Читать книгу Tödliche Leidenschaft | Erotischer Roman - Henry Nolan - Страница 7
ОглавлениеKapitel 5 - Sonntag, 17.08.08, 21:35 Uhr
Noch während ich auf de kühlen Brille sitze und es unter mir plätschert, rufe ich die erste abgespeicherte Nummer auf dem Handy an. Es ist kurz nach halb zehn, sagen mir die kleinen Digitalziffern darauf. Gut. Zeit genug.
»Denise? Schön, dass Sie gleich dran sind! Hier ist noch Mal Anne Spreuw. Mijnheer van Brueggen ist im ›Metropole‹ in Zimmer fünfhundertneunzehn untergebracht. Er erwartet Sie Punkt dreiundzwanzig Uhr – bitte seien Sie pünktlich, ja? Sie haben das weiße Outfit, um das er Sie gebeten hat, ja? Und die offenen Haare? Sehr schön! Ihr Honorar liegt wie besprochen bereit. Ich wünsche Ihnen noch einen schönen gemeinsamen Abend. Wiederhören!«
Dann schnell eine weitere Nummer.
Piep. Piep. Piep.
Los, geh ran, John! Du siehst doch, dass ich anklopfe! Mit Deinen »World of Warcraft«-Kumpels kannst du später noch klönen! Noch Mal wählen ...
»Ah, hallo John! Hier ist noch mal Jana. Sag mal, der Drucker ist die ganze Zeit so langsam. Jetzt habe ich dieses Kästchen angeklickt ›Ohne Spooler direkt drucken‹. Hilft das, oder mache ich da möglicherweise etwas kaputt? Ja? Okay. Gut. Ganz lieben Dank! Bis morgen oder so!«
Die Spülung rauscht, ich wasche mich flüchtig, entferne die schlimmsten Schäden an meinem zerlaufenen Make-up und husche wieder zurück zu Georg. Der liegt inzwischen tatsächlich nackt im Bett, die Arme hinter dem Kopf verschränkt, die Beine bequem ausgestreckt. Fragend zieht er die Augenbrauen hoch.
»Musste nur noch kurz mit einer Freundin telefonieren. Sie unterstützt mich immer bei den Papers, feuert mich mit Durchhalteparolen an und so. Ich wollte nicht, dass sie mich heute Abend nicht erreicht und sich Sorgen macht, von wegen Kurzschlussreaktion.«
»Hm, aha. Und – geht es dir wieder besser?«
»Ja!«
Ich schlüpfe neben ihm auf das blütenweiße Laken, kuschle mich vertrauensvoll an seinen warmen, festen Körper und ziehe die Decke über uns hoch. Er heißt mich mit einer warmen Umarmung willkommen und küsst mich zärtlich auf den Kopf.
»Ich verspreche, dass ich nicht mehr so ausflippen werde«, flüstere ich an seinem Hals. Ein schwacher Hauch von teurem Rasierwasser kitzelt dabei meine Nase.
»He, das ist wirklich kein Problem!«, beruhigt er mich mit seiner Verlässlichkeit verbreitenden Stimme. »Ich halte das aus, wirklich!« Neuer Kuss. »Für viele Frauen ist es so, dass beim Sex alte Sachen hochkommen können. Das ist sozusagen therapeutisch, das sollte man nicht unterdrücken.«
»Im Ernst?«, frage ich langsam und denke nach. So hatte ich das noch nie gesehen.
»Ja, im Ernst. Und ich betrachte das eher als Auszeichnung. Als Bestätigung, dass ich meine Partnerin auf einer tieferen Ebene berühre, als nur auf der körperlichen.«
»Ah ...«
Hm.
Wenn das so ist, dann bedeutet das ja vielleicht, dass mein heillos verkorkstes Liebesleben eine Art Selbstheilungsversuch darstellt. Na, wenn das keine gute Nachricht ist: nur noch wenige hundert Lover abgeknallt, und schon bin ich wieder gesund! Ha, Platz da, Schwarze Witwe, hier komme ich!
Ungewollt blitzt ein Bild vor meinen Augen auf. Ich als fette, schwarze Spinne mit weißen Brüsten in der Mitte eines riesigen Netzes. Rings um mich hängen die eingesponnenen Überreste von Hunderten von Männern. Alle sauber ausgesaugt und mumifiziert.
Zu gefährlich.
Schnell stelle ich mir das Ganze im Comic-Stil vor. Ich sehe nun aus wie eine lächerliche Version der Spinne Thekla aus »Biene Maja«, komplett mit Hakennase und missgünstig verkniffenem Mund. Biene Maja war meine Lieblingssendung, als ich noch klein war.
Besser!
Ich schmiege mich kichernd an Georg und schiebe einen Schenkel über den seinen.
»Gut. Dann verspreche ich, dass ich wieder ausflippen werde. Okay?«
»Wie immer du möchtest, meine Liebste!«
Er umarmt mich ermunternd. Dann nimmt er behutsam meine Hand und schiebt sie abwärts auf seinen halbfesten Schwanz. Ich küsse ihn wieder und lege dann den Kopf bequem mittig auf seine Brust. So kann ich mir schön zuschauen, wie ich sein bestes Stück umfasse, befühle, drücke. Die Vorhaut gleitet halb zurück und legt eine feucht schimmernde dunkle Eichel frei.
Er hat einen schönen Schwanz. Fest, gerade und groß, aber nicht zu groß, mit stabilem Schaft, eingebettet in strohiges Haar. Es macht Spaß, ihn zu halten und zu streicheln. Georg brummt genießerisch und überlässt sich völlig meinen Liebkosungen. Meine Hand umschmeichelt ihn in einem langsamen, sinnlichen Tanz, die Fingerspitzen spielen über die Hoden, ich presse leicht den Schaft und ziehe die Haut herunter, soweit es nur geht. Bläuliche Adern. Im Pulstakt pochendes warmes Männerfleisch.
Ich atme einmal tief durch und verändere meine Stellung. Tauche hinunter. Kauere neben ihm. Halte seinen Penis nun mit beiden Händen. Schnuppere nach seinem Geruch. Öffne die Lippen.
Das ist jedes Mal so etwas wie eine kleine Mutprobe für mich. Mir wurden schon so viele Schwänze in den Mund geschoben, dass mir das nie leichtfällt. Aber nach der Überwindung bin ich dann immer überrascht, wie schön es ist, wie sehr ich das mag. Insbesondere wenn ich oben bin und die Bewegungen und die Tiefe des Eindringens selbst bestimmen kann.
So auch jetzt. Vor der ersten Berührung kräuseln sich meine Lippen in instinktivem Widerwillen. Aber als ich den Mund beherzt über die Eichel geschoben und diese mit Zähnen und Zunge eng umfangen habe, da mag ich es. Mag die Sensation, sein empfindsamstes, lebendigstes Teil einzusaugen, zu stimulieren, zu besitzen.
Ihm gefällt es auch. Seine Schenkel öffnen sich, bieten mir alles an. Ich lege meine Hände um seine Genitalien, massiere sie sanft, umzüngle die pralle Spitze.
Auch der Geschmack ist lecker. Erinnert an eine frisch gemähte Wiese mit einem erdigen Grundton. Diese Sehnsuchtströpfchen vor dem Erguss mag ich meistens, im Gegensatz zum Sperma selbst. Wenn mir das Zeug in den Mund spritzt, dann kann es sein, dass mir so schlecht wird, dass ich nur noch kotzen könnte. Manchmal wache ich nachts auf und habe diesen Geschmack im Mund. Dann brauche ich eine halbe Flasche ›Listerine Coolmint‹ und eine Stunde Gurgeln, bis ich wieder schlafen kann.
Georg brummt wieder und bewegt nun unbewusst sein Becken. Seine Hand tastet über meine Seite, findet meinen bequem in Reichweite hochgereckten Hintern und spielt mit der appetitlichen Form. Dabei lässt er die Fingerspitzen immer wieder wie zufällig über die Falten meiner Schamlippen gleiten. Leises Erschauern. Der Drang, vom Bett zu springen und weit wegzulaufen. Der Drang, mich weiter zu öffnen, mich breitbeinig über ihn zu knien und ihm die weit geöffnete Möse ins Gesicht zu drücken, wie vorhin. Ich halte still, lasse ihn an mir herumfingern und konzentriere mich auf seinen Schwanz.
Zwei Minuten später stöhnt er vernehmlich, und der Schaft ist wie Hartholz unter meinen Zähnen. Ich will die Situation nicht überstrapazieren. Schnell schwinge ich mich auf ihn, rittlings, ihm zugewandt, reibe langsam meine nasse Scheide über den am Bauch entlang anliegenden Prügel.
»Kann ich oben bleiben?«, frage ich leise und rutsche ein wenig seitlich hin und her.
»Gern!« Er lächelt mich verschmitzt an. »So habe ich die schönste Aussicht!«
Ich grinse zurück und recke mich lasziv, stelle den Busen heraus und streiche mir die Mähne aus dem Gesicht. Dabei reibe ich mit dem Unterkörper immer wieder über seinen Schwanz auf und ab. Nehme Maß. Nässe ihn ein.
Er passt sich meinen Bewegungen an und streicht mit den Händen an meinen Schenkeln hinauf. Dann setzt er die Finger-spitzen direkt über meinem Schambein an, genau dort, wo die zurückhaltend gestutzte Wirrnis meiner dunklen Schamhaare beginnt, und drückt mit gestreckten Fingern fest in meinen Bauch hinein.
Hm???
Wahnsinn!
Die vibrierende Hitze um meine Möse weitet sich aus, schlägt hoch, erfüllt mein ganzes Becken, meinen Bauch. Ich ächze und klappe halb nach vorn, stütze mich schwach auf seiner Brust ab, aber er lockert den Griff nicht, sondern massiert mich dort, durch Haut, Muskeln und Gewebe hindurch. Meine Eingeweide scheinen mit glühenden Kohlen gefüllt zu sein, die köstliche Brandlöcher überall hineinfressen. Wow! Der Mann versteht etwas von diesem Handwerk! Ich spüre ein vages Bedauern, dass mir, und etlichen anderen Frauen, dies künftig entgehen wird.
Halb außer Atem registriere ich, dass er seinen Griff nun lockert und mich stattdessen an den Rippen umfasst.
»Ich will dich jetzt haben!«, knurrt er heiser.
Ich nicke und schlucke trocken. Er hebt mich ein wenig an, zieht nur leicht nach oben, und dann bewegen wir beide die Becken zurück, arrangieren die Hüftgelenke, verändern den Winkel. Ohne manuelle Unterstützung findet der Knauf die reife Öffnung, drängt sich zwischen die bereitwillig ausweichenden Schamlippen und fährt dann mit einem langen, langsamen Stoß in mein Innerstes. Ein abgrundtiefer Seufzer verlässt meine Lippen.
Ah, dieses unbeschreibliche Gefühl! Dieser Genuss, eine lebendige, pulsierende Form aufzunehmen und damit eine Leere zu füllen, die einem vorher gar nicht bewusst war. Dieses Sehnen, das zu halten, noch tiefer einzusaugen, nie wieder loszulassen! Dieses schmelzende, fließende Gefühl, als würde mein Fleisch sich wie Wachs um diesen Stachel legen, den Kontakt zu jedem Quadratmillimeter suchen, Nervenenden sich direkt an Nervenenden schmiegen.
Undeutlich wird mir klar, dass ich gegen seine ausgestreckten Arme lehne, die Brüste hart in seine offenen Hände gepresst. Mein Becken schaukelt von selbst sacht vor und zurück, verschmolzen mit ihm, untrennbar vereint.
Auch Georg bewegt sich kaum, sucht nur die tiefstmögliche Vereinigung. Er lässt sein Glied in mir leicht zucken, indem er die Bauchmuskeln anspannt.
»Wahnsinn!«, flüstere ich atemlos.
»Gut so?«, fragt er versonnen. Auch jetzt noch ganz der Mann, der sich, mich, und alles andere fest im Griff hat.
»Und wie! Ooohh ... ich muss ... lass mich mal ...« Mit fahrigen Fingern entferne ich seine Hände von meinem Busen und beuge mich weit vor, schmiege mich an seine blond behaarte Brust, unter der ich es hart hämmern spüre. Mein offener Mund liegt direkt vor seiner rechten Brustwarze und ich strecke meine Zungenspitze heraus, taste danach, umspiele den kleinen runden Knopf.
Leidenschaftlich greift er nach meinen Hüften, packt die Pobacken, stellt seine Beine auf und stößt dann das erste Mal mit unwiderstehlicher Kraft nach oben, in mich. Verzehrende Reibung. Lechzendes Auftreffen ganz hinten. Neue Quellen gehen in mir auf und schütten ihren schlüpfrigen Nektar aus.
Ich breite die Arme weit aus, als sei ich ans Kreuz genagelt, und gebe mich völlig seinem tiefen Eindringen hin. Dabei achte ich sorgfältig darauf, dass ich nicht in Richtung Trance abgleite, wie zuvor, sondern auf der Ekstase-Seite bleibe. Trotz aller wild hoch lodernden Erregung hellwach, völlig klar, ganz bewusst. So ähnlich müssen sich diese tantrischen Meister in Indien oder Tibet fühlen, von denen ich gelesen habe. Tief in ihrer Sexualmeditationen versunken, aber dennoch völlig präsent.
Sein Rhythmus ändert sich nun unter mir, in mir, wird härter, schneller, drängender. Seine Hände walken meine Hinterbacken tief durch, stimulieren indirekt den empfindlichen Anus und drücken immer wieder köstlich durch das straff gespannte Fleisch auf die Hüftgelenke.
Ich gehe bereitwillig mit. Jetzt will ich, dass er mich rücksichtslos nimmt, dass er mich durchfickt, dass er mich als schwaches, wehrloses Sexobjekt bumst, mich wild vögelt, mich so richtig knallt! Hechelnder Atem, Japsen, das nasse Klatschen von geschwollenem Fleisch, schwere, scharfe Moschusdüfte. Eine gewaltige Woge aus geschmolzenem Blei, die sich weit draußen am Horizont langsam aufbaut.
Und natürlich muss ich keine Angst haben, dass er fragt: »Bist du schon soweit?«, oder etwas ähnlich Abtörnendes. Er spürt es. Er spürt genau, wie ich wild auf ihm zucke, ein festgenagelter Fisch, ein Schmetterling auf der Nadel, und er lässt seine eigene Wollust im exakt richtigen Tempo höher und höher schlagen. Die Welle kommt näher.
Ich habe mich etwas hochgestützt, sehe ihm mit aufgerissenen Augen ins Gesicht, sauge hektisch dringend benötigten Sauerstoff durch den weit geöffneten Mund in meine flatternden Lungen und kann beim besten Willen nicht mehr genau spüren, wo ich aufhöre und wo er anfängt. Er genießt meine unverhüllte Lust, reflektiert sie, steigert sie, peitscht sie hoch. Wildes, verzehrendes, mahlendes, reibendes Rotieren unserer Leiber. Sein schwerer Körper bäumt sich gegen meine leichte, schmale Gestalt, die aber mit dem gleichen Feuer, mit der gleichen irrsinnigen Energie antwortet.
Jetzt! Seine Bewegungen werden dringend, suchend, verzweifelt, seine Augen weiten sich, seine Halsmuskeln treten hervor, sein Griff um meine Taille wird mörderisch. Die Welle rauscht brüllend heran, haushoch, unwiderstehlich und schlägt erbarmungslos über uns zusammen.
Blitze, blauweißes Feuer, stiebende Funken entladen sich in meinem Innersten. Jemand schreit dünn und hilflos. Eine Starkstromentladung frisst sich blitzschnell durch mein Rückgrat und reißt mir den Kopf in den Nacken, dass ich meine Zähne klappern höre. Irgendwo ganz weit weg pumpt etwas langgezogene heiße Strahlen in mich, quatschende, nass schmatzende Töne, Gänsehaut am ganzen Körper, die die zarteste Berührung wie auf rohem Fleisch empfindet, und die gleichzeitig nur noch gepackt, genommen, bedrängt werden will.
Rückhaltlos überlasse ich mich diesem Orkan. Die Gedanken in meinem Kopf halten mit einem letzten »Klank!« an, wie ein Karussell, das in seiner Ruheposition einrastet. Ich bin nur noch Leib, nur noch Blut, Fleisch, Knochen, Nerven, Fühlen.
Unter mir halten mich auf einmal Duzende von Männern ekstatisch pumpend gefangen. Die Bilder überlagern sich, verschwimmen, changieren, wie direkt aufeinandergelegte Negative. Ich erkenne Jean, mit zusammengebissenen Zähnen und zärtlichen Händen. Ich erkenne Luke, sonnengebräunte Haut, scharfe Fingernägel, wundervoller Rhythmus seiner Bewegungen. Olof, der norwegische Hüne mit den undurchsichtigen Geschäften und einem Gemächt wie ein Pferd. Chris, ein schmächtiger Bürohengst mit überraschend kundigen Berührungen. Theodore, klein und fett. Charles. Thomas. Reynard. Phillipp. Viele andere. Natascha.
Der Russe. Aleksej heißt er, das weiß ich jetzt.
Mein Stiefvater.
Er weint.
Für einen winzigen Sekundenbruchteil sehe ich alles. Ich sehe jeden einzelnen, kenne seinen Namen, seine Eigenheiten, seinen Lebenslauf, seine Wünsche, Hoffnungen, Träume. Ich sehe, was er von seinem Vater, von seiner Mutter bekommen hat und was nicht, was diese von ihren Eltern bekommen haben, und so weiter, bis zurück in nebelhafte Vergangenheit.
Ich stehe auf einer Bergspitze über der Atmosphäre und sehe das endlose Leid, den ewigen Kreislauf von Angst, Wut, Schmerz, Verletzung, den das Leben gebiert und wieder verschlingt. Jede winzige menschliche Puppe ist daran aufgefädelt, wie unendlich viele glitzernde Steinchen auf einer Kette, unrettbar gekreuzigt an ihr elendes Dasein.
Ich sehe alle Männer dieser Welt.
Ich sehe die Frauen.
Ich sehe die Kinder.
Niedergeschmettert, vernichtet, trostlos. Und gleichzeitig so voll Hoffnung, voller Leben, so erhaben.
Ich sehe mich selbst.
Die pure majestätische Größe dieser endgültigen Einsicht raubt mir schlagartig den Atem. Zwerchfell und Muskeln sind festgeschweißt, hart wie Panzerplatten, unbeweglich. Trotz verzweifelter Anstrengung gelangt kein Molekül Sauerstoff in meine Lungen.
Ich werde sterben, und das ist in Ordnung. Der einzige Ausweg aus diesem verzehrenden, mühseligen, knochenzermalmenden Rad. Kein Hass, keine Angst, keine Wut mehr, nur noch ein absolut synchrones Mitschwingen mit jedem einzelnen Atom des Universums, das große Einverstandensein, die finale Bejahung. Ruhe. Einssein. Unendliche Ausdehnung.
Frieden.
Dann bewegt sich die Welt wieder und ich gleite aus meiner Vision, wie rückwärts aus einem Tunnel. Ich schreie lautlos, weil ich weiß, dass später nur ein sehr verschwommener Eindruck von dieser unendlichen Weite in ihrer fröstelnden Klarheit in meinem Gedächtnis haften bleiben wird.
Ich weine.
Eine unbestimmte Zeit später komme ich wieder halbwegs zu mir. Ich hänge zerschlagen auf Georg, auseinandergerissen, erfüllt, befriedigt, satt und schlaff, und von abgrundtiefer Trauer erfüllt, gleichzeitig von stillem Glück. Lautlose Tränen tropfen auf seine Brust und vermischen sich dort mit unserem Schweiß.
Er ist noch in mir, weicher und zärtlicher jetzt. Kleinste Bewegungen verschieben unsere Haut gegeneinander, gut geölt von verschiedensten Körperflüssigkeiten. Gleichzeitig umfängt er mich schützend, streichelt ganz behutsam meinen Kopf, meinen Rücken. Auch jetzt noch, befriedigt und sicher müde, trägt und hält er mich ohne Anstrengung. Eben souverän in jeder Lebenslage. Ein Täter. Wirklich schade!
Sehr langsam spüre ich, wie die zersplitterten und über das ganze Universum verteilten Fragmente meiner harten, greifbaren, realen Existenz wieder zusammenströmen und Form annehmen. So ähnlich wie bei diesem Cyborg aus der Zukunft in »Terminator II«, als dessen tiefgefrorene Splitter am Ende des Films auftauen und als schimmernde Zinntropfen wieder zusammenlaufen.
Oh! Nicht jetzt schon! Ich will noch ein wenig in diesem Schwebezustand bleiben. Dieser Moment ist es doch, den ich suche, den ich jage, den ich brauche wie der Fixer seine Nadel! Dieser sekundenbreite Lichtstrahl einer reinen göttlichen Verbindung, der als einziger in der Lage ist, den äonenbreiten Abgrund zwischen mir und allem anderen zu überbrücken.
Aber so sehr ich sehne und flehe, ich kann mich nicht gegen die Rückmutation stemmen. In wenigen Minuten werde ich wieder nur Jana Walker sein, Auftragsmörderin, wohnhaft in London, einen Meter fünfundsechzig kühl berechnende Zielstrebigkeit.
Solange der Schutzpanzer sich noch nicht vollständig um mich geschlossen hat, raffe ich mich mühsam auf, küsse meinen unvergleichlichen Lover zart auf den Mundwinkel und sehe ihm weich in die Augen.
»Danke!«, flüstere ich fast unhörbar.
»Gern«, lächelt er schwach. »Auch danke!«
»Mmmh.«
Er streicht mir die Haare aus dem Gesicht und schaut mich jetzt forschend an. Er spürt die Veränderung, die in mir vorgeht, immer schneller abläuft.
»Georg ...«, beginne ich etwas hilflos, »ich möchte, dass du weißt ... was immer auch geschieht: Das war etwas ganz Besonderes für mich, gerade mit dir!«
Das ist keine Lüge. Mit jedem meiner Klienten war es für mich etwas ganz Besonders, Einzigartiges. So auch mit ihm.
Er sieht mich immer noch an. Aufmerksam. Hat er einen Verdacht geschöpft? Oder ist das für ihn nur das emotionale Gerede eines unreifen Mädchens?
Er nickt langsam und zieht mich wieder fest an sich. Sein biegsamer, fleischiger Schwanz flutscht sehr angenehm in mir drin wieder ein wenig tiefer. So liegen wir noch sehr lange, wortlos, in gemeinsamem Herzschlag. Ich kann spüren, wie die beiden Seiten in mir eine erstaunlich lange Zeit haarscharf ausgewogen leben. Die offene, klare, verletzliche, quälend-glückliche, und die kühle, glatte, neutrale, die jeden Schmerz so barmherzig aufnimmt und wie unter Schaum erstickt. Ich bin schon wieder die Killerin, aber ich genieße noch den Nachhall des unschuldigen jungen Mädchens in mir, das ich vielleicht einmal war. Ich plane den Tod des Mannes unter mir, aber ich schmause noch vom überladenen, zerpflückten Tisch unserer vereinigten Lustempfindungen.