Читать книгу Xianu und die Liebe - Helen Fulda - Страница 7

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2. Der Wald

Ich laufe um Mama herum. Ich bin super stolz auf mich. Vada kann nämlich noch nicht laufen. Yord schon. Wir spielen fangen. Ich beiße Yord in den Schwanz. Er lacht. Wenn wir nicht hintereinander her rennen, versuchen wir Käfer zu fangen. Nach dem Spielen sind wir müde. Wir trinken und schlafen. Als wir wieder aufwachen, zeigt uns Vada, dass sie auch laufen kann. Mama ist zufrieden. Sie sagt, sobald wir alle drei kräftig genug sind, will sie ein neues Zuhause für uns finden. „Warum? Es ist doch schön hier!“ Mama streicht sich mit der Pfote über das Gesicht „Ja, es ist schön hier. Aber wir Katzen brauchen die Hilfe von Menschen, um zu leben.“

„Menschen? Was sind Menschen?“

„Menschen“, sagt Mama, „sind Zweibeiner. Sie haben kein Fell. Deshalb hüllen sie sich in Tücher. Sie wohnen in Häusern, in denen es immer schön warm ist. Und sie haben Schränke voller Essen.“

„Warum sollen wir mit denen leben?“

„Vor langer, langer Zeit haben die Menschen und unsere Vorfahren beschlossen, zusammen zu leben. Wir brauchen uns gegenseitig. Wir schenken ihnen Aufmerksamkeit und Liebe. Sie geben uns Essen und ein warmes Plätzchen, wo man gemütlich schlafen kann.“

Das klingt vielversprechend. Ich schließe die Augen und träume von in Tüchern gehüllten Zweibeinern. Dann öffne ich wieder die Augen. „Warum sind wir denn jetzt nicht bei Menschen?

Mama räkelt sich. „Ich war bei netten Leuten. Aber dann haben sie eines Tages gemerkt, dass ich Junge bekommen werde. Da haben sie mich davon gejagt.“

„Menschen sind nicht immer nett?“

„Nein. Man muss gut auf sich aufpassen. Sie können ganz schön böse sein.“ Mama schaut uns streng an. „Vergesst das nie!“

Wir starren Mama mit großen runden Augen an und nicken.

Yord will mehr wissen: „Reden Menschen wie wir?“

Mama lacht. „Nein“, sagt sie, „Menschen sprechen eine ganz andere Sprache. Wir können sie aber gut verstehen.

„Und die Menschen – verstehen die uns denn auch?“ Wir drei platzen vor Neugierde.

„Nein, die Zweibeiner verstehen unsere Sprache nicht. Sie sagen, wir miauen. Das ist das, was sie hören: Miau. Nur mit unserem Schnurren können sie etwas anfangen. Sie wissen dann, dass wir ja gesagt haben.“ Sie lacht wieder. Dann hebt sie ihre Pfote „Nur die kleinen Zweibeiner, die Kinder verstehen unsere Sprache. Aber irgendwann scheinen sie sie zu vergessen.“

Eines Tages kommt Mama mit einer Maus zurück. Sie lehrt uns das Jagen. Ich bin total schnell, wenn ich mich bewege. Allerdings haue ich noch oft voll daneben. Mama sagt, dass ich üben soll. Üben macht Spaß. Jagen macht Spaß.

Mama zeigt uns auch, wie wir uns richtig reinigen und putzen. Da ist sie ganz genau. „Wenn wir uns nicht ordentlich reinigen, werden wir krank“, sagt sie. „Und die Menschen mögen deshalb auch nur saubere Katzen. Also putzt euch!“

Mama zeigt uns den Wald. Sie zeigt uns, wo die Mäuse wohnen und wie wir sie am besten erwischen können. Sie zeigt uns die Tiere des Waldes: die Hasen, die Rehe und die Füchse, die Eichhörnchen, die Vögel, die Käfer, die Spinnen und die Regenwürmer. Tags und nachts machen wir Ausflüge und lernen die Welt kennen. Wie spannend! Von allen Tieren, die ich sehe, finde ich die Eichhörnchen am tollsten. Sie rennen die Bäume hoch und runter als ob es nichts sei! Dann lerne ich eins kennen.

„Hi, ich bin Xianu! Wie heißt du?“

„Yu“.

„Ich jage hier mit Mama und Yord und Vada nach Mäusen.“

„Hm.“

„Was machst du?“

„Hä?“

„Ich meine, was machst du? Jagst du auch? Jagst du Vögel?“

„Ich sammele.“

„Was sammelst du?“

„Nüsse.“

„Und was machst du mit den Nüssen?“

„Vergraben.“

„Wozu vergräbst du sie?“

„Um sie später wieder zu finden.“

„Wo vergräbst du sie?“

„In der Erde.“

„Aha. Du springst also von Baum zu Baum, sammelst da Nüsse und vergräbst sie dann in der Erde, um sie später wieder zu finden“, fasse ich zusammen.

„Ja.“

Ich denke nach. Eichhörnchen sind unglaublich schnell und beweglich. Aber wirklich auf Zack scheinen sie nicht zu sein.

„Ich muss weiter“, verabschiede ich mich.

„Hm.“ Wahrscheinlich versucht es sich die ganze Zeit daran zu erinnern, wo es seine Nüsse versteckt hat.

Wir kommen an einen Bach. Yord, Vada und ich schauen neugierig ins Wasser. Da schauen uns drei Kätzchen an. Überrascht und erschrocken springen wir zurück.

„Mama, da sind Katzen im Bach!“

Mama lacht: „Das seid ihr selbst, meine Kleinen. Im Wasser kann man sich spiegeln. Deshalb sieht man sein eigenes Bild.“

Vorsichtig nähern wir drei uns wieder diesem Bach. Und noch vorsichtiger schauen wir noch einmal ins Wasser. Ich schlage mit meiner Pfote nach meinem Bild. Uui - das ist kalt und nass! Ich bin empört und springe zurück. Das mag ich gar nicht. Mama lächelt. Sie sitzt auf einem Stein mitten im Wasser. Sie fängt Fische. Hm, die sind lecker! Dann glotze ich noch einmal in mein Spiegelbild. Ich sehe komisch aus. Eine Gesichtshälfte ist ganz schwarz und die andere ist weiß. Ich habe ein schwarzes und ein weißes Ohr. Sonst bin ich ziemlich schwarz. Vada ist sehr schön. Sie hat ein ganz weißes Gesicht und ein schön gemustertes schwarz-weißes Fell. Yord ist vollkommen schwarz. Bis auf seine weiße Nase. Er sieht keck aus. Wir drei versuchen schließlich auch Fische zu fangen. Ohne dabei nasse Pfoten zu bekommen. Wir bekommen keine Fische, aber dafür nasse Pfoten. Mist! Beleidigt ziehen wir uns ans Ufer zurück. Mama trocknet sich. „Fische gibt es nur mit nassen Pfoten, meine Lieben.“ Ich hoffe, dass sie vielleicht doch ein kleines bisschen Unrecht hat.

Xianu und die Liebe

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