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Das Buch

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Vor einigen Jahren traf ich auf einem Kongress einen alten Freund. Nach den üblichen Fragen, wie es mir so gehe, gratulierte er mir zu meinem Buch, es sei didaktisch gut.

„Zu welchem Buch?“ fragte ich ihn, „ich habe keine Buch geschrieben.“ „Entschuldige, das wusste ich nicht. Da fast alle ein Buch geschrieben haben, dachte ich auch du. Ich wollte nur höflich sein.“

Dieses Gespräch machte mich betroffen. Tatsächlich, ich war bereits über 50 Jahre alt geworden und hatte noch kein Buch geschrieben. Die Liste meiner wissenschaftlichen Veröffentlichungen hatte eine gewisse Länge, aber Buch war keines darunter. Ein Handbuch der Urologie, das einen Beitrag von mir enthalten hätte, war auch nicht erschienen. Da war ich nun Professor und hatte kein Buch geschrieben. Ich zerbrach mir den Kopf, über welches Kapitel meines Faches man noch ein Kapitel schreiben könne. Es schien vergeblich, es gab bereits alle Arten von Büchern, Monographien und Operationslehren. Eine Hundertschaft von Professoren und deren Mitarbeiter hatten den wissenschaftlichen Acker bestellt und eine ausreichende Ernte eingefahren. Da fiel mir ein, es müsse ja nichts Wissenschaftliches sein. Vor Kurzem hatte ein Kollege meiner Heimatstadt sein literarisches Glück versucht. Ein Ärzteroman, von einem Arzt geschrieben, das war auf großes Interesse gestoßen. Wie wäre es mit einer chirurgischen Biographie unter dem Titel: „Mit zitternder Hand.“, das müsste gut ankommen. Doch ich verwarf diesen Einfall.


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Dann fielen mir die vielen Geschichten aus meiner Laufbahn ein, die ich meinen Freunden erzähle, wenn ich sie unterhalten will, und unter denen meine Frau so leidet, weil sie sie schon alle kennt. Sie behauptet außerdem, dass ich sie immer schlechter erzähle. Warum sollte ich diese nicht in einem Buch zusammenfassen? Ich könnte zwar damit niemanden mehr unterhalten, aber meine Frau hätte wenigstens Ruhe. Das Buch würde autobiographisch und humoristisch sein. Alle Personen und Ereignisse dürften nicht erfunden, sondern müssten wahr sein.

Wann aber würde ich die Zeit haben, dies zu tun? Ärzte rechtfertigen ihr hohes Einkommen immer damit, dass sie von morgens bis abends arbeiten. Ein belletristisches Buch könnte von einem Chirurgen nur im Ruhestand geschrieben werden, es sei denn, man hätte ein weniger konsumierendes Fach. So lange wollte ich nicht warten. Ich begann mit meinen Aufzeichnungen während eines Kuraufenthaltes, auf den mich meine Familie allein schickte. Schon am ersten Erholungstag verfiel ich in eine Entlastungsdepression und begann auf Hotelpapier zu schreiben. Sofort besserte sich meine Stimmungslage.

Viel Kopfzerbrechen bereitete mir der Titel dieser Autobiographie. Da fiel mir ein, was meine Schwiegermutter zu ihrer Tochter gesagt hatte, als diese ihr gesagt hatte, dass sie mit einem angehenden Mediziner gehe: „Um Gottes willen, ein Mediziner, die sind doch alle unmöglich.“

Um Gottes willen, ein Mediziner!

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