis Oma hatte einige eigene Kaninchen, die sie in Scheune untergebracht hatte und in ein paar Tagen würde ihre Lieblingshäsin Junge bekommen. Deshalb war sie auch so besorgt.
„Ich wollte doch nur mal sehen, ob es schon so weit ist!“
Sandi wollte ihre Oma wieder in die Wohnung zurückbringen, aber diese war nun doch nervös geworden.
„Da sehe ich doch lieber selber nach. Vielleicht ist es ja doch schon so weit. Oder du hast sie jetzt aufgeschreckt!“
Sandi riss erschreckt die Augen auf. Schon schob ihre Oma den Riegel der Scheunentür zurück. Sandi war am Verzweifeln. Gleich würde sie Daniel entdecken und dann war ihre gemeinsame Zeit wieder vorüber. Mit Sicherheit würde ihre Oma ihren Eltern alles erzählen. Und genau das musste sie unbedingt vermeiden.
„Oma, nun lass sie doch! Ich war doch noch gar nicht bei ihr drin!“
Sie versuchte ihre Oma von der Tür wegzubekommen, aber die war nun fest entschlossen einen Blick in die Scheune zu werfen. Sie öffnet nun die Tür und Sandi schloss die Augen. Ihre Oma trat ein, sah nach dem Kaninchen und stellte fest, dass alles in Ordnung war. Sandi öffnete die Augen wieder, aber sie konnte Daniel nirgendwo entdecken.
„Du kommst jetzt mit mir rein! Und lass mein Kaninchen jetzt endgültig in Ruhe!“
Sandi folgte ihr willig nach draußen. An der Tür drehte sie sich noch einmal um. Wo war Daniel bloß geblieben? Da entdeckte sie ihn zwischen einigen Strohballen. Er warf ihr einen nervösen Blick zu. Sandi lächelte. Ja, bleib nur da! Ich werde dich schon da rausholen, dachte sie!
Sandrine brachte zunächst ihre Oma in ihr Wohnzimmer zurück und setzte sie in ihren Fernsehsessel. Erleichtert atmete sie dann auf. Nun konnte sie sich endlich um Daniel kümmern. Inzwischen sah sie auch ein, dass sie mal wieder eine Riesendummheit begangen hatte, indem sie Daniel mit hierher nahm. Sie hoffte nur, dass sie ihren Freund nun ungesehen nach draußen bringen konnte.
Da kam ihr eine Superidee! Sie würde Daniel das große Scheunentor auf der Straßenseite öffnen. Schnell rannte sie zur Hintertür hinaus und versuchte das Zahlenschloss zu öffnen. Doch sie hatte Pech! Ihre Eltern hatten mal wieder die Kombination geändert. So sehr sie sich auch bemühte, sie bekam es nicht auf.
Daniel hatte gehört, dass Sandi mit ihrer Oma in die Scheune kam und hatte sich blitzschnell zwischen die Strohballen gehockt. Dieses Versteck war das einzige, was ihm auf die Schnelle einfiel. Er atmete erst wieder auf, als die Beiden die Scheune wieder verlassen hatte. Er bemerkte Sandis Blick und hoffte nun, dass seine Freundin bald zurückkam und ihn befreite.
Genau in diesem Augenblick hörte er von dem großen Scheunentor ein Geräusch. Er erschrak. Das waren nun bestimmt auch noch Sandis Eltern, die von ihrer Versammlung heimkamen, dachte er ängstlich. Ihnen wollte er auf keinen Fall begegnen. Er musste also unbedingt aus der Scheune heraus.
Blitzschnell verließ er sein sicheres Versteck und öffnete den inneren Riegel der Scheunentür zum Haus. Er hoffte, dort auf Sandi zu stoßen. Mit einem lauten Knall warf er die Tür wieder zu und lief ins Haus. Dort traf er zwar nicht auf seine Freundin, sondern lief direkt in die Arme ihrer Großmutter!
Sandi mühte sich immer noch mit dem verflixten Zahlenschloss ab, als sie den Knall hörte, mit dem die Scheunentür ins Schloss zurückfiel. Da erschrak auch sie. Daniel würde doch hoffentlich nicht so dumm sein und zurück ins Haus gehen? Sie musste ihn unbedingt abfangen. Schnell lief sie wieder um die Scheune herum zurück ins Haus. Sie schloss die Hintertür auf und als sie die Tür öffnete, sprang ihr auch schon Daniel entgegen.
„Tschüss, ich muss jetzt weg! Ich melde mich!“
Bevor Sandi begriff, was eigentlich los war, war Daniel schon um die Ecke verschwunden. Stattdessen stand ihre Oma vor ihr und sah sie böse an.
„Was hat das alles zu bedeuten? Würdest du mir mal erklären, was dieser Junge hier gemacht hat?“
Sandi tat so, als wüsste sie nicht, wovon ihre Oma redete.
„Keine Ahnung! Woher soll ich denn wissen, wo Daniel herkommt! Ich war doch draußen! Vielleicht wollte er mich mal besuchen und ist über die Mauer geklettert.“
Am Gesicht ihrer Großmutter konnte Sandi ablesen, dass sie ihr diese Geschichte nicht glaubte.
„Du musst mich nicht für so dumm halten, Sandrine! Erzähl mir jetzt lieber gleich die Wahrheit.“
Sandi atmete tief durch und folgte ihrer Oma ins Wohnzimmer. Dort erzählte sie ihr alles von ihrer Liebe zu Daniel und das er sie auch liebte. Sie hoffte sehr, dass ihre Oma, zu der Sandi immer ein besonderes Verhältnis hatte, alles verstehen würde. Aber ihre Oma blieb hart.
„Du bist noch zu jung für so etwas! Du sollst dich in deinem Alter nur um die Schule kümmern. Sei doch vernünftig! Du wirst dir nur damit schaden und dem Jungen auch. Er ist auch viel zu jung für dich! Ich werde deinen Eltern nichts von alledem erzählen, aber dafür musst du mir versprechen, dass du den Jungen nicht mehr triffst! Hast du mich verstanden?“
Sandi war sehr enttäuscht von der Reaktion ihrer Großmutter. Wenigstens von ihr hatte sie ein wenig gehofft, sie auf ihrer Seite zu haben. Traurig nickte sie und hatte in diesem Augenblick wirklich vor, ihr Versprechen zu halten. Doch es schmerzte sehr. Sie konnte ihre Gefühle für Daniel nicht mehr unterdrücken. Tief in ihrem Inneren spürte sie, dass sie beide zusammengehörten.
Am nächsten Tag war nun Straßenfest in der Innenstadt. Als Sandi morgens aus dem Fenster sah, herrschte bereits reges Treiben. Stände und Bierzelte wurden überall aufgebaut.
Sandi wusste, dass Daniel auch daran teilnehmen würde und ihr Herz begann vor Freude heftig zu schlagen. Mit suchendem Blick schweifte sie über die Menschenmenge, ob sie ihn irgendwo sehen konnte.
Und tatsächlich! Da war er! Daniel baute zusammen mit seinen Geschwistern sein Zelt auf. Davor hatte er eine kleine Manege abgesteckt.
Sofort waren alle Ermahnungen ihrer Großmutter vergessen. Das einzige, was noch zählte, war ihre unendliche Liebe zu Daniel und die ließ sie sich von niemandem mehr nehmen.
Blitzschnell hatte sie sich angezogen und rannte die Treppe hinunter. Sie wollte so schnell wie möglich zu ihm! Doch an der Haustür stand schon ihre Oma und hielt sie zurück. Natürlich hatte sie Daniel auch schon entdeckt.
„Denk daran, was ich dir gestern gesagt habe! Es ist nur zu deinem Besten, glaub mir! Noch wissen es deine Eltern nicht und das ist auch gut so. Stoß sie also besser nicht direkt mit der Nase darauf!“
Sandi stöhnte leise. Musste ihre Oma denn ausgerechnet jetzt damit ankommen und ihr die gute Laune verderben? Versöhnlich lächelte sie sie an. „Ja, ich vergesse es nicht! Ich will doch nur bei unserem Stand helfen!“
Schnell schlängelte sie sich an ihrer Großmutter vorbei, bevor dieser noch etwas anderes einfiel. Endlich war sie draußen!
Direkt vor dem Haus waren ihre Eltern und die anderen Mitglieder des Kaninchenvereins damit beschäftigt, ihren Verlosungsstand aufzubauen. Es sollte besonders Kaninchen zu gewinnen geben.
Sandi wurde sofort mit eingespannt! Den ganzen Vormittag verbrachte sie als Botenmädchen und musste immer irgendetwas holen. Ab und zu kam sie dabei auch an Daniels Zelt vorbei. Heimlich tauschten die Beiden jedes Mal verstohlene Blicke aus und einmal zwinkerte Daniel ihr auch zu. Sandi war selig! Dieser Tag würde einfach wunderbar werden für sie beide!
Am Nachmittag wurde sie dann zum Lose verkaufen eingeteilt. Sie musste also die ganze Zeit im Stand verbringen. Ihr war todlangweilig! Normalerweise machte ihr diese Arbeit viel Spaß, aber heute war es ihr nur einfach lästig. Und was alles noch schlimmer machte, war, dass sie von ihrem Standpunkt aus, Daniel nicht sehen konnte. Aber sie konnte den rauschenden Applaus seines Publikums und Axels Lautsprecherdurchsagen hören. Zu gerne hätte sie ihrem Freund auch mal bei seiner Show zugesehen! Aber allein das Gefühl war schon großartig!
Gegen vier Uhr wurde sie dann endlich abgelöst und durfte aus dem Stand heraus. Ihr erster Weg führte sie zu Daniel, der gerade eine Vorstellung gab. Nun sah sie seine Show zum aller ersten Mal!
Er trug ein selbstgenähtes schwarzes Satinkostüm mit goldenen Borten. Darin sah er so unverschämt gut aus. Claudia und Cosima, seine inzwischen neun- und siebenjährigen Schwestern, liefen in Fatima Kostümen herum und halfen ihm bei der Show! Claudia reichte Daniel eine Schale, in der sich wohl das Petroleum befand. Daniel nahm einen Schluck davon in den Mund und hielt dann eine brennende Fackel hoch in die Luft. Dann blies er das Petroleum kräftig in die Flammen und für einige Sekunden zeigte sich ein gewaltiger Flammenstoß in der Luft.
Mit angehaltenem Atem sah Sandi zu und war überwältigt! Das war also ihr Freund!
Nachdem er ein paar Mal Feuer gespien hatte, löschte er die Fackeln im Mund. Sandi verzog das Gesicht!
Nun holten er und Axel eine zusammengelegte Plane herbei, die am Rand gelegen hatte. Sie breiteten sie aus und es lagen jede Menge Glasscherben darin. Daniel setzte nun seinen nackten Fuß mitten in die Scherben und lief durch. Dann stellte er sich auf einen kleinen Hocker und sprang in die Scherben hinein. Zuletzt zog er sein Oberteil aus und legte sich mit dem Rücken in die Scherben. Claudia und Cosima fassten sich an den Händen und stellten sich ein paar Sekunden lang auf seinen Rücken.
Sandi zuckte jedes Mal zusammen. Wie konnte er so etwas nur tun? Das musste ihm doch wehtun! Aber trotz allem war sie unheimlich stolz auf ihren Freund!
Der Nachteil war nur, dass Daniel wegen seiner Shows keine Zeit für sie hatte. Er kam noch nicht einmal in den kurzen Pausen zwischen zwei Shows zu ihr. Er verschwand gleich wieder in seinem Zelt.
Nachdem Sandi drei Shows angesehen hatte wurde sie langsam ungeduldig! Sie rief Claudia zu sich, die gerade das Geld der letzten Show einsammelte.
„Hallo, Sandi! Wie geht’s? Wann kommst du mal wieder zu uns?“
Sandi lächelte das Mädchen an. Sie mochte sie von Daniels Schwestern am liebsten.
„Claudi, du siehst einfach klasse aus in deinem Kostüm. Sag mal, könntest du mir mal einen Gefallen tun? Sag doch Danny, er möchte mal zu mir kommen. Ich muss dringend mit ihm reden!“
„Ich kann es ja mal versuchen, aber er lässt sich eigentlich nicht gern stören, wenn er Auftritte hat. Er muss sich dann immer stark konzentrieren und will sich durch nichts ablenken lassen.“
Claudia lief in das Zelt zu ihrem Bruder.
Sandi schüttelte wütend den Kopf. Was war denn das? Sie redete ja schon wie sein Manager! Und was war sie dann? Irgend so ein dämliches Groupie?
Als Daniel kurz darauf zu ihr herüberkam, sah er sie ein wenig sauer an.
„Was ist denn los? Was willst du?“
Erschrocken und beleidigt sah Sandi ihn an. So hatte er ja noch nie mit ihr gesprochen. Warum war er auf einmal so? Wo war denn nur der zärtliche, liebevolle Daniel geblieben, den sie kannte und so sehr liebte? Sie verstand die Welt nicht mehr.
„Hey! Ich wollte dich doch nur mal kurz sehen und mit dir reden. Schließlich haben wir uns gestern ziemlich überstürzt trennen müssen!“
„Sehen kannst du mich doch die ganze Zeit und das reden können wir doch auf später verschieben, oder? Ich habe jetzt wirklich viel zu tun. Das verstehst du doch, oder nicht?“
Seine Stimme klang jetzt wieder viel sanfter. Sandi nickte, obwohl ihr das Verständnis schwerfiel. Immer noch etwas enttäuscht sah sie ihm nach, als er nun wieder zurück ins Zelt ging. Sicher fand sie es prima, was er tat und sie glaubte auch zu wissen, was es für ihn bedeutete, aber sie hatte sich diesen Tag so schön mit ihm ausgemalt. Es war so wunderschön zwischen ihnen, wenn sie mit Daniel allein war und nun gab er ihr noch nicht mal einen Kuss!
Dabei vergaß sie völlig, dass ihre Eltern keine hundert Schritt entfernt standen. Diesen schweren Fehler sollte sie noch bereuen!
Ihrer Mutter war natürlich nicht entgangen, dass ihre Tochter ständig in Daniels Nähe herumhing. Was das wieder bedeutete konnte sie sich auch schon denken. Und Sandi sollte das später noch zu spüren bekommen!
Zunächst allerdings freute sie sich, dass Daniel gegen Abend endlich Zeit für sie hatte. Um sieben Uhr beendete er seine letzte Vorstellung und während seine Geschwister das Zelt abbauten, wartete er gegenüber dem Kaninchenstand auf seine Freundin. Als Sandi ihn bemerkte, bat sie Pia sofort, für sie zu übernehmen.
„Sandi, ich bitte dich! Sei vorsichtig heute Abend! Treib es nicht so Doll! Deine Eltern und der halbe Kaninchenverein schwirren hier herum. An deiner Stelle wären mir das eindeutig zu viele Beobachter. Ich glaube, deine Mutter hat sowieso schon einen Verdacht, so, wie du dich heute Nachmittag benommen hast! Mach also langsam!“
Sandi lächelte Pia fröhlich an und machte eine wegwerfende Handbewegung.
„Das ist nicht schlimm! Danny hat endlich mal Zeit für mich. Darauf warte ich schon den ganzen Tag! Das ist das einzige, was für mich zählt!“
Pia zuckte die Schultern.
„Na ja, mir soll’s recht sein! Das ist allein deine Sache. Ich habe dich hiermit jedenfalls gewarnt.“
„Ach, Pia! Und wäre das mein letzter Tag hier auf Erden, ich würde ihn mit Danny verbringen!“
„Das könnte heute dein letzter Tag werden, wenn du nicht aufpasst!“ murmelte sie, aber das hörte Sandi schon nicht mehr.
An diesem Abend kümmerte Sandi überhaupt nichts. Sie ging mit ihrem Freund Hand in Hand durch die Straßen und Beide waren überglücklich und völlig unbeschwert. Sie war stolz und fühlte sich so geborgen an seiner Seite!
Sandi legte ihren Kopf auf Daniels Schulter und er drückte sie an sich. Eng umschlungen standen sie auf dem Marktplatz der Stadt herum und es schien so, als könnte sie nichts trennen.
Langsam leerten sich die Straßen und die meisten Stände wurden abgebaut. Nur die Bierzelte machten noch einen enormen Umsatz bei den Unersättlichen!
Auch Sandrines Eltern hatten mit den anderen Mitgliedern des Vereins ihren Stand beinahe abgebaut und das bedeutete für Sandi, dass sie so langsam nach Hause gehen musste. Wieder mal mussten sich Daniel und Sandi voneinander verabschieden und wieder einmal vieles Beiden schwer.
Daniel küsste sie zärtlich auf den Mund und Sandi erwiderte den Kuss leidenschaftlich. Inzwischen erwartete sie sehnsuchtsvoll jeden seiner Küsse und konnte gar nicht genug davon bekommen.
Daniel war das natürlich nicht entgangen und ihm ging es genauso. Für ihn gab es nichts Schöneres, als Sandi im Arm zu halten und zu küssen.
„Hm, küssen ist die zarteste Versuchung, seit es deine Lippen gibt!“
Sandi kicherte und wurde rot.
„Ich glaube, ich muss jetzt ins Bett, um von dir zu träumen! Wirst du auch von mir träumen!“
Sandi nickte. „Mach’s gut! Wir sehen uns doch morgen auf der Kirmes?“
„Um nichts in der Welt möchte ich das versäumen! Was meinst du für wen ich heute das ganze Geld verdient habe!“
Sandi formte mit ihren Lippen die Worte: Ich liebe dich und Daniel tat es ebenso! Sandi sah ihm nach, bis er aus ihrem Blickfeld verschwunden war und erst dann drehte sie sich ebenfalls um und ging nach Hause.
Sie war noch ganz in ihre Träume an Daniel versunken, als sie ihr Zimmer betrat. Kaum hatte sie ihre Tür geschlossen und sich auf ihr Bett gelegt, als die Tür auch schon wieder geöffnet wurde und ihre Mutter hereinkam. Mit zornesrotem Gesicht baute sie sich vor ihrer Tochter auf.
„Na, dann erzähl mal! Wie lange geht denn das schon wieder zwischen dir und diesem Daniel?“
„Ich habe keine Ahnung, wovon du redest!“
Sandrine drehte den Kopf zur Wand und versuchte einfach ihre Mutter zu ignorieren. Sie wollte jetzt keine Auseinandersetzung mit ihr haben. Sie wollte alleine sein und an die schönen Stunden denken, die sie gerade mit Daniel verbracht hatte.
Doch ihre Mutter ließ sich nicht so einfach abwimmeln. Sie wollte alles von ihrer Tochter wissen. „Komm, jetzt lüg mich bloß nicht an! Sieh mich an, wenn ich mit dir rede!“
Wiederwillig wandte sich Sandi ihrer Mutter zu.
„Ich habe dich heute den ganzen Tag sehr genau beobachtet, junges Fräulein! Und ich habe genau gesehen, wie du mit diesem Schwarz losgezogen bist. Pias Vater und der halbe Kaninchenverein haben euch zwei heute auch gesehen. Händchenhaltend! Du hast wie eine Klette an ihm geklebt! Also kannst du es jetzt ruhig zugeben!“
Sie wurde immer lauter und Sandi immer kleinlauter. Und sie rutschte immer tiefer in ihre Kissen.
„Aber, Mama! Was hast du denn nur immer gegen Daniel? Warum verbietest du mit immer, mit ihm zusammen zu sein? Ich bin inzwischen sechzehn Jahre alt und in der Schule bin ich auch gut. Außerdem lieben wir uns!“
Sandrines Mutter seufzte gequält.
„Dasselbe Thema hatten wir vor zwei Jahren auch schon! Hast du immer noch nichts dazugelernt? Muss ich mich jetzt wirklich noch mal wiederholen? Gut, wenn du es so willst! Dann sage ich es dir eben noch einmal und hoffe, dass ich diesmal deutlich genug bin! Dieser Daniel Schwarz ist kein Umgang für dich, egal wie alt du bist und egal wie gut deine Noten in der Schule sind! Du kommst aus einer guten Familie und hast einfach etwas Besseres verdient, als so einen Asozialen! Du gehst zur Realschule und er nur zur Sonderschule. Er ist auch noch jünger als du! Und sieh dir nur mal an, wie die wohnen und wo wir leben. Muss ich wirklich noch mehr sagen?“
In diesem Augenblick kam auch noch Sandrines Vater dazu.
„Geht es schon wieder um diesen Jungen, diesen Daniel Schwarz? Ich habe dir doch schon einmal gesagt, was ich davon halte. Ich verstehe gar nicht, warum du so lange mit ihr herumdiskutierst, Francoise. Die Sache ist hiermit beendet. Punkt und Schluss! Morgen fährst du mit uns in den Garten und die Kirmes ist gestrichen! Ich werde dich schon wieder zur Vernunft bekommen und ich werde auf jeden Fall verhindern, dass du ihn jemals wiedersiehst!“
Herr Haleb schob seine Frau aus dem Zimmer und schloss die Tür hinter sich. Sie ließen ihre Tochter einfach allein in ihrem Elend. Sandrine war verzweifelt. Was sollte nun nur werden?
Der nächste Tag wurde für Sandi zur reinen Qual. Es war nicht die Aussicht, den ganzen Tag mit den Eltern im Garten verbringen und ihnen mit den Kaninchenhelfen zu müssen! Nein, der Gedanke, dass sie Daniel nie wiedersehen sollte, war einfach zu schmerzhaft! Sein Gesicht und der Klang seiner Stimme gingen ihr nicht aus dem Sinn! Sie glaubte, ihn überall riechen zu können, wenn sie nur die Augen schloss.
Das Schlimmste kam erst, als sie mit dem Auto in den Garten fahren wollten. Gerade, als sie ins Auto eingestiegen waren, ging Daniel an ihrem Haus vorbei. Für einen kurzen Augenblick trafen sich ihre Blicke. Sandi konnte in seinen Augen die gleiche große Traurigkeit sehen, die sie selbst empfand. Da wusste sie, dass er irgendwie alles erfahren hatte. Ein kleines Lächeln huschte über sein Gesicht, als er sie ansah und als das Auto schließlich losfuhr, sah Sandi ihm nach. Ihr Herz tat ihr so weh, dass sie dachte, es würde in tausend Stücke zerbrechen! Tränen stiegen ihr in die Augen und vernebelten ihren Blick. Nun wurde ihr erst so richtig bewusst, dass sie Daniel zum letzten Mal für lange Zeit, ja, vielleicht sogar für immer gesehen hatte.
Im Garten angekommen, verkroch sich Sandi gleich in ein stilles Eckchen, wo sie in Ruhe ihren Gedanken nachhängen konnte. Sie wollte niemanden sehen und auch mit niemanden reden. Alles in ihrem Innersten tat ihr weh! Sie schaffte es einfach nicht, ihre Gedanken auf etwas anderes zu lenken! Immer wieder kreisten sie über diesem einen Thema! Warum waren ausgerechnet ihre Eltern so gemein? Warum erlaubten sie ihrer Tochter nicht einfach die Liebe kennenlernen, wie sie es wollte? Hatten sie so wenig Vertrauen zu ihr? Und wieso konnten ihre Eltern nicht erkennen, wie sehr sie ihre Tochter damit quälten? Sie selbst hatten doch auch die Liebe kennen gelernt und mussten doch wissen, was es für sie bedeuten musste!
Alles war so wunderschön gewesen und nun sollte sie das einfach wieder vergessen? Das würde ihr nie gelingen! Das konnte auch keiner von ihr verlangen! Ihre Gedanken konnten sie ihr zum Glück nicht nehmen und in diesen Gedanken würde Daniel immer existieren. Auf ewig! Das schwor sie sich in diesem Augenblick! Ganz egal, was die Zukunft ihr auch bringen würde!
Wäre sie doch nur zwei Jahre älter! Dann wäre alles kein Problem mehr! Dann könnte ihr niemand mehr vorschreiben, wie sie ihr Leben zu leben hatte.
Wieder fing Sandrine an zu weinen. Aber eigentlich dürfte sie gar keine Tränen mehr haben, soviel wie sie schon vergossen hatte! Würden diese Schmerzen jemals wieder aufhören? Sie konnte im Moment nicht daran glauben! Nie würde sie jemand anderen als Daniel Schwarz lieben können! Lieber würde sie eine alte Jungfrau werden, als sich jemals mit irgendeinem von ihren Eltern ausgesuchten Typ zu verheiraten! Das schwor sie sich an diesem Tag für alle Zeiten!