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II.
Deß Brod ich esse
Deß Lied ich singe

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Auf dem Hofe der Wirthschaft zum heiligen Sebastian, waren die Dienstboten und Tagelöhner, bereits seit Tagesanbruch mit der gewöhnlichen Arbeit beschäftigt. Trees, die Kuhmagd stand am Brunnentrog und wusch Rüben für das Vieh; in der offenen Scheune hörte man das taktmäßige Niederschlagen der Dreschflegel; der Stallknecht fang ein rohes Lied und striegelte die Pferde.

Ein Mann allein wandelte sorglos auf und ab, rauchte seine Pfeife und blieb dann und wann stehen um der Arbeit der Anderen zuzuschauen. Er war auch wie ein Tagelöhner gekleidet, und trug eine Jacke und Holzschuh. Obwohl sein Gesicht in voller Ruhe träge Gleichgültigkeit beurkundete, blickte doch eine gewisse Schlauheit und Arglist aus seinen Augen. Uebrigens sah man deutlich an seinen glänzenden Wangen und seiner rothen Nase, daß er an einem fetten Tische saß und den Weg zum Keller kannte.

Die Kuhmagd ließ ihre Rüben stehen und ging nach der Scheune, wo die Drescher eben neue Garben spreiteten und die Gelegenheit benutzten zwischen der Arbeit ein Bisschen zu plaudern. Der Mann mit einer Pfeife war dabei.

– »Kobe, Kobe!« – rief die Kuhmagd ihm zu – »Ihr habt den rechten Brief gefunden. Wir plagen uns zu Tode vom Morgen bis zum Abend und bekommen statt des Lohns Schelte an den Kopf. Ihr habt den Wind von hinten; Ihr geht spazieren, raucht Euer Pfeifchen, seid der Freund des Baas, bekommt die fettesten Bissen. Ihr müßt sagen, daß Euer Brod in den Honig fallen ist, das Sprichwort hat Recht: Menschen äffen ist nur eine Gewohnheit.«

Kobe lachte schelmisch und antwortete:

–»Haben ist haben und Bekommen ist die Kunst; das Glück fliegt, der es fängt, der hat es.«

– »Schmeicheln ist Heucheln und Fuchsschwänzen ist scherwenzen«, murrte einer der Tagelöhner bissig.—

– »Worte sind keine Messer«, – lachte Kobe. »Jeder ist auf der Welt um dem Sohn eines Vaters Gutes zu thun und wer was findet, hebe es auf.«

– »Ich würde mich schämen« – rief der erzürnte Arbeiter – es ist keine Kunst aus fremdem Leder Riemen schneiden, und ein Ferkel wird auch gemästet ohne daß es arbeitet.

– »Dem einen Hund thuts Leid daß der Andere in die Küche geht,« – spottete Kobe. – »Ungleiche Schüsseln machen böse Brüder, aber besser Neider als Mitleider. Und da der Mensch auf dieser Welt doch einmal sitzen muß, setze ich mich lieber auf Kissen als auf Dornen.«

– »Schweig, Schmarotzer, und bedenke daß es unser Schweiß ist von dem Du so fett wirst.«

– »Titje, Titje, warum so verbissen auf mich? Du kannst nicht vertragen daß die Sonne auf meinen Teich scheint. Kennst Du denn das Sprichwort nicht: er gegen einen Andern hat Neid, zerfrißt sein Herz und verspillt sein Zeit? – Wenn ich etwas weniger bekäme, bekämst Du darum mehr? Bin ich hochmüthig? Thu' ich Böses? Im Gegentheil, ich steck' es Euch, wann der Baas kommt und schieb Euch immer eine gute Kanne Bier in das Kellerloch. Du suchst, wo man's nicht verloren hat, Titje.« —

– »Ja, ja, wir kennen. Deine Mildthätigkeit. Du bist wie der Pastor, der segnete Jedermann, aber sich selbst zuerst.«

– »Er hat Recht, und ich auch: wer dem Altar dient lebt vom Altar.«

– »Das ist wahr« – rief ein anderer Arbeiter – »Kobe ist ein guter Kerl und ich wollte, ich steckte in seinen Schuhen; dann würde ich auch mein Brod verdienen, indem ich den Krähen Rauch zu bliese; ist das Bäuchlein voll, hat das Herzlein Ruh.«

– »Ja, dicker Bauch, schlafende Füße; – voller Kropf, toller Kopf.«

– »Laß sie nur schwatzen, Kobe. Jeder kann nicht einen schönen Stern am Himmel haben, und ich sage daß Du viel Verstand hast!«

– »Nicht mehr Verstand als der Pilz dort am Kirschbaum« – sagte Kobe mit erheuchelter Bescheidenheit.

Alle blickten verwundert auf einen großen Baumschwamm der zwischen den schwersten Aesten des Kirschbaums wuchs. Eben so rasch wandten sie sich zu Kobe, um von ihm wie gewöhnlich, eine schalkhafte Erklärung zu erhalten.

– »Oho« – rief die Kuhmagd – »nicht mehr Verstand als der Pilz da – dann müßt Ihr ja ein schrecklicher Lump seyn.«

»Das kennt Ihr nicht, Mieken. – Was sagt das Sprichwort. Das Arbeiten ist für Dummköpfe. – Ich thue Nichts, also? . . . «

»Aber was hat der Pilz damit zu thun?«

»Seht Ihr, es ist ein Räthel: der schöne große Kirschbaum ist unser Baas. —

»O, Ihr Fuchsschwänzer!« – rief die Magd.

»Und ich bin der arme demüthige Pilz . . . «

»Scheinheiliger!« murrte der aufgebrachte Tagelöhner.

– »Wenn Ihr das rathen könnt, so wißt Ihr was kleine Hunde thun müssen um mit den großen aus derselben Schüssel zu essen, ohne gebissen zu werden.«

Kobes Absicht war, sie noch länger mit seinen doppelsinnigen Worten zu plagen, aber er hörte die Stimme des Baas drinnen im Hause und sagte zu den Arbeitern, während er seine Pfeife einsteckte:

– »Laßt die Bauern nur dreschen, Jungen! Unser braver, freundlicher Baas kommt um zu sehn, ob das Werk gut von Statten geht.«

– »Wir bekommen unsern Morgenimbiß; das wird wieder kein kleines Geschrei geben!« – rief die Kuhmagd und lief nach dem Brunnentrog.

– »Wenn er mich wieder anschnauzt und wie gestern, Tagedieb und Bauerlümmel schimpft, so werfe ich ihm den Dreschflegel an den Kopf!« – sagte einer der Tagelöhner voll Zorn.

»Als der Krug mit dem Stein fechten wollte, ging er bei dem ersten Stoß entzwei!« – spottete Kobe.

»Was mich betrifft, so lache ich über sein Schelten und lasse ihn ruhig toben;« – bemerkte ein Zweiter.

»Das ist das Beste,« – fiel ihm Kobe in die Rede – »sperrt die Ohren weit auf, dann fliegt es hier herein und dort hinaus. Der Baas muß doch was haben für sein Geld! Gebt ihm Recht und thut, was er sagt.«

– »Thun was er sagt, und wenn man das nicht kann?«

– »So gebt ihm doch Recht und thut es nicht, – oder besser, sagt Nichts und haltet Euch als ob Ihr weder von tuten noch von blasen etwas wüßtet; denkt, aß Schweigen nicht verbessert werden kann.«

– »Alle Menschen sind Menschen. Ich spotte über eine Barschheit. Er soll nur anfangen, ich will ihm auch ein Mal die Zähne zeigen. Er hat nicht das Recht, mich wie ein Vieh zu behandeln, wenn ich auch nur ein Tagelöhner bin.«

– »Es ist wohl wahr, was Du sagst, und doch trifft Du daneben, Driesken,« – bemerkte Kobe – »Jeder muß seinen Platz in der Welt kennen. Was lehrt das Sprichwort? Bist Du Amboß, dulde wie ein Amboß, bist Du Hammer, schlage wie ein Hammer. Obendrein bringt ein kleines gutes Wort großen Aerger. Und willst Du es besser haben, so bedenke daß es nicht möglich ist mit Essig Fliegen oder mit Trommeln Hasen zu fangen . . . «

– »Kobe, Kobe!« – rief eine Stimme drinnen mit hörbarer Ungeduld.

– »Nun seht, seht, wie er die Heuchlerfratze zieht!« – spottete ein anderer Drescher.

– »Das ist gerade die Kunst, die Ihr nie lernen werdet,« – antwortete Kobe. – Sich darauf dem Hause zuwendend, rief er mit bittendem Tone, als sei er erschrocken:

»Ich komme, ich komme, lieber Baas! Werdet nicht böse, ich fliege, da bin ich schon!«

»Der gewinnt sich ein Brod damit, daß er den Schooßhund macht!« – murrte der erzürnte Tagelöhner verächtlich – da dresch' ich doch lieber mein Leben lang! Das ist so Einer der mit allen Wassern gewaschen ist.« —

»Er hat zehn Jahr lang gedient, da lernt man den Unschuldigen im Stücke spielen, um so wenig wie möglich zu thun. Nachher ist er Herren-Knecht geworden, dabei kriegt man auch keine Schwielen in den Händen. – Aber welch ein artig Räthsel gab er uns auf? Versteht Ihr was er meint?«

– »O das ist leicht zurathen« – antwortete der Erste – »er will damit sagen, daß er dem Baas auf dem Nacken sitzt und ihn aussaugt, wie der Pilz den Kirschbaum. – Kommt, kommt, laßt uns nun nur weiter dreschen!«

Baas Gansendonck

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