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Proskriptionen

„Die proscriptio hominis“, so heißt es im „Römischen Staatsrecht“ von Theodor Mommsen, „ist durch Sulla zum Schreckenswort geworden“. Gemeint ist damit das Verfahren der Ächtung in Form eines öffentlichen Aushangs. Als nach der Eroberung Roms durch Sulla das Morden kein Ende nahm, verlangten einzelne Senatoren von Sulla Aufklärung darüber, wer denn eigentlich verfolgt werde und wer sich sicher fühlen dürfe. Daraufhin ächtete Sulla während der folgenden Tage Hunderte von Bürgern durch öffentlichen Aushang. „Auch diejenigen wurden proskribiert, die einen Geächteten aufgenommen und ihn gerettet hatten. So wurde also Menschlichkeit mit dem Tod bestraft, ohne dass dabei Brüder, Söhne oder Eltern des Verfolgten ausgenommen wurden. Dem Mörder aber wurden zwei Talente zur Belohnung ausgesetzt, auch wenn ein Sklave seinen Herrn, ein Vater seinen Sohn tötete. Besonders schändlich aber erschien, dass er auch die Söhne und Enkel der Geächteten für ehrlos erklärte und ihr Vermögen einzog. Proskriptionen gab es aber nicht nur in Rom, sondern in jeder Stadt Italiens“ (Plutarch, Sulla 31,7–9). Entsprechende Todeslisten wurden dann auch von den Triumvirn Octavian, Antonius und Lepidus im November 43 v. Chr. veröffentlicht.

Sullas Diktatur

Um die politische Ordnung in seinem Sinne wiederherzustellen, ließ sich Sulla 82 v. Chr. die Diktatur übertragen. Dieses Amt kannte man in Rom seit frühen Zeiten; es war einst eine befristete Antwort auf ungewöhnliche Bedrohungen gewesen. Sullas Diktatur hatte kaum noch Ähnlichkeit mit der früheren Notstandsmaßnahme; sie war als „Diktatur zur Wiederaufrichtung des Staates“ (dictatura legibus scribundis et rei publicae constituendae)unbefristet, beinhaltete das unbeschränkte Recht über Leben und Tod und zusätzlich die Kompetenz der Gesetzgebung. So kleidete Sulla seine Herrschaft in das Gewand eines traditionellen Amtes, obwohl seine Macht und seine Maßnahmen weit über die bisherigen Grenzen dieses Amtes hinausreichten. Wie unter den Gracchen, so zeigte sich auch unter Sulla erneut die für die Krise der Römischen Republik charakteristische Unfähigkeit zum politischen Kompromiss. Sulla versuchte, den Staat durch die Wiederherstellung der Vorherrschaft des Senats auf Kosten von Volkstribunat und Ritterstand im Sinne der Optimaten neu zu ordnen, doch erschien ihm dies nur möglich durch die physische Beseitigung eines Teils der politischen Gegner. Die von ihm betriebenen Proskriptionen erwiesen seine Diktatur als Terrorherrschaft, und es war nicht zu erwarten, dass ein auf dieser Grundlage vollzogener Restaurationsversuch eine dauerhafte und positive Wirkung entfalten konnte.

Pompeius

Nachdem Sulla im Jahr 88 v. Chr. das von ihm eroberte Rom wieder verlassen hatte, um in den Osten gegen Mithridates zu ziehen, marschierte neben Cinna auch Pompeius Strabo, der Vater des Pompeius, mit seinem Heer gegen die Hauptstadt und erlangte hier neben Cinna und Marius eine einflussreiche Stellung. Doch starb der erfolgreiche Feldherr bereits im folgenden Jahr, und der junge Pompeius, der sich in Rom nicht sicher fühlte, zog sich in den Süden Italiens nach Picenum zurück, um auf seinen Gütern die weitere Entwicklung abzuwarten. Als Sulla einige Jahre später nach Italien zurückkehrte und den Bürgerkrieg begann, stellte Pompeius eigenmächtig ein aus drei Legionen bestehendes Heer auf, indem er die Veteranen und Klienten seines Vaters zu den Waffen rief. Genau dies sollte der junge Octavian im Herbst des Jahres 44 v. Chr. auch tun, um mit eigenen Kräften in den Machtkampf mit Antonius und dem Senat eintreten zu können. Sulla, der bei seiner Rückkehr nach Italien nur über geringe Truppenmengen verfügte, nahm die von Pompeius angebotene Unterstützung an, und nebeneinander ritten Sulla und Pompeius im November 82 v. Chr. in Rom ein. Zur Belohnung für seine Unterstützung erhielt Pompeius von Sulla das Kommando im Krieg gegen die Marianer, die sich in Spanien und Afrika festgesetzt hatten. Wäre es nach dem etablierten Muster politischmilitärischer Karrieren gegangen, dann hätte Pompeius, der bislang kein einziges Amt bekleidet hatte, keinen Anspruch auf ein solches Kommando gehabt, doch hatten sich mittlerweile die Bedingungen für den politischen Aufstieg grundlegend verändert: Wer in der Lage und entschlossen genug war, ein eigenes Heer aufzustellen und mit militärischer Macht in die Politik einzugreifen, rechtfertigte seine Ansprüche allein durch seine Erfolge. Schon 79 v. Chr., mit sechsundzwanzig Jahren, feierte Pompeius in Rom seinen ersten Triumph, und schon damals trug er den Beinamen Magnus („der Große“). Und auf diesem Weg schritt Pompeius weiter voran: Mit dem langwierigen, zuletzt aber erfolgreichen Krieg gegen die unter der Führung des Sertorius stehenden Marianer in Spanien legte er den Grund für seinen Ruf als erfolgreichster Feldherr der römischen Geschichte. Weitere Kriege folgten und nachdem Pompeius im Winter 72/71 v. Chr. den von Spartacus geführten Sklavenaufstand niedergeschlagen hatte, wurde er für das Jahr 70 v. Chr. gemeinsam mit Crassus zum Konsul gewählt. Die Nobilität mußte sich von diesem Aufsteiger bedroht fühlen und dies um so mehr, als Pompeius nun gegen die sullanische Ordnung vorging und dafür sorgte, dass Volkstribunen und Ritter wieder in ihre alten Rechte eingesetzt wurden. Die Optimaten befürchteten, dass der Staat ganz in die Hände dieses mächtigen Mannes fallen würde. Vergeblich versuchten sie im Jahr 67 v. Chr. die Übertragung des Kommandos im Krieg gegen die Seeräuber auf Pompeius zu verhindern. Pompeius befriedete innerhalb weniger Monate das Mittelmeer und legitimierte so seinen Anspruch, auch den neuen Krieg gegen Mithridates, den König von Pontus, zu führen. Am Ende dieses 3. Mithridatischen Krieges wurde Pompeius, der bis nach Armenien und Syrien marschiert war, in Rom als Befreier und Eroberer gefeiert. Eine Siegesinschrift in Rom verkündete, der Feldherr habe „die Grenzen der römischen Herrschaft bis an die Grenzen der Welt erweitert“ (Diodor 40,4).

Die Abneigung der römischen Nobilität gegen diesen Mann, der mehr Siege als sonst je ein Römer erlangt hatte und der daraus den Anspruch auf die führende Stellung im Gemeinwesen ableitete, war mit den Erfolgen des Pompeius immer stärker geworden. Doch überraschenderweise fügte sich Pompeius der Tradition, indem er nach Beendigung des Krieges sein Heer entließ und ohne militärischen Schutz nach Rom zurückkehrte, um hier seinen Triumph zu feiern (61 v. Chr.). Pompeius erschien wehrlos, und die Nobilität, die seine Stellung weiter schwächen wollte, verweigerte nicht nur die Zustimmung zur Neuordnung des Ostens (Pompeius hatte die beiden neuen Provinzen Syria und Bithynia et Pontus eingerichtet), sondern auch die Zustimmung zur Versorgung der Veteranen. So wurde Pompeius, der seine Ehre gefährdet sah, zum Widerstand gegen den Senat getrieben, dem er bislang zu dienen bereit gewesen war.

Das „1. Triumvirat“

Die politische Verbindung, die Pompeius mit Gaius Iulius Caesar sowie mit Crassus, dem reichsten Mann seiner Zeit, einging (das so genannte „1. Triumvirat“ aus dem Jahr 60 v. Chr.), erlaubte es den drei Männern, durch die Verbindung der höchsten Amtsgewalt mit militärischer und finanzieller Macht den Staat zu beherrschen. Pompeius wollte erreichen, dass seine politische Neuordnung im Osten des Römischen Reiches und die geplante Veteranenversorgung vom Senat unterstützt und von der Volksversammlung bestätigt würden. Caesar, der zum Lager der Popularen gehörte, das Priesteramt des pontifex maximus durch Bestechung erlangt und im Anschluss an die Catilinarische Verschwörung Stimmung gegen den mit den Optimaten verbundenen Cicero gemacht hatte, wollte Konsul des Jahres 59 v. Chr. werden. Nicht zuletzt unter Anwendung von Gewalt gelang es Pompeius und Caesar, ihre Ziele durchzusetzen: Zunächst wurde Caesar mit Hilfe der Gefolgsleute des Pompeius zum Konsul gewählt, dann setzte er seinerseits die von Pompeius gewünschte Versorgung der Veteranen durch. Außerdem erreichte Caesar, dass ihm für die kommenden fünf Jahre eine außerordentliche Statthalterschaft über die Provinzen Illyricum, Gallia Cisalpina und Gallia Transalpina übertragen wurde, so dass er sein Prokonsulat von den gallischen Provinzen aus dazu nutzen konnte, das noch freie Gallien zu erobern, durch diesen Krieg seine Finanzen zu sanieren und seinen Ruhm zu vergrößern. Zugleich war Caesar durch dieses Kommando gegen eventuelle Anklagen wegen Amtsmissbrauchs abgesichert.

Die Triumvirn Pompeius, Caesar und Crassus hätten Rom, dessen politisches Gefüge sich unter ihrem Druck zunehmend auflöste, gemeinsam beherrschen können, wenn Pompeius mit der gleichen Entschiedenheit wie Caesar zu einer gegen den Senat gerichteten Politik bereit gewesen wäre. Doch für Pompeius, der den politischen Machtspielen nicht gewachsen war, hatten die Traditionen noch einen verbindlichen Wert; er betrieb die Triumviratspolitik aus Notwehr und war weiterhin zu einer Verständigung mit dem Senat bereit. Als Pompeius im Jahr 52 v. Chr. vom Senat, der angesichts der in Rom herrschenden Anarchie den Notstand ausgerufen hatte, zum alleinigen Konsul berufen wurde, sah er die Chance, sich mit dem Senat auszusöhnen. Für die Nobilität bot sich jetzt die Gelegenheit, Pompeius gegen Caesar einzusetzen, um die verlorene Führungsstellung des Senats zu erneuern. Indem man versuchte, Caesar nach Ablauf seines Prokonsulats wenigstens für eine Übergangszeit zu einem Privatmann zu machen, um ihn vor Gericht stellen zu können, provozierte man seinen Angriff auf Rom. Denn Caesar, der inzwischen Gallien unter römische Herrschaft gebracht hatte, reagierte auf diese Drohung, die er als eine Verletzung seiner dignitas empfand, indem er den Rubikon überschritt und damit den Bürgerkrieg gegen Pompeius und seine Anhänger begann. Die Senatoren, die auf einen Sieg des Pompeius über Caesar setzten, mochten in ihrem Mann das kleinere Übel sehen, und wenn sie überhaupt an eine Zukunft der Republik glaubten, dann mussten sie auf diese Weise Politik machen. Caesar dagegen befand sich ähnlich wie vor ihm Sulla in der Situation, seine eigene Würde zum Maßstab seiner Politik machen zu müssen, wenn er nicht die Fähigkeit zum Handeln verlieren wollte.

Pharsalos

Die Entscheidung fiel zwei Jahre später außerhalb Italiens, bei Pharsalos in Thessalien. Caesar, der mit seinem von feindlichen Legionen eingeschlossenen Heer in Griechenland hätte ausgehungert werden können, hatte das Glück, dass sich Pompeius von seiner Umgebung zur Schlacht drängen ließ. Dem entschlossenen Angriff der Truppen Caesars hielt das Heer des Pompeius nicht stand, und nachdem seine Reiterei in die Flucht geschlagen war, gab Pompeius seine Sache verloren. Als Caesar in das Lager des Pompeius gekommen war und hier die vielen Toten sah, soll er unter Bezug auf den Gallischen Krieg ausgerufen haben: „Das haben sie gewollt; nach den großen Taten, die ich, Gaius Caesar, vollbracht habe, wäre ich verurteilt worden, wenn ich nicht Hilfe bei meinem Heer gesucht hätte“ (Sueton, Caesar 30,5).

Nach Pharsalos verfolgte Caesar Pompeius bis nach Ägypten, wo ihm von den Ministern des ägyptischen Pharaos Ptolemaios XIII. der Kopf seines Gegners vor die Füße gelegt wurde; er mischte sich in die innerägyptischen Machtkämpfe zwischen Ptolemaios und seiner Schwester Kleopatra ein, besiegte auf dem Rückweg über Syrien in Kleinasien Pharnakes, den Sohn des Mithridates, in einem schnellen Gefecht bei Zela (veni, vidi, vici) und kehrte im Oktober 47 v. Chr. nach Rom zurück. In den folgenden zwei Jahren führte Caesar noch zwei weitere Feldzügen in Afrika und Spanien, um die letzten gegnerischen Kräfte zu beseitigen, und nach den Schlachten bei Thapsus und Munda im April 46 v. Chr. und im März 45 v. Chr. waren die Anhänger des Pompeius und die oppositionellen senatorischen Kräfte besiegt. Als Erbe Caesars und damit auch als Erbe dieses Bürgerkriegs sollte Octavian später noch den Sohn des Pompeius, Sextus Pompeius, zu bekriegen haben.

Caesar

Caesar hatte im Jahr 47 v. Chr. die Diktatur und 46 v. Chr. das Konsulat bekleidet; im Jahr 46 v. Chr. war er zum Diktator für zehn Jahre und zum alleinigen Konsul des Jahres 45 v. Chr. bestimmt worden, und nach seiner Rückkehr aus Spanien wurde ihm schließlich das Konsulat für die folgenden zehn Jahre und die Diktatur auf Lebenszeit verliehen. Außerdem erhielt Caesar den Ehrentitel parens patriae, der ihn zum „Vater des Vaterlandes“ erhob, und wohl auch das Recht, den Titel Imperator dauerhaft zu tragen. Diese Ämter und Ehren ließen Caesar als einen zweiten Sulla erscheinen, und seine Macht hätte es ihm gestattet, ähnlich wie Sulla eine Neuordnung des Staates vorzunehmen. Eine Stärkung der Senatsherrschaft konnte man von Caesar allerdings nicht erwarten. Wenn die Nachricht, dass Caesar nach der Königswürde gestrebt habe, vielleicht auch nur der oppositionellen Überlieferung zuzuschreiben ist, so ist doch sicher, dass Caesar an seiner herausgehobenen, unangreifbaren, letztlich monarchischen Stellung festhalten wollte, welche Form auch immer ihm dafür im Laufe der Zeit als die geeignetste erschienen wäre. Zunächst oder auch auf Dauer war dafür die Diktatur auf Lebenszeit durchaus geeignet. Früher oder später aber musste Caesars Macht die senatorische Opposition zu Widerstandshandlungen führen.

Dass das Attentat auf Caesar so bald erfolgte, erklärt sich aus Caesars Vorhaben, einen großen Feldzug gegen den Partherkönig Orodes durchzuführen. Aus Rom fort und inmitten seiner Legionen war Caesar nicht mehr angreifbar, so dass sich der Kreis um Gaius Cassius und Marcus Brutus dazu entschloss, die letzte Senatssitzung, bei der Caesar anwesend sein würde, zur Tat zu nutzen. An den Iden des März, am 15. März 44 v. Chr. – Caesars Aufenthalt in Rom hatte sich bis dahin noch nicht einmal über ein Jahr erstreckt – wurde der Diktator von dreiundzwanzig Schwertstößen getroffen. Mit diesem Attentat begann eine neue, die letzte Phase der Bürgerkriege, an deren Ende Octavian mit der Schlacht bei Actium die Alleinherrschaft erringen sollte.

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