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Die Betriebskostenabrechnung

Eigentlich könnten die Betriebskostenabrechnungen überschaubar, verständlich, fehlerfrei und vergleichbar gegenüber der Vorjahresabrechnung erstellt und den Mietern übergeben werden. Das setzt aber vom Vermieter Ehrlichkeit, Fairness, soziale Verantwortung, Einhaltung der gesetzlichen Regelungen, Eindeutigkeit in der Formulierung, Wahrung des Grundsatzes der Wirtschaftlichkeit und gewollte Transparenz bei der jährlichen Abrechnung voraus. Wenn aber Geldgier und maximale Gewinnerwirtschaftung an erster Stelle stehen, dann kann zwangsläufig keine der genannten Eigenschaften und Merkmale annähernd erreicht werden. Die Folgen sind Nichtnachvollziehbarkeit der Abrechnung, Nichteinhaltung des Prinzips der Wirtschaftlichkeit, formale und inhaltliche Fehler in der Betriebskostenabrechnung, Intransparenz durch Bezeichnungsänderungen der Kostenarten, Erfindung neuer Kostenarten, nicht eindeutige Formulierungen sowie die ständige Veränderung der Reihenfolge der Kostenarten in der jährlichen Nebenkostenabrechnung.

Auffällig und fragwürdig ist bei der Berechnung der anteiligen Kosten pro Kostenart die Anwendung der sogenannten Abrechnungseinheit. Dabei beziffert die Abrechnungseinheit A die Summe der Wohnungsflächen und B die Wohnfläche des Wohnhauses.

Die Wohnflächenverordnung (WoFlV) und die DIN 277 stellen den rechtlichen Rahmen für die Flächenzuordnung dar und beantworten eindeutig, was zur Wohnfläche des Wohnhauses zählt:

RäumeArt der Flächenach DIN 277Art der Flächenach WoFIV
Wohnung lt. MietvertragNutzflächeWohnfläche
HausflurVerkehrsflächeWohnfläche
TreppenräumeVerkehrsflächeWohnfläche
KellerNutzflächekeine Wohnfl.
HauswirtschaftsräumeNutzflächekeine Wohnfl.
Balkon, TerrasseNutzfläche50 % Wohnfl.

In den Erläuterungen zu den Betriebskostenabrechnungen wird zwischen den Abrechnungseinheiten A und B unterschieden:

AbrechnungWohnfläche gesamtAbrechnungseinheit BWohnungsflächenAbrechnungseinheit A
20038497,56 m²7591,8 m²
2003–2014*8106,56 m²7200,8 m²
2014/20158106,56 m²7200,8 m²
2015/20168106,56 m²7200,8 m²
ab 2016/2017entfällt7200,8 m²

*Veränderung der Wohnungsflächen gesamt durch den Rückbau der leer stehenden Dreiraumwohnungen in Zweiraumwohnungen zu Gunsten der Verkehrsfläche.

Da sich normalerweise nur durch Aus- bzw. Zuzug die Summe der vermieteten Wohnfläche A verändern kann, spielt sie keine Rolle bei der Berechnung der mieteranteiligen Kosten pro Kostenart (KA):

Kostenanteil [€] = Gesamtkosten pro KA [€] multipliziert mit der Wohnungsfläche [m²] geteilt durch die Abrechnungseinheit [m²]

Um den Kostenanteil gewinnbringender zu gestalten, muss die Berechnung so angelegt sein, dass das Ergebnis ein Maximum ergibt und gleichzeitig rechnerisch nicht widerlegt werden kann. Eine der Möglichkeiten ist es, die Gesamtkosten zu erhöhen und den kleinsten Wert der Abrechnungseinheit einzusetzen.

Die Betriebskostenabrechnung 2015/2016 erklärt die Anwendung der Abrechnungseinheiten A oder B bei der Berechnung der anteiligen Kosten wie folgt:

4.2 Darstellung der Abrechnungseinheiten und Umlegungsgrößen (Auszug):


Bravo – jetzt ist klar, welche Abrechnungseinheit in die Berechnung eingeht, natürlich die, die rechnerisch den größten Kostenvorteil für den Vermieter ergibt.

In den jährlichen Betriebskostenabrechnungen wird auf diese grundsätzliche Unterscheidung von A oder B schon lange verzichtet. Die Umlegungsgrößen der beiden Abrechnungseinheiten (bei gleicher Bezeichnung: Wohnfläche) liegen für dieses Wohnhaus weit auseinander. Seit dem Abrechnungszeitraum 2014/2015 wird nicht mehr zwischen den Abrechnungseinheiten unterschieden. Bei der Berechnung der anteiligen Kosten wird nur noch die Abrechnungseinheit A als Umlegungsgröße eingesetzt.

Zielgerichtet und wirkungsvoll greift das Verhältnis der Wohnungsfläche lt. Mietvertrag zur Umlegungsgröße in die Berechnung ein, denn es stellt den Faktor für den Mieteranteil an den Gesamtkosten der Kostenart dar. Diese Methode beeinflusst direkt die Höhe der anteiligen Mieterkosten pro Kostenart.

Diese scheinbar kleine und unbedeutende Veränderung des Rechenansatzes hat aber für den Mieter große Auswirkungen bei der Berechnung seiner anteiligen Kosten pro Kostenart in der jährlichen Betriebskostenabrechnung.

Die folgende Tabelle stellt die Veränderung dar, wie die Abrechnungseinheit B aus der Betriebskostenabrechnung ohne Ankündigung, Information oder Erklärung in den dargestellten Abrechnungszeiträumen stillschweigend und schleichend bei gleichzeitiger Erhöhung der Anzahl der Kostenarten verschwindet.

AbrechnungAnzahl der KostenartenUmrechnungs­- einheit B
2004/20051515
2005/20061615
2006/20071514
2012/20131513
2014/201520-
2015/2016254*
2017/201823-

*zwei Kostenarten B (Wartung elektrische Türen) nach erfolgreichem Widerspruch gestrichen.

Jeder weiß, je größer der Zähler und je kleiner der Nenner eines Bruches ist, desto größer ist der Wert des Bruches. Für die Abrechnung gilt also: Gesamtkosten erhöhen und die Abrechnungseinheit mit der kleinsten Umlegungsgröße einsetzen. Wenn z. B. die Abrechnungseinheit A 12 % kleiner ist als B, dann erhöhen sich die anteiligen Kosten um den gleichen Prozentsatz pro Kostenart, und das nur durch diese veränderte
Rechenoperation.

Nur drei Beispiele für diese versteckte, aber beachtliche Einnahmequelle durch Abschaffung der Abrechnungseinheit B aus der Nebenkostenabrechnung 2016/2017 zeigen folgende Ergebnisse:


Wie und womit wird diese stillschweigende und vorsätzliche Auswechselung der Abrechnungseinheit B durch A bei den Betriebskostenabrechnungen begründet?

Vielfältiger und fragwürdiger sind die Bezeichnungsänderungen der Kostenarten, Erfindungen neuer Kostenarten in den jährlichen Betriebskostenabrechnungen. Es wird auch ernsthaft behauptet, dass die Begriffsveränderungen der Kostenarten keine sachlichen und abrechnungstechnischen Konsequenzen haben, es bleibt bei den bisherigen Abrechnungsinhalten. Warum dann dieses Wechseltheater?

Die folgende Zusammenstellung von Beispielen für die Kosten der Pflege, Wartung oder Vergütung für verschiedene Kostenarten in den dargestellten Abrechnungszeiträumen erschwert den Kostenvergleich erheblich und schließt die Nachvollziehbarkeit förmlich aus:

Kostenarten im MietvertragvereinbartKostenarten in den Nebenkostenabrechnungen
Kosten der BeleuchtungStromversorgung (ab 2014/2015)Wartung Hauslichtanlage (2014/2015)Wartung Notstromanlage (ab 2016/2017)
Wartung BrandschutzeinrichtungWartung Löscheinrichtung (ab 2014/2015)
Pflege AußenanlagePflege Außenanlage allgm. (2014/2015, 2015/2016)Außenanlage Rasenfläche (ab 2015/2016)Außenanlage Gehölzfläche (ab 2015/2016)
HauswartHauswart/Objektbetreuer (ab 2017/2018)
nicht vereinbartWartung elektrische Türen

Die Behauptung, dass verschiedene sachliche Begriffe für inhaltlich gleiche Sachverhalte verwendet werden können, ist falsch und irreführend. Diese Beispiele zeigen eindeutig den Versuch, nicht nachvollziehbare Abrechnungsinhalte zu umlagefähigen Kosten zu qualifizieren und neue Kostenarten salonfähig zu machen. Es ist der bemerkenswerte Versuch, nicht vereinbarte Kostenarten umlagefähig in die Betriebskostenabrechnung einzugliedern.

Interessant und eindrucksvoll ist auch auf jeden Fall die ständige Veränderung der Reihenfolgen der Kostenarten in den einzelnen Abrechnungszeiträumen.


Zur Erhöhung der Übersichtlichkeit ist nur eine Auswahl von Kostenarten grafisch vernetzt. Die in der Darstellung fehlenden Reihenfolgenummern sind alle besetzt.

Wie jeder erkennen kann, ist dieses Netz kein natürliches Spinnennetz und kann deshalb keiner in der Natur vorkommenden Spinnenart zugeschrieben werden. Vergleicht man die abgebildete Netzkonstruktion mit allen Spinnennetzformen, die das Internet zu bieten hat, dann erkennt man die nahe Verwandtschaft mit dem Super-Sozi-Spinnennetz. Die Spielregeln dieses Gesellschaftsspiels sind einfach. In einer stabilen stehenden Rahmenkonstruktion werden feste Stricke so gespannt, dass das geplante Netzwerk entsteht. Jeder Spieleteilnehmer muss versuchen, ohne Berührung der Bespannung durch ein Maschenloch das Netz zu durchsteigen. Jeder Kontakt mit dem Netz bedeutet das Aus für den Teilnehmer.

Die aktuelle Geschäftspraxis bei der Betriebskostenabrechnung bedient sich einiger Elemente dieses Spielemodells. Die vier Rahmenteile symbolisieren oben bzw. unten das Mietrecht bzw. die BetrKV, links bzw. rechts den Mietvertrag bzw. die Betriebskostenabrechnung. Das aktuelle Netz ist geknüpft aus den Verbindungssträngen gleicher Kostenarten in den verschiedenen Abrechnungszeiträumen. Der Netzbetreiber bestimmt die Größe und Form der Maschen durch die Reihenfolge der Kostenarten in den einzelnen Abrechnungen. Pflichtteilnehmer ist der widersprechende bzw. der Beschwerde führende Mieter. Passiert er das Netz erfolgreich, wird sein Anliegen bearbeitet. Löst das Ergebnis der Bearbeitung das Mieteranliegen nicht oder ist er raus, muss er sich entscheiden, entweder für eine Wiederholung oder zur Aufgabe seiner Bemühung.

Die Mieter des Miethochhauses „Wohnen in Geborgenheit“ haben ein Durchschnittsalter von über 83 Jahren. Ungefähr ein Drittel von ihnen ist auf eine Gehhilfe angewiesen. Verständlicherweise herrscht Teilnehmermangel bei diesem „Gesellschaftsspiel“ aus Alters- und gesundheitlichen Gründen. Diese Zielgruppe kann die körperlichen und mentalen hohen Anforderungen nicht erfüllen.

Praktisch ist dieses Reihenfolge-Wirrwarr mit den Kostenarten die gewollte Vergleichsbremse und wird wirkungsvoll in der Betriebskostenabrechnung eingesetzt. Man kann sich sicher lebhaft vorstellen, wie schwierig und aufwendig der Vergleich der Gesamtkosten und der anteiligen Kosten pro Kostenart zu den Abrechnungsergebnissen der Vorjahre ist. Erschwerend dabei wirken sich auch die Änderungen der Kostenartenbezeichnungen aus.

Diese immer wiederkehrende veränderte Reihenfolgedarstellung in den jährlichen Betriebskostenabrechnungen ist nichts anderes als eine wirksame und beabsichtigte Transparenzbarriere. Sie wird ernsthaft von der Vonovia-Regionalleitung Dresden wie folgt begründet:

 Die Reihenfolge der Kostenarten bei der Abrechnung ist nicht durch die BetrKV bindend vorgeschrieben.

 Mit der Erweiterung der Anzahl der Kostenarten oder ihrer Splittung wollen wir die Transparenz der Abrechnung für unsere Mieter erhöhen und sie nachvollziehbarer gestalten.

Das klingt zu schön, um wahr zu sein. Auch muss keiner glauben, dass die Anzahl der Kostenarten für ein mehrstöckiges Wohnhaus für alle Mieter gleich ist. Hausbewohnern, die mit ihrem Widerspruch gegen eine oder mehrere Kostenarten nach langem Hin und Her erfolgreich waren, wird diese umstrittene Kostenart aus der Nebenkostenabrechnung gestrichen oder die Höhe der anteiligen Kosten korrigiert. Gutschriften auf das Mieterkonto, die das Ergebnis langwieriger schriftlicher und mündlicher Auseinandersetzungen zur fehlerhaften Kostenartenabrechnung sind, werden nur dem Widersprechenden aus „Kulanz und ohne Anerkennung von Rechtspflichten“ mit fragwürdigen Entschuldigungen erstattet. Mieter, die der sachlichen und rechnerischen Richtigkeit der Betriebskostenabrechnung vertrauen und auf die soziale Verantwortung des Vermieters bauen, werden getäuscht, über den Tisch gezogen, sie zahlen treudeutsch weiter und weiter.

Drei weitere Regelungen der Betriebskostenverordnung müssen bei der jährlichen Kostenabrechnung eingehalten werden:

 Die Umsatzsteuer Dritter darf nicht angesetzt werden (§ 1, Abs. (1)).

 Kosten, die durch Abnutzung, Alterung und Witterungseinwirkungen usw. entstehen, gehören nicht zu den Betriebskosten (§ 1, Abs. (2), Ziffer 2.).

 Kostenarten, die nicht im Mietvertag aufgeführt und eindeutig bezeichnet sind, sind unzulässig.

Die Vonovia-Betriebskostenabrechnungen sind durch formelle und inhaltliche Fehler gekennzeichnet. Die Bearbeitungsergebnisse von Mieteranliegen zur Betriebskostenabrechnung sind teilweise unvollständig, oberflächlich, widersprüchlich und Entscheidungen unverständlich. Leider weisen sie auch fehlende Achtung und Respektlosigkeit aus.

Vonovia oder doch Ganovia?

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