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James-Jeans-Plateau | Ortszeit 1700–1730

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Der Sand, durch den Wind zu Wellen geformt, breitete sich zwischen den Klippen aus wie eine Flüssigkeit. Dieser Eindruck wurde noch dadurch verstärkt, dass die Oberfläche ständig in Bewegung war; der Atmosphärenstrom, durch die steil aufragenden Felstürme in Tausende dahinhuschende Wirbel zerschnitten, hob die winzigen glitzernden Körnchen auf, trieb sie zu kleinen Sprüngen, hob sie empor, ließ sie wieder fallen. So war der Boden ständig unter einer diffusen Decke verborgen, ein Überzug aus Nebel, austretender Dampf knapp vor dem Sieden.

Die Sonne stand hoch an einem ins Grüne verfärbten Himmel. Ihr Glanz reichte aus, um die Sterne zu überblenden; stattdessen hingen die Sicheln von drei orangefarbenen Monden ziemlich tief über dem Horizont – entlang einer Bogenlinie, die auch die Sonne miteinbezog.

Das orangefarbene Licht malte die Tiefe des Kessels hell und warm aus, doch es reichte nicht, um die dunklen Kolosse der Klippen zu erhellen; die der Sonne zugewandten Flächen waren nur mit einem schwachen rötlichen Hauch überzogen, alle anderen Partien steckten tief in Schwarz. Und ebenso schwarz waren die langen Schatten, deren Zackenlinie allmählich tiefer in die Ebene hineinstach.

Sekundenlang war dieses Bild gestört gewesen – ein dumpfes Sausen, der hohle Knall des Aufpralls – eine Staubwolke, die den Ort des Geschehens verbarg. Allmählich senkte sie sich, enthüllte das gestrandete Schiff, das einen kleinen Krater gebildet hatte und überdies tief in die weichen Massen eingedrungen war. Es lag schief, zwei der Landebeine waren gebrochen, über die Bodenfläche lief ein breiter Riss. Der Wind fing sich in der frisch ausgehobenen Grube, trug glitzernde Körnchen heran, streute sie über den fremden, metallischen Körper. Der Abhang geriet in Bewegung, Sand rieselte herab, grub den Rumpf tiefer ein.

Da und dort trauten sich verschreckte Tiere wieder an die Oberfläche – reptilhafte Köpfe erhoben sich über den Boden, spitze Zungen vibrierten. Zwei Geschöpfe mit vielen ineinander verkeilten Panzersegmenten wateten auf einem Dutzend platter Füße zum Kraterrand, senkten ihr Stirnauge dem unbekannten Gebilde dort unten entgegen. Dann, wie auf ein Kommando, wandten sie sich ab, liefen, hin und wieder haltend und um sich äugend, durch den Kessel, auf die nächste Klippe zu.

An einigen Plätzen begann der Sand zu rieseln, kleine zusammengefaltete Schirme schoben sich empor, entfalteten sich zu Blättern, die sich der Sonne entgegen wanden. Durch kleine zitternde Bewegungen schüttelten sie die Sandkörnchen ab.

Die Sonne lag nun schon tief, knapp über dem schroffen Rand der Felsgebilde. Die Monde hatten ihre Positionen gewechselt, zwei lagen enger beisammen, einer hatte sich merklich entfernt und dabei seine Sichel zu einem vollen Kreis ergänzt. Die Farbe des Himmels war nun ein tiefes Azur, um die Sonne herum verbreiteten sich orangefarbene, gelbe und grüne Tinten.

Das Raumschiff, ein Fremdkörper in dieser Landschaft, war nun schon halb von Sand bedeckt und ragte nur noch wenig über den Boden hinaus. Der Aufbau seines Kanzelraums, die Peilantenne und der Gravitationsfühler warfen einen lang gezogenen, bizarren Schatten. Nichts rührte sich, nur ein automatischer Sender strahlte in kurzen Abständen ein sich stetig wiederholendes Signal aus, elektrische Wellen, die sich rundum an den Klippen brachen und unsichtbare Echos warfen.

TOD EINES UNSTERBLICHEN

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