Читать книгу Esoterische Osteopathie (1908) - Herbert Hoffmann - Страница 6
Eine eigentümliche Abhandlung
ОглавлениеDer Entdecker der Osteopathie, Andrew Taylor Still (1828 – 1917), zählte zweifellos zu jenen Unbequemen. Vor einigen Jahren fiel mir beim zufälligen Stöbern in den Hinterzimmern der Bibliothek des Kirksville College of Osteopathy zufällig Herbert Hoffmanns kleines und für jene Zeit höchst ungewöhnliches Büchlein ›Esoterische Osteopathie‹ in die Hände. Auf 1908 datiert impliziert es die Nähe zu A. T. Still und dessen zu jener Zeit noch sehr präsenten Gedankenwelt. Aber was soll an Stills eigentlich biomechanischen Erklärungsmodellen zu Gesundheit, Krankheit und Medizin esoterisch sein?
Osteopathie ist sehr praxisorientiert und wird als ziemlich vollständiges diagnostisches und therapeutisches System gelehrt, das ganz auch Anatomie und Biomechanik basiert.2
Beim Lesen des Textes erscheint die Verbindung zu Stills Philosophie solange nicht offensichtlich, bis man sich ernsthaft auch mit den nicht-biomechanischen Aussagen in seinen Texten – insbesondere seinen Ausführungen zum Thema Biogen und die Reflexion über die schöpferische Absicht in den anatomischen Strukturen – auseinandersetzt.
Der Wert von Hoffmanns Abhandlung liegt in der Einsicht, dass Still immer den größeren Zusammenhang in Bezug auf die menschliche Existenz und die Körper-Geist-Beziehung im Blick hatte. Empirie, Intuition, Spiritualität – das Unbekannte – durchdringen sich in Stills Welt unentwegt gegenseitig.
Die gebetsmühlenartige Einforderung der evidence based medicine innerhalb medizinischer Professionen schon in der Gründerzeit hat diese mehr philosophischen Überlegungen in den Hintergrund gedrängt. Insofern steht Hoffmanns Esoterische Osteopathie hier ziemlich verwaist in den Buchregalen. Und dennoch gibt es ein zunehmendes Interesse an den ausgedehnten philosophischen Überlegungen in den Schriften des ›Alten Doktors‹.
Auch wenn sich die Terminologie zwischen Hoffmann und Still deutlich unterscheiden, so verbindet beide doch ein gemeinsamer Geist.