Systemtheorie III: Steuerungstheorie
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Helmut Willke. Systemtheorie III: Steuerungstheorie
Отрывок из книги
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Böhlau Verlag · Wien · Köln · Weimar
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[36]Wohlgemerkt sprechen sowohl Coase wie auch Williamson nicht von Demokratie, sondern vom Markt als Gegenmodell zur Hierarchie. Aber das ist die übliche Einseitigkeit von Ökonomen – und wohl auch die berechtigte Angst davor, mit der Bevorzugung von Hierarchie Demokratie als Modell zu diskreditieren. Für eine soziologische und insbesondere für eine steuerungstheoretische Betrachtungsweise allerdings ist demokratisches Pathos wertlos, wenn sich nicht genauer begründen lässt, warum und in welchen Hinsichten Demokratie als Steuerungsmodell komplexer Gesellschaften vorzuziehen ist. Im folgenden Abschnitt werde ich zeigen, dass es eine Reihe guter Gründe gibt, der überkommenen Idee von Demokratie als Steuerungsmodell kritisch zu begegnen. Aber auch am Modell hierarchischer Steuerung lässt sich grundlegende Kritik üben – sogar gerade im Kontext hochkomplexer Transaktions- und Interaktionsbeziehungen (siehe Kapitel 3.1). All dies führt dazu, gegenüber der Routine dogmatischer Rechtfertigungen gegenwärtiger Formen von Demokratie und Hierarchie konsequent und geduldig nach »dritten« Formen zu suchen, die der Herausforderung hoher organisierter sozialer Komplexität besser gewachsen sind.
Sicherlich unterscheiden sich Demokratie und Markt als Steuerungsmodelle für die Koordination komplexer sozialer Systeme. Vor allem, darauf hat mich Fritz Scharpf in einem hilfreichen Kommentar hingewiesen, geht es im Fall des Marktes um die individuelle Verfolgung individueller Zwecke, während Demokratie die individuelle Partizipation an kollektiven Entscheidungen über kollektive Ziele meint. Da mich hier Markt ebenso wie Demokratie vorrangig als Modi der Systemsteuerung interessieren, betone ich eher die Gemeinsamkeiten der Makroeffekte beider Steuerungsformen. Sie liegen in den systemischen Effekten einer dezentralen, verteilten Koordination, die sich in beiden Fällen nicht in bloßer Aggregation erschöpft, sondern in einer Transformation der unterliegenden Rationalität – auch wenn sie sich in beiden Fällen »hinter dem Rücken der Akteure« vollzieht. Bei gutem Verlauf erzeugen beide Koordinationsformen aus der Interaktion rationaler Egoisten dann »public virtues« (genauer: nicht beabsichtigte Kollektivgüter), wenn erwartet werden kann, dass die Interaktionen sich kontinuierlich in eine absehbare Zukunft fortsetzen werden (Axelrod/Keohane 1985).
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