Читать книгу Lauter lachende Lyrik - Heinz Marecek - Страница 6

Vorwort

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Immer wieder kommen nach meinen Lesungen Leute zu mir, lassen sich ein Buch signieren und fragen dann: »Wie entsteht eigentlich das Programm für so einen Abend?«

»Eigentlich von selber.«

»Hm?«

»Ja. Ich lese sehr viel und sehr gerne Gedichte. Und sobald mir eines so gut gefällt, dass ich das Bedürfnis habe, es anderen Menschen zu erzählen, schreibe ich es ab, lerne es meistens bei der Gelegenheit gleich auswendig, und es kommt in einen Ordner. Als ich zum Beispiel das Gefühl hatte, es gibt genug Lyrik zum Lachen, um einen Abend davon zu gestalten, wurde eben ein Ordner »Lauter lachende Lyrik« angelegt, ich wühlte mich ein paar Monate lang durch Lyrik aller Art, und siehe da – immer wieder war plötzlich ein Gedicht da, über das ich laut lachen konnte. Und oft ist ja der Autor so eines Gedichtes einer, von dem man diese Art von Lyrik nicht erwartet hätte – das ist natürlich immer am lustigsten.

An meinen Abenden liegt dann der Ordner mit den ausgedruckten Gedichten auf einem kleinen Lesetisch vor mir – hat aber eher dekorativen Charakter. Denn ich kann alle Gedichte, die an diesem Abend »drankommen«, auswendig. Ich hatte nämlich immer schon das Bedürfnis, Gedichte, die mir besonders gefallen, auswendig zu lernen. Auch viele, die nie an irgendeinem meiner Abende Verwendung fanden. Einfach so, aus Freude an der Sache. Nicht nur Gedichte, auch Monologe, Opernarien, Texte von Liedern, die mich besonders berühren oder betroffen machten, oder die ich so idiotisch fand, wie etwa die SED-Hymne! Diesen brüllenden Schwachsinn musste man einfach in Diskussionen auswendig zitieren können. Passagen aus der »Ilias«, der »Odyssee« oder der »Göttlichen Komödie«, was auch immer – aber am liebsten Gedichte. Und die müssen gar nicht in einem Buch stehen.

Als ich das erste Mal über die Strudlhof-Stiege gegangen bin, habe ich mich auf eine Bank gesetzt und so lange das wunderbare Gedicht von Doderer gelesen, das dort in Stein gemeißelt ist, bis ich es auswendig konnte. Ich bin seit Jahrzehnten nicht mehr über die Strudlhof-Stiege gegangen, leider – aber das Gedicht kann ich immer noch.

Ähnliches hat sich im Mirabellgarten in Salzburg ereignet. Dort steht auf einer Marmortafel das Trakl-Gedicht: »Musik in Mirabell« – auch vor dieser Tafel blieb ich so lange stehen, bis ich das Gedicht auswendig konnte – und bin dann zufrieden weitergegangen.

Es müssen auch gar nicht Gedichte sein! Wenn man über die Himmelstraße in Wien spazieren geht und plötzlich vor einer Art Säule steht, auf deren abgeschrägter Oberfläche in einer schwer leserlichen Handschrift der Satz steht: »Hier enthüllte sich am 24. Juli 1895 dem Dr. Sigmund Freud das Geheimnis des Traumes«, kann man ja auch nicht einfach weitergehen, sondern nimmt sich natürlich vor, die Geschichte, die hinter diesem Satz steht, herauszufinden. Dann erfährt man, dass die Handschrift Freuds eigene ist, der Satz aus einem Brief an Wilhelm Fließ stammt, und noch eine ganze Menge. Ohne erkennbaren Nutzen, zugegeben, aber es macht einfach Spaß, solche Dinge zu wissen.

Ich wollte auch schon als Kind unbedingt wissen, wer die acht Männer sind, die an den Seitenflächen (stehend) und an den Ecken (zu Pferd) das Maria-Theresia-Denkmal zwischen den beiden Museen zieren. Welches die sieben Weltwunder sind und wie die neun Musen heißen. Eine Art von Sucht, gar keine Frage. Doch wahrscheinlich eine harmlose.

Aber die Lieblinge blieben immer die Gedichte: von Kästner, von Heine, von Goethe, von Lessing, Heinz Erhardt oder Robert Gernhardt … und alle sind sie auf den folgenden Seiten vertreten – mit einem Gedicht, mit dem sie amüsieren und die Menschen zum Lachen bringen wollten.

Viel Spaß beim Lesen!

Lauter lachende Lyrik

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