Читать книгу Die Nordsee - Heinrich Heine, Heinrich Heine - Страница 11
Sturm
ОглавлениеEs wütet der Sturm,
und er peitscht die Welln,
und die Wellen, wutschäumend und bäumend,
türmen sich auf, und es wogen lebendig
die weissen Wasserberge,
und das Schifflein erklimmt sie,
hastig, mühsam,
und plötzlich stürzt es hinab
in schwarze, weitgähnende Flutabgründe –
O Meer!
Mutter der Schönheit, der Schaumentstiegenen!
Grossmutter der Liebe! schone meiner!
Schon flattert, leichenwitternd,
die weisse, gespenstische Möwe,
und wetzt an dem Mastbaum den Schnabel,
und lechzt, voll Frassbegier, nach dem Mund,
der vom Ruhm deiner Tochter ertönt,
und lechzt nach dem Herzen,
das dein Enkel, der kleine Schalk,
zum Spielzeug erwählt.
Vergebens mein Bitten und Flehn!
Mein Rufen verhallt im tosenden Sturm,
im Schlachtlärm der Winde.
Es braust und pfeift und prasselt und heult,
wie ein Tollhaus von Tönen!
Und zwischendurch hör ich vernehmbar
lockende Harfenlaute,
sehnsuchtswilden Gesang,
seelenschmelzend und seelengerreissend,
und ich erkenne die Stimme.
Fern an schottischer Felsenküste;
wo das graue Schlösslein hinausragt
über die brandende See,
dort, am hochgewölbten Fenster,
steht eine schöne, kranke Frau,
zartdurchsichtig und marmorblass,
und sie spielt die Harfe und singt,
und der Wind durchwühlt ihre langen Locken,
und trägt ihr dunkles Lied
über das weite stürmende Meer.