Читать книгу Die Kraft, die aus der Liebe wächst! - Hermine Merkl - Страница 7

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Einleitung

Warum ein Buch über Liebe und Erziehung?

Meine Motivation, dieses Buch zu schreiben, war es nicht, einen Erziehungsratgeber zu schreiben, um zu sagen: „Liebe Eltern bzw. liebe Berufskollegen, macht es so oder so und Ihr habt später keine oder weniger Probleme mit den Kindern.“ Nein. Das wäre überzogen. Das erlaube ich mir nicht, weil mir bewusst ist, dass jeder von uns selbst erst in die ihm eigenen Werte von Erziehung hineinwachsen muss. Das ist mir vor allem sehr stark durch die Zusammenarbeit mit jungen Kollegen (Referendaren) bewusst geworden. In Summe wird jeder von uns (egal ob als Eltern, Erzieher oder Lehrer) so manches falsch, aber auch vieles richtig machen, um letztlich den Erziehungsstil mit genau den Variablen zu finden, der am besten zur eigenen Person passt.

Was mir mit diesem Buch am Herzen liegt, ist, mit Ihnen darüber zu reflektieren, warum es in leider sehr vielen Fällen den Anschein hat, dass Erziehung trotz so vieler Ratgeber scheinbar so wenig gelingt. Lassen Sie mich von daher mit Ihnen gemeinsam darüber nachdenken, warum sich so viele Kinder und Jugendliche ungeliebt, unverstanden, ungerecht behandelt und insofern auch als benachteiligt sehen. Und warum immer mehr Jugendliche und Pädagogen Burnout und Depression diagnostiziert bekommen bzw. man in den Gesprächen auch bei den Eltern sehr oft eine Art von Burnout feststellen kann.

Woher kommt das? Worin besteht die Wurzel allen Übels? Worauf lässt sich diese Überforderung zurückführen, die sich quer durch alle Bildungs- und Gesellschaftsschichten zieht? Warum leiden Kinder und junge Erwachsene heute bereits mit 14, 15, 16 Jahren an einer schweren Depression, die es ihnen nicht mehr möglich macht, mit Freunden in Kontakt zu sein, die Schule erfolgreich zu besuchen und aktiv am gesellschaftlichen Leben teilzunehmen. Manche von ihnen laufen sogar Gefahr, sich in Gedanken an Suizid oder diversen anderen Selbstzerstörungsmustern zu verlieren.

Für mich stellen sich hier immer Fragen über Fragen. Auf die eine oder andere möchte ich näher eingehen und erlaube es mir dabei, die verschiedensten Arten von Erziehung kritisch zu betrachten sowie sie auf ihre Sinnhaftigkeit hin zu prüfen.

Mit meinen Ausführungen möchte ich weder Eltern noch Lehrern irgendwelche Verhaltensweisen als ungerechtfertigt vorwerfen. Ich möchte sie vielmehr zum Nachdenken anregen. Die Beispiele sind – bis auf den Part, in dem ich Ihnen von mir erzähle – so gewählt, dass sie real sein könnten, doch sie lassen sich niemandem zuordnen. Das einzige Anliegen, das ich habe, ist, bestimmte Erziehungs- und Beziehungsmuster aufzuzeigen, sodass es möglich wird, den Fokus einmal ganz bewusst auf das zu richten, was im Bereich von Erziehung und Beziehung alles falsch laufen kann, wenn über einen längeren Zeitraum hinweg nach diesen Mustern erzogen wird.

Dieses exemplarische Vorgehen soll ausschließlich der Reflexion dienen und uns bewusstmachen, wie vielfältig und komplex unser soziales Miteinander ist, und welche Herausforderungen sich für uns alle daraus ergeben, damit wir lernen, stets respektvoll und wertschätzend miteinander umzugehen. Oder um es mit einem Kinderreim zu sagen: „Was du nicht willst, das man dir tut, das füge auch keinem anderen zu.“

Egal, ob es um die Er-ziehung oder um die Be-ziehung geht, meine Erfahrung hat mich gelehrt: Der Liebe im Wege zu stehen, heißt, dem Leben im Wege zu stehen. Heißt, sich nicht zu erlauben, dass die Wunder der Liebe ihren Weg in unser Herz und in unser Leben bahnen.

Was haben Liebe und Erziehung mit bildender Kunst zu tun?

Sehr gerne vergleiche ich die Aufgabe der Erziehung, vor die sich Eltern, Erzieher und Pädagogen gestellt sehen, mit der Arbeit eines Bildhauers. Wie er wissen auch sie als Erzieher zunächst nicht, wie sich das Kind „formen“/erziehen lässt und vor allem auch nicht, wie viel es an „Er-zieh-ung“ überhaupt benötigt, um ganz in seine Persönlichkeit hineinzuwachsen und sich nach und nach immer mehr in seiner schönsten Form/Gestalt zu entwickeln und zu entfalten. Um irgendwann ganz die Person/Skulptur sein zu können, die der schönste und facettenreichste Ausdruck ihrer Selbst ist. Oder um es anders zu sagen: um ganz die Person zu werden, die Gott, unser Schöpfer, gemeint hat. Für die er uns alles Potenzial gegeben hat, dessen wir bedürfen, um zu gegebener Zeit unsere Fähigkeiten voll und ganz zur Blüte zu bringen, um sie mit der Welt zu teilen.

Wie der Bildhauer haben auch wir als Erzieher und Pädagogen am Anfang nur das „Material“ (das Neugeborene/das Baby, das Kleinkind, den Schüler) oder um im Vergleich mit dem Bildhauer zu bleiben, den Stein, das Holz, den Ton etc.

Was sich daraus entwickeln wird? Wir wissen es noch nicht. Wir können es bestenfalls erahnen. Ob es unseren Wünschen und Erwartungen entsprechen wird? Inwiefern ist das erstrebenswert? Hat es unseren Vorstellungen zu entsprechen oder ist es nicht vielmehr in die Welt gekommen, um ganz die Person zu werden, die in ihm angelegt ist. Es wird seinen eigenen Charakter, seinen ganz ihm eigenen Wesenskern haben. Ganz so, wie wir auch bei einem Marmorblock oder einem Stück Holz mit bestimmten Ausmaßen nicht wissen können, ob es innerhalb des Materials bestimmte Adern/Verästelungen/Einschüsse anderer Materialien etc. gibt.

Wir können uns als Eltern bestenfalls fragen: Kommt es mehr nach dem Vater oder kommt es mehr nach der Mutter? Wird es gesund sein? Ist es ein Bub oder ein Mädchen? Was hätte ich denn gerne oder freue ich mich nicht einfach nur daran, dass es ein wunderbares Kind sein wird, das ich als Geschenk Gottes an uns als Eltern empfangen darf? Welche Farben werden die Augen haben? Welche Nase? Welche Haare? Wird es einmal eher groß oder eher klein sein? Und, und, und … – Dies alles wissen wir nicht.

Doch wir können uns mit Fragen darauf vorbereiten, so wie es auch der Künstler tut. Auch er betrachtet sein Material als Erstes nur ganz liebevoll und wertschätzend über mehrere Stunden, vielleicht sogar Wochen oder Tage. Macht sich vertraut mit dem Material, mit dem er arbeiten will. Nähert sich ihm immer und immer wieder an. Verbindet sich mit ihm. Stellt zwischen sich und dem „Rohling“ sozusagen eine geistige Verbindung, eine mentale Brücke her. Spricht vielleicht sogar mit ihm, weil er weiß, dass auch dieses Material, das sich noch so roh und stumpf anfühlen mag, dennoch bereits beseelt ist. Im Grunde seines Herzens weiß er bereits, dass die Skulptur, die er erschaffen mag, in seinem Werkstück bereits vorhanden ist und lebt, denn die Idee dazu ist ja schon da. Wäre dies nicht der Fall, hätte er sich unter Umständen für ein ganz anderes Material (andere Größe, andere Form, anderes Gewicht etc.) entschieden. Der Bildhauer weiß bereits – wenn vielleicht zunächst auch nur sehr schemenhaft –, was er aus diesem wunderbaren und einmaligen Material gestalten will.

Vor seinem geistigen Auge kann er das fertige Kunstwerk sehen. Kann es fühlen. Es erahnen. Es je nach Material vielleicht sogar riechen oder hören, wenn er zum Beispiel einen Klangkörper erschaffen will. In ihm lebt die Vision, die Vorstellung, die er sich von seinem Kunst-Objekt macht. Dabei ist er sich ganz und gar der Tatsache bewusst, dass ihn letztlich das Material mit all seinen Eigenschaften und Eigenheiten durch den Entstehungsprozess führen wird. Er ist sich dessen bewusst, dass er dem Objekt zwar eine Gestalt geben wird, dass es aber eine andere Quelle gibt, die dieses Kunstobjekt beseelen wird. Um die Statue sowohl im großen Ganzen wie auch mit jedem noch so kleinen Detail insgesamt zu erfassen und ihr gerecht zu werden, indem er ihr die schönste Ausdrucksform verleiht, verbindet er sich immer und immer wieder mit dem Schöpfer, der auch ihn, den Künstler, bei seinem Handwerk anleitet und führt.

Er wird sowohl sich als auch dem Objekt immer wieder Ruhezeiten gönnen, um es auf sich wirken zu lassen. Um es zu studieren. Um sich jedes Mal aufs Neue liebevoll mit ihm zu verbinden, damit er auch ja all die Feinheiten zu erfassen vermag, die herausgearbeitet werden wollen.

Immer und immer wieder wechselt er sogar das „Werkzeug“. War es anfangs vielleicht noch der grobe Schlägel oder eine sehr grobe Feile, mit der er die ersten Kanten und Ecken weggeschliffen hat, so arbeitet er nach und nach immer mehr mit feinen Instrumenten, um dem Werkstoff gerecht zu werden und um sein Kunstwerk nur ja nicht zu verletzen. Es ist ihm wichtig, nur ja nichts abzubrechen, um keine Wunden/Narben zu hinterlassen, die der späteren Schönheit seiner Skulptur nicht zuträglich wären.

Mit aller Liebe, ganz viel Sorgfalt und dem nötigen Respekt vor Material und Werkstück macht er sich ans Werk, um das Schönste hervorzubringen, was ihm gelingen kann. Im Entstehungsprozess selbst wächst er immer mehr mit seiner Skulptur zusammen und ist sich stets bewusst, dass er das Werkstück unter Umständen ruiniert, wenn er auch nur einen Fehler macht. Deswegen arbeitet er hoch konzentriert und zollt auch damit dem späteren Objekt seinen Respekt.

Er weiß, dass die Skulptur nicht einfach nur so nebenbei erschaffen werden kann, sondern dass sie all der Liebe und Hingabe bedarf, die er seinem Projekt zu geben vermag. Er sieht sich in der Verantwortung, sein Bestes zu geben, verzichtet während des Entstehungsprozesses freiwillig auf die Erfüllung eigener Bedürfnisse, sondern widmet sich ganz dem Werk, das er mit Liebe und Hingabe erschaffen will. Er weiß, dass ihm das Beste nur dann wirklich gelingt, wenn er diese Arbeit aus ganzem Herzen tut.

Ihm ist klar, dass es mehr die Aufgabe des Kopfes war, sich um die ganzen logistischen Vorbereitungsarbeiten wie Materialbeschaffung, Materialsichtung, Materialauswahl plus Standortbestimmung etc. zu bemühen. Jetzt, wo er nur noch am Objekt selbst arbeitet, weiß er, wie wichtig es ist, dass er seinem Herz-Projekt oberste Priorität einräumt, damit er mit ihm intensiv in Kontakt bleiben kann. Es hegt und pflegt. Er weiß, dass der Erfolg seines Projektes damit steht und fällt, mit wie viel Herzblut, mit wie viel Herz-Zentriertheit und Verbundenheit er an seine tägliche Arbeit geht. Je mehr er sich in sein Projekt verliebt, selbst dann, wenn es vielleicht auch einmal die eine oder andere Hürde zu nehmen gilt, fühlt er sich seinem Projekt nicht nur nah, sondern er „nährt“ es mit seiner Liebe. Auch dann, wenn es ihm hin und wieder einmal den Schweiß auf die Stirn treibt.

Er gibt nicht auf, an das Wahre, an das Gute, das Vortreffliche, das Schöne, das Einzigartige seines Kunstobjektes zu glauben. Er weiß, dass ihm sein Projekt am besten gelingt, wenn er es von Anfang an aus ganzem Herzen liebt, egal wie lange der Schaffensprozess dauern mag und wie viele persönliche Freiräume er diesbezüglich unter Umständen vorübergehend aufzugeben hat. Er weiß, dass er sein Werk bis zum Tage der „Enthüllung“ und sogar noch weit darüber hinaus lieben wird, weil er es mit so viel Aufmerksamkeit, Sorgfalt, Empathie, Hingabe und Liebe begleitet hat, und weil ihm dabei jeder einzelne Arbeitsschritt bewusst und wichtig war.

Mit der Erziehung von Kindern ist es sehr ähnlich. Erziehung kann nur dann als erfolgreich angesehen werden, wenn sie unter den gleichen wertschätzenden und liebevollen Bedingungen gelebt wird, wie es der Künstler mit seinem Kunstprojekt tut. Auch die Erziehung eines Kindes kann als ein Projekt angesehen werden, bedarf aber in jedem Fall der Zugabe von Liebe, damit sie recht gelingen kann, denn ohne eine grundständige Liebe zum Menschen und zum Kind an sich kann Erziehung nur bedingt gelingen. Dann werden zwar bestimmte Lebensbedingungen „ausgehandelt“, unter denen man ein Miteinander gestalten kann, doch wie glücklich und intensiv sich dieses zeigen wird, ist ungewiss. Egal ob es sich dabei um die Erziehung durch Eltern, Erzieher oder im späteren Alter der Kinder um Lehrer/Pädagogen handelt, die am Erziehungsprozess beteiligt sind.

Das Fundament sowie die Motivation der Erziehung sollte stets die LIEBE sein. Je intensiver, besser und schöner diese zwischen Erwachsenen und Kind fließt, umso schöner kann das Ergebnis für alle Beteiligten sein. Nur ein offenes, wertschätzendes und liebendes Herz vermag das Schönste aus dem Kind „herauszuformen“, was in ihm angelegt ist.

So wie beim Bildhauer kommt es auch in der Beziehung zwischen Eltern und Kind auf den Start in das Leben an. Bereits hier gilt, dass Kinder, die bewusst und mit Liebe gezeugt werden, bessere Startbedingungen haben als Kinder, deren Eltern viel zu wenig auf die Möglichkeit einer Empfängnis und Schwangerschaft vorbereitet sind. Werden Kinder zudem in Lebensumstände hineingeboren, die für Eltern wie Kind stressauslösend sind, wirkt sich auch dies auf die Erziehung aus und legt sich wie ein Schleier über die Beziehung zwischen Eltern und Kind.

Für eine gute Erziehung braucht es immer beide! Eltern und Kind. Damit das Kind als Fundament für Erziehung Vertrauen in sein Gegenüber gewinnen kann, muss der Grundstein für eine gelingende Beziehung die Liebe sein. Mit ihr steht und fällt im Grunde genommen alles. Sie ist es, die es dem Kind erst ermöglicht, sein Herz zu öffnen, Vertrauen ins Leben sowie Vertrauen in die Person des Erziehers zu haben.

Erziehung, Beziehung und Leben gelingen,

wenn wir auf die Kraft der Liebe vertrauen!

Die Natur bzw. Gott hat es schon sehr intelligent eingerichtet, dass der Geburt eines Kindes eine neunmonatige Schwangerschaft vorausgeht, denn so haben die künftigen Eltern Zeit, sich auf die Ankunft des Kindes vorzubereiten. Mit je mehr Liebe und Vorfreude sie hier gemeinsam sämtliche organisatorische Belange angehen, die an die Geburt des Kindes geknüpft sind, umso mehr zeigen sie auch hier dem Kind, wie sehr sich seine Eltern auf den kleinen Erdenbürger freuen. Egal, ob das die Wahl der Möbel, die Einrichtung des Kinderzimmers oder die Erstausstattung des Babys betrifft, ihre Liebe zum Detail, mit der sie das Ganze aussuchen, erreicht das Kind.

Wichtig ist außerdem, dass die Partner sich früh genug Gedanken über die Erziehung des Kindes machen, denn ist das Kind erst einmal da, kann im Falle eines Falles zwischen den Eltern nicht erst die Diskussion geführt werden, was jeder Einzelne von ihnen unter Erziehung versteht.

Umso wichtiger ist es, sich bereits in der Zeit der Vorbereitung auf das Kind dahingehend zu besprechen, was die gemeinsame Werte und Ziele als Familie sind. In aller Regel müssen sich hier erst beide Partner über ihre eigenen Wünsche und Erziehungsvorgaben bewusstwerden. Diese dann jeweils mit dem anderen besprechen, um letztlich gemeinsam zu einer guten Kompromisslösung zu finden. Was hier helfen kann, sind Fragen wie:

 Inwiefern wird das Kind mein eigenes Leben verändern?

 Wie steht es um meine Bedürfnisse im Hinblick auf das Kind und die Partnerschaft?

 Inwiefern wird es unser gemeinsames Leben verändern?

 Wie sehr bin ich/sind wir bereit dazu?

 Welcher Kompromiss ist für mich/für uns denkbar?

 Was können wir tun? Wo bedürfen wir der Hilfe anderer? (z. B. finanziell)

 Welche Vorstellung habe ich von den Aufgaben eines Vaters?

 Worin bestehen für mich die Aufgaben der Mutter?

 Was fand ich gut an der Art und Weise, wie ich selbst erzogen wurde? Was lehne ich ab?

 Wie möchte ich mein Kind erziehen?

 Was sind meine Werte? Was ist mir wichtig?

 Welche Wünsche und Vorstellungen haben wir von Familie?

 Was ist uns als Mann und Frau wichtig auch im Hinblick auf unsere Partnerschaft?

 Wo gibt es Überschneidungen? Wo Differenzen? Wie können wir diese lösen?

 Ab wann ist für uns eine Betreuung außer Haus wichtig?

 Was ist unsere Motivation, unser Kind schon relativ früh in die Hände anderer Betreuer (Kindertagesstätten, Tagesmutter o. Ä.) zu geben?

 Welche Alternative gibt es hierzu?

 Was ist für uns der beste Weg?

 Sind wir uns der Konsequenzen dieser Entscheidung bewusst?

 Wie können wir dennoch bestmöglich für unser Kind da sein?

 Was sind unsere Prioritäten? …

Je besser sich die werdenden Eltern mit der Beantwortung dieser und ähnlicher Fragen auf die neue Lebenssituation mit Kind vorbereiten, umso weniger Diskussion wird es im Nachhinein geben, da die meisten Verbindlichkeiten durch diese vorbereitenden Gespräche bereits thematisiert sind. Auch wenn es uns nicht bewusst ist, so öffnen bereits diese gemeinsamen Absprachen dem Kind Tür und Tor, damit es sich im Kreis der Familie wirklich angenommen und wohlfühlen kann. Von Gespräch zu Gespräch wird es quasi „begrüßt“ und im gemeinsamen Leben aller in Liebe willkommen geheißen.

Neben den ganzen organisatorischen Belangen und Gesprächen kann das Kind aber auch durch regelmäßige Rituale von beiden Eltern auf das Freudigste begrüßt werden. Egal ob mit einem Entspannungsbad für Mutter und Kind, einer schönen Bauch- oder Fußmassage, mit Streicheln oder anderen Zärtlichkeiten. Eltern dürfen davon ausgehen, dass diese ganzen herzöffnenden Gesten beim Kind genauso gut ankommen, wie Entspannungsmusik oder Worte, die dem Kind signalisieren, wie wichtig es ist. Worte wie: „Ich weiß, ich kann dich noch nicht wirklich sehen, aber ich kann dich fühlen, erahnen, spüren, wahrnehmen. Mit dir bereits von Herz zu Herz in Verbindung treten. Ich freue mich auf dich. Ich werde mein Bestes geben.“ …

Das für alle Beteiligten Glücklich-Machende ist, wenn sich beide Eltern aus freiem Willen für die Hingabe und Herzöffnung ihrem Kind gegenüber entscheiden.

Die Übernahme der Aufgaben der Erziehung bedeuten für die Eltern aber auch ein Bewusstwerden darüber, dass ihre Entscheidung für ein Kind auch entsprechende Konsequenzen und Verpflichtungen für sie selbst haben wird. Dessen sollte sich jeder bereits möglichst früh bewusst werden und sein Handeln danach ausrichten bzw. auch darüber ganz offen mit dem Partner sprechen. Es ist keinem von beiden gedient, wenn der eine im romantisierenden Idealismus von einer eigenen Familie träumt, während der andere für sich eher die Schwere der Verpflichtung auf seinen Schultern abgeladen fühlt. Bevor die Entscheidung für ein Kind fällt, sollten sich beide Partner bewusst darüber sein, dass ein Kind keine „Ware“ ist, mit der man für gewisse Zeit „spielt“. Dass man sie je nach Lust und Laune dann wieder beiseitelegt, weil einem die Erfüllung der eigenen Bedürfnisse wichtiger erscheint als sich für das Kind und die gemeinsame Familie verantwortlich zu fühlen.

Es muss beiden Partnern klar sein, dass die Entscheidung für ein Kind bedeutet, dass man für mindestens die nächsten 15 bis 18 Jahre die Verpflichtung eingegangen ist, sich um den jungen Erdenbürger zu kümmern und bestmöglich für ihn zu sorgen.

So gesehen liegt es auch in der Verantwortung der Eltern, sich regelmäßig und immer wieder aufs Neue in Liebe für das Kind zu entscheiden. Auch dann, wenn von Anfang an vielleicht nicht immer alles gleich so glatt und stressfrei läuft, wie man es sich vielleicht gedacht und erträumt hat.

Wie in jeder Beziehung wird es auch in der Erziehung eines jungen Menschen immer wieder einmal Konflikte geben. Das liegt einfach in der Natur der Sache. Lassen wir uns von einem solchen Sturm jedoch verunsichern und beginnen gar an uns selbst als Erzieher oder am Kind zu zweifeln, droht unser gemeinsames Schiff der Beziehung unterzugehen. Haben wir als Erwachsene jedoch unser Bestes gegeben, dürfen wir sehr wohl darauf vertrauen, dass selbst noch nach ein paar Tagen mit Sturm, Hagel und Gewitter der andere auf uns genauso liebevoll wieder zugehen wird, wie dies auch für uns wieder möglich ist, weil unsere Beziehung aus einem Fundament der Liebe besteht.

Ist der Ärger wieder verflogen und hat sich die überhitzte Luft (die Wut) geklärt, ist es dringend anzuraten, mit dem Kind in aller Ruhe ein Gespräch sowohl über die Angelegenheit selbst als auch über die Gefühle, die durch den Streit entstanden sind, zu führen, denn wie sollte ein Kind sonst jemals lernen, dass zum Leben sowohl die Liebe als auch hin und wieder einmal die Auseinandersetzung mit dem anderen dazugehört.

Wird die Situation für alle Beteiligten im positiven Sinne geklärt, haben sowohl das Kind als auch der Erwachsene die besten Chancen, um voneinander zu lernen. Sowohl was die Bedürfnisse und Wünsche des einen wie des anderen angeht, als auch darüber, wie man Konfliktgespräche führt und dabei dennoch respektvoll, wertschätzend, liebevoll und lösungsorientiert miteinander umzugehen vermag.

Findet zwischen Erziehern und zu Erziehendem ein solches Gespräch trotz Diskussion des Sachverhalts zudem auf gleicher Augenhöhe statt, fühlt sich das Kind wahrgenommen, gesehen und gehört. Zugleich vermittelt ihm die wertschätzende und liebevolle Gesprächsführung des anderen, dass die Sache selbst vielleicht einer Korrektur bedarf, dass die Person des Kindes aber weiterhin dennoch immer und jederzeit geliebt wird. Was das Kind damit lernt, ist, dass Erziehung zwar notwendig ist, weil sie einen bestimmten Rahmen innerhalb eines Miteinanders vorgibt, doch die Kinder spüren auch, dass die Liebe der Eltern/der Erzieher immer gewährleistet ist und somit frei von irgendwelchen Bedingungen ist.

Eltern wie Erzieher müssen sich zudem der Tatsache bewusst sein, dass es in der Entwicklung des Kindes verschiedene Phasen gibt, die ausschlaggebend dafür sind, dass die Beziehung zwischen dem Erwachsenen und dem Kind je nach Alter immer wieder einmal neue Formen annehmen muss.

Sehr viele Eltern sind heillos damit überfordert, dass sich ihre Beziehung zu Tochter oder Sohn ab dem 12./13. Lebensjahr graduell zu verändern beginnt. Wissen dann oft nicht mehr, worin diese Veränderung begründet liegt. Nehmen jede Andersartigkeit sowie jeden Wutanfall des Kindes nur allzu persönlich, weil sie Perfektionisten sind, die alles perfekt machen wollen. Doch wird hier die Rechnung ohne das Kind gemacht, das seinen eigenen Kopf und Willen hat, und diesen auch bis zu einem gewissen Grad ausleben muss, um sich selbst zu finden und in eine gesunde Abgrenzung zur Person des Erziehers zu gehen.

Was hier beide zu lernen haben, ist, dass ihre Liebe zueinander durch diverse Auseinandersetzungen zwar gerade einer Art von Prüfung unterzogen wird, dass jedoch beide die besten Voraussetzungen für ein weiterhin gelingendes Miteinander haben, wenn sie lernen ihre Beziehung und Liebe zueinander auf eine neue Basis zu stellen. Das soll nicht heißen, dass die ursprüngliche Liebe schwindet, sondern dass sie einfach nur einem ganz natürlichen Reifungsprozess vom Kind zum jungen Erwachsenen unterliegt. Dazu gehört auch, dass der Jugendliche das, was ist, immer wieder einmal kritisch in Frage stellt. Schließlich will er verschiedene Möglichkeiten des Handelns kennenlernen, um sich später eine eigene Meinung bilden zu können was die bessere Alternative ist. Letztendlich will er sowohl sein eigenes Verhalten als auch das des anderen mit allen Konsequenzen daraus kennenlernen, um später einmal selbstbestimmt durchs Leben gehen zu können und Verantwortung für sich und sein Leben übernehmen zu können.

War für die gesunde Entwicklung des Kindes nicht zuträglich ist, ist, wenn für die Eltern das Kind das alleinig verbindende Glied ist, das ihre Partnerschaft zusammenhält. Manche Kinder, die unter diesen Bedingungen aufwachsen, leiden sehr. Sie sehen sich mitunter häufig vielen Differenzen mit Mutter oder Vater gegenüber, die ihre persönliche Erwartungshaltung allzu sehr auf das Kind übertragen. Zum Problem wird hier, dass man in diesem Falle nicht mehr von liebevoller Hingabe an das Kind sprechen kann. Hier klingt unter Umständen oft ein ganz anderer Ton an im Sinne von: „Wie undankbar du doch bist. Ich habe dir so viel gegeben und du? Was machst du? Siehst du denn nicht, dass ich dich brauche, dass …“ – Erziehung und Beziehung können jedoch im Sinne von „Ich gebe dir und dafür erwarte ich mir von dir“ definitiv nicht gedeihen, sondern trennen das Band, das irgendwann einmal auf der Liebe zueinander begründet war.

Dass wir als Erwachsene wie als Kind je nach Lebensalter verschiedensten Herausforderungen ausgesetzt sind und diesbezüglich mitunter auch mit gravierenden Veränderungen sowohl in gesundheitlicher als auch sozialer Art zu rechnen haben, ist nur normal. Die Frage ist: Wie gehen wir damit um? Haben wir jemals gelernt, uns je nach Situation lösungsorientiert zu verhalten, oder reagieren wir vielmehr einer alten Gewohnheit gemäß noch immer nach den alten Mustern des deprimierten, verletzten, des wütenden, des orientierungslosen, mitunter sogar des ohnmächtigen Kindes, das wir einmal waren?

Das Leben bietet uns immer und immer wieder jede nur denkbare Gelegenheit dazu, nicht nur an Jahren, sondern auch im Hinblick auf unsere Lebenserfahrungen und entsprechenden Verhaltensweisen zu reifen. Unser Leben sieht für uns alle persönliche Entwicklung, Wachstum und individuelle Reifungsprozesse vor. Als soziale Wesen ist es uns in die Wiege gelegt, diese Entwicklungsschritte gemeinsam mit Familie, Freunden, Partner etc. zu gehen. Es liegt an uns, ob wir uns für diese gemeinsame Reise durch unser Leben füreinander als Team entscheiden, zueinander in Konkurrenzsituation gehen oder ganz allein leben. Egal, wie wir uns entscheiden, die Konsequenzen und die Verantwortung daraus hat jeder Einzelne selbst zu tragen. Gott sagte mir einmal, dass die einzige Frage, die er uns stellen wird, wenn wir unsere Lebenszeit auf der Erde beenden und wieder zu ihm nach Hause kommen, sein wird: „Wie sehr hast du geliebt?“

Die Kraft, die aus der Liebe wächst!

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