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Viertes Kapitel.
Оглавление»Wessen Gefolge ist dies?« fragte Jurand plötzlich, in der Nähe von Radzanow aus seinem Brüten wie aus einem Traume emporfahrend.
»Das meine!« antwortete Zbyszko.
»So sind meine Leute alle umgekommen?«
»Bei Niedzborz sah ich sie tot dahingestreckt.«
»Die alten Gefährten, sie sind dahin.«
Zbyszko antwortete nichts. Schweigend setzten sie ihren Weg fort. Sie wollten Spychow so rasch wie möglich erreichen, hofften sie doch, dort Abgesandte der Kreuzritter zu finden. Die durch den nun eingetretenen Frost fest gefrorenen Wege begünstigten ein schnelles Vorwärtskommen. Gegen Abend knüpfte Jurand wieder ein Gespräch an. Er erkundigte sich eingehend nach den Ordensbrüdern, welche sich in dem Jagdhofe eingestellt hatten, und Zbyszko schilderte alles genau, indem er erzählte, wie schroff jene vor ihrem Weggange aufgetreten waren, indem er von dem Tode des Herrn de Fourcy, von dem Erlebnis des Böhmen sprach, der de Danveld in solch fürchterlicher Weise verletzt hatte. Und während er dies auseinandersetzte, fiel ihm immer wieder unwillkürlich ein Umstand auf. Wie verhielt es sich mit jenem Weibe, das von Danveld geschickt, den Balsam auf den Jagdhof gebracht hatte? Bei der Fütterung der Pferde fragte er daher sowohl den Böhmen wie Sanderus nach ihr, allein keiner von beiden wußte eigentlich recht, was mit ihr geschehen war. Sie vermuteten jedoch, sie habe sich gleichzeitig mit den bei Danusia eingetroffenen Boten, oder bald nach diesen auf die Heimfahrt gemacht. Zbyszko schoß jetzt der Gedanke durch den Kopf, ob nicht die Frau zu dem Zwecke geschickt worden sei, die Boten zu warnen, falls Jurand in eigener Person bei dem Fürsten eintreffen sollte. Es wäre ja dann für die Leute ein leichtes gewesen, ihrer Sendung aus Spychow gar nicht zu erwähnen, sondern dem Fürsten statt des Briefes von Jurand irgend ein anderes Schreiben zu überreichen, das sie wohl für den Notfall schon bei sich führen mochten. Mit welch teuflischer Geschicklichkeit war all dies doch eingefädelt worden! Eine Reihe von Kämpfen hatte er geglaubt zur Rettung Danusias bestehen zu müssen, jetzt aber begriff er, daß er ganz andere Wege einzuschlagen habe, um sein junges Weib zu retten, zu befreien. Seinen Verstand mußte er dabei zu Rate halten, und je mehr er sich dieser Thatsache bewußt ward, desto mehr bedauerte er die Abwesenheit seines Ohms, denn Macko war ebenso schlau wie tapfer. Nach reiflichem Ueberlegen faßte Zbyszko indessen den Plan, von Spychow aus Sanderus nach Szcytno zu senden, damit dieser nach jenem Weibe forsche, um möglicherweise von ihr zu erfahren, was mit Danusia geschehen war. Wohl sagte er sich, Sanderus fände dabei gar viel Gelegenheit, wenn er ihn betrügen wolle, im entgegengesetzten Falle könne er ihm aber auch unschätzbare Dienste erweisen, da ihm durch seinen Handel überall Thür und Thor offen stand.
Ueber dieses Vorhaben wollte er sich mit Jurand beraten, aber erst nach ihrer Ankunft in Spychow, denn es wurde Nacht und ihm dünkte, Jurand sei auf seinem hohen Reitsattel vor Müdigkeit, Erschöpfung und schwerer Sorge eingeschlafen. Allein dieser ritt nur deshalb so gebeugt dahin, weil ihn sein Unglück darnieder drückte. Augenscheinlich dachte er an nichts anderes, offenbar erfüllten schlimme Befürchtungen sein Herz, hub er doch plötzlich wieder an: »Mir wäre besser, wenn mich der Tod bei Niedzborz ereilt hätte! Hast Du mich aus dem Schnee ausgegraben?«
»Ja, mit den andern!«
»Und bei jener Jagd hast Du mein Kind gerettet?«
»Was hätte ich denn sonst thun sollen?«
»Und jetzt leistest Du mir Hilfe?«
Da loderten plötzlich in Zbyszko die Liebe zu Danusia, der Haß gegen die Kreuzritter so mächtig empor, daß er sich hoch im Sattel aufrichtete und durch die zusammengepreßten Zähne nur mühsam hervorstieß: »Hört, was ich sage: Müßte ich selbst mit den Zähnen ihre Burgen zerbeißen, so zerbeiße ich sie, und Danusia rette ich.«
Diesen Worten folgte ein minutenlanges Schweigen. Unter dem Einfluß von Zbyszkos Ausspruch regte sich augenscheinlich mit aller Macht die rachsüchtige, gewaltthätige Natur Jurands, denn zähneknirschend ritt er in der Dunkelheit dahin und stets aufs neue murmelte er die Namen vor sich hin: »Danveld, Löwe, Rotgier und Godfryd!«
In seinem tiefsten Innern nahm er sich ja fest vor, de Bergow auszuliefern, wenn das von ihm verlangt werden sollte, auch Lösegeld war er bereit zu zahlen und auf Befehl ganz Spychow als Preis auszusetzen. »Aber wehe ihnen später! Wehe denen, die es gewagt haben, Hand an mein eigenes Kind zu legen!« murmelte er vor sich hin.
Weder Jurand noch Zbyszko fand in der Nacht erquickenden Schlaf, und als der Tag anbrach, da glaubten sie ihren Augen nicht trauen zu dürfen, so sehr hatten sich beide in den qualvollen Stunden verändert. Jurand empfand schließlich eine gewisse Rührung über den Schmerz und die Verzweiflung Zbyszkos und hub also an: »Mit ihrem Schleier hat sie Dich umhüllt, vom Tode hat sie Dich errettet – ich weiß es. Aber Du liebst sie auch?«
Da richtete sich Zbyszko hoch auf, blickte Jurand fest in die Augen und entgegnete: »Sie ist mein Eheweib!«
»Was sagst Du?« fragte Jurand, sein Roß anhaltend und starr vor Staunen auf den jungen Ritter blickend.
»Ich sage, daß sie mein Eheweib ist, daß ich ihr Ehegemahl bin.«
Der Ritter aus Spychow bedeckte die Augen mit der Hand, als ob ihn ein plötzlicher Blitzstrahl getroffen hätte, allein er erwiderte kein Wort, sondern trieb nur sein Pferd an und ritt an der Spitze des Gefolges schweigend weiter.