Читать книгу Timmerbergs Beziehungs-ABC - Helge Timmerberg - Страница 12
D – wie Drama
Оглавление„Sie hat mir das Herz gebrochen!“ Okay, das ist normal. Aber: „Sie hat es mir herausgerissen, drauf herumgetrampelt und dann den Hunden zum Fressen gegeben.“ Das ist überzogen. „Ich habe ihm mein Leben geschenkt, und er hat es im Klo versenkt“. Das ist auch überzogen. „Er hat mich betrogen.“ (Shit happens). „Er hat damit auch Gott, die Kinder, meine Eltern, die Liebe an und für sich und natürlich auch sich selbst betrogen.“ (ÜBERZOGEN!). „Ich kann ohne sie nicht leben.“ (Irrtum). „Ich will ohne ihn nicht leben.“ (Trotz). „Ich bringe mich um, ich bringe dich um, ich bringe jeden um, der dich anrührt.“ (Latino-Gefasel). Oder das, was man für deren Gefasel hält. Ein Engländer hat „Romeo und Julia“ geschrieben. Aber er hat sich persönlich niemals wie Romeo entschieden. Shakespeare verstand das Drama ausschließlich als Entertainment. Und zum Drama gehört natürlich auch das Phänomen der großen Liebe. Mehr noch. Sie ist der Flugzeugträger für all die opernhaften Gefühle. Alle Zitate, die oben geschrieben stehen, kann man selbstverständlich auch singen. Das ist besser, als sie herauszuschreien, und sie herauszuschreien ist besser, als sie wimmernd vorzutragen, und sie wimmernd vorzutragen ist besser, als sie mit dem eigenen Blut in einen Abschiedsbrief zu schreiben, und es mit dem eigenen Blut zu tun, ist immerhin noch besser als mit fremdem. Vielleicht mit dem von einem Huhn. Knochen, Federn, Tarot-Karten, schwarze Magie, schwarze Psychologie, schwarzer Sex, der großen Liebe ist jedes Mittel recht, auch SM. Die Dramen im Schlafzimmer, Schmerz, Pein, gefesselte Gier. Muss denn das wirklich alles sein? Oder geht es auch ’ne Nummer darunter? Ein bisschen weniger Schicksal und ein bisschen mehr Quantenphysik. Warum nicht von den Neutronen lernen. Die ziehen sich an oder stoßen sich ab und tun ansonsten so, als wäre nichts geschehen. Kein Neutrönchen hat was versprochen, kein Neutrönchen hat was gebrochen, kein Neutrönchen begeht Verrat, weil es entflieht. Die Liebe der Neutronen wird geregelt von dem Magnetismus der ihnen innewohnenden Elektrizität. Die Liebe der Matrosen regelt der Fahrplan ihrer Schiffe, und die Liebe an und für sich verhält sich so: Sie geht gut, solange sie gutgeht, und wenn sie schlecht zu werden beginnt, wird auch wieder alles gut, sobald man sich trennt. Also, wer, zur Hölle, braucht das Drama, frage ich mich.