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Dimensionen unseres Bewusstseins und unserer Wahrnehmung

Was sind eigentlich Dimensionen unseres Bewusstseins und in welchem Verhältnis stehen sie zu unserer Wahrnehmung?

Unser Bewusstsein besteht aus einer Kombination der sich im Laufe der Evolution entwickelten Bewusstseins-Dimensionen sowie der Dimensionen unserer Wahrnehmung, also jener Informationen, welche wir aus Sinneseindrücken über unser zentrales Nervensystem erhalten. Interessant ist, dass die Dimensionen unseres Bewusstseins die unserer Wahrnehmung deutlich überschreiten.

Unsere Wahrnehmung kennt nur drei physische Dimensionen, Länge, Breite und Höhe. Alle weiteren Dimensionen entziehen sich unserer direkten Wahrnehmung, das heißt, unser zentrales Nervensystem kann sie nicht abbilden. All unsere Sinnesorgane vermitteln uns Informationen zu Dingen, welche sich innerhalb dieser drei Raumdimensionen befinden. Wir können sie sehen, riechen, hören, fühlen und schmecken. Was immer sich außerhalb dieser Dimensionen abspielt, entzieht sich unserer direkten Wahrnehmung. Was immer wir wissenschaftlich untersuchen möchten, muss eine Veränderung innerhalb der drei Raumdimensionen auslösen. Ansonsten können wir seine Wirkung nicht wahrnehmen.

Zeit hingegen ist eine Dimension unseres Bewusstseins, nicht unserer Wahrnehmung. Wir nehmen Zeit nur durch Veränderungen im Raum wahr, etwa wenn wir uns bewegen. Wir haben kein Sinnesorgan für Zeit. Alles wandelt sich unaufhörlich, und wir deuten diesen Wandel im Raum als Wirkung der Zeit, beziehungsweise Zeit ermöglicht es uns, Wandel im Raum wahrzunehmen.

Zeit ist eine physikalische Größe, die man zur Berechnung von Bewegungen oder Prozessen nutzen kann. Wir können Zeit zwar nicht auf unserem zentralen Nervensystem wahrnehmen, aber wir stellen uns vor, was Zeit ist. Wir haben eine Art Gefühl für die Zeit. Wir kennen Langeweile und Kurzweil, obwohl wir jederzeit und ausschließlich in der Gegenwart gefangen sind. Unsere Vorstellung von Zeit beruht auf der Fähigkeit zur Erinnerung der Vergangenheit oder der Imagination einer möglichen Zukunft. Bei guter Unterhaltung läuft Zeit schneller oder ist gar nicht fühlbar. Bei Langeweile streckt sich Zeit ins gefühlt Unendliche. Eine Art freie Bewegung innerhalb der Zeit – wie wir das vom Raum gewohnt sind – ist uns indes nicht möglich. Die Wahrnehmung von Zeit bleibt immer ein Gebilde unserer Fantasie, selbst wenn man sie messen und damit rechnen kann. Wir können der Gegenwart in unseren Gedanken entfliehen, nicht aber mit unserem Körper. Genau betrachtet befinden wir uns körperlich immer und ausschließlich in der Gegenwart. Lediglich die unablässige Veränderung aller Dinge im dreidimensionalen Raum, die wir wahrnehmen können, lässt uns darauf schließen, dass Zeit real ist. Würden wir Zeit auf unsere direkte Wahrnehmung beschränken, so müssten wir darauf bestehen, dass sie nicht existiert.

Folglich müssen wir zwischen Bewusstseinsdimensionen und Dimensionen unserer Wahrnehmung unterscheiden.

Wir sehen also, dass Zeit keine Dimension unserer Wahrnehmung ist. Man kann sie weder sehen, riechen, hören, ertasten noch schmecken. Sie ist aber Teil unseres menschlichen Bewusstseins. Und da unsere Wahrnehmung auf den Raum beschränkt ist, existiert Zeit nicht ohne Raum. Wenn Kant Raum und Zeit als a priori in unserer Vorstellung definiert, so ist es letztlich die physikalische Dimension der Raum-Zeit, welcher sich der Mensch aufgrund seiner evolutionären Stufe bewusst ist.

Neben den physikalisch aktiven Bewusstseinsdimensionen existieren qualitative Dimensionen in unserem Bewusstsein. Unser Bewusstsein für Duft oder Schönheit ist beispielsweise eine qualitative Dimension. Wir unterscheiden zwischen guten und schlechten Gerüchen. Hier kommen selbstverständlich Gewohnheiten und Konditionierungen ins Spiel, so dass man keinen Konsens finden wird, was gute und was schlechte Gerüche sind. Aber man wird wohl niemanden finden, der behauptete, Rosen würden stinken und faule Eier würden duften.

Vielen Lebewesen scheint das Bewusstsein für Duft zu fehlen, auch wenn sie einen viel besseren Geruchssinn als Menschen haben. Ebenso das Bewusstsein für Kunst oder Schönheit. Man kann die Wirkung von Musik auf Pflanzen und Tiere nachweisen. So wie man die Wirkung von Zeit auf chemische Reaktionen nachweisen kann. Aber man kann nicht davon ausgehen, dass den Pflanzen und Tieren diese qualitativen Dimensionen deshalb auch bewusst wären. Realität wirkt auch bei Abwesenheit von Bewusstsein. Aber wenn es eine Bewusstseinsdimension gibt, dann muss man davon ausgehen, dass ihr eine reale Dimension zugrunde liegt. Folglich kann man sagen, dass Realität die Basis für die Entwicklung unseres Bewusstseins ist.

Die Bewusstwerdung und Wahrnehmung dieser Dimensionen entwickelt sich im Laufe der Evolution weiter. Je klarer Realität erfasst werden kann, je mehr Dimensionen man sich gewahr wird, desto höher ist die Stufe der Evolution, die ein Lebewesen erreicht hat.

Gut und Böse

Die wohl mysteriöseste aller Bewusstseinsdimensionen ist unser Verständnis von Gut und Böse, Richtig und Falsch. An dieser Stelle wollen wir nicht betrachten, was gut und was böse ist oder warum wir das Gefühl haben, etwas sei richtig oder falsch. Wir wollen lediglich zur Kenntnis nehmen, dass diese Bewusstseinsdimension im Menschen tatsächlich existiert. Und weil sie existiert, müssen wir davon ausgehen, dass es dazu auch eine entsprechende Realität gibt, dass also Richtig und Falsch tatsächlich existieren, auch wenn Wahrheit keine Dimension der menschlichen Wahrnehmung ist. Sie speist sich nicht aus unseren Sinnesorganen. Sehen wir beispielsweise, dass Geld den Besitzer wechselt, so wissen wir nicht, ob der Grund für den Besitzwechsel die Erbringung einer ehrlichen Dienstleistung, ein Geschenk oder eine Schutzgelderpressung gewesen ist. Jede dieser Ursachen würde bei uns allerdings eine andere Bewertung des Besitzwechsels nach sich ziehen.

Wahrheit entsteht in unserem Bewusstsein, wenn sich ein direkter Bezug zwischen den Dimensionen unserer Wahrnehmung und denen unseres Bewusstseins herstellen lässt, wenn also eine Bewusstseinsdimension direkt auf dem zentralen Nervensystem wahrgenommen werden kann. Wir sehen, dass Geld den Besitzer wechselt. Dieser Teil ist Wahrheit. Der Rest, also das Warum, bleibt eine Vermutung mit unterschiedlichen Wahrscheinlichkeiten. Je höher die Wahrscheinlichkeit, desto eher tendieren wir dazu, etwas als wahr zu betrachten, auch wenn wir die Wahrheit nicht zu einhundert Prozent kennen. Das passiert automatisch. Sehen wir zum Beispiel, wie jemand im Supermarkt an der Kasse bezahlt, dann behaupten wir zu wissen, dass er etwas eingekauft hat. Und in den meisten Fällen wird das richtig sein, auch wenn in einem von hundert Millionen Fällen der Kunde den Kassierer vielleicht privat kennt, sich von ihm Geld geliehen hatte und dieses gerade zurückgibt. In diesem Fall lägen wir falsch oder würden vielleicht sogar schlussfolgern, dass der Kassierer Geld in die eigene Tasche steckt. Unser Gehirn gleicht beständig unsere Wahrnehmung mit Wahrscheinlichkeiten ab und ordnet diese, in Abhängigkeit aller zur Verfügung stehenden Informationen, rational ein. Wir interpolieren praktisch unsere Wahrnehmung mit den Wahrscheinlichkeiten der uns denkbaren Möglichkeiten.

Neue Dimensionen der Wahrnehmung und ihre Wirkung

Aber was passiert, wenn sich den Dimensionen unseres Bewusstseins eine neue Dimension der Wahrnehmung zugesellt?

Ich möchte das gerne anhand der Wahrnehmung einer Kakerlake darstellen.

Kakerlaken haben ein Strickleiternervensystem. Es heißt so, weil es schematisch wie eine Strickleiter aussieht, zwei parallele Stränge mit Querstreben. Da es in diesem System keine dritte Raumdimension gibt und die Kakerlake auch kein Ohr mit Bogengängen besitzt, welches eine dritte Dimension erzeugen könnte, nimmt man an, dass Kakerlaken nur zwei Raumdimensionen erleben. Sie befinden sich stetig in einer Ebene, egal ob sie gerade auf dem Boden laufen, die Wand hochkrabbeln oder an der Decke hängen. Auch der Übergang vom Boden zur Wand ist zweidimensional. Ihre Welt ist immer flach.

Die Kakerlake bewegt sich im dreidimensionalen Raum. Ihre Bewegung hat eine Auswirkung im dreidimensionalen Raum. Sie ist sich dieser Wirkung aber nicht bewusst, beziehungsweise sie kann ihre Bewegung im Raum nicht vollständig auf ihrem zentralen Nervensystem nachvollziehen, weil ihr Nervensystem keine dritte Raumdimension kennt.

Stellen wir uns nun vor, die Kakerlake wäre – abgesehen von der Beschränkung auf zwei Dimensionen der räumlichen Wahrnehmung – ausreichend intelligent und es wäre unsere Aufgabe, der Kakerlake die dritte Dimension zu erklären. Und gehen wir weiter davon aus, dass die dritte Raumdimension bereits eine Bewusstseinsdimension der Kakerlake wäre. Ohne Bewusstseinsdimension gibt es keine Möglichkeit ein Thema zu erfassen, und es wäre unmöglich, irgendeine Schnittmenge zwischen der Realität und dem Bewusstsein der Kakerlake zu beschreiben. Die Kakerlake müsste sich die dritte Raumdimension also wenigstens vorstellen können, damit man überhaupt darüber sprechen könnte.

Wenn wir nun versuchen, der Kakerlake die dritte Raumdimension zu erklären, dann gäbe es kein Beispiel, an dem wir der Kakerlake tatsächlich die Wahrnehmung der dritten Dimension vermitteln könnten. Also würden wir versuchen, Reaktionen der Realität auf das Verhalten der Kakerlake heranzuziehen. Wenn man die Beine einzieht und auf den Rücken fällt, dann hat man vorher an der Decke gehangen. Zieht man die Beine an und fällt auf die Seite, so ist man die Wand schräg entlang gelaufen. Fällt man auf den Hintern, so ist man die Wand gerade hoch gelaufen. Fällt man aufs Gesicht, ist man die Wand kopfabwärts hinab gelaufen und so weiter. Aber selbst wenn die Kakerlake all das verstünde und sich irgendwie vorstellen könnte, was diese dritte Raumdimension sei, sie könnte die Dimension trotzdem nicht wahrnehmen. Es gibt weder in ihrer Wahrnehmung noch in ihrer Erfahrung ein Abbild der dritten Raumdimension.

Ich bin jetzt Kakerlake. Man hat mir erläutert, was passiert, wenn ich mich an verschiedenen Orten im Raum aufhalte, und ich beginne zu experimentieren. Ich laufe hoch bis zur Decke, lasse los, stürze hinab und falle auf den Rücken. Gut. Ich finde an denselben Ort zurück, stürze mich erneut hinab. Wegen des Luftwiderstandes taumle ich ein wenig und lande auf der Seite. Das war eigentlich die Definition von „an der Wand hängen“. Seltsam. Ich versuche es immer und immer wieder. Egal an welcher Stelle ich meine Versuche mache, es kommen keine für mich logisch nachvollziehbaren Ergebnisse zustande. Außer wenn ich bereits auf dem Boden sitze. Ich stürze mich hinab und es passiert nichts. Nun geschieht etwas, das ich nicht erwartet hätte. Nicht nur, dass ich den dreidimensionalen Raum nicht wahrnehmen kann. Schlimmer. Er wird mir zum Mysterium.

Ich berichte anderen Kakerlaken von meinen Erkenntnissen. Tausende versuchen die Experimente nachzuvollziehen. Einige schlagen beim Sturz in ähnlicher Reihenfolge auf und behaupten fortan, sie wüssten was passiert, wenn man sich fallen lässt. Die in der Ebene wohnen und niemals fallen, wissen es angeblich auch. 1000 Jahre vergehen. Es bilden sich unterschiedliche philosophische Schulen und Wandstürzer-Sekten. Doch keine Theorie lässt sich abschließend beweisen. Die dritte Dimension bleibt uns allen ein Mysterium.

Nun schreitet die Evolution voran und eines Tages entwickelt eine Kakerlake die Wahrnehmung für die dritte Raumdimension. Und siehe da, das Mysterium verschwindet vollständig. Ohne Erklärung, ohne philosophische Erläuterung. Ganz von selbst.

Halten wir inne und rekapitulieren wir kurz, welche Strecke wir bis hierher zurückgelegt haben.

• Unsere Probleme werden nicht durch ein System verursacht, sondern durch den Menschen.

• Wir müssen die Möglichkeit in Betracht ziehen, dass die menschliche Entwicklung nicht abgeschlossen ist, beziehungsweise dass der Mensch seine mögliche Bestimmung noch nicht erreicht hat.

• Wir sollten versuchen, diesem Thema mit wissenschaftlicher Offenheit zu begegnen, und klar zwischen Fakten, die wir wissen, und Dingen, die wir glauben, unterscheiden.

• Es gibt Dimensionen unseres Bewusstseins, die weiter reichen als die Dimensionen unserer Wahrnehmung.

• Besteht eine direkte Verbindung zwischen unserer Wahrnehmungsdimension und unserer Bewusstseinsdimension, so ist Wahrheit klar zu erkennen.

• Mysterien entstehen durch das Fehlen einer direkten Verbindung zwischen den Dimensionen unserer Wahrnehmung und den Dimensionen unseres Bewusstseins.

• Mysterien lösen sich selbständig auf, sobald die dem Mysterium zugrundeliegenden Bewusstseinsdimensionen um entsprechende Dimensionen der Wahrnehmung erweitert werden.

Das kleine Handbuch zur Rettung der Welt

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