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Drittes Buch: Thalia

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Inhaltsverzeichnis

(Kambyses zieht gegen Aegypten, 525 v. Ch.)

1. Gegen diesen Amasis zog Kambyses, Cyrus Sohn, mit seinen Unterthanen, und namentlich mit den Hellenischen, Ioniern und Aeoliern, in den Krieg, aus folgender Ursache. Kambyses hatte einen Herold nach Aegypten geschickt, und den Amasis um seine Tochter gebeten, und zwar auf den Rath eines Aegyptiers, der Dieß that, weil er auf Amasis einen Groll hatte, daß er unter allen Aegyptischen Aerzten gerade ihn von Weib und Kind gerissen, und nach Persien ausgeliefert hätte, als Cyrus zu Amasis um einen Augenarzt schickte, den besten, der in Aegypten sey. Aus solchem Groll trieb nun der Aegyptier den Kambyses mit beständigem Zurathe dahin, daß er den Amasis um seine Tochter ersuchte; damit Derselbe, gäbe er sie her, gekränkt, gäbe er sie nicht her, dem Kambyses verfeindet würde. Amasis selbst, ärgerlich über die Macht der Perser, und bange davor, konnte sich nicht zum Hergeben und nicht zum Weigern entschließen, weil er wohl wußte, daß sie Kambyses nicht zu seiner Frau, sondern zum Kebsweib nehmen werde. In Folge dieser Erwägung machte er's also. Es war vom vorigen König Apries eine gar große und wohlgebildete Tochter, als die Letzte ihres Hauses, übrig, mit Namen Nitetis. Diese Jungfrau sandte Amasis, mit Kleidern und Gold ausgeschmückt, an den Perser, als seine Tochter. Doch als er sie nach einiger Zeit grüßte und bei des Vaters Namen nannte, sprach die Jungfrau zu ihm: "König, du bist, ohne es zu wissen, von Amasis betrogen, indem er mich, mit Schmuck ausgestattet, dir zusandte, und für eine Tochter von sich gab, da ich in Wahrheit von Apries bin, seinem ehemaligen Herrn, den er aber, in einer Empörung mit den Aegyptiern, ermordet hat." Eben dieß Wort, und dieser Vorfall, der die Ursache ward, trieb Kambyses, Cyrus Sohn, in großem Zorn gegen Aegypten. Das sagen die Perser.

2. Aber die Aegyptier rechnen den Kambyses zu sich, vermöge der Behauptung, er sey ein Sohn von eben dieser Tochter des Apries. Cyrus nämlich sey's, der zu Amasis um seine Tochter geschickt habe, und nicht Kambyses. Was sie aber da sagen, ist unwahr. Auch ist ihren mit nichten verborgen (da sie die Persischen Gebräuche so gut kennen als Einer), daß erstlich, nach dortigem Brauch, kein Bastard König wird, wo ein ächter Sohn da ist, und wiederum, daß Kambyses ein Sohn der Kassandane war, der Tochter des Pharnaspes, eines Achämeniden, und nicht von der Aegyptierin. Aber sie verdrehen die Geschichte, weil sie mit dem Hause des Cyrus verwandt seyn wollen. So verhält sich's hiemit.

3. Noch hört man auch eine Geschichte, die mir nicht glaublich ist. Es habe eine Persische Frau die Frauen des Cyrus besucht, und beim Anblick der wohlgebildeten und großen Kinder, neben der Kassandane in lautem Lob ihre große Bewunderung geäußert; worauf Kassandane, die Frau des Cyrus, sprach: "Und ich, die Mutter solcher Kinder, bin doch bei Cyrus ganz ungeehrt; aber die Aegyptierin, die er sich geholt hat, die hält er in Ehren." Wie sie aus Aerger über die Nitetis also sprach, habe Kambyses, der Aeltere ihrer Söhne, gesprochen: "So will ich denn auch, Mutter, wenn ich erst Mann bin, in Aegypten das Oberste zuunterst, und das Unterste zuoberst kehren." So habe er ungefähr, zehn Jahr alt, den Frauen zum Wunder gesprochen. Es sey ihm aber auch im Gedächtniß geblieben; und wie er zum Manne gereift und zum Königthum gelangt war, habe er wirklich den Feldzug gegen Aegypten angestellt.

4. Dann ereignete sich bei Gelegenheit dieses Kriegszuges auch noch folgender Fall. Unter den Hülfsvölkern des Amasis war ein geborner Halikarnassier, mit Namen Phanes, so gewandt im Rathe, als tapfer im Kriege. Dieser Phanes, welcher dem Amasis über Etwas gram war, entrann zu Schiff aus Aegypten, in der Absicht, mit Kambyses zu sprechen. Da er nun von nicht geringer Bedeutung unter den Hülfsvölkern war, auch die genaueste Kenntniß von Aegypten hatte, so setzte ihm Amasis nach, und es war ihm darum zu thun, ihn zu bekommen. Er setzte ihm also durch seinen vertrautesten Verschnittenen nach, den er auf einem Dreiruder hinter ihm herschickte. Dieser bekam ihn wirklich in Lycien, brachte ihn aber dennoch nicht nach Aegypten zurück, weil Phanes ihn überlistete, indem er seine Wächter trunken machte, und zu den Persern entwich. Eben wollte Kambyses zum Feldzug nach Aegypten aufbrechen, war aber noch wegen seines Zuges in Verlegenheit, wie er durch die wasserlose Wüste kommen solle, als Jener dazu kam, und ihm nicht nur alle Umstände des Amasis verrieth, sondern auch den Zug angab; da er ihm nämlich anbefahl, den König der Araber durch Gesandte zu ersuchen, daß er ihm sichern Durchzug verstatte.

5. Denn dort allein sind rechte Eingangspässe nach Aegypten. Von Phönizien an geht's nämlich bis zu den Gränzen der Stadt Kadytis, welche den sogenannten Palästinischen Syrern gehört; von Kadytis an, einer Stadt, die meines Dafürhaltens nicht viel kleiner, als Sardes ist, gehören die Häfen am Meer bis zur Stadt Jenysus dem Araber; von Jenysus an geht wieder das Syrische bis zum Serbonischen See, bei welchem sich das Kasische Gebirg an's Meer zieht; und vom Serbonischen See, worin, nach der Sage, Typho verborgen liegt, fängt schon Aegypten an. Zwischen der Stadt Jenysus und dem Kasischen Gebirg und dem Serbonischen See, eine nicht geringe Strecke, ja immerhin ein Weg von drei Tagen, ist es sehr wasserlos.

6. Nun will ich etwas bemerken, was Wenige von Denen, die nach Aegypten fahren, in Acht genommen haben. Es wird aus Hellas überall her, dazu auch aus Phönizien, alljährlich zweimal Geschirr mit Wein gefällt, nach Aegypten eingeführt; und doch bekommt man, daß ich, so sage, auch nicht ein vorräthiges Weingeschirr dort zu sehen. Wo kommt denn aber, wird man fragen, alles Das hin? Das will ich angeben. Jeder Amtsvogt muß alles Geschirr aus seiner Stadt zusammen bringen und nach Memphis liefert; in Memphis aber muß es mit Wasser angefüllt, und dann in eben jene wasserlose Wüste Syriens geschafft werden. So wird, was je von Geschirr nach Aegypten geht, sind dort ausgeleert wird, zum alten hin nach Syrien geschafft.

7. Dieser Eingang nach Aegypten ist auf die besagte Art mit Wasservorräthen von den Persern versehen worden, sobald Dieselben Aegypten eingenommen hatten. Da nun aber damals noch kein Wasser in Bereitschaft stand, so schickte Kambyses, unterrichtet von dem Fremden aus Halikarnaß, Gesandte an den Araber, und erhielt die nachgesuchte Sicherheit, wobei sie miteinander einen Vertrag eingingen.

8. Die Araber gehören zu Denen, die ihre Verträge am meisten heilig halten. Sie machen dieselben auf folgende Weise. Wollen Zwei einen Vertrag schließen, so macht ihnen ein Dritter, der zwischen den beiden Vertragenden steht, mit einem scharfen Stein einen Einschnitt in die Hand am Hauptfinger, nimmt alsdann aus dem Gewand eines Jeden eine Faser, und bestreicht mit ihrem Blute sieben Steine, die zwischen ihnen liegen, wobei er den Dionysus und die Urania anruft. Wenn Dieser Das vollzogen hat, so empfiehlt Der, welcher den Vertrag eingeht, reinen Freunden den Fremdling oder den Bürger, wo solcher mit einem Bürger eingegangen wird, wornach dann auch den Freunden selbst der Vertrag für heilig gilt. Den Dionysus halten sie für den einzigen Gott nebst der Urania, und scheeren ihr Haar, wie sie behaupten, nach derselben Schur, wie sie Dionysus hat, nämlich in einen Kranz an den Schläfen herum. Und den Dionysus nennen sie Orotal, die Urania Alilat.

9. Nachdem nun die Araber mit den Gesandten, die von Kambyses gekommen waren, den Vertrag eingegangen hatten, traf er folgende Anstalt. Er füllte Kamelschläuche mit Wasser, und belud damit alle seine lebendigen Kamele, die er dann so in die wasserlose Wüste trieb, und dort das Heer des Kambyses erwartete. Und das wäre die glaubwürdigere Sage; nun muß ich, aber auch die minder glaubwürdige, da sie einmal vorkommt, erzählen. Es ist ein großer Fluß in Arabien, mit Namen Korys, welcher sich in das sogenannte Erythräische Meer ergießt. Nun soll der König der Araber aus Rinderfellen und sonstigen Häuten eine Rinne zusammengenäht haben, die von eben diesem Fluß bis in die Wüste reichte, und durch dieselbe das Wasser geleitet, in der Wüste selbst aber große Behälter gegraben haben, um das Wasser aufzunehmen und zu erhalten, Das ist aber ein Weg von zwölf Tagen von dem Fluß in diese Wüste; und er roll es durch drei Rinnen an dreierlei Orte geleitet haben.

(Psammenit 525 v. Ch.)

10. An der sogenannten Pelusischen Mündung des Nil war Psammenitus, der Sohn des Amasis, gelagert, in Erwartung des Kambyses. Denn den Amasis traf Kambyses bei seinem Zuge wider Aegypten nicht mehr am Leben; sondern König Amasis starb nach einer Herrschaft von vierundvierzig Fahren, in denen ihm nie ein sonderliches Mißgeschick begegnet ist. Nach seinem Tode ward er einbalsamirt, und in der Gruft im Heiligthum bestattet, die er sich selbst erbaut hatte. Aber unter dem König der Aegyptier, Psammenitus, dem Sohne des Amasis, kam in Aegypten die ganz sonderbare Erscheinung vor, daß es im Aegyptischen Theben regnete, welches niemals, weder vordem, noch nachher bis auf mich beregnet worden ist, wie die Thebaner selbst sagen. Denn in Oberägypten regnet es überhaupt gar nicht; damals aber wurde Theben recht tropfenweis beregnet.

11. Nachdem die Perser die Wüste durchzogen hatten und den Aegyptiern nahe genug zum Treffen standen, stellten die Hülfsvölker der Aegyptier, Hellenen und Karier, aus Groll gegen Phanes, daß er ein fremdes Heer wider Aegypten führte, Folgendes ihm zu Leide an. Phanes hatte Söhne in Aegypten zurückgelassen. Diese führten sie in's Lager und ihrem Vater vor die Augen, stellten dann einen Mischkrug zwischen beide Lager, und darauf führten sie einen Knaben nach dem andern vor, und schlachteten ihn über dem Mischkrug. Als sie mit allen Knaben fertig waren, thaten sie Wein und Wasser hinein; und nun tranken alle Hülfsvölker von dem Blut; dann giengen sie in's Treffen. Und in einer hitzigen Schlacht, wo ihr Viele von beiden Kriegsbeeren fielen, wurden die Aegyptier geschlagen.

12. Dort sah ich auch ein großes Wunder, womit mich die Eingeborenen bekannt machten. Bei den Gebeinen nämlich, die von den in dieser Schlacht Gefallenen jederseits besonders aufgeschüttet sind (denn die Gebeine der Perser liegen besonders, wie sie von Anfang gesondert wurden, und auf der andern Seite die der Aegyptier), sind die Köpfe der Perser so schwach, daß Einer blos mit einem Steinchen werfen darf, so durchlöchert er sie, dagegen die der Aegyptier so stark, daß man sie kaum mit einem rechten Stein zerschlagen mag. Davon, sagten sie, sey die Ursache (was mir auch nicht schwer war, zu glauben), daß die Aegyptier gleich von Kindheit an ihre Köpfe bescheeren, da denn der Schädel an der Sonne fester wird. Eben Das ist auch Ursache, daß es keine Kahlköpfe gibt. Denn bei den Aegyptiern bekommt Einer unter allen Menschen die wenigsten Kahlköpfe zu sehen. Das ist also bei Diesen die Ursache, warum sie starke Köpfe haben, während bei den Persern, daß sie schwache Köpfe haben, darin seine Ursache hat, weil sie von Anfang durch die Bundhüte, welche sie tragen, sich weich halten. Daß aber diese Schädel so sind, habe ich gesehen, und habe auch in Papremis wieder solche gesehen von Denen, die mit Achämenes, Darius Sohn, durch Inaros, den Libyer, er schlagen worden sind. 88

13. Die erschlagenen Aegyptier flohen aus der Schlacht ohne alle Ordnung. Da sie nun nach Memphis hineingedrängt waren, sandte Kambyses den Fluß hinauf ein Mitylenisches Schiff mit einem Herold, einem Perser, der die Aegyptier zu einer Uebereinkunft aufrief. Als Diese das Schiff nach Memphis hereinkommen sahen, stürzten sie haufenweis aus den Mauern, und zerstörten das Schiff, und die Mannschaft zerfleischten sie in Stücken, und trugen sie so in ihre Mauer hinein. Hierauf wurden die Aegyptier belagert, bis sie hernach sich ergaben. Die angränzenden Libyer, aus Furcht vor dem Schicksal Aegyptens, übergaben sich selbst ohne Schwertstreich, setzten sich auch eine Abgabe an, und sandten Geschenke. Desgleichen die Cyrenäer und Barcäer machten es eben so, aus derselben Furcht wie die Libyer. Kambyses nahm die Geschenke von den Libyern freundlich an; hingegen mit den Cyrenischen war er unzufrieden, wie mir vorkommt, weil sie zu gering waren. Was nämlich die Cyrenäer schickten, waren fünfhundert Minen Silbers; diese nahm Kambyses in die Hand, und warf sie eigenhändig seinem Kriegsvolk aus.

14. Aber am zehenten Zage, nachdem Kambyses die Mauern von Memphis eingenommen hatte, ließ er den König der Aegyptier, Psammenitus, welcher sechs Monate König gewesen, zum Schimpf in die Vorstadt setzen, nebst andern Aegyptiern, und versuchte sein Gemüth folgendermaßen.

Er schickte die Tochter Desselben, gekleidet in Sclaventracht, hinaus nach Wasser, mit einem Wassereimer, und mit ihr noch andere Jungfrauen, die er von den ersten Männern auserlesen hatte, in gleicher Tracht, wie die Königstochter. Als nun die Jungfrauen mit Geschrei und Weinen an ihren Vätern vorbeikamen, schrieen alle Väter laut, und weinten mit, da sie ihre Kinder in solchem Zustande erblickten; Psammenitus aber schaute hin, sah es wohl, und schlug den Blick zur Erde. Und als die Wasserträgerinnen vorübergegangen waren, schickte er zum zweiten seinen Sohn hinaus, mit zweitausend andern Aegyptiern, desselben Alters, alle mit Stricken um den Hals und mit Zäumen im Munde. Diese wurden hinausgeführt zur Buße für die Mitylenäer, welche zu Memphis mit ihrem Schiff umgekommen waren. Denn so hatten die königlichen Richter gerichtet, daß für jeden Mann gehen von den ersten Aegyptiern umkommen müßten. Psammenitus aber sah sie vorübergehen, sah auch wohl seinen Sohn zum Tode führen; und während alle die um ihn sitzenden Aegyptier weinten und sich's arg zu Herzen nahmen, machte er's eben so, wie bei seiner Tochter. Und als auch Diese vorübergegangen waren, traf sich's, daß Einer von seinen Tischfreunden, ein ältlicher Mann, der um das Seine gekommen, und nur etwas mehr als ein Bettler war, indem er die Soldaten um Almosen bat, an Psammenitus, dem Sohne des Amasis, und jenen Aegyptiern vorbeikam, die in der Vorstadt saßen. Wie Psammenitus Den sah, weinte er heftig, rief den Freund bei Namen, und schlug sein Haupt.

Nun hatte er aber seine Wächter, die sein ganzes Benehmen bei jedem Schritt dem Kambyses anzeigten. Kambyses wunderte sich, über dieses Benehmen, sandte einen Boten an ihn, und ließ ihn fragen: "Kambyses, der Gebieter, fragt Dich, Psammenitus, warum Du deine Tochter in so traurigem Zustand, und deinen Sohn auf dem Weg zum Tode gesehen hat, ohne Schrei und ohne Weinen; den Bettler aber, der Dir doch - wie er sich sagen ließ - gar nicht angehört, so hochgeachtet hast?" Das war seine Frage; und darauf antwortete Jener: "Sohn des Cyrus, mein häusliches Unglück war zu groß zum Weinen; aber das Elend eines Freundes war thränenwerth, der um all seinen Wohlstand, und an den Bettelstab gekommen ist an der Schwelle des Alters." Da ihm Dieß also hinterbracht wurde, dünkte es ihm wohlgesprochen. Und wie man von den Aegyptiern hört, so weinte Krösus, der auch dem Kambyses nach Aegypten gefolgt war, so weinten auch die anwesenden Perser; und Kambyses selbst wandelte Mitleiden an, so daß er gleich befahl, seinen Sohn unter Denen, die umkommen mußten, zu retten, und ihn selber aus der Vorstadt zu ihm herzuholen.

15. Den Sohn fanden jedoch die nachgeschickten Leute nicht mehr am Leben: er war zuerst hingerichtet. Aber den Psammenitus selber holten sie herbei zu Kambyses, wo er fortan lebte und Nichts zu klagen hatte. Und hätte er's nur verstanden, ruhig zu bleiben, er würde Aegypten zur Verwaltung erhalten haben. So pflegen die Perser wirklich die Söhne der Könige in Ehren zu halten: und auch, wenn Diese von ihnen abgefallen sind, geben sie doch ihren Söhnen die Herrschaft wieder. Und Das läßt sich aus Vielem abnehmen, daß sie Dieses im Brauch haben, namentlich aber daraus, daß der Sohn des Libyers Inaros, Tannyros, 89 die Herrschaft wieder bekam, die sein Vater hatte, und so auch der Sohn des Amyrtäus, Pausiris, 90 seine väterliche Herrschaft wieder bekam; unerachtet Niemand mehr Böses an den Persern gethan hat, als Inaros und Amyrtäus. So aber, da Psammenitus höre Anschläge machte, bekam er seinen Lohn, indem er über Aufwieglung der Aegyptier ergriffen wurde. Wie nämlich Dieses von ihm bekannt wurde, mußte er, auf Kambyses Befehl, Stierblut trinken, und starb gleich. So endigte Dieser.

16. Kambyses aber ging von Memphis nach der Stadt Sais, um Das zu thun, was er dort wirklich that. So wie er nämlich in den Pallast des Amasis kam, gebot er sogleich, den Leichnam des Amasis aus seinem Grab herauszuschaffen; und als man Dieß vollzogen hatte, gebot er, ihn zu geißeln, die Haare ihm auszuraufen, ihu zu stacheln, und sonst alle mögliche Schmach ihm anzuthun. Wie man auch Dieß that, aber mit vieler Mühe, weil der Todte , da er einbalsamirt war, widerstand, und nicht zerfiel, gebot Kambyses, ihn zu verbrennen, was ein sündlicher Befehl war. Denn die Perser halten das Feuer für einen Gott. Ueberhaupt das Verbrennen der Todten ist bei Beiden durchaus nicht Brauch: bei den Persern nämlich zufolge des Besagten, weil man einem Gott den Leichnam eines Menschen nicht übergeben dürfe; und bei den Aegyptiern gilt das Feuer für ein lebendiges Thier: Dasselbe verzehre Alles, was es bekomme; und wenn Dasselbe voll sey von seinem Fraße, sterbe es mit sammt dem Verzehrten. Nun ist es aber bei ihnen keineswegs Brauch, den Todten einem Thiere zu geben, weßwegen sie ihn auch einbalsamiren, damit er nicht im Grab von Würmern gefressen werde, So war es also Beiden wider ihren Brauch, was Kambyses befahl. Wie indessen die Aegyptier sagen, so geschah Dieses nicht mit Amasis, sondern mit einem andern Aegyptier, der von gleichem Alter war, wie Amasis, welchem die Perser Schmach anthaten, in der Meinung, sie dem Amasis anzuthun. Sie sagen nämlich, Amasis habe durch Weissagung erfahren, was über ihn nach seinem Tod ergehen solle, und sodann, zur Verhütung Dessen, einen Menschen, der damals starb, eben Jenen, der gegeißelt wurde, in seiner Gruft vorn an der Thüre begraben, dagegen seinem Sohn befohlen, ihn selbst ganz hinten in den Winkel der Gruft zu legen. Jedoch mit diesem Befehl des Amasis, sein Begräbniß und jenen Menschen ans anlangend, glaube ich, daß es nicht wirklich so herging, sondern daß es die Aegyptier anders ausmalen.

17. Nach Diesem nahm sich Kambyses dreierlei Feldzüge vor: gegen die Karchedonier (Karthager), gegen die Ammonier, und gegen die langlebenden Aethiopier, welche Libyen nach dem südlichen Meer zu bewohnen; und zwar beschloß er, gegen die Karchedonier sein Schiffsheer auszusenden, gegen die Ammonier einen Theil vom Fußvolk, gegen die Aethiopier aber vorerst Ausspäher, einmal, um nach dem angeblichen, Sonnentisch der Aethiopier zu sehen, ob wirklich ein solcher dort sey, und dann überhaupt, um Alles auszuspähen; jedoch dem Vorwand nach, um dem Könige derselben Geschenke zu bringen.

18. Mit dem Sonnentisch soll es nämlich diese Bewandtniß haben. Es ist eine Wiese in der Vorstadt, voll gekochten Fleisches von allen vierfüßigen Thieren. Dort soll bei Nacht das Fleisch von den jedesmaligen Stadtbeamten ordentlich hingelegt werden, und bei Tag, Wer will, herkommen und speisen; die Eingebornen aber sollen behaupten, die Erde selber lasse Das immer wieder hervorkommen. Diese Bewandtniß soll es mit dem sogenannten Sonnentisch haben.

19. Da nun Kambyses beschlossen hatte, die Späher auszuschicken, ließ er sogleich aus der Stadt Elephantine von den Ichthyophagen (Fischessern) Diejenigen holen, welche die Aethiopische Sprache verstanden; und während man nach Diesen ging, gab er dem Schiffheer den Befehl, gegen Karchedon zu schiffen. Aber die Phönizier erklärten, sie thun Das nicht, da sie durch theure Eide gebunden seyen, und auch nicht recht thun würden, gegen ihre eigenen Kinder in Krieg zu ziehen. Da nun die Phönizier nicht wollten, so waren die Uebrigen nicht kampffähig. So entkamen die Karchedonier der Knechtschaft der Perser. Denn Gewalt erlaubte sich Kambyses gegen die Phönizier nicht, weil sie freiwillig den Persern sich ergeben hatten, und die ganze Seemacht von den Phöniziern abhing. Auch die Cyprier waren mit freiwilliger Uebergabe an die Perser gegen Aegypten gezogen.

20. Als die Fischesser aus Elephantine ankamen, sandte sie Kambyses zu den Aethiopier mit dem Befehl, was sie sagen sollten, und mit Geschenken: einem Purpurgewand, einer goldenen Halskette, Armbändern, einem Salbenbüchschen, und einem Faß Palmwein. Diese Aethiopier, zu welchen Kambyses sandte, seyen, sagt man, die größten und schönsten unter allen Menschen, und sollen in ihren Bräuchen überhaupt von den andern Menschen ganz verschieden seyn, namentlich aber in dem mit ihren Königen. Wen sie nämlich im Volk für den Größten und auch nach Maß der Größe für stark erachten, Dem erkennen sie das Königthum zu.

21. Wie also zu diesen Leuten die Fischesser kamen, übergaben sie die Geschenke dem König Derselben und sagten: "Kambyses, der König der Perser, in der Absicht, dein Freund und Gastverwandter zu werden, hat uns abgesandt, und will, daß wir mit dir reden; auch gibt er dir diese Geschenke, deren er selbst sich am meisten mit Vergnügen bedient." Der Aethiopier aber, welcher merkte, sie kämen als Späher, sprach zu ihnen: "Nein, der Perserkönig hat euch mit den Geschenken nicht gesandt, weil er meine Gastfreundschaft so hoch anschlägt: und ihr redet die Wahrheit nicht: denn ihr kommt als Ausspäher in mein Reich. Auch ist er kein rechtschaffener Mann. Denn wäre er rechtschaffen, so hätte er nicht nach anderem Lande, als dem seinigen, sich gelüsten lassen, und nicht Menschen in Knechtschaft gebracht, die ihn mit Nichts beleidigt. Nun aber gebt ihm diesen Bogen, und sprecht dazu: "Der König der Aethiopier räth dem Perserkönig, wenn einmal die Perser so leicht die Bogen von solcher Größe spannen, also dann gegen die langlebenden Aethiopier mit Ueberzahl in's Feld zu ziehen; bis dahin aber den Göttern Dank zu wissen, daß sie den Kindern der Aethiopier nicht in den Sinn geben, fremdes Land zu ihrem hin zu erobern."

22. Nach diesen Worten ließ er den Bogen los, und übergab ihn den Boten. Dann nahm er das Purpurgewand und fragte, was Das sey, und wie gemacht; und als ihm die Fischesser die Wahrheit vom Purpur und von der Färbung angaben, sagte er, trüglich seyen die Menschen, trüglich auch ihre Kleider. Zum Zweiten fragte er über die goldene Halskette und die Armbänder; und als ihm die Fischesser ihren Gebrauch zum Schmuck erklärten, sprach er mit Lachen, da er sie für Fesseln ansah: "Wir haben stärkere Fesseln, als Diese." Zum Dritten fragte er über das Salböhl. Und als sie von der Bereitung und Salbung redeten, sprach er dasselbe Wort, wie über das Gewand. Da er nun an den Wein kam, und sich seine Zubereitung sagen ließ, da that er, von Wohlgefallen an dem Trank, die Frage, was denn des Königes Speise sey, und wie lange zum Höchsten ein Perser lebe? Sie sagten, "seine Speise sey Brot," mit Erklärung der Natur des Waizens, und achtzig Jahre seyen zum Höchsten das volle Maß für ein Menschenleben. Darauf versicherte der Aethiopier, ihn wundre es nicht, wenn sie, da sie Koth speisen, wenig Jahre leben; ja sie würden nicht einmal so lang leben können, wenn sie nicht an dem Trank sich erholten, wobei er den Fischessern auf den Wein deutete; denn in dem Stück seyen sie schwächer, als die Perser.

23. Als darauf die Fischesser den König auch seinerseits über Leben und Lebensweise befragten, hieß es, auf hundert und zwanzig Jahre brächten es die Meisten von Ihnen, Einige aber auch drüber; und ihre Speise sey gekochtes Fleisch, ihr Trank Milch. Auf die Verwunderung der Späher über jene Zahl von Jahren soll er zu einer Quelle sie geführt haben, von deren Bade sie einen neuen Glanz bekamen, als wenn's Oehl wäre; und davon gehe ein Duft aus, wie von Veilchen. Das Wasser dieser Quelle sey auch so schwach, sagten die Späher, daß da Nichts oben auf schwimmen könne, nicht Holz, noch sonst auch, was leichter ist, als Holz; sondern Das sinke alles zu Grunde. Wenn nun das Wasser wirklich so ist, wie man sagt, so kommt es wohl davon her, indem sie sich desselben durchwegs bedienen, daß sie so langlebende Leute sind. - Von der Quelle weg seyen sie auch in das dortige Gefängnißhaus geführt worden, wo die Ketten eines jeden Gefangenen von Gold seyen. Das Erz ist bei diesen Aethiopiern am allerseltensten und allertheuersten. Nach Beschanung des Gefängnisses beschauten sie auch den sogenannten Sonnentisch.

24. Hierauf beschauten sie zulegt ihre Begräbnisse, die aus Krystall 91 folgendermaßen verfertigt werden, sollen. Wenn sie den Leichnam ausgetrocknet haben, übergypsen sie ihn durchaus, malen ihn alsdann schön an, und geben ihm so viel möglich das alte Aussehen. Darauf stellen sie ihn in eine hohle Säule hinein, die von Krystall gemacht ist, der bei ihnen von bester Art in Menge gegraben wird. Der Leichnam ist nun rundum durch die Säule sichtbar, ohne einen unangenehmen Geruch zu verursachen, noch sonst irgend etwas Mißfälliges, und zeigt die ganze Gestalt des Todten. Diese Säule haben ein Jahr lang die nächsten Angehörigen in ihrem Hause, wo sie ihm die Erstlinge von Allem geben, und Opfer darbringen. Nach Diesem tragen sie ihn hinaus, und stellen ihn vor der Stadt auf.

25. Nach Beschauung alles Dessen kehrten die Späher wieder um. Und wie sie Solches berichteten, gerieth Kambyses in Zorn, und zog gegen die Aethiopier zu Felde, ohne daß er eine Rüstung mit Speisevorrath anbefohlen, oder bei sich überlegt hatte, das sein Feldzug an die Enden der Erde gehen solle; sondern zog rasend, wie er war, und nicht recht bei Verstande, gleich nach Anhörung der Fischesser mit seinem ganzen Landheer aus. Nur die Hellenen, welche da waren, wies er an, dort zu bleiben. Als er nun auf seinem Zuge nach Theben kam, sonderte er von dem Heere fünfzigtausend Mann aus, und gab Diesen auf, die Ammonier zu Sclaven zu machen, und dann das Orakel des Zeug zu verbrennen; er selbst aber mit dem übrigen Heere zog wider die Aethiopier. Ehe nun der Heereszug den fünften Theil des Weges gemacht hatte, war ihnen schon Alles, was sie an Speisevorrath hatten, ausgegangen, und nach dem Vorrath ging ihnen auch das Zugvieh aus, das sie verzehrtet. Hätte nun Kambyses Dieses eingesehen, und sich eines Andern besonnen, und sein Heer wieder zurückgeführt, so wäre er nach dem einmal gemachten Fehler ein kluger Mann gewesen; so aber nahm er keine Rücksicht, und ging immer vorwärts. Die Soldaten fristeten erst, so lang sie noch etwas in der Erde fanden, ihr Leben mit Grasessen; als sie aber in den Erde kamen, da begingen ihrer Etliche die arge That, daß sie aus zehen Mann einen Kameraden ausloseten und ihn aufaßen. Wie Das Kambyses erfuhr, ward ihm bang vor dem Aufessen untereinander: und so ließ er die Unternehmung gegen Aethiopien fahren, und begab sich auf den Rückweg, da er denn, nach großem Verlust an seinem Heere, wieder in Theben ankam. Von Theben ging er nach Memphis hinunter, wo er die Hellenen zur Heimfahrt entließ. Dieses Schicksal hatte die Unternehmung gegen die Aethiopier.

26. Von den Aandern aber, welche gegen die Ammonier in's Feld geschickt wurden, ist so viel offenkundig, daß sie von Theben, von wo sie mit Führern auszogen, bis nach der Stadt Oasis gekommen sind, welche von Samiert, wie man sagt, aus dem Aeschrionischen Stamme bewohnt ist. Diese sind von Theben durch eine Sandstrecke, sieben Tags reisen lang, getrennt, und der Name ihrer Landschaft ist, nach unserer Sprache, Eiland der Seligen. Bis zu dieser Landschaft also, sagt man, ist das Heer gekommen; aber des Weitern vermag (die Ammonier allein ausgenommen, oder Wer es von Dieses gehört) kein Mensch Etwas von ihnen zu sagen. Denn zu den Ammoniern kamen sie nicht, und kehrten auch nicht wieder heim. Von den Ammoniern selbst aber hört man, daß Jenen auf dem Zuge wider sie von Oasis durch den Sand, und so ziemlich in der Mitte zwischen ihnen und Oasis, plötzlich, während sie das Frühmahl nahmen, ein unmäßig starker Wind aus Süden entgegengeblasen, und mit ganzen Haufen Sandes sie verschüttet habe: und daß auf diese Art sie verschwunden seyen. So, sagen die Ammonier, sey es mit diesem Heere gegangen.

27. Als aber Kambyses in Memphis angekommen war, erschien den Aegyptiern der Apis, den die Hellenen Epaphos nennen. Bei dessen Erscheinung trugen die Aegyptier sogleich ihre schönsten Kleider, und überall waren Festlichkeiten. Wie nun Kambyses die Aegyptier Das thun sah, traute er ihnen Nichts anderes zu, als daß sie wegen seines Unglücks diese Lustbarkeiten anstellten, berief die Vögte von Memphis, und richtete, wie sie vor ihn kamen, die Frage au sie, warum denn früher bei seinem Aufenthalt in Memphis die Aegyptier Nichts der Art gethan, sondern gerade jetzt, da er nach einem Verlust an seinem Heere bei ihnen sey? Sie erklärten, ihr Gott sey erschienen, der nur immer wieder nach langer Zeit zu erscheinen pflege; und wenn er einmal erscheine, dann feiern alle Aegyptier ein Freudenfest. Darauf erklärte Kambyses, sie lügen: und als Lügner strafte er sie mit dem Tode.

28. Nachdem er Diese umgebracht hatte, rief er zum zweiten die Priester vor sich; und da auch die Priester ein Gleiches antworteten, sagte er, Das solle ihm nicht verborgen bleiben, ob ein zahmer Gott zu den Aegyptiern gekommen sey. Und nach dieser Rede hieß er die Priester den Apis herbeiholen, die ihn zu holen gingen. Dieser Apis nun, oder Epaphos, ist ein Kalb von einer Kuh, die nicht mehr in den Fall kommen kann, noch eine Leibesfrucht zu bekommen. Und die Aegrptier sagen, ein Strahl vom Himmel komme auf die Kuh, und davon gebäre sie den Apis. Es hat aber dieses Kalb, der sogenannte Apis, folgende Abzeichen: schwarz im Ganzen, trägt er auf der Stirn ein weißes Viereck, 92 auf dem Rücken das Abbild eines Adlers, am Schweif zweierlei Haare, und auf der Zunge 93 einen Käfer.

29. Wie nun die Priester den Apis brachten, zog Kambyses, halbtoll, wie er war, sein Messer, in der Absicht, den Apis in den Bauch zu stoßen, und traf ihn am Schenkel. Darauf lachte er, und sprach zu den Priestern: "O ihr Elenden, das sollen also Götter seyn, die Fleisch und Blut haben und das Eisen spüren? Ja, solch ein Gott ist der Aegyptier würdig. Aber doch soll es euch nicht wohl bekommen, daß ihr mich zum Gelächter habt!" Nach diesen Worten befahl er Deren, die solches Amt haben, die Priester durchzugeißeln, und jeden Aegyptier, den sie über der Festfeier beträfen, zu tödten. Das Fest der Aegyptier mußte aufgehoben werden, die Priester mußten büßen, und der Apis starb von dem Stich in den Schenkel, auf den Boden des Tempels hingestreckt. Sofort nach seinem Tod an dieser Wunde begruben ihn die Priester hinter dem Rüden des Kambyses.

30. Kambyses aber ward, wie die Aegyptier sagen, wes gen dieses Frevels alsobald rasend, da er schon vorher nicht recht bei Verstande war. Und die erste seiner Uebelthaten verübte er an seinem Bruder Smerdis, einem leiblichen Bruder von Vater und Mutter, welchen er von Aegypten nach Persien aus Neid zurückgeschickt hatte, weil er allein unter den Persern jenen Bogen um zwei Finger breit gespannt, den die Fischesser vom Aethiopier mitbekommen, was keiner von den übrigen Persern im Stande war. Als nun Smerdis nach Persien abgegangen war, sah Kambyses im Schlafe folgendes Gesicht. Es kam ihm vor, ein Bote komme aus Persien mit der Botschaft, daß Smerdis, auf dem königlichen Throne sitzend, mit dem Haupt an den Himmel rage. Auf Das hin schickte er aus Angst, selber von seinem Bruder um der Herrschaft willen getödtet zu werden, seinen vertrautesten Perser, den Prexaspes, nach Persien, daß er ihn tödte. Der ging hinauf nach Susa, und tödtete den Smerdis, nach Einigen, draußen auf der Jagd; Andere sagen, daß er ihn an's Erythräische Meer geführt, und dort in den Fluthen ersäuft habe.

31. Das also ist das Erste, womit man sagt, daß die Uebelthaten des Kambyses begonnen. Zum zweiten brachte er auch seine Schwester um, die ihm nach Aegypten gefolgt war, mit welcher er zusammen lebte, und welche auch seine rechte Schwester von beiden Aeltern war. Geheirathet hatte er sie auf folgendem Wege, da zuvor die Perser keineswegs im Brauch hatten, mit ihren Schwestern zusammen zu leben. Kambyses war in eine seiner Schwestern verliebt: und wie er nachgerade sie heirathen wollte, da er etwas Ungebräuchliches zu thun gedachte, berief er die königlichen Richter, und fragte sie, ob es ein Gesetz gebe, daß, Wer wolle, mit seiner Schwester zusammenleben solle? Die königlichen Richter sind immer aus den Persern dazu erlesen bis an ihren Tod, oder doch so lange, bis etwas ungerechtes an ihnen erfunden werden sollte. Diese sprechen dann den Persern Recht, und sind Ausleger ihrer väterlichen Satzungen, und Alles wird bei ihnen angebracht. Die Frage des Kambyses beantworteten sie nun so, daß es recht und doch auch unverfänglich war, mit der Erklärung: sie fänden kein Gesetz, das den Bruder mit der Schwester zusammenleben beiße; indessen fände sich ein anderes Gesetz, dem König der Perser stehe frei, zu thun, was er wolle. So lösten sie das Gesetz nicht auf, aus Furcht vor Kambyses; um aber auch nicht selbst über der Verwahrung des Gesetzes unterzugehen, machten sie ein anderes Gesetz ausfindig zu Gunsten der Heirathsabsichten auf Schwestern. Da heirathete Kambyses die Geliebte; indessen nicht lange Zeit nachher nahm er eine andere Schwester. Und von Diesen die Jüngere, die ihm nach Aegypten gefolgt, hat er umgebracht.

32. Ueber ihren Tod aber geht, wie bei Smerdis, eine doppelte Sage. Die Griechen sagen, Kambyses habe ein Löwenjunges mit einem jungen Hund kämpfen lassen, wobei auch diese Frau zugesehen. Wie nun der junge Hund unters Tag, habe sich, sein Bruder, auch ein junger Hund, losgerissen, und sey ihm beigesprungen, und so, da sie nun ihrer Zwei waren, seyen die jungen Hunde des Löwenjungen Meister geworden. Dabei habe Kambyses mit Vergnügen zugeschaut, sie aber an seiner Seite geweint. Kambyses, wie er's bemerkte, habe sie gefragt, warum sie weine; und nun habe sie geantwortet, über den Anblick des Hundes, der für seinen Bruder gekämpft, weine sie, weil sie dabei habe an Smerdis denken, und sich sagen müssen, für Diesen stehe kein Kämpfer mehr auf. Wegen dieses Wortes, behaupten die Hellenen, habe sie Kambyses sterben lassen, die Aegyptier aber, es hätte die Frau bei Tische einen Lattich genommen, ganz entblättert, und dann die Frage an ihren Mann gerichtet, ob wohl der entblätterte Lattich schöner sey, oder der volle? Worauf er versichert, der volle, und sie erwiedert habe: "Aber Du hast doch das Gleichniß dieses Lattichs gemacht, da Du des Cyrus Haus entblättert." Er habe nun wüthend mit den Füßen sie gestoßen, die schwanger war, und darauf sey sie an unzeitiger Geburt gestorben.

33. Das sind die Ausbrüche von Kambyses Raserei gegen sein eigen Haus, sey es nun, daß es vom Apis kam, oder ohne Das, wie ja viel Unheil pflegt über die Menschen zu kommen. Sagt man doch auch, Kambyses habe eine erbliche schwere Krankheit gehabt, welche Einige die Heilige nennen. So wäre es nun kein Wunder, wo der Leib an einer schweren Krankheit leidet, daß auch die Seele nicht gesund ist.

34. Folgendes aber sind seine Ausbrüche gegen die übrigen Perser. Man sagt nämlich, er habe zu Prexaspes gesprochen, der bei ihm besonders in Ehren stand (wie ihm denn Derselbe auch die Botschaften zutrug, und sein Sohn Mundschenk bei Kambyses war, welches Letztere auch keine geringe Ehre ist); zu Diesem, sagt man, habe er gesprochen: "Prexaspes, für was für einen Mann achten mich die Perser? wie lauten ihre Reden über mich?" Worauf er antwortete: "Mein Gebieter, du wirst durchaus hochgelobt; nur dem Weine, sagen sie, seyest du zu sehr ergeben." So viel habe Dieser von den Persern gesagt; worauf Jener wüthend entgegnete: "Sagen also die Perser, ich wäre dem Wein ergeben, und unsinnig, und nicht bei Verstand, so waren also auch ihre frühern Reden nicht wahr." Früher nämlich hatte Kambyses in einer Sitzung mit den Persern und mit Krösus gefragt, für welch einen Mann er gelten könne, neben seinen Vater Cyrus gestellt? - Worauf sie antworteten, er sey größer, als sein Vater; denn Alles, was Dieser, besitze auch er, und habe noch dazu Aegypten gewonnen, sammt dem Meere. Das sagten die Perser; Krösus aber, der auch dabei und mit diesem Urtheil nicht zufrieden war, sprach also zu Kambyses: "Mir, Sohn des Cyrus, scheinst du doch deinem Vater nicht gleich zu seyn; denn noch hast du keinen Sohn, wie er Einen in dir hinterlassen hat." Das hörte Kambyses mit Wohlgefallen, und lobte das Urtheil des Krösus.

35. Dessen soll er also nun gedacht, und im Zorn zu Prexaspes gesagt haben: "Merke du nun selber, ob die Perser die Wahrheit sagen, oder, so sie Dieses sagen, selbst unsinnig sind. Wenn ich nämlich diesen deinen Sohn, der da im Vorhofe steht, mitten in's Herz treffe, so ist klar, daß, was die Perser sagen, Nichts ist; wo ich ihn aber fehle, so mögen die Perser die Wahrheit ragen, und ich nicht bei Besinnung seyn." So soll er gesprochen, den Bogen gespannt und auf den Knaben geschossen haben. Und als der Knabe gefallen war, habe er geboten, ihn aufzuschneiden, und nach dem Schusse zu sehen. Wie nun erfunden ward, daß der Pfeil im Herzen stat, habe er zum Vater des Knaben lachend und voll Freude gesprochen: "Prexaspes, daß ich nicht rasend bin, und also die Perser unsinnig sind, ist dir nun offenbar. Jetzt aber sage mir, Wen sahst du in aller Welt, der so scharf treffen konnte?" Worauf Prexaspes, welcher sah, der Mensch sey nicht bei Verstande, und für sein eigenes Leben in Angst war, geantwortet: "Herr, nicht einmal der Gott 94 selbst, glaube ich, kann so gut schießen." Das verübte er damals, und ein-andermal ließ er zwölf Perser vom ersten Rang aus einem ganz unzureichenden Grunde lebendig bis an den Kopf eingraben.

36. Da er Dieses that, glaubte Krösus, der Lydier, ihn ermahnen zu müssen mit folgenden Worten: "König, überlaß dich nicht ganz deiner Jugend und Leidenschaft, sondern halte und beherrsche dich. Es ist etwas Gutes, vorbedacht zu seyn, und Weisheit ist die Vorsicht. Du aber tödtest Männer, deine eigenen Bürger, ohne einen zureichenden Grund zu haben, und tödtest Kinder. Wenn du es viel so machst, so steh dich vor, daß die Perser nicht von r abfallen. Mir hat dein Vater Cyrus mit vielem Ernst anbefohlen, dich zu ermahnen, und dir an die Hand zu geben, was ich für gut erfinde. Mit diesem Rathe zeigte er ihm seine gute Meinung. Aber Kambyases erwiederte darauf: "Du unterstehst dich auch mir zu rathen, der du so schön dein eigenes Vaterland verwaltet, und so gut meinem Vater gerathen hast, da du ihn über den Araxesfluß gehen hießest, gegen die Massageten, welche selbst in unser Land herüberkommen wollten, und wie dich selber, als schlechter Vorstand deines Vaterlandes, so auch den Cyrus zu Grunde gerichtet hast, als er dir folgte? Doch soll dir's nicht wohl bekommen, da ich schon längst begehrt habe, eines Vorwandes wider dich habhaft zu werden." Nach diesem Wort nahm er den Bogen, und machte Miene, ihn zu erschießen. Krösus aber entsprang, und lief hinaus. Da er ihn nun nicht schießen konnte, befahl er den Dienern, ihn zu fangen und zu tödten. Die Diener aber, die seine Art kannten, verbargen den Krösus, mit dem Bedacht, daß sie Denselben, wenn es den Kambyses gereue, und er sich nach Krösus sehne, hervorbrächten, und so für die Lebenserhaltung des Krösus Geschenke bekämen; wofern es ihn aber nicht gereue, noch nach ihm verlange, dann ihn umbrächten. Nun verlangte Kambyses wirklich nicht lange Zeit darauf nach Krösus; da denn die Diener, wie sie es inne wurden, meldeten, daß er noch am Leben sey. Darauf versicherte Kambyses, er freue sich mit Krösus, daß er noch lebe; indessen ihnen, die ihn erhalten, werde er das nicht hingehen lassen, sondern sie umbringen. Und Das that er auch.

37. Auf diese Art ließ er vielmal seine Raserei gegen die Perser und die Bundesgenossen aus, während er immer in Memphis saß, da er auch alte Grüfte öffnete, und die Leichen besah. So ging er auch in das Hephästusheiligthum, wo er das Bild sehr verlachte. Dieses Bild des Hephästus kommt nämlich den Phönizischen Patäken am nächsten, welche die Phönizier am Vordertheil ihrer Dreiruder führen. Wer nun diese noch nicht gesehen hat, dem sage ich zur Bezeichnung, daß es das Abbild eines Pygmäenmannes ist 95 ist. Auch ging er in das Heiligthum der Kabiren, in welches Niemand gehen soll, als nur der Priester. Und diese Bildnisse verbrannte er auch mit großem Hohn. Diese sind ebenfalls dem Hephästus gleich, dessen Kinder sie auch heißen.

Auch die spätere Sage verlegte diese Pygmäen, als Fünfspannenmännlein und Dreispannenmännlein, welche mit den Kranichen um ihre Saatfrüchte zu kmpfen hätten, an den Oceanus im Süden von Afrika, wo sie Aristoteles, wenigstens als kleine Menschen, die auch kleine Pferde haben, und in Höhlen wohnen, anerkennen will. Gelehrte Mythologen haben in ihnen die Symbole der sechzehn Ellen des Nilanwuchses gesehen, die zu Memphis gestanden haben Mochten; so daß die Kraniche, weil sie zu der Zeit in Aegypten eintrafen, wenn der Nil fiel, in diesem Sinne ihnen den Lob brachten. Daß die Pygmäen auch im Norden, jenseits von Thule, als schwachleibige, kurzlebende Männchen, mit dünnen, nadelartigen Spießchen bewaffnet, gefunden wurden, ist wohl ein spätener Auswuchs der Sage, zu welchem historische Anlässe da gewesen seyn mögen.

38. Mir ist nun auf alle Weise klar, daß Kambyses in großer Raserei war; sonst hätte er's nicht gewagt, was heilig ist und gebräuchlich, zu verlachen. Denn wenn man allen Menschen die Wahl stellte, sie sollen sich die besten Bräuche auslesen ans allen Bräuchen, so würden nach der Untersuchung Alle ihre eigenen vorziehen; so sehr gelten Allen ihre eigenen Bräuche bei weitem für die besten. Also kann nicht wohl ein Anderer, als nur ein rasender Mann, solche Dinge zum Gelächter haben. Daß es aber mit ihren Bräuchen alle Menschen so zu halten pflegen, läßt sich überhaupt aus vielen Beweisen ermessen, und namentlich aus folgendem. Während seiner Herrschaft rief einmal Darius die Hellenen, die bei ihm waren, und fragte sie: um welchen Preis sie wohl sich verständen, ihre todten Väter zu essen? Darauf versicherten sie, das thäten sie um Alles nicht. Nach Diesem rief Darius die sogenannten Kallatier, ein Indisches Volk, das seine Aeltern zu essen pflegt, und fragte sie in Gegenwart der Hellenen und mit Verständigung Derselben, über die Reden der Andern, durch einen Doúmetscher: Um welden Preis sie es eingehen würden, ihre gestorbenen Väter zu verbrennen? Darauf schrieen Diese laut auf, er solle doch nichts Unheiliges aussprechen! Das gilt so in der Welt; und der Dichter Pindar dünkt mir Recht zu haben, wenn er sagt, der Brauch sey König über Alle. 96

(Polykrates von Samos um 530 v. Ch.)

39. Während Kambyses gegen Aegypten zu Felde war, machten auch die Lacedämonier einen Feldzug gegen Samos und Polykrates, Aeaces Sohn, welcher durch Aufwieglung in Samos sich zum Hernn gemacht hatte; worauf er zuerst den Staat dreifach getheilt, und seinen Brüdern Pantagnotus und Syloson Antheil gegeben, dann nach Ermordung des Einen, und nach Vertreibung Syloson's, des Jüngern, Samos ganz unter sich hatte. Und nun, als Herr davon, machte er mit Amasis, dem Könige von Aegypten, Gastfreundschaft durch Sendung von Geschenken und Empfang von Gegengaben. Und in kurzer Zeit stieg des Polykrates Macht mit einemmal empor, und war in Aller Mund durch ganz Ionien und das übrige Hellas. Denn wohin er seine Waffen richtete, ging ihm Alles nach Wunsch von statten. Er hatte Hundert Fünfzigruder und tausend Bogenschüben; und da plünderte und beraubte er Alle ohne Unterschied. Denn auch dem Freunde, behauptete er, es mehr zu Danke zu machen, wenn er wieder gebe, Was er genommen, als wenn er erst gar Nichts nehme. So hatte er ein gut Theil der Inseln erorbert, und viele Städte des Festlands. Die Lesbier namentlich, die sich mit gesammter Macht für die Milesier wehrten, nahm er in einem Seesiege gefangen; und sie haben den ganzen Graben um die Stadtmauer von Samos machen müssen.

40. Das entging dem Amasis nicht, welch großes Glück Polykrates hatte; vielmehr bekümmerte er sich darum; und da Dessen Glück noch immer höher und höher stieg, schrieb er folgender: Brief, und sandte ihn nach Samos: "Amasis an Polykrates. Wohl ist es lieblich zu erfahren, dass es einem Freund und Gastverwandten wohlergehe; doch gefallen mir deine hohen Glücksstände nicht, nach meiner Erkenntniß der Gottheit, wie sie mißgünstig ist. Und ich wünsche für mich und Die mir anliegen, Glück in einem Theil, in einem andern Anstoß zu finden, und so die ganze Lebenszeit im Wechsel zu stehen, lieber, als in Allem Glück zu haben. Denn noch habe ich von Keinem gehört, der nicht zulegt ein gang und gar schlechtes Ende genommen, wenn er in Allem Glück hatte. Willst du nun mir folgen, so thue also gegen dein vieles Glück. Besinne dich, und was du für dein theuerstes Gut hältst, dessen Verlust dir am meisten in der Seele weh thut, Das wirf so von dir, daß es nie mehr in Menschenhände kommen kann. Und wenn von Dem an dein Glück noch nicht mit Leiden abwechselt, so hilf auf die von mir angegeben Weise nach.

41. Als Polykrates Dieses gelesen, und zu Herzen genommen hatte, wie Amasis Rath gut sey, untersuchte er, Messen Verlust ihm von seinen Kleinodien am meisten in der Seele schwer fallen möchte. Da fand er Dieses. Er hatte einen Siegelring an seiner Hand, in Gold gefaßt, von Smaragdstein, ein Wert des Theodorus, Sohn des Telekles von Samos. Da ihm nun gut dünkte, diesen wegzuwerfen, machte er's also. Er bemannte ein Fünfzigruder, stieg dann selber ein, und befahl, in die hohe See zu stechen. Wie er nun ferne von der Insel war, zog er den Siegelring ab, und warf ihn, vor den Augen aller Schiffsleute, in die See. Alsdann fuhr er zurück, und zu Hause, trug er Leid.

42. Den fünften oder sechsten Tag darauf begegnete ihm Folgendes. Ein Fischer hatte einen schönen, großen Fisch gefangen, und achtete ihn werth, dem Polykrates geschenkt zu werden; ging damit an die Thüre und sagte, er wolle vor Polykrates. Es ward ihm gewährt; und nun sprach er bei Ueberreichung des Fisches: "König, den hab' ich gefangen, und da hielt ich nicht für recht, ihn zu Markte zu bringen, wenn ich schon von meinen Händen leben muß; sondern ich fand ihn deiner werth und deiner Herrlichkeit; und so bring' ich ihn dir zum Geschenk." Worauf Polykrates wohlgefällig antwortete: "Du hast ganz wohl gethan, und meinen Dank für Beides, deine Rede und das Geschenk; und wir laden dich zum Mahl." Der Fischer, dem Dieß was großes war, ging nach Hause; und den Fisch schnitten die Diener auf, und finden in seinem Bauch den Siegelring des Polykrates. Nicht sobald hatten sie ihn gesehen, als sie ihn nahmen, mit großer Freude dem Polykrates brachten; und indem sie ihm seinen Siegelring gaben, sagten sie auch, wie er sich gefunden. Da gedachte er, das sey ein Finger Gottes; er schrieb die ganze Geschichte, was er gethan, und wie ihm's damit gegangen, in einem Brief, und schickte diesen nach Aegypten.

43. als Amasis den Brief von Polykrates gelesen hatte, merkte er, es sey unmöglich, daß ein Mensch den Andern reinem bevorstehenden Schicksal entziehe, und es stehe dem Polykrates kein gutes Ende bevor, da er in allem Glück habe, und auch was er wegwarf, wieder finde. Da ließ er ihm, durch einen Herold nach Samos, die Gastfreundschaft aufsagen. Das that er aber deßwegen, damit nicht, wenn ein arges und gewaltiges Geschick auf Polykrates komme, Dieses auch ihm in der Seele weh' thun müsse für seinen Gastfreund.

44. Gegen diesen Polykrates also, der in Allem Glück Hatte, zogen die Lacedämonier aus, zu Hülfe gerufen von den Samiern, welche nachmals Cydonia auf Kreta gestiftet haben. Es hatte Polykrates den Kambyses, Cyrus Sohn, als Derselbe ein Heer gegen Aegypten zusammenzog, durch Gesandte ersucht, daß er durch Gesandte nach Samos auch ihn um ein Heer angehen solle. Kambyses sandte, als er Dieß hörte, gerne nach Samos, mit dem Ansuchen, Polykrates möchte ihm ein Schiffsheer nach Aegypten mitgeben. Da las er diejenigen Bürger aus, die er am meisten zum Aufruhr geneigt argwöhnte, und schickte sie auf vierzig Dreirudern ab, gab aber dem Kambyses auf, sie nicht mehr nach Hause zu schicken.

45. Nur sagen Einige, die von Polykrates abgeschickten Samier seyen nicht nach Aegypten gekommen, sondern da sie auf ihrer Fahrt bei Karpathus 97 waren, hätten sie Rath mit sich gehalten, und beschlossen, nicht weiter zu fahren. Andere sagen, sie seyen nach Aegypten gekommen und bewacht worden, aber von da entwichen. Wie sie nun nach Samos heimschifften, kam ihnen Polykrates zu Schiff entgegen, und lieferte eine Schlacht, worin die Heimkehrenden siegten, und dann auf der Insel ausstiegen. Hier aber unterlagen sie in der Landschlacht, und so schifften sie nach Lacedämon. Zwar sagen auch Etliche, die von Aegypten Kommenden hätten Polykrates besiegt, aber, meines Dafürhaltens, mit Unrecht. Denn sie hätten nicht nöthig gehabt, die Lacedämonier zu Hülfe zu rufen, wofern sie selbst im Stande waren, mit Polykrates fertig zu werden. Und überdieß ist auch nicht anzunehmen, daß, Wer fremde Söldner und eigene Bogenschützen in so großer Menge hatte, von der kleinen Anzahl der heimkehrenden Samier überwunden wurde. Und von den Bürgern, die er unter sich hatte, schloß Polykrates die Weiber und Kinder in den Schiffshäusern ein, um sie alsbald, wenn Jene zu den Heimkehrenden überträten, sammt den Schiffshäusern zu verbrennen.

(Zug der Spartaner gegen Polykrates, Ol. 63 (v. Ch. 528).)

46. Du nun die von Polykrates vertriebenen Samier in Sparta angekommen waren, und vor die Obrigkeiten traten, redeten sie Viel, als inständig Bittende. Darauf gaben ihnen Jene bei'm ersten Vortritte zur Antworte, den Anfang ihrer Rede hätten sie vergessen, und das Ende verständen sie nicht. Nach Diesem, bei'm zweiten Vortreten, sprachen sie weiter nichts, als daß sie, einen Brodsack in der Hand, sagten: der Sack wolle Brod haben. Darauf gaben ihnen Jene zur Antwort: mit dem Sack sey es schon zu viel; 98 indeß fanden sie für gut, ihnen beizustehen.

47. Darauf rüsteten sich die Lacedämonier, und zogen gegen Samos, wie die Samier sagen: zum Entgelt empfangener Wohlthat; weil sie selbst vorher ihnen mit Schiffen gegen die Messenier beigestanden; wie aber die Lacedämonier sagen, zogen sie nicht sowohl nach der Bitte der Samier um Hülfe, als in der Absicht aus, Rache für den Raub des Mischkrugs 99 zu nehmen, den sie dem Krösus hatten bringen wollen, und des Panzers, den ihnen Amasis, der König von Aegypten, zum Geschenke geschickt. Denn auch den Panzer hatten ein Jahr früher, als den Mischkrug, die Samier zur Beute gemacht; einen Linienpanzer, reich mit Gebilden durchwebt und geschmückt mit Gold und Baumwolle, besonders aber dadurch bewundernswerth, daß kein einziger Faden am Panzer umsonst ist. Denn bei seiner Feinheit besteht doch jeglicher wieder aus dreihundert und sechszig Fäden, und sind alle sichtbar. Ein anderer der Art ist der in Lindus der Athene von Amasis geweihte.

48. Es nahmen sich aber des Zuges gegen Samos, daß er zu Stande kam, auch die Korinthier mit Eifer an. Denn auch gegen sie war eine Beleidigung von den Samiern vors gefallen, drei Menschenalter 100 vor diesem Zuge, um dieselbe Zeit, da der Raub des Mischkruges geschah. 101 Es schickte nämlich Periander, Cypselus Sohn, 102 dreihundert Corcyräische 103 Knaben, Söhne der ersten Männer, nach Sardes an Alyattes zur Verschneidung. Als nun die Korinthier, welche die Knaben führten, bei Samos anlegten, und die Samier die Sache erfuhren, wozu sie nach Sardes geführt würden, wiesen sie zuerst die Knaben an, sich an's Heiligthum der Artemis zu halten, und als hernach, da sie nicht zuließen, daß man die Schützlinge aus dem Heiligthum reiße, die Korinthier den Knaben alle Speise abschnitten, stellten die Samier ein Fest an, das sie auch jetzt noch eben so halten. Mit dem Einbruch der Nacht nämlich führten sie, so lange die Knaben als Schützlinge da ragen, Reigen von Jünglingen mit Jungfrauen auf, und bei der Aufführung der Reigen führten sie den Brauch ein, Eßwaaren von Sesam und Honig darzubringen, damit es die Corcyräer-Knaben zu ihrer Nahrung wegnähmen. Und Das geschah so lange, bis die Korinthier, die Wächter der Knaben, allein abfuhren, worauf die Samier die Knaben nach Corcyra zurückbrachten.

49. Hätten indessen nach Periander's Tod die Korinthier mit den Corcyräern Freundschaft gehabt, dann würden sie nicht des Zuges gegen Samos, wegen dieser Ursache, sich angenommen haben. Nun aber sind sie, seit sie die Insel angepflanzt, immer unter sich in Zwietracht. Darum gedachten's die Korinthier den Samiern im Bösen. Und daß Periander die Kinder der vornehmsten Corcyräer - aussuchte, und nach Sardes zur Verschneidung schickte, war aus Rache, weil die Corcyräer zuerst gegen ihn mit einer frevelhaften That angefangen.

50. Nachdem nämlich Periander seine Frau, Melissa, getödtet hatte, geschah es ihm, daß zu diesem Unglück noch folgendes andere sich gesellte. Er hatte von Melissa zwei Söhne, im Alter von siebzehn Jahren der Eine, der Andere von achtzehn. Diese ließ ihr mütterlicher Großvater, Prokles, Herr von Epidaurus 104 zu sich kommen, und that ihnen Liebes, wie billig, als Kindern seiner Tochter. Da er sie nun wieder entließ, sprach er bei'm Abschiedsgeleit: "Wißt ihr auch, Kinder, Wer eure Mutter getödtet hat?" Dieses Wort beachtete der Aeltere gar nicht; der Jüngere aber, mit Namen Lykophron, betrübte sich so darüber, daß er bei der Ankunft in Korinth den Vater, all Mörder seiner Mutter, nicht anredete, sich auch in kein Gespräch mit ihm einließ, auch auf seine Fragen gar keine Antwort gab. Zuletzt kam Periander so in Zorn, daß er ihn aus dem Hause stieß.

51. Nach Dessen Verstoßung fragte er den Aleltern, was mit ihnen der Großvater gesprochen? Jener erzählte ihm darauf, wie er sie mit Liebe aufgenommen habe; aber des Wortes, womit sie Prokles entließ, weil er's nicht zu Herzen genommen hatte, gedachte er nicht. Periander aber behauptete, Das sey unmöglich, er müsse ihnen Etwas gesagt haben; und bestürmte ihn mit Fragen, bis er sich erinnerte, und es nun auch sagte. Periander, der es nun auch zu Herzen nahm, und nicht weich geben 105 wollte, schickte dahin, wo sein verstoßener Sohn sich aufhielt, und verbot den Leuten, ihn in's Haus zu nehmen. Wie nun Dieser, so vertrieben, in ein anderes Haus ging, ward er auch daraus vertrieben durch Periander's Drohungen an die Aufnehmenden, und durch seinen Befehl, ihn auszuschließen. Also fortgetrieben wandte er sich wieder an ein Haus von Freunden; die ihn dann, als Sohn des Periander, wenn schon mit Hengsten, aufnahmen.

52. Zuletzt ließ Periander öffentlich ausrufen, Jeder, der ihn in sein Haus nehme, oder mit ihm rede, verfalle dem Apollo 106 in eine Buße, deren Betrag er auch angab. Auf diesen Ausruf wollte Niemand mit ihm reden, noch ihn in's Haus aufnehmen; ja er selbst erlaubte sich's nicht, das Versagte zu versuchen; sondern dauerte es aus, immer nur unter den Säulengängen sich umzuschleppen. Um vierten Tag sah ihn Periander ungewaschen und ungegessen, wie er jetzt leben mußte. Da jammerte ihn sein, und er ließ ab vom Zorne, trat zu ihm hin und sagte: "Was ist, mein Sohn, die bessere Wahl: Das wie du es jetzt hast, oder die Herrschaft und die Güter, wie ich sie jetzt habe, als ein Sohn nach dem Herzen seines Vaters, zu überkommen? Und du, der du mein Sohn und König des gesegneten Korinthus bist, wählest ein Bettlerleben aus. Widerspenstigkeit und Zorn gegen Den du's am wenigsten rolltest. Denn wenn in unserem Haus ein Unglück geschehen ist, so ist das ja mein Unglück, und ich trage daran in dem Maße schwerer, als ich es selber verübt habe. Du aber, da du erkannt, um wie viel besser es ist, beneidet, als bejammern werden, dazu auch, was es heißt, gegen Aeltere und Ueberlegene sich erbot't zu haben, geh' wieder nach Haus." Damit suchte ihn Periander zu gewinnen. Er aber antwortete seinem Vater Nichts darauf, als daß er sagte, er sey dem Gott in Buße verfallen, da er mit ihm zu sprechen gekommen. Da nun Periander erkannte, daß das Uebel in seinem Sohn unheilbar sey und nicht zu besiegen, schickte er ihn aus seinen Augen fort auf einem Fahrzeug nach Corcyra. Denn er beherrschte auch dieses. Nach seiner Entfernung aber zog Periander gegen seinen Schwäher Prokles zu Feld, als den Hauptursächer dieser seiner Verhältnisse; und nahm Epidaurus, ein, wie auch den Prokles selbst lebendig gefangen.

53. Als aber im Verlauf der Zeit Periander gealtert und sich selbst gestand, daß er nicht mehr im Stande sey, die Geschäfte zu übersehen und, zu verwalten, sandte er nach Corcyra und rief den Lykophron zurück zur Herrschaft, denn in seinem ältern Sohn sah er Nichts, sondern fand, ihn augenscheinlich zu schwachsinnig. Aber Lykophron würdigte den Botschafter nicht einmal des Anhörens. Darauf schickte Periander, der von dem Jüngling nicht lassen konnte, zum Zweiten die Schwester Desselben, seine eigene Tochter, am ihn ab, in der Hoffnung, ihr werde er am ehesten folgen. Diese kam und sagte: "Bruder willst Du denn, daß die Herrschaft in fremde Hände falle, und das Haus des Vaters zerstückelt werde, lieber, als daß Du hingehst und es selber hast? Geh' nach Haus; hör' auf, Dich selbst zu strafen. Ehrgeiz ist ein schlimmes Gut; heile nicht Uebel mit Uebel. Viele ziehen dem Recht das Billige vor; und wiederum haben viele, da sie das Mütterliche suchten, das Väterliche verloren. Herrschaft ist ein schlüpfriges Ding; Viele hat sie zu Liebhabern, und der Vater ist schon gealtert und ein Greis. Gib nicht Fremden Deine eigenen Güter." So sprach sie zu ihm, wie sie's der Vater gelehrt, auf das Beweglichste. Und darauf gab er ihr zur Antwort, daß er nimmer nach Korinth gehe, so lang er seinen Vater noch am Leben wüßte. Das richtete sie aus; und nun sandte Periander zum Dritten einen Herold, mit dem Enschluß, selber wach Corcyra zu gehen; und Jener sollte nach Korinth kommen, um sein Nachfolger in der Herrschaft zu werden. nur hierauf der Jüngling einging, schickte Periander sich an, nach Corcyra, und sein Sohn nach Korinth zu gehen. Aber die Corcyräer, genau von dem Atem unterrichtet, wollten nicht, daß ihnen Periander in's Land komme, und brachten den Jüngling um. Dafür also hatte Periander an den Corcyräern sich rächen wollen.

54. Die Lacedämonier aber kamen mit einer großen Flotte, und belagerten Samos. Und bei der Berennung der Mauern hatten sie schon den Thurm von der Seeseite an der Vorstadt überstiegen, als Polykrates selbst mit einem starken Haufen sich zur Wehr setzte, daß sie wieder hinausgeworfen wurden. Und von dem obern Thurm auf dem Rücken des Berges machten die Hülfstruppen, und mit ihnen auch Samier, in großer Anzahl einen Ausfall; hielten indeß der Lacedämoniern nur kurze Zeit Stand und flohen dann zurück; worauf Jene sie verfolgten und niedermachten.

55. Hätten nun an diesem Tage alle Lacedämonier, die dabei waren, dem Archias und Lykopas es gleich gethan, so wäre Samos genommen worden. Archias nämlich und Lykopas stürzten allein, als die Samier in die Mauern zurückflohen, mit hinein, wo sie, vom Rückweg abgeschnitten, in der Stadt der Samier fielen. Und mit einem Nachkommen dieses Archias im dritten Glied, auch einem Archias, Sohn des Samius, eines Sohnes von Archias, bin ich selbst zusammengekommen in Pitana. Denn aus diesem Gau war er. 107 Der ehrte von allen Gästen die Samier am meisten, und sein Vater, sagte er, habe den Namen Samius bekommen, weil dessen Vater Archias in Samos ein preiswürdiges Ende gefunden, und die Samier ehre er darum, weil sein Großvater von den Samiern auf öffentliche Kosten sey bestattet worden.

56. Als nun aber den Lacedämoniern vierzig Tage über ihrer Belagerung von Samos hingegangen waren, ohne daß ihr Unternehmen vorwärts rückte, zogen sie wieder ab nach dem Peloponnes. Wie aber eine abgeschmackte Sage will, so hätte, heißt es, Polykrates einheimische Münze in Menge aus Blei geschlagen, übergoldet und ihnen gegeben, und erst, wie sie diese bekommen hätten, wären sie abgezogen. Dieß ist der erste Feldzug nach Asien, den die Lacedämonischen Dorier machten.

57. Die gegen Polykrates in's Feld gezogenen Samier schifften nun auch, so wie die Lacedämonier sie verließen, hinweg nach Siphnus 108, denn sie brauchten Geld; und die Siphnier standen zu der Zeit in ihrer Blüthe, waren auch unter den Inselbewohnern die reichsten, nämlich von den auf ihrer Insel befindlichen Gold- und Silbergruben, solchergestalt, daß von dem Zehnten der daraus fließenden Einkünfte ein Schatz in Delphi geweiht ist, wie nur Einer der Reichsten; und sie die alljährlichen Einkünfte selbst unter sich vertheilten. Damals nun, als sie den Schatz anlegten, holten sie bei'm Orakel darüber einen Spruch ein, ob ihnen ihr gegenwärtiger Wohlstand auch lange bleiben könne, worauf ihnen die Pythia den Spruch gab:

Doch wenn in Siphnus, weiß erst wird das heil'ge Gemeindehaus,

Weiß erst flimmert der Markt: thut Noth ein sicherer Berather,

Sich zu versichern der hölzernen Schaar und des röthlichen Herolds.

Nun hatten die Siphnier damals ihren Markt und das Gemeindehaus mit Parischem Stein ausgeschmückt.

58. Diesen Spruch konnten sie nicht verstehen, gleich damals nicht, und auch nicht bei der Ankunft der Samier. Sobald nämlich die Samier bei Siphnus angelegt hatten, schickten sie eines ihrer Schiffe mit Abgesandten in die Stadt. Ehemals waren aber alle Schiffe mit Mennig betüncht, und Das war's, was die Pythia den Siphniern vorherbedeutet hatte, sie sollten sich verwahren vor der hölzernen Schaar und dem röthlichen Herold. Wie nun die Boten ankamen, ersuchten sie die Siphnier, ihnen zehn Talente zu leihen; und als die Siphnier nein dazu sagten, verheerten die Samier ihre Ländereien. Als das die Siphnier erfuhren, eilten sie gleich zur Wehre; wurden aber im Treffen mit ihnen überwunden, und ihrer Viele schnitten die Samier von der Stadt ab. Und nach Diesem erpreßten sie von ihnen hundert Talente.

59. Von den Hermioneern 109 aber übernahmen sie für Geld die Insel Hydrea 110 bei'm Peloponnes, und dieselbe vertrauten sie den Trözeniern 111 an, als sie Cydonia 112 auf Creta anpflanzten; wohin sie nicht in dieser Absicht geschifft waren, sondern um die Zakynthier 113 aus der Insel zu vertilgen. Nun blieben sie daselbst, und waren im Glück fünf Jahre lang; 114 im sechsten Jahr aber wurden sie von den Aegineten mit Kretern in einer Seeschlacht besiegt und in Knechtschaft versetzt; worauf Jene auch von ihren Schiffen die Vordertheile mit den Eberbildnissen abhieben, und im Heiligthum der Athene auf Regina weihten. Das thaten die Aegineten aus allem Groll gegen die Samier. Früher nämlich hatten die Samier, unter dem König von Samos Amphikrates, in einem Kriegszug gegen Aegina den Aegineten großen Schaden zugefügt, und auch hinwieder gelitten. Das war also die Ursache.

60. Ueber die Samier bin ich weitläufiger gewesen, weil drei ihrer Werke die allergrößten bei den Hellenen sind: Erstlich in einem Berge von hundertfünfzig Kraftern Höhe ein Graben, der von unten heraufgeht mit doppelter Mündung. Die Länge des Grabens ist sieben Stadien; die Höhe und Breite acht Fuß beiderseits. Und ganz durch diesen hin geht ein anderer Graben von zwanzig Eden Tiefe, in der Breite von drei Fuß, durch welchen das Wasser von einem großen Brunnquell in Röhren herabgeleitet und in die Stadt geführt wird. 115 Der Baumeister dieses Grabend war Eupakinus, Naustrophus Sohn, aus Megara. Das wäre denn Eins von den Dreien. Das Zweite ist ein Damm im Meer um den Hafen, in einer Tiefe von zwanzig Klaftern; die Länge dieses Dammes aber beträgt über zwei Stadien. 116 Ihr drittes Wert ist der größte von allen Tempeln, so viel wir wissen, dessen erster Baumeister Rhökus war, Phileus Sohn, aus Samos selbst. Dieserwegen bin ich weitläufiger über die Samier gewesen.

(Pseudosmerdes. 523 v. Chr.)

61. Gegen Kambyses aber, den Sohn des Cyrus, da er in Aegypten verzog und von Sinnen war, empörten sich zwei Brüder, Magier, von welchen den Einen Kambyses al6 Verwalter seines Hauses zurückgelassen hatte. Eben Der empörte sich gegen ihn, wohl bekannt mit Smerdes Tod, wie man ihn verheimliche, und nur Wenige der Perser darum wagten, dagegen die Meisten ihn noch am Leben glaubten. Auf das hin machte er folgenden Anschlag, und streckte die Hand nach der Krone. Er hatte einen Bruder, den ich als seinen Mitempören schon genannt habe, von Gestalt dem Smerdes, Cyrus Sohne, ganz ähnlich, dem Bruder des Kambyses, den Dieser aber getödtet hatte; und wie er an Gestalt dem Smerdes glich, so hatte er auch den gleichen Namen, Smerdes. Diesem Manne redete der Magier ein, er werde Alles für ihn ausrichten und feste ihn auf den Königsthron. Als er Das gethan, sandte er Herolde nach allen Seiten, und einen auch nach Aegypten, dem Heer zu entbieten, dem Sohne des Cyrus, Smerdes, sey fürderhin zu gehorchen, nicht aber dem Kambyses.

62. So wie nun alle Herolde Dieß kund thaten, so machte namentlich auch der nach Aegypten Abgeordnete, zu Agbatana im Syrischen, wo er den Kambyses mit seinem Heere fand, männiglich kund, was der Magier anbefohlen hatte. Kambyses, der Das aus dem Munde des Herolds hörte, und wirklich glaubte, es sey wahr, und er sey also von Prexaspes verrathen (Dieser nämlich, den er zu Smerdes Ermordung abschickte, hätte es Nicht gethan), sprach mit einem Blick auf Prexaspes: "So, Prexaspes, hast du mir ausgerichtet, was ich dir zu thun aufgab?" Darauf sprach Dieser: "Mein Gebieter, das ist nicht wahr, daß je dein Bruder Smerdes sich wider dich empört hat, noch von Diesem ein Streit, groß oder klein, dir kommen kann. Denn ich selbst habe, nachdem ich gethan, wie du mir befohlen, ihn mit meinen eigenen Händen begraben. Wenn nun die Todten aufstehen, so mache dich gefaßt, daß auch der Medier Astyages gegen dich auf stehen wird; ist es aber noch, wie vordem, so ist's, wenigstens von Jenem aus, unmöglich, daß dir eine Unordnung erwachse. So bin ich nun der Meinung, wir sollten den Herold wieder einholen lassen, und ihn ausfragen, von Wem er herkommt mit seinem Gebot, daß wir dem König Smerdes gehorchen sollen?"

63. Auf dieses Wort des Prexaspes war auch gleich, da es dem Kambyses gefiel, der Herold eingeholt, und kam zurück. Wie er da war, fragte ihn Prexaspes: "Mensch, du sagst ja, du seyst ein Bote von Smerdes, Cyrus Sohn; nun aber sprich die Wahrheit, damit du dann in Frieden hinziehen mögest: hat dir Smerdes selbst, so daß du ihn mit Augen gesehen, deinen Auftrag ertheilt, oder nur Einer von seinen Dienern?" Er antwortete: "Ich habe Smerdes, des Cyrus Sohn, seit König Kambyses nach Aegypten gezogen ist, niemals gesehen; sondern der Magier, welchen Kambyses zum Anwalt seines Hauses aufgestellt hat, der hat mir den Auftrag gegeben, mit dem Bedeuten, Smerdes, Cyrus Sohn, gebe mir Das an Euch auf." So sagte er ihnen die unverfälschte Wahrheit. Darauf sprach Kambyses: "Prexaspes, du bist nun, sintemal du als wackrer Mann gethan, wie dir befohlen war, frei von Schuld; aber er von den Persern ist wohl der Empörer gegen mich, der auf den Namen des Smerdes fußt?" Darauf antwortete er: „Ich glaube, diese Geschichte abzusehen, mein König. Diese Empörer gegen dich sind die Magier; der von dir als Hausverwalter zurückgelassene Patizeithes mit seinem Bruder Smerdes."

64. Wie da Kambyses den Namen Smerdes hörte, traf ihn mit einem Schlag die Wahrheit dieser Rede und jenes Traumes, da im Schlaf ihm vorgekommen war, es bringe Einer die Botschaft an ihn, daß Smerdes sich auf den Königsthron gesetzt, und mit seinem Haupte an den Himmel rage. Nun sah er ein, daß er umsonst seinen Bruder hingerichtet habe, und beweinte den Smerdes. Und nach diesem Beweinen und großen Jammer über sein ganzes Schicksal, schwang er sich auf's Pferd, gesonnen, stracks nach Susa zu ziehen, wider den Magier. Und indem er sich auf's Pferd schwang, fiel von der Scheide seines Schwertes der Beschlag herunter, und das entblößte Schwert stach ihn in den Schenkel. So war Kambyses ebenda verwundet, wohin er selbst früher den Aegyptischen Gott Apis gestochen hatte; und weil ihm dünkte, der Stoß sey in's Leben gegangen, so fragte er, welchen Namen die Stadt habe. Worauf sie antworteten, Agbatana. Nun war ihnen schon früher aus der Stadt Buto der Spruch geworden, er werde in Agbatana rein Leben endigen. Aber er glaubte, im Medischen Agbatana, wo er sein Heimwesen hatte, werde er im Alter sterben; doch der Orakelspruch besagte, im Syrischen Agbatana. Wie er aber jetzt auf seine Frage den Namen der Stadt erfuhr, kam er, durch die Bestürzung über sein Mißgeschick mit dem Magier und die Verwundung, zu Verstand, faßte den Götterspruch und sprach: "Hier ist es dem Kambyses, Syrus Sohn, bestimmt, zu sterben."

65. So viel sprach er damals. Aber zwanzig Tage später ließ er von den anwesenden Persern die Namhaftesten zu sich kommen und redete zu ihnen, wie folgt: "Ich bin dahin gekommen, o Perser, daß ich die Sache, die ich gerade am allermeisten verborgen habe, jetzt euch entdecken muß. Ich habe nämlich , noch in Aegypten, ein Gesicht im Schlafe gehabt, das ich Niemals hätte sehen sollen, worin mir vorkam, ein Bote komme von Haus mit der Botschaft, daß Smerdes auf den Königsthron sich gesetzt, und mit seinem Haupt an den Himmel rage. Aus Furcht, durch meinen Bruder der Herrschaft beraubt zu werden, handelte ich nun mehr rasch, als klag; da es ja nie in der menschlichen Natur liegen kann, das bevorstehende Schicksal abzuwenden; und ich Thor sende den Prexaspes nach Susa zur Ermordung des Smerdes. Nach dieser schlimmen Missethat lebte ich sonder Furcht, ohne je in Betrachtung zu ziehen, daß nach Smerdes Wegräumung noch ein Mensch gegen mich sich empören könnte. Und bei gänzlicher Verkennung des bevorstehenden Geschicks bin ich zum Brudermörder, was nicht seyn sollte, geworden, und nun nichts desto weniger meines Königthums beraubt. Denn es war ja der Magier Smerdes, den mich die Gottheit im Gesicht als Empörer vorhersehen ließ. Die that habe ich einmal gethan, und den Smerdes, Cyrus Sohn, das merkt euch; habt ihr nicht mehr; sondern die Magier haben eure Königskrone in Händen: der von mir zurückgelassene Anwalt des Hauses, und dessen Bruder Smerdes. An Dem es nun zuerst wäre, über die Schmach, die mir die Magier angethan, Rache für mich zu nehmen, der ist eines ungerechten Todes gestorben durch seine nächsten Angehörigen. Da ich nun Dies sey nicht mehr habe, so bin ich, um so mehr, wie mir's zum Zweiten übrig ist, euch, Perser, aufzutragen genöthigt, was mein letzter Wille ist, mit dem ich sterbe. So werfe ich's denn mit Anrufung der königlichen Götter, wie auf euch Alle, so besonders auf die anwesenden Achämeniden, die Oberherrschaft nicht wieder auf die Medier übergehen zu lassen, sondern wo sie mit List in ihren Besitz kämen, daß sie durch euch sie verlieren mit List, und wo sie durch Gewalt sie unter sich brachten, daß ihr mit macht sie wieder aufrichtet durch Gewalt. Und thut ihr also, dann soll euch die Erde Frucht bringen, und sollt fruchtbare Weiber und Heerden haben, dabei frei seyn allezeit; aber richtet ihr eure Herrschaft nicht wieder auf, und versucht auch nicht, sie aufzurichten, dann bet' ich das Gegentheil von allem Dem auf euch herab, und zu dem, daß es zuletzt mit jeglichem Perser so ausgehen möge, wie es mit mir ausgegangen ist."

66. Bei diesen Worten beweinte Kambyses seinen ganzen Zustand. Wie nun die Perser ihren König in Weinen ausbrechen sahen, gerissen Aue, was sie von Kleidern anhatten, und erhoben laut ein großes Wehklagen. Als nach Diesem der Knochen sich entzündet, und gleich auch der Brand im Schenkel um sich gegriffen hatte, ward Kambyses, Cyrus Sohn, dahingerafft, nachdem er im Ganzen sieben Jahre und fünf Monate König gewesen, und zwar ohue alle Nachkommenschaft, weder männliden, noch weiblichen Geschlechts. Die anwesenden Perser aber hegten großen Unglauben, daß die Magier die Herrschaft haben sollten, sondern blieben darauf, Kambyses habe aus Falschheit gesagt, was er über den Tod des Smerdes gesagt hatte, damit ihm ganz Persien verfeindet würde. So blieben sie also darauf, Smerdes, der Sohn des Cyrus, sey als König aufgestanden; wie denn auch Prexaspes hartnäckig leugnete, den Smerdes getödtet zu haben; weil es für ihn gefährlich war, nach Kambyses Ende herauszusaugen, daß er den Sohn des Cyrus eigenhändig umgebracht.

67. Jener Magier war also nach Kambyses Ende, fußend auf die Gleichnamigkeit mit Smerdes, dem Sohne des Cyrus, sonder Furcht König die sieben Monate lang, welche dem Kambyses zu vollen acht Jahren abgingen. In dieser Zeit erwies er allen seinen Unterthanen große Wohlthaten, so daß nach seinem Tod ganz After ihn schwer vermißte, mit Ausnahme der Perser selbst. Denn es ließ der Magier an alles Volk seiner Herrschaft die Ankündigung ergehen, es sey Freiheit vom Kriegsdienst und Abgaben auf drei Jahre. Und zwar erließ er diese Ankündigung gleich beim Antritt seiner Herrschaft.

68. Im achten Monat aber warb er folgendermaßen erkannt. Otanes, der Sohn des Pharnaspes, an Geschlecht und vermögen Einer der Ersten in Persien, hatte zuerst den Magier im Verdacht, daß er nicht des Cyrus Sohn Smerdes sey, sondern Der, der er war; was er daraus schloß, weil er nie weder aus seiner Burg ging, noch je Einen der namhaften Perser vor sein Angesicht rief. Zufolge seines Verdachts machte es nun dieser Otanes also. Kambyses hatte eine Tochter von ihm, mit Namen Phädyme, gehabt; Dies selbe hatte jetzt der Magier auch, der mit ihr, wie überhaupt mit allen Frauen des Kambyses, hauste. Zu dieser Tochter schickte Otanes, und erkundigte sich, Wer es sey, mit dem sie schlafe, ob mit Smerdes, dem Sohn des Cyrus, oder mit einem Andern; worauf sie ihm die Antwort schickte, sie kenne ihn nicht; da sie den Sohn des Cyrus, Smerdes, niemals gesehen, noch von ihrem Gatten wisse, Wer er sey. Da schickte Otanes zum Zweiten, und ließ ihr sagen: "Wenn du selbst Smerdes, den Sohn des Cyrus, nicht kennst, so erkundige du dich bei Atossa, Wer das sey, der ihr und dein Gatte ist. Denn Die muß doch ihren eigenen Bruder kennen." Die Tochter schickt ihm zur Antwort: "Mit Atossa kann ich so wenig ins Gespräch kommen, als überhaupt Eine aus der Frauensippschaft sehen, weil uns dieser Mann, Wer es auch ist, so wie er zum Königreich kam, sogleich getrennt und aus, einander versetzt hat.

69. Wie Das Otanes hörte, leuchtete ihm die Sache noch mehr ein. Er sandte ihr eine dritte Botschaft zu, des Inhalts: "Meine Tochter, du mußt, als Edelgeborne, einen Versuch wagen, welchen dein Vater dich wagen heißt. Denn wofern er nicht der Sohn des Cyrus, Smerdes, ist, sondern Der, wofür ich ihn halte, so darf ihm, daß er dein Bett theilt, und den Zepter der Perser hat, nicht so hingehen; sondern er muß dafür büßen. Nun mach' es so: Wenn er wieder eine Nacht bei dir ist, und du merkst, daß er eingeschlafen, so betaste seine Ohren. Wenn du da findest, daß er Ohren hat, so halte sich überzeugt, daß Smerdes, der Sohn des Cyrus, dein Gatte ist; wenn er aber keine hat, dann ist es der Magier Smerdes." Darauf schickt ihm Phädyme die Antwort, sie wage nichts Geringes, wenn sie Das thue; denn im Fall er keine Ohren habe und sie nun über dem Betasten ertappe, so wisse sie wohl, daß er sie aus der Welt schaffen würde. Indessen werde sie es doch thun. Und sie versprach ihrem Vater, Das auszuführen. Jenem Magier Smerdes aber hatte Cyrus, Kambyses Sohn, da er herrschte, die Ohren abschneiden lassen, für eine nicht geringe Schuld. Diese Phädyme also, die Tochter des Otanes, erfüllte gang, was sie dem Vater versprochen hatte, indem sie, als an ihr die Reihe zur Zusammenkunft mit dem Magier war (wie denn die Perser ihre Weiber in umlaufender Ordnung kommenlassen), zu ihm schlafen ging, und, wie er fest schlief, nach den Ohren des Magiers tastete. Und da sie ohne Anstand, ja ganz leicht bemerkte, daß der Mensch keine Ohren hatte, sandte sie, so wie es Tag war, ihrem Vater die Anzeige davon zu.

70. Hierauf nahm Otanes den Aspathines und Gobryas zu sich, welche aus den ersten Persern, und in seinem Bertrauen ihm die Nächsten waren, und erzählte ihnen die ganze Sache; und sie hatten ohnehin schon den Verdacht, daß Dem also sey. Wie nun Otanes die Gelegenheit zur Sprache brachte, gingen sie's ein, und beschlossen. Jeder Tolle noch einen Perser zum Genossen nehmen, dem er am meisten vertraue. So zog Otanes den Intaphernes dazu, Gobryas den Megabyzus, und Aspathines den Hydarnes. Als diese Sechs beisammen waren, kam in Susa Darius, der Sohn des Hystaspes, an, von Persis 117 her, worüber nämlich sein Vater Unterstatthalter war. Bei Dessen Ankunft beschlossen die sechs Perser, den Darius auch zum Gefährten zu nehmen.

71. Diese Sieben also traten jetzt zusammen in einen Bund und Rath. Und wie es an Darius kam, seine Meinung darzuthun, sprach er also zu ihnen: "Ich habe Das geglaubt, allein inne zu haben, daß der Magier den König macht, und Smerdes, Cyrus Sohn, todt ist; komme auch gerade deßwegen in Eile hierher, um über den Magier Tod zu verhängen. Da es sich nun aber so getroffen, daß auch ihr es wißt, und ich nicht allein, so halte ich für nothwendig, gleich zu handeln, und Nichts aufzuschieben, weil das nicht frommt." Ihm erwiderte Otanes: "Sohn des Hystaspes, du hast einen wackern Mann zum Vater, und erweisest dich in Wahrheit nicht schlechter, als dein Vater. Indeß diesen Anschlag beschleunige nicht so unbedacht, sondern nimm ihn wohl in Erwägung. Es müssen nämlich erst unser Mehr, seyn; dann führen wir den Schlag." Darauf antwortet Darius: "Ihr anwesenden Männer, wenn ihr's nach der von Otanes besagten Art halten wollt, so seyd überzeugt, daß ihr schmählich, umkommen müßt. Denn dem Magier wird's Einer angeben, welcher daraus sich selbst einen Vortheil macht. Zwar hättet ihr vor allem blos auf eure Faust es thun sollen; da ihr aber dafür wart, Mehrere beizuziehen, und auch mir es anvertrautet, so handeln wir entweder heute; oder wißt, daß, wenn ihr diesen Tag vorübergehen laßt, kein anderer Ankläger mir zuvorkommen soll, sondern ich selbst euch bei'm Magier anbringen werde."

72. Darauf antwortete Otanes, als er die Hitze des Darius sah: "Weil du uns zur Beschleunigung zwingst, und keinen Aufschub zulässest, wohlan, so gib selbst an, auf welche Art wir in die Königsburg kommen, und den Angriff auf sie machen sollen. Denn die Wachen, die, wie du wohl selber, wo nicht vom Sehen, doch vom Hören, weißt, dort herum stehen - wie sollen wir durch Die hindurchkommen?" Die Antwort des Darius war: "Otanes, Vieles ist, was sich nicht im Wort beweisen läßt, aber in der That; Anderes, wohl im Wort, was aber in der That Nichts bedeuten will. Nun wißt ihr, daß es mit den aufgestellten Wachen bei'm Durchkommen keine Schwierigkeit hat. Denn einmal ist Keiner, der uns, als Männer dieses Standes, nicht durchließe, sowohl aus Ehrerbietung, wie auch aus Furcht; und dann habe ich einen ganz wohlscheinenden Grund, womit wir durchs kommen, daß ich nämlich eben aus Persis käme, und einen Auftrag von meinem Vater, dem König, melden wolle. Denn wo es Noth thut, eine Lüge zu sagen, da lüge man! 118 Denn wir gehen auf Eines aus, die Lügenden, wie die immerdar Wahrhaftigen. Die Einen lügen dann, wann sie aus der Durchsetzung einer Lüge Vortheil ziehen mögen. Die Andern bleiben bei der Wahrheit, um durch die Wahrheit einen Vortheil zu erhalten, und desto mehr Vertrauen zu genießen. So, ohne Gleiches auszuüben, ist es uns um Gleiches zu thun. Und wo es nicht zum Vortheil seyn möchte, wird eben so gut der Wahrhaftige lügenhaft seyn, und der Lügner wahrhaftig. Nun aber, Wer von den Thürhütern uns gutwillig durchläßt, Dem sollte es in's Künftige frommen; Wer aber Widerstand wagt, soll sofort für einen Feind angesehen seyn. Darauf werfen wir uns hinein, und schreiten zur That!"

73. Nach Diesem sprach Gobryas: "Ihr Freunde, es ist wohl für uns der bessere Fall, unsere Herrschaft wieder aufzurichten, als, wofern wir sie wieder zu ergreifen nicht die Kraft fänden, zu sterben! 119 Denn jetzt werden wir Perser von einem Medier beherrscht, einem Magier, der noch das zu keine Ohren hat, und ihr, so viel euer mit am Krankenbette des Kambyses standen, seyd doch Dessen ganz eingedenk, was er auf die Perser am Ende seines Lebens geworfen hat, wo sie nicht versuchtet, die Herrschaft wieder zu gewinnen; was wir zwar damals nicht annehmen wollten, sondern glaubten, Kambyses spreche so aus Bosheit. Jetzt aber stimme ich dafür, dem Darius zu folgen, und aus dieser Versammlung nicht mehr auseinander, sondern stracks auf den Magier loszugehen." Das redete Gobryas, und Dem gaben Alle Beifall.

74. Während Diese so Rath pflogen, fügte sich's, daß Folgendes geschah. Den Magiern in ihrem Rathe dünkte es gut, den Prexaspes zum Freunde zu gewinnen, da er von Kambyses die ruchlose Mißhandlung erfahren, daß er ihm seinen Sohn todt geschossen hatte, und weil er auch allein um den Tod von Smerdes, Cyrus Sohn, wußte, als sein eigenhändiger Mörder, dazu noch wegen der so ausnehmenden Ehre, in welcher Prexaspes bei den Persern stand. Dieserwegen ließen sie ihn rufen, und machten ihn zu ihrem Freund, mit Abnahme der eidlichen Verpflichtung, daß er's bei sich behalten, und an keinen Menschen den Betrug aussagen wollte, den sie den Persern spielten; wofür sie ihm tausend Herrlichkeiten auf einmal versprachen. Wie nun Prexaspes darauf einging, Das zu thun, brachten die Magier, da sie ihr hiezu bewogen hatten, das Zweite an, daß sie alle Perser unter, die Mauer der Königsburg zusammenrufen wollten, und da sollte er oben vom Thurm herab eine Rede halten, daß sie von Cyrus Sohne, Smerdes, beherrscht würden, und von keinem Andern. Das trugen sie ihm so auf, weil er nämlich das größte Vertrauen bei den Persern genoß, und auch oftmals die Erklärung von sich gegeben, der Sohn des Cyrus, Smerdes, lebe noch, seinen Mord aber geläugnet hatte.

75. Da sich Prexaspes auch Dieß zu thun bereit erklärte, ließen ihn die Magier nach Zusammenberufung der Perser auf den Thurm steigen, und hießen ihn die Rede halten. Nun vergaß er aber Das, warum sie ihn ersucht hatten, mit Fleiß, fing, von Achämenes an, die ganze Ahnenliste des Cyrus herzusagen, und endigte, als er auf Diesen herabgekommen war, mit Darlegung all des Guten, das Cyrus den Persern verschafft habe; und als er damit fertig war, entdeckte er die Wahrheit, mit der Erklärung, bisher habe er's verheimlicht, da ihm das Wahre zu sagen, gefährlich sey; jetzt aber sey er nothgedrungen, es zu entdecken; und sagte es dann heraus, den Sohn des Cyrus, Smerdes, habe er selbst, genöthigt durch Kambyses Machtwort, umgebracht, und die Magier seyen auf dem Königsthron. Darauf mit einem schweren Fluch über die Perser, wenn sie nicht ihre Herrschaft sich wiedergewinnen, und die Magier büßen ließen, stürzte er sich kopfunter vom Thurm hinab. So endigte Prexaspes, sein Leben lang ein ehrenhafter Mann.

76. Jene sieben Perser nun, nach ihrem Rathschluß, sogleich Hand an die Magier zu legen und Nichts zu verschieben, gingen hin, unter Gebet, zu den Göttern, ohne von dem Vorfall mit Prexaspes Etwas zu wissen. So waren sie gerade zur Hälfte ihres Weges gekommen, als sie die Geschichte mit Prexaspes erfuhren. Da traten sie aus dem Wege, und besprachen sich von Neuem; wobei von Seiten des Otanes durchaus die Meinung herrschte, zu verschieben, und in der allgemeinen Gährung Nichts zu unternehmen; von Seiten des Darius aber, sogleich hinzugehen, und das Beschlossene zu thun, nicht aber zu verschieben. In diesem ihren Gedränge zeigten sich sieben Falken-Paare, welche zwei Geier-Paare jagten, und zausten und verwundeten. Auf diesen Anblick gaben die Sieben allesammt der Meinung des Darius Beifall, und gingen sofort nach der Königsburg, in muthigem Vertrauen auf die Vögel.

77. Und als sie in's Thor traten, ging es so, wie Darius Meinung besagt hatte; indem die Wachen, aus Ehrerbietung vor den ersten Männern von Persien, und ferne davon, die eine solchen Vorhabens zu verdächtigen, sie durchließen, nicht ohne göttliche Schickung; wobei auch nicht Einer fragte. Wie sie nun in den Vorhof durchkamen, stießen sie auf die, immer zu den Anmeldungen aufgestellten, Verschnittenen, welche sie ausfragten, in welcher Absicht sie kamen, und unterm Ausfragen zugleich die Thorhüter bedrohten, weil sie Dieselben durchgelassen, und die Sieben, die weiter durchgehen wollten, aufhielten. Diese machten aber einander Muth, zogen ihre Dolche, und stießen, wie Jene sie aufhalten wollten, auf der Stelle sie nieder; und jetzt ging es im Lauf in den Männersaal.

78. Die Magier waren gerade damals Beide drinnen, und eben in der Berathung des Streiches von Prexaspes begriffen. Als sie nun sahen, daß die Verschnittenen, die auch schrieen, in ein Getümmel kamen, sprangen sie gleichfalls Beide auf; und wie sie merkten, was vorging, griffen sie zur Wehre. Der Eine nämlich erwischte noch geschwind den Bogen, der Andere griff zum Spieß. Da geriethen sie in's Sandgemenge. Der den Bogen zur Hand hatte, konnte, da ihm die Feinde schon so nah' auf dem Leibe waren, Nichts damit machen. Der Andere aber wehrte sich mit dem Spieß, und stieß zuerst den Aspathines in den Schenkel, dann den Intaphernes in's Auge, und wirklich verlor durch diese Hunde Intaphernes sein Auge; indessen starb er nicht. Diese verwundete also der eine Magier; der Andere, weil er mit seinem Bogen Nichts machen konnte, floh in's Gemach, welches an diesen Männerfaal stieß, und wollte da die Thüre schließen. Aber zwei von den Sieben stürzten mit ihm hinein, Darius und Gobryas. Da nun Gobryas mit dem Magier sich herumrang, stand Darius unschlüssig daneben, aus Besorgniß, im Finstern, wie es war, den Gobryas zu treffen. Gobryas aber, der ihn so ruhig dastehen sah, fragte, warum er seine Sand nicht brauche; worauf er antwortete: "Aus Besorgniß, dich zu treffen." Da entgegnete Gobryas: "Stoß meinetwegen durch uns Beide dein Messer!" Da stieß Darius mit seinem Dolche zu, und traf gerade den Magier.

79. Nach Ermordung der Magier schnitten sie ihnen die Köpfe ab, ließen dann ihre zwei Verwundeten daselbst zurück, sowohl wegen ihres Unvermögens, als zur Bewahrung der Burg. Die fünf Anderen liefen nun mit den Köpfen der Magier hinaus, und riefen mit Schreien und Lärmschlagen alle Perser herbei, erzählten die Sache, wiesen die Köpfe vor, und tödteten dabei jeden Magier, der ihnen unter der Weg kam. Wie aber die Perser mit der Handlung der Sieben zugleich den Betrug der Magier erfuhren, hielten auch sie für recht, ein Gleiches zu thun, zogen ihre Dolche, und tödteten die Magier, wo sie einen fanden; und sie hätten, wäre nicht die Nacht dazu gekommen, Keinen Magier übrig gelassen. Diesen Tag feiern die Perser sämmtlich am höchsten unter allen Tagen, und halten an ihm ein großes Fest, welches von den Persern das Magierblutfest genannt wird, an welchem kein Magier zum Vorschein kommen darf; sondern alle Magier halten sich den ganzen Tag in ihren Häusern.

80. Als nun das Getümmel zum Stillstand gekommen, und nach fünf Tagen aus war, beriethen sich die gegen die Magier verschworenen Männer über das Allgemeine, wobei Reden gesprochen wurden, die zwar einigen Hellenen unglaublich sind, darum aber doch gesprochen worden. Otanes nämlich wollte, das gemeine Wesen solle dem Volk der Perser selbst überlassen werden, indem er sprach: "Ich halte dafür, daß hinfort nicht mehr Einer aus und Alleinherrscher sey, weil Das weder angenehm noch gut ist. Denn ihr wißt selber von Kambyses Uebermuth, wie weit er gegangen ist, und habt auch den Uebermuth des Magiers mit erfahren. Wie sollte aber auch die Alleinherrschaft eine ordentliche Sache seyn, die ja Freiheit hat, zu thun, was beliebt, ohne Verantwortlichkeit? Muß sie doch selbst den, allerbesten Mann, mit der Einsetzung in diese Herrschaft aus seinen gewohnten Gesinnungen versetzen! Denn von dem vielen Guten, das er genießt, muß er in Uebermuth gerathen, und Mißgunst hat der Mensch ohnehin schon von Geburt. Wer aber diese Zwei hat, der hat alle Schlechtigkeit beisammen; indem er theils aus Uebermuth in viele Unthaten ausbricht, theils aus Mißgunst. Freilich ein Gewalthaber sollte frei von Mißgunst seyn, da er selbst jegliches Gute hat; aber er ist gegenüber von den Bürgern, gerade das Gegentheil in seiner Art. Denn er mißgönnt es den Besten, daß sie wohl und am Leben sind, und freut sich der Schlechtesten im Volk; ist in Anhören von Verläumdungen der beste, und im Umgang der wunderlichste Mann von der Welt. Denn bewunderst du ihn mit Maß, so ärgert er sich, daß ihm nicht stärker der Hof gemacht wird; macht ihm Einer stark den Hof, so ärgert er sich über ihn, als Schmeichler. - Und nun komme ich noch an's Aergste: er stößt die väterlichen Bräuche um, thut Weibern Gewalt an, tödtet Unverhörte. Das Volk dagegen, wenn es herrscht, bat erstlich den schönsten Namen von Allem, Freistaat (bürgerliche Freiheit, Rechtsgleichheit), und zum zweiten thut es Nichts von Allem Dem, was der Alleinherrscher thut. Es bestellt seine obrigkeitlichen Stellen durch das Loos, macht seine Stellen verantwortlich, und macht alle Rathschlüsse bei der Gemeinde anhängig. So gebe ich nun meine Meinung dahin, daß wir die Alleinherrschaft fahren lassen, und das Volk erheben. Denn in der Menge liegt Alles." Diese Meinung brachte Otanes vor.

81. Megabyzus aber wollte, man solle einer Minderzahl die Herrschaft geben, indem er sprach: "Was Otanes gegen eine Gewaltherrschaft spricht, das sag' auch ich; daß er aber für das Volk die oberste Macht verlangt, darin hat er die beste Meinung nicht getroffen. Denn es gibt nichts Unverstandenes und Uebermütigeres, als den blinden Haufen. Und nun, um eines Gewalthabers Uebermuth zu entgehen, dem Uebermuth einer meisterlofen Volksmenge in die Hände zu fallen, Das ist nicht auszuhalten. Jener nämlich thut doch, was er thut, mit Einsicht; im Wort aber ist kein Einsehen. Denn wie hätte es Einsicht, da es in Nichts belehrt ward, nichts Gutes, noch Anständiges weiß, und so über die Geschäfte herfällt, gleich einem jähen Bergstrom? Wer es also mit den Persern übel meint, der halte es mit der Volksmenge. Wir aber wollen einer Auswahl der besten Männer die Obers macht zutheilen, worunter ja auch wir seyn werden. Von den besten Männern kommen aber natürlich die besten Rathschlüsse. Diese Meinung brachte Megabyzus vor.

82. Darius aber that, als der Dritte, seine Meinung kund, indem er sprach: "Ich halte, was Megabyzus über die Volksmenge spricht, für richtig; aber was er über eine Herrschaft der Minderzahl sagt, für unrichtig. Denn von drei Möglichkeiten, wobei ich von jeder den besten Fall setze, von der besten Volksgemeinde, Herrschaft der Minderzahl und Alleinherrschaft, setze ich die Letztere weit über alle. Denn offenbar ist Nichts trefflicher, als ein einziger und der beste Mann, der nun immer in solcher Gesinnung über das Volk ohne Tadel waltet, und bei dem auch Rathschlüsse gegen den Feind am eh'sten verschwiegen bleiben. Aber bei einer Regierung der Minderzahl, wo Viele um Verdienste für's Allgemeine eifern, entstehen gern starte persönliche Feindschaften. Während nämlich Jeder selbst der Erste seyn und seinen Sinn immer durchsetzen will, gerathen sie untereinander in heftige Feindschaften, woraus Rottenwesen entsteht, und aus dem Rottenwesen Mord, und aus dem Mord geht's zuletzt in Alleinherrschaft aber, wodurch eben dargethan wird, wie sehr diese das Beste ist. Hinwiederum, wo das Volk herrscht, ist es unmöglich, daß nicht Schlechtigkeit entstehe. Entsteht aber Schlechtigkeit im gemeinen Wesen, so entstehen keine Feindschaften unter den Schlechten, wohl aber starte Freundschaften; indem Die, welche es mit der Gemeinde schlecht machen, sich unter Eine Decke stecken. Und das geht so, bis sich Einer an die Spitze des Volkes stellt, und ihrem Wesen ein Ende macht. Alsbald wird nun Dieser vom Volk hochgefeiert, und sonach zeigt er sich schon als Alleinherrscher, wodurch aber auch Dieser einen Beweis liefert, daß die Alleinherrschaft das Vortrefflichste ist. Endlich um Alles zusammen mit Einem Wort zu sagen: woher haben wir unsere Freiheit? Von Wem bekommen? Vom Volk, von der Minderzahl, oder einem Alleinherrscher? Also bin ich der Meinung: wie wir durch einen Mann frei geworden sind, so sollen wir Das fest halten, und überdem die väterlichen Bräuche nicht auflösen, die gut sind; weil das nicht frommt."

83. Diese drei Meinungen kamen vor; die vier Uebrigen aber von den Sieben traten der letzten bei. Da nun Otanes, der aus Persien einen Freistaat zu machen suchte, mit seiner Meinung unterlag, erklärte er sich gegen sie, wie folgt: "Verschworene Genossen, da es nun klar ist, daß Einer von uns König werden muß, sey’s nun durch's Loos, oder mit Uebertragung an's Volk der Perser, Wen Diese wählen, oder auf einem andern Wege: so will ich nicht mit euch in die Schranken treten; denn ich mag weder herrschen, noch beherrscht werden. Und mit dem Beding steh' ich von der Herrschaft ab, daß ich von einem von euch beherrscht werde, weder ich selbst, noch meine Nachkommen jeder Zeit." Da auf dieses Wort die Sechs in seinen Beding eingingen, stellte sich Dieser nicht mit in die Schranken, sondern trat aus. Und so ist dieß jetzt noch immer das einzige freie Haus der Perser, das nur soweit unter der Herrschaft steht, als es selber mag, ohne die Bräuche der Perser zu übertreten.

84. Nun hielten die Uebrigen von den Sieben Rath, wie sie sich am besten einen König einsetzen wollten, wobei sie vorerst beschlossen, es solle dem Otanes und seinen Nachkommen jeder Zeit, wofern Einer der Sieben außer ihm König werde, alljährlich zur Auszeichnung ein Medisches Kleid gereicht werden, rammt Allem, was in Persien das höchste Ehrengeschenk ausmacht. Und daß ihm Dieß gereicht werde, machten sie darum aus, weil er zuerst den Anschlag gemacht, und sie in den Bund gebracht hatte. Dem Otanes machten sie also Dieß zur Auszeichnung, für sich aber noch Das zu gleichen Rechten aus, es rolle Jeder der Sieben, wann er wolle, ohne Anmeldung in die Königsburg gehen, wofern nidyt der König gerade im Frauengemach schlafe; und der König dürfe aus keinem andern Geschlecht freien, als unter den Mitverschworenen. Dann machten sie über das Königthum aus, daß Derjenige, dessen Pferd bei Sonnenaufgang, wahrend sie in der Vorstadt ritten, zuerst einen Laut geben würde, das Königthum haben solle.

85. Nun hatte Darius einen Stallknecht, einen klugen Menschen, mit Namen Oebares. Zu Diesem sprach, nachdem sie auseinander gegangen waren, Darius also: "Oebares, wir haben beschlossen, mit dem Königthum es also zu machen, daß Derjenige, dessen Pferd mit Sonnenaufgang, während wir reiten, zuerst einen Laut von sich gibt, das Königthum haben soll. Und wenn du nun etwas Kluges weißt, so stelle es an, daß wir diesen Preis gewinnen, und kein Anderer." Darauf antwortet ihm Oebares: "Wenn es eben hieran liegt, mein Gebieter, ob du König bist, oder nicht, so sey deßhalb getrost, und habe guten Muth, daß über dir kein Anderer König wird: dazu hab' ich meine Mittel." - "Nun," - sagte Darius, "wenn du so einen klugen Kunstgriff weißt, so ist's Zeit, Solches, ohne Aufschub, anzustellen, da morgendes Tages unser Probstück gespielt wird." Als Das Oebares hörte, machte er's folgendermaßen. Er nahm, als es Nacht war, von den Stuten eine, die dem Pferd des Darius am liebsten war, band sie draußen in der Vorstadt an, und führte dann das Pferd des Darius dazu, und nachdem er's erst vielmals um die Stute herumgeführt und an ihr hatte anlaufen lassen, ließ er zuletzt den Hengst sie bespringen.

86. Mit Anbruch des Tages stiegen die Sechs verabtermaßen zu Pferde, und wie sie bei'm Ausreiten in der Vorstadt an die Stelle kamen, wo in der vergangenen Nacht die Stute angebunden war, so sprang des Darius Pferd an, und wieherte; zugleich fiel auch, wie das Pferd Dieß that, ein Blitz aus heiterer Luft und Donnerschlag. Diese dem Darius zutreffenden Zeichen entschieden für ihn, als wäre hier eine Veranstaltung getroffen; worauf die Andern von den Pferden sprangen, und sich vor Darius, als ihrem König, niederwarfen.

87. Also hab eo, behaupten Einige, Oebares angestellt, wie folgt (indem es auf beide Weisen von den Persern erzählt wird): daß er die Stute an ihren Theilen mit der Hand gestrichen, und darauf die Hand in die Hosen gesteckt habe. Alsdann, wie mit Sonnenaufgang die Pferde angesprengt wurden, habe eben dieser Oebares reine Hand hervorgezogen und dem Pferd des Darius unter die Nüstern gehalten, so daß dieses mit Schnauben wieherte.

(Schluß.)

(Darius, Hystaspes S. 523 v. Ch.)

88. So wurde denn Darius, Hystaspes Sohn, König, und ihm war, außer den Arabern, ganz Asien untergeben, nach der Unterwerfung durch Cyrus und der fernern durch Kambyses. Aber die Araber ergaben sich den Persern niemals in Knechtschaft, sondern wurden befreundet mit ihnen, indem sie den Kambyses nach Aegypten durchließen. Denn wider Willen der Araber hatten die Perser nicht nach Aegypten eindringen können. Frauen freite aus Darius die ersten in Persien; einmal zwei Töchter des Cyrus, Atossa und Artystone; wovon Atossa schon vorher ihres Bruders Kambyses, und dann des Magiers Ehgemahl gewesen, Artystone aber Jungfrau war. Noch freite er eine Tochter des Smerdes, des Sohnes von Cyrus, mit Namen Parmys. Dazu hatte er auch die Tochter des Otanes, die den Magier offenkundig gemacht hatte. Nun ward seine Macht vollkommen. Da ließ er zuerst ein Bildniß von Stein machen, das er aufstellte, worauf ein Reiter abgebildet war, und dazu eine Inschrift, die so viel besagt: "Darius, der Sohn des Hystaspes, ist mittelst der Tugend seines Pferdes (mit Namensangabe) nach des Oebares, seines Stallknechts, König der Perser geworden."

89. Nachdem er Das in Persien gethan, setzte er zwanzig Herrschaften fest, was sie Satrapieen nennen. Und nach Festsetzung der Herrschaften und Einsetzung von Statthaltern verordnete er die Einlieferung der Abgaben nach den Völkern; wobei er den Völkern auch ihre Nebenländer beiordnete, und über die Grenznachbarn hinaus dem einen das, dem andern jenes fernere Volk zutheilte. Die Herrschaften aber und die jährliche Abgabeneinlieferung bertheilte er so: Die, welche Silber entrichten, hatten das Talent nach Babylonischem Gewichte, und Die, welche Gold entrichten, nach Euböischem zu entrichten. Das Babylonische Talent beträgt aber siebzig Euböische Minen. Nämlich unter der Herrschaft des Cyrus und dann des Kambyses war Nichts über die Abgaben festgesetzt, sondern sie lieferten Geschenke. Und wegen dieser Anordnung der Abgaben und Mehrerem der Art sagen die Perser, Darius sey ein Mäkler gewesen, Kambyses ein Herrscher, Cyrus ein Vater; Jener, weil er aus Allem Mäklerei machte, der Andere, weil er hart und ein Verächter, der Dritte, weil er milde war und alle Güter ihnen verschaffte.

90. Von den Ioniern nun, den Asiatischen Magneten, 120 den Aeoliern, Kariert, Lyciern, Milyern 121 und Pamphyliern (denn Diesen hatte er zusammen die Abgabe angeordnet) gingen vierhundert Talente Silbers ein. Das war der erste Kreis, den er festsetzte. 122 Und von den Mysiern, Lydiern, Lakoniern, Kabaliern und Hygenniern fünfhundert Talente. Dieß war der zweite Kreis. Und von den Hellespontiern zur Rechten der Einfahrt, und den Phrygiern, den Asiatischer Thraciern, den Paphlagonen, Mariandynern und Syrern war die Abgabe dreihundert und sechzig Talente. Dieß war der dritte Kreis. Und von den Ciliciern dreihundert und sechzig weiße Pferde, von jedem Tage eins, sammt fünfhundert Talenten Silbers; wovon hundert und vierzig für die wachhabende Reiterei im Cilicischen Gebiete aufgewandt wurden, die andern dreihundert und sechzig dem Darius zuflossen. Dies war der vierte Kreis.

91. Und von der Stadt Posidium, die Amphilochus, Amphiaraus Sohn, an den Grenzen der Cilicier und Syrer anbaute, von da an bis Aegypten, außer dem Theile der Araber, was nämlich frei war von Zins, war die Abgabe dreihundert und fünfzig Talente. In diesem Kreise ist aber ganz Phönizien, das sogenannte Palästinische Syrien und Cypern. Dieß ist der fünfte Kreis. Und von Aegypten, den an Aegypten angrenzenden Libyern und Cyrene sammt Barka (welche nämlich zum Aegyptischen Kreise gefügt wurden) gingen siebenhundert Talente ein, neben dem vom Mörissee kommenden Gelde, was von den Fischen kom. Also außer diesem Gelde und dem zu vermessenden Korn gingen siebenhundert Talente ein; indem sie nämlich überdieß den in der weißen Burg zu Memphis liegenden Persern sammt ihren Hülfstruppen hundert und zwanzigtausend Maß verabreichen. Dieß der sechste Kreis. Und die Sattagydier, Gandarier, Dadiker und Aparyter, die zusammengenommen wurden, trugen hundert und siebzig Talente ab. Dieß der siebente Kreis. Und von Susa und dem übrigen Cissiergebiete dreihundert. Dieß der achte Kreis.

92. Und von Babylon und dem übrigen Assyrien gingen ihm tausend Talente Silbers ein und fünfhundert verschnittene Knaben. Dieß der neunte Kreis. Und von Agbatana und dem übrigen Medien, den Parikaniern 123 und den Orthokorybantiern vierhundert und fünfzig Talente. Dieß der zehnte Kreis. Und die Kaspier und Pausiker, die Panthimater sammt den Dariten, entrichteten zweihundert Talente als gemeinsamen Schoß. Dieß der elfte Kreis. Und von den Baktrianern bis auf die Aeglier war die Abgabe dreihundert und sechzig Talente. Dieß der zwölfte Kreis.

93. Und von Paktyika und den Armeniern und ihren Grenznachbarn bis zum Pontus Euxinus (schwarzen Meere) vierhundert Talente. Dieß der dreizehnte Kreis. Und von den Sagartiern, Sarangen, Thamanäern, Utiern, Mykern, und Denen, die auf den Inseln im Erythräischen Meere wohnen, auf welche der König die sogenannten Landesverwiesenen versetzt, von Diesen sämmtlich war die Abgabe sechshundert Talente. Dieß der vierzehnte Kreis. Und die Saker und Kaspier 124 entrichteten zweihundert und fünfzig Talente. Dieß der fünfzehnte Kreis. Und die Parther, die Chorasmier und Sogdier sammt den Ariern dreihundert Talente. Dieß der sechzehnte Kreis.

94. Und die Parikanier und Asiatischen Aethiopier entrichteten vierhundert Talente. Dieß der siebzehnte Kreis. Und den Matienern, Saspiren und Alarodiern waren zweihundert Talente auferlegt. Dieß der achtzehnte Kreis. Und den Moschiern, Tibarenern, Makronern, Mosynöken und Maren 125 waren dreihundert Talente angesetzt. Dieß der neunzehnte Kreis. Und die Indier, bei Weitem das größte Volk unter allen, so viel wir wissen, entrichteten auch eine Abgabe, wie keine von den andern allen, dreihundert und sechzig Talente Goldsand. Dieß der zwanzigste Kreis.

95. Das Babylonische Geld nun auf's Euböische Talent umgesetzt, macht es neuntausend fünfhundert und vierzig Talente. 126 Und das Gold auf's Dreizehnfache (des Silbers) berechnet, ergibt der Goldsand eine Summe von viertausend sechshundert und achtzig Talenten. So ist denn der Gesamtbetragdie Zahl vierzehntausens fünfhundert und sechzig, die gleich nachher als Gesamtbetrag von Allem, was dem Darius als jährliche Abgabe einlief, an Euböischen Talenten vierzehntausend fünfhundert und sechzig; wobei ich, Was noch von kleineren Zahlen dabei ist, hier weglasse.

96. Diese Abgaben gingen dem Darius von Asien ein und von einem kleinen Theile Libyens. Nach einiger Zeit gingen ihm aber auch von den Inseln noch Abgaben ein, und aus Europa von den Völkern bis nach Thessalien herab. DieseAbgaben legt der König auf folgende Art in den Schatz: Er gießt sie geschmolzen in irdene Gefäße, und nimmt, wenn ein Geschirr voll ist, das Gefäß davon weg. So oft er dann Geld braucht, schlägt er so viel ab, als er eben braucht.

97. Das waren die Herrschaften und angesetzten Abgaben. Die Landschaft Persis aber habe ich nicht als zinsbar angegeben, weil die Perser eine steuerfreie Landschaft haben. Und den Folgenden war zwar keine Abgabe angesetzt, sie lieferten aber Geschenke: Die an Aegypten grenzenden Aethiopier, welche Kambyses auf seinem Zuge wider die langlebenden Aethiopier sich unterwarf, welche um das heilige Nysa wohnen und dem Dionysos ihre Feste feiern. Diese Aethiopier und ihre Nachbarn haben denselben Saamen, 127 wie die Kalanthischen Indier, und ihre Wohnungen sind unterirdisch. Diese entrichteten beide gleich), je am dritten Jahre, 128 Was sie auch noch bis auf meine Zeit entrichten, zwei Chönix uns geläutertes Gold, zweihundert Stämme Ebenholz, fünf Aethiopische Knaben und zwanzig große Elefantenzähne. Auch die Kolchier legten sich Geschenke auf und ihre Grenznachbarn bis zum Kaukasischen Gebirge, da bis zu diesem Gebirge die Persische Herrschaft reicht; Was aber gegen den Nordwind vom Kaukasus liegt, sich Nichts mehr um die Perser bekümmert. Diese also lieferten als selbst auferlegte Geschenke noch bis auf meine Zeit an jedem fünften Jahre hundert Knaben und hundert Jungfrauen. Und die Araber lieferten alljährlich tausend Talente Weihrauch. Diese brachten denn dem Könige solche Geschenke neben seinen Abgaben.

98. Jenes viele Gold nun, wovon die Indier dem Könige den besagten Goldrand bringen, gewinnen sie auf folgende Art. Der Strich vom Indischen Lande nach Sonnenaufgang ist Sand. So weit wir nämlich wissen, und so weit bestimmte Kunde geht, sind die Menschen, die zunächst am Morgen und Sonnenaufgange in Asien wohnen, die Indier. Denn von den Indiern gegen Morgen ist Alles nur Wüste wegen des Sandes. Nun sind viele Völkerschaften der Indier, die auch nicht die gleiche Sprache haben, und wovon einige Wandervölker sind, andere nicht. Andere wohnen im Marschlande ihres Stromes, und speisen Fische roh, welche sie von ihren Rohrkähnen aus fangen. Von diesem Rohre gibt jeder Abfalls einen ganzen Kahn. Diese Indier tragen ein Binsenkleid, 129 indem sie die Binsen, welche sie allemal am Flusse schneiden und in Streifen theilen, nach Art einer Matte zusammenflechten, und dann, wie einen Panzer, anziehen.

99. Die weitern Indier, die von diesen gegen Morgen wohnen, ein Wandervolk, sind Rohfleischesser, und heißen Padäer. Ihre Gebräuche, sagt man, sind folgende: Wer von ihren Mitbürgern krank wird, sez's Mann oder Weib, da tödten immer den Mann die Männer von seiner nächsten Umgebung, mit der Behauptung, die Krankheit zehre ihn ab und verderbe ihnen sein Fleisch; wogegen er läugnet, er sey nicht krank, sie ihn ohne Nachricht umbringen und verschmansen. Und wenn ein Weib krank wird, machen es die Weiber von ihrer nächsten Umgebung eben so, wie die Männer. Es wird nämlich auch, Wer in's Alter kommt, als Opfer von ihnen verschmanst. Aber in diesen Fall kommen ihrer nicht Viele, weil sie Jeden, der in eine Krankheit fällt, vorher tödten.

100. Wiederum gibt es Indier, welche die andere Weise haben, daß sie nichts Lebendiges tödten, auch Nichts säen, auch bei ihnen keine Häuser gewöhnlich sind; sondern sie essen Gras, und haben eines von der Größe einer Hirse in einer Schote, was von selbst aus der Erde wächst, welches sie sammeln, und sammt der Schote gekocht speisen. Und wenn Einer von ihnen in Krankheit fällt, geht er in die Einöde und legt sich dahin; und Niemand kümmert sich, ob er todt oder krank ist.

101. Bei allen diesen Indiern, die ich aufgezählt habe, ist die Begattung öffentlich, wie bei'm Vieh; auch haben Alle die gleiche, mit den Aethiopiern ähnliche, Hautfarbe. Und ihr Menschensaamen, womit sie die Weiber befruchten, ist nicht, wie bei den andern Menschen, weiß, sondern schwarz, wie die Hautfarbe; wie denn auch die Aethiopier solchen Saamen haben. Diese Indischen Völker wohnen noch ferner von den Persern, und zwar gegen den Südwind; waren auch dem Könige Darius niemals untergeben.

103. Andere Indier sind die Grenznachbarn von der Stadt Kaspatyrus und der Landschaft Paktyika, wohnen gegen Mitternacht und den Nordwind von den andern Indiern, und führen ein ähnliches Leben, wie die Baktrier. Dieß sind auch die streitbarsten von den Indiern, und eben Die, welche nach den Golde geschickt werden. Dort nämlich, ist jene Sands wüste; und in derselben Wüste und diesem Sande gibt es Ameisen, an Größe zwar kleiner, als Hunde, aber größer, als Füchse. Man hat nämlich auch welche bei dem Könige der Perser, die von dorther gefangen sind. Diese Ameisen also, indem sie sich unter der Erde anbauen, graben den Sand auf, wie die Ameisen bei den Hellenen, und auf dies selbe Art, und sehen auch gerade so aus; der aufgegrabene Sand aber ist goldhaltig. Nach diesem Sande werden die Indier in die Wüste geschickt, wozu Jeder drei Kamele ans schirrt, auf beiden Seiten ein männliches, das frei an der Hand läuft, und in der Mitte ein weibliches, welches letztere er selbst besteigt und zwar sucht er hiezu mit Fleiß immer eines aus, das noch recht kleine Jungen hat, von denen es nun weg in's Geschirr muß. Ihre Kamele geben nämlich den Pferden an Schnelligkeit Nichts nach, außerden, daß sie viel größere Lasten tragen können.

103. Die Gestalt nun, welche das Kamel hat, will ich, als den Hellenen bekannt, nicht beschreiben; aber Was ihnen daran nicht bekannt ist, will ich bezeichnen. Das Kamel hat an seinen hintern Beinen vier Schenkel und vier Kniee, und seine Geschlechtstheile sind, zwischen den Hinterbeinen durch, dem Schwanze zugekehrt.

104. Jene Indier reiten nun immer mit dieser Art und Weise der Anschirrung nach dem Golde so aus, daß berechnetermaßen ihr Raub in die heißeste Zeit fällt, weil vor der Hitze sich die Ameisen in die Erde verstecken. Um heißesten ist aber die Sonne bei diesen Leuten am Morgen, nicht, wie bei den Andern, des Mittags, sondern in ihrem steilen Stande bis zur Stunde, wo der Markt leer wird. In dieser Zeit ist es viel heißer, als in Hellas zu Mittag, so daß man vernimmt, die Leute stünden dann ganz im Wasser. Die Tagesmitte aber ist bei den Indiern fast nämlich so heiß, wie bei den andern Menschen; aber in der Nachmittagszeit ist die Sonne bei ihnen, wie bei den Andern die Morgensonne; und von da an wird es nun immer kälter, bis es zuletzt bei Sonnenuntergang ganz kalt ist. 130a

105. Wenn nun die Indier an Ort und Stelle kommen, füllen sie den Sand in Säcke, die sie bei sich haben, und reiten dann eiligst zurück. Denn alsbald kommen die Ameisen, die es (wie nämlich die Perser sagen) am Geruche merken , hinter ihnen drein; und sie seyen von einer Schnelligkeit, wie nichts Anderes, so daß von den Indiern, wenn sie nicht einen Vorsprung gewannen, während die Ameisen sich sammeln, Keiner davon käme. Da würden denn die männlichen Kamele, die ohnehin schlechtere Läufer als die weiblichen seyen, auch eher müde, und könnten beide nicht gleichmäßig mitlaufen; aber die weiblichen, ihrer zurückgelassenen Jungen eingedenk, gäben nicht nach. Auf diese Art gewinnen die Indier das meiste Gold, nach Aussage der Perser; anderes, nur viel weniger, wird auch in ihrem Lande gegraben.

106. Den äußersten Enden der Welt sind überhaupt die Edelgüter beschieden, gleichwie die alleredelste Mischung der Jahreszeiten Hellas beschieden ist. Denn einmal gegen Morgen ist das äußerste Land der Welt das Indische, wie ich vor Kurzem erst gesagt habe. Hier sind zuerst die vierfüßiges Thiere und die Vögel viel größer, als in den andern Gegenden, außer den Pferden (worin sie nämlich übertroffen werden von den Medischen, den sogenannten Nisäischen Pferden); dann ist daselbst unermeßliches Gold, das sowohl aus Schlachten, als auch aus goldführenden Flüssen, als auch, wie ich's angezeigt, durch Raub gewonnen wird. Auch tragen daselbst die wilden Bäume als Frucht eine Wolle, die an Feinheit und Güte weit über die Schafwolle kommt; wie denn auch die Indier von diesen Bäumen ihre Kleider haben.

107. Sodann gegen Mittag ist Arabien das äußerste aller Länder der Welt. Und hier ist es, wo allein unter allen Ländern der Weihrauch wächst und Myrrhe, Kasia, Zimmt und Ledanum. Alles Das, die Myrrhe ausgenommen, gewinnen die Araber nicht ohne Mühe. Den Weihrauch nämlich bekommen sie mittelst Verbrennung des Styrax, 130 welchen die Phönizier in's Hellenische ausführen; und dessen Verbrennung brauchen sie dazu. Denn eben die Weihrauchbäume hüten geflügelte Schlangen von geringer Größe, buntem Aussehen, und einer großen Menge bei jeglichem Baume, dieselben, die auch gegen Aegypten ziehen; 131 diese lassen sich, mit nichts Anderem von den Bäumen vertreiben, als mit Styraxdampf.

108. Dazu sagen die Araber, daß die ganze Erde dieser Schlangen soll wäre, wenn es nicht mit ihnen ginge, wie mir bekannt war, daß es mit den Vipern geht. Und überhaupt ist die Vorsehung der Gottheit, wie natürlich, gar weise bestellt. Denn was feigherzige und eßbare Thiere sind, die hat sie sämmtlich vielträchtig gemacht, damit sie nie alle aufgegessen werden; die bösen und lästigen aber allesammt wenigträchtig. Erstlich der Hase, weil er von jedem Thiere und Vogel und Menschen gejagt wird, so ist er auch vieltrachtig, und hat allein unter allen Thieren Nachschwängerung, so daß er, wenn ein Junges in seinem Leibe schon behaart, eines noch unbehaart ist, und eines eben in der Gebärmutter sich bildet, noch eins empfängt. Erstlich also ist Dieses so. Aber die Löwin, dieses gewaltigste und wildeste Thier, hat einmal im Leben ein Junges. Denn bei der Geburt wirft sie zugleich mit dem Jungen die Gebärmutter ab. Davon ist Dieß die Ursache. Wenn das Juage im Mutterleibe ich anfängt zu bewegen mit seinen Klauen, deren es unter allen Thieren die schärfsten hat, da ritzt es die Gebärmutter, und wie es größer wird, kommt es immer weiter im Zerkratzen, und wie's an der Niederkunft ist, da hat es gar nichts mehr gelassen, was noch ganz daran wäre.

109. So auch, wenn die Vipern, und bei den Arabern die geflügelten Schlangen, nach ihrem natürlichen Vermögen fortkämen, könnte kein Mensch mehr leben. Nun bekommt aber, wenn sie sich paarweise bespringen, und eben das Männchen in der Entäußerung begriffen ist, noch während es den Saamen läßt, das Weibchen seinen Hals zu packen, bleibt daran hängen, und läßt nicht eher los, als bis es aufgefressen ist. Das Männchen stirbt denn auf die besagte Art. Und das Weibchen muß dafür dem Männchen dadurch büßen, daß die Kinder im Mutterleibe schon ihren Vater rächen, indem sie die Gebärmutter aufessen und den Mutterleib anfressen, um so herauszukommen. Die andern Schlangen aber, die den Menschen nicht schädlich sind, legen Eier und brüten eine Menge Junge aus. Während es nun aber Vipern überall auf der Erde gibt, sind die geflügelten in Arabien in ganzer Fälle beisammen, und sonst nirgends, wodurch denn ihre Zahl groß erscheint.

110. So gewinnen also die Araber ihren Weihrauch; die Kasia aber, wie folgt. Erst verbinden sie sich mit Leder und sonstigen Häuten den ganzen Leib und das Gesicht, die Augen allein ausgenommen: und so gehen sie auf die Kasia aus. Diese wächst in einem See, der nicht tief ist; um ihn aber und in ihm hausen gewisse geflügelte Thiere, den Fledermäusen zumeist vergleichbar, die arg schwirren und sich stark wehren können. Diese müssen sie sich von den Augen abhalten, und schneiden so die Kasia.

111. Den Zimmt aber sammeln sie noch wunderbarer ein. Denn wo er entsteht und welches Land ihn hervorbringt, sind sie nicht einmal in Stande anzugeben, nur daß nach wahrscheinlichem Urtheile Einige behaupten, er wachse in denjenigen Gegenden, in welchen Dionysus erzogen ward. 132 Und große Vögel, sagen sie, seyen es, welche die Späne bringen, die wir von den Phöniziern Cinnamomum (Zimmt) zu nennen gelernt haben; und zwar brächten sie die Vögel mit zu Nestern, die sie mit Koth an jähe Felsen anbauen, wo kein Mensch hinkommen könne. Dafür hätten denn die Araber folgendes kluge Mittel. Sie zerschneiden das Fleisch von draufgegangenen Rindern, Eseln und sonstigem größeren Vieh in recht große Stücke, tragen dieselben in jene Gegenden, und lassen sie nahe bei den Nestern liegen, während sie selbst weit davon weggehen. Da fliegen die Vögel herunter, und tragen die Stücke von solchem großem Vieh in ihre Nester obenauf, die Das aber nicht aushalten können, und auf die Erde herunterstürzen, worauf Jene hinzugehen, und so den Zimmt einsammeln, welcher alsdann von ihnen aus in die andern Länder kommt.

112. Aber das Ledanum, was die Araber Ledanum heißen, ist in seiner Herkunft noch wundersamer, da es vom Allerübelriechendsten herkommt, und das Allerwohlriechendste ist. Denn es wird in den Bärten der Ziegenböcke gefunden, wo es ausschwitzt, wie Harz aus dem Holze. Und Das ist zu vielen Salben dienlich; auch räuchern damit die Araber vornehmlich.

113. Hiemit sey genug vom Räucherwerke gesagt; das Arabische Land duftet aber auch himmlisch. Noch gibt es bei ihnen zwei bewundernswerthe Arten von Schafen, die es sonst nirgends gibt. Davon hat die eine Art Schwänze, die in der Länge nicht unter drei Ellen sind; und ließe man sie dieselben nachschleppen, so bekämen sie Wunden, da die Schwänze auf der Erde sich aufreiben müßten. Nun aber versteht von den Hirten sich jeder so weit auf die Holzarbeit, um Wägelchen zu machen, die sie ihnen unter die Schwänze binden, so daß jedes Stück Vieh seinen Schwanz auf ein eigenes Wägelchen gebunden hat. Die andere Art Schafe hat Schwänze, die in der Breite auf eine Elle kommen.

114. In dem Striche von Mittag gegen Sonnenuntergang zieht sich als das äußerste Land der Welt Aethiopien hinab; und dieses bringt Gold in Menge hervor, Elephanten von mächtigem Umfange, wilde Bäume von aller Art, Ebenholz, und Menschen von höchster Größe, Schönheit und Lebensdauer.

115. Das sind die äußersten Länder in Asien und in Libyen. Von den äußersten Ländern in Europa bin ich aber nicht im Stande, etwas Bestimmtes zu sagen. Denn ich nehme nicht an, daß ein Strom von den Barbaren Eridanus genannt werde, der in das Meer gegen den Nordwind sich ergöße, von dem der Bernstein, nach der Sage, herkäme; noch wüßte ich, daß es Zinninseln gibt, aus welchen unser Zinn kommt. Denn erstlich, der Eridanus gibt sich als Name schon selbst als hellenisch und nicht barbarisch, sondern von einem Dichter erdichtet zu erkennen; und dann kann ich von keinem Augenzeugen, wie Das mir angelegen ist, Etwas über ein Meer hinter Europa hören. Indessen aus den äußersten Ländern kommt das Zinn und der Bernstein zu uns.

116. Im Norden von Europa findet sich bei Weitem das meiste Gold. Wie es aber gewonnen wird, darüber bin ich wieder nicht im Stande, etwas Bestimmtes zu sagen. Man sagt, den Greifen werde et gestohlen von den Arimaspen, einäugigen Menschen. Das glaube ich aber wieder nicht, daß es Menschen gibt, die einäugig auf die Welt kommen, und sonst die gleiche Natur, wie die andern Menschen, haben. So enthalten also wirklich die Enden der Welt, welche die andern Länder umschließen und unter sich begrenzen, die Edelgüter, die uns für die kostbarsten gelten, in sich.

117. In Asien ist auch eine Ebene, rings von einem Gebirge umschlossen; und dieses Gebirge hat fünf Schluchten. Diese Ebene gehörte ehedem den Chorasmiern, liegt auch an den Grenzen der Chorasmiern, so wie der Hyrkanier, Parther, Sarangier und Thamanäer, gehört aber, seitdem die Perser die Obermacht haben, dem Könige. Aus diesem Gebirgskranze fließt ein großer Strom, mit Namen Akes. Dieser bewässerte vordem, fünffach zertheilt, die eben genannten Länder, indem er durch jede Schlucht einem derselben zufloß. Seit sie aber unter dem Perser stehen, sind sie in folgende Lage gekommen: Der König hat die Schluchten des Gebirges verdämmt und Schleußen vor jede Schlucht gelebt, so daß dem Wasser der Ausgang versperrt und also die Ebene innerhalb des Gebirges ein See geworden ist, da der Fluß immer Wasser gibt, ohne irgend einen Ablauf zu haben. Daher haben Jene, die vordem gewohnt waren, das Wasser zu haben, und es jetzt nicht mehr haben können, beständig große Noth. Denn im Winter regnet ihnen zwar der Gott auch, wie den andern Menschen; Des Sommers aber, wo sie Hirsen und Sesam säen hätten sie Wasser nöthig. Wenn ihnen nun kein Wasser mehr zugelassen ist, geben sie nach Persien mit ihren Weibern, stellen sich dem Könige vor's Thor und erheben ein Geheul. Darauf gibt der König für Die, welche die dringendste Forderung Haben, Befehl, die in ihr Land führenden Schleußen zu öffnen; und wenn nun ihr Boden vom Wasser satt getränkt ist so werden diese Schleußen wieder gesperrt: und er gibt wies der den Befehl zur Oeffnung für Andere, welche jetzt gerade unter Allen die dringendste Forderung haben. Und wie ich mir habe ragen lassen, so nimmt er für dieses Oeffnen schweres Geld, neben den Abgaben. So verhält sich Dieses. 133

118. Von den sieben ehemals gegen den Magier aufgestandenen Männern hatte Einer, Intaphernes, gleich nach jener Verschwörung das Schicksal, daß er durch folgender Frevel seinen Tod fand. Er wollte in die Königsburg zu einem Geschäft mit dem Könige gehen; und da bestand das Gesetz unter den ehemals gegen den Magier Aufgestandenen, daß sie zum Könige ohne Meldung Zutritt haben sollten, wofern der König nicht gerade seiner Frau beiwohnte. So fand denn Intaphernes nicht für gut, sich erst noch anmelden zu lassen; sondern wollte, als Einer der Sieben, gerade hineingehen. Der Thürhüter aber und der Anmelder ließen Das nicht zu, mit dem Bedeuten, der König sey bei seiner Frau. Da that Intaphernes, in der Meinung, sie lügen ihn an, folgende That: Er zog seinen Säbel, hieb ihnen Ohren und Nase ab, steckte dieselben durch den Zügel seines Rosses, band sie ihnen alsdann um den Hals, und verließ sie so.

119. Nun zeigten sie sich dem Könige, und sagten die Ursache, warum sie diese Mißhandlung erfahren hätten. Darius,welcher befürchtete, es möchten Dieß die Sechs mit einander so ausgemacht haben, ließ Einen nach dem Andern kommen, und erforschte ihren Sinn, ob sie mit der That einverstanden wären. Da er sich aber überzeugte, daß er's ohne sie gethan hatte, ließ er den Intaphernes sammt allen seinen Kindern und Verwandten greifen, voll von dem Argwohne, daß er mit seinen Angehörigen eine Verschwörung gegen ihn angelegt habe; weßhalb er Alle aufgriff und in Bande legte auf den Tod. Da ging die Frau des Intaphernes immer hinaus vor das Thor des Königs, und weinte und wehklagte; und wie sie damit beständig fortfuhr, bewegte sie den Darius zum Mitleid. Er sandte denn einen Boten, und ließ ihr sagen: "Frau, der König Darius schenkt dir Einen von deinen Verwandten zur Lösung aus den Banden, den du selbst aus Allen wählen magst." Darauf ging sie mit sich zu Rathe, und gab zur Antwort: "Wenn mir der König von Einem das Leben schenkt, so nehme ich mir aus Auen meinen Bruder heraus." Da Dieß dem Darius zukam, und er sich ihrer Antwort verwunderte, ließ er ihr die Worte sagen: "Frau, der König fragt dich, Was du dabei gedacht, daß du deinen Mann sammt deinen Kindern im Stiche gelassen, und die Erhaltung deines Bruders vorgezogen hast, der dir doch gar nicht so nahe, wie deine Kinder und wie dein Mann, liebwerth ist?" Darauf erwiederte sie: "König, einen Mann kann ich wieder bekommen, wenn der Himmel will, und auch andere Kinder, wenn ich diese verliere; aber da Vater und Mutter mir nicht mehr leben, kann ich einen Bruder auf keine Weise mehr bekommen. Dieß dachte ich in meinem Sinne, als ich die Antwort gab." Das däuchte auch dem Dariuswohlgesprochen von der Frau, und er gab ihr zu Dem, welchen sie sich ausbat, auch den Aeltesten ihrer Söhne frei, ans Wohlgefallen an ihr. Die Andern aber tödtete er alle. Von den Sieben also kam einer gleich anfangs auf so besagte Weise um.

120. So ziemlich um die Zeit der Krankheit des Kambyses geschah auch Folgendes. Von Cyrus war zum Statthalter in Sardes Orötes, ein Perser, eingesetzt worden. Dieser faßte ein frevelhaftes Verlangen, indem er Polykrates, den Samier, ohne Etwas von ihm erlitten, oder ein schlechtes Port von ihm gehört, ja ohne ihn noch gesehen zu haben, in seine Gewalt zu bekommen und umzubringen verlangte, und zwar, wie die Meisten sagen, wegen einer Ursache, wie folgt. Orötes sey vor dem Thore des Königs gesessen mit einem andern Perser, Namens Mitrobates, welcher Statthalter des Kreises von Dascyleum 134 war. Und da seyen sie im Gespräche in einen Streit gerathen; und da sie über den Vorzug rechteten, habe Mitrobates gegen Orötes den Vorwurf ausgestoßen: "Ja, du bist auch ein Mann, der du dem Könige die Insel Samos, die bei deinem Kreise liegt, nicht auch erobert hast, die doch so leicht zu unterwerfen ist, daß sie ein Eingeborener in einer Empörung mit fünfzehn Bewaffneten genommen hat, und jetzt ihr Herr ist!" Auf diese Rede hin, behaupten die Einen, und aus Verdruß über den Schimpf sey er nicht so verlangend gewesen, an Dem, der Dieß gesprochen, Rache zu nehmen, als auf alle Weise den Porykrates umzubringen, wegen dessen er geschmäht war.

121. Andere Wenigere sagen aber, es habe Orötes einen Herold nach Samos geschickt mit irgend einem Gesuche; denn Was es war, das wird eben nicht dabei gesagt: da habe Polykrates, der gerade im Männersaale lag, 135 und auch den Anakreon von Teos bei sich hatte, entweder mit Fleiß gar Nichts von Orötes willen wollen; oder der Zufall fügte es nur so, daß nämlich Polykrates, während der Herold vortrat und zu ihm redete, sich von der Wand, gegen die er gerade gekehrt war, gar nicht umgekehrt und auch keine Antwort gegeben habe.

122. Diese zweierlei Ursachen werden vom Tode des Polykrates angegeben, und jeder hat die Wahl, zu glauben, welche er will. Orötes also, der in Magnesia 136 saß, der Stadt über dem Mäanderflusse, sandte Myrsus, des Gyges Sohn, einen Lydier, nach Samos, mit einer Botschaft, wobei er den Sinn des Polykrates gut kannte. Polykrates ist nämlich, so viel wir wissen, der Erste von den Hellenen, dessen Sinn auf Seeherrschaft ging, Minos, den Knossier, ausgenommen, und Wer etwa sonst noch vor Diesem Herr zur See war; aber, was man sagt, vom Geschlechte der Menschen 137 ist Polykrates der Erste, der voll von der Hoffnung war, über Ionien und die Inseln Herr zu werden. Weil nun Orötes gut wußte, daß ihm Dieß im Sinne liege, sandte er ihm eine Botschaft, des Inhalts: Orötes gibt dem Polykrates zu wissen: ich erfahre, daß du mit großen Dingen umgehst, daß aber dein Vermögen deinen Anschlägen nicht gleichkommt. Thue nun aber Folgendes, so wirst du dich emporbringen und mich erretten. Denn mir trachtet der König Kambyses nach dem Leben, wie ich davon sichere Kunde habe. Nimm tun du mich zu dir hinüber mit sammt meinen Schätzen, behalte davon einen Theil, und den andern laß mich behalten; so wirst du vermöge der Schätze Herr von ganz Hellas werden. Und wenn du mir nicht glaubst, was die Schätze anlangt, so sende nur den vertrautesten Menschen, den du hast, daß ich ihm's zeige."

123. Das hörte Polykrates mit Wohlgefallen und geneigtem Willen, und schickte fürs Erste, weil ihn gar sehr nach den Schätzen gelüstete, den Mäandrius, Mäandrius Sohn, zur Beaugenscheinigung ab, Einen seiner Bürger, den er als Schreiber hatte; welcher nicht lange Zeit hernach den Schmuck vom Männersaale des Polykrates, eine sehenswürdige Sache, sammt und sonders in das Heraheiligthum 138 geweiht hat. Nun machte es Orötes, als er wußte, daß er jetzt den Beaugenscheiniger zu erwarten habe, folgendermaßen. Er füllte acht Kisten mit Steinen an, bis auf einen ganz kleinen Streif am Rande, überlegte dann das Oberste mit Gold; und so verschloß er die Kisten wieder, und hielt sie in Bereitschaft. Mäandrius kam, sah's an, und berichtete darnach dem Polykrates.

124. Dieser schickte sich nun, trotz aller Abmahnungen seiner Seher, wie auch seiner Freunde, zur eigenen Abreise an, ja trotz dem, daß seine Tochter folgendes Traumgesicht sah: Es kam ihr vor, ihr Vater, werde schwebend in der Luft von Zeus gebadet und von der Sonne gesalbt. Auf dieses Gesicht hin that sie alles Mögliche, daß Polykrates nicht auf die Reise zu Orötes ginge; und namentlich, als er sich schon auf das Fünfzigruder begab, rief sie ihm noch Ahnungsworte nach. Da drohte er ihr, wofern er gesund heimkomme, solle sie noch lange Jungfrau bleiben. Da bat sie die Götter, Das möchte in Erfüllung gehen; denn gern wolle sie um so viel länger Jungfrau bleiben, als sie ihren Vater nicht verlöre.

(Polykrates Tod Ol. 64, 3. v. Chr. 522.)

125. Polykrates schiffte nun, taub gegen allen Rath, zu Orötes, in Begleitung vieler Gefährten, insbesondere auch des Democedes, Kalliphon's Sohn von Kroton, eines Arztes, der zu seiner Zeit der Erste in seiner Kunst war. Als denn Polykrates in Magnesia ankam, erlitt er ein schmähliches; seiner und seines Sinnes unwürdiges, Ende, in Betracht, daß außer den Herrschern, die in Syrakus auftraten, 139 sonst kein einziger Hellenischer Herrscher würdig ist, mit Polykrates an Großmuth zusammengestellt zu werden. Orötes brachte ihn auf eine nicht zu erzählende Art um, und hing ihn dann an's Kreuz. Von seinem Gefolge aber ließ er, was Samier waren, mit der Weisung gehen, sie müßten ihm Dank wissen, daß sie frei seyen; was aber Fremde und Knechte im Gefolge waren, die behielt er, als seine Sklaven, bei sich. An Polykrates ging nun, da er aufgehängt war, das Gesicht seiner Tochter ganz in Erfüllung, indem er von Zeus gebadet wurde, so oft es regnete, und von der Sonne gesalbt, da fein eigener Leib Feuchtigkeit ausschwitzte. Also lief dem Polykrates sein vieles Glück zuletzt darauf hinaus, wie es ihm Amasis, der König von Aegypten, prophezeiht hatte.

126. Doch nicht lange Zeit hernach ereilten den Orötes die Rachegeister des Polykrates. Nach Kambyses Tode und der Magier Königsherrschaft blieb Orötes in Sardes, ohne Etwas für die Perser zu thun, da ihnen durch die Medier die Herrschaft entrissen war; sondern in dieser Verwirrung ermordete er den Mitrobates, den Statthalter von Dascyleum, der ihn hinsichtlich des Polykrates gescholten hatte; desgleichen den Sohn des Mitrobates, Kranaspes, ehrenhafte Perser, und beging sonst noch allerhand Frevel, wie daß er einen Reitboten, welchen Darius ihm zugesandt, weil ihm die Botschaft nicht nach Wunsch gewesen war, auf dem Heimwege, durch einen Hinterhalt an der Straße, tödten ließ, und den Getödteten sammt seinem Pferde unsichtbar machte.

127. Wie nun Darius die Herrschaft hatte, verlangte ihn, den Orötes büßen zu lassen wegen seiner Verbrechen überhaupt, und vornehmlich für Mitrobates und dessen Sohn. Geradezu aber ein Heer gegen ihn zu schicken, dünkte ihm nicht gut, da um ihn selbst noch Alles unvergohren und seine Herrschaft kaum angetreten war, und da er Kunde hatte von der großen Macht des Orötes, als Gebieter über eine Leibs wache von tausend Persern und über den Phrygischen, Lydischen und Ionischen Kreis. Dagegen stellte Darius Folgendes an. Er rief erst die ehrenhaftesten Perser zusammen, und sprach zu ihnen: "Wer von euch, ihr Perser, will mir eine Aufgabe vollenden mit List, ohne Gewalt und Mannschaft? Denn wo es List braucht, da wird mit Gewalt Nichts geschafft. Also Wer von euch will mir den Orötes lebendig liefern, oder um's Leben bringen, welcher den Persern gar nichts Gutes gethan, wohl aber die ärgsten Schlechtigkeiten verübt hat; da er erstlich Zwei von euch, den Mitrobates und seinen Sohn, aus der Welt schaffte, und dann die Gesandten, die in meinem Namen ihn aufrufen, mit einem offenbaren Frevelmuthe tödtet, der nicht zu ertragen ist? Eh' er also den Persern noch ein ärgeres Uebel anthut, müssen wir ihm den Tod anthun."

128. So fragte Darius, und dreißig Männer wollten dieser Aufgabe sich unterziehen. Jeder für sich allein dazu bereit. Darius that ihren Streit damit ab, daß sie das Loos werfen hieß; und da sie mit einander loos'ten, traf es den Bagäus, Artontes Sohn. Und da es ihn getroffen hatte, machte es Bagäus, wie folgt. Erst schrieb er viele Briefe über vielerlei Dinge, worauf er das Siegel des Darius drückte, und dann ging er damit nach Sardes. Und als er dort vor das Angesicht des Orötes gekommen war, erbrach er einen Brief nach dem andern, und gab sie dem königlichen Schreiber zu lesen. Königliche Schreiber haben nämlich die Statthalter alle. Und zwar gab Bagäus die Briefe ab zur Versuchung der Leibwächter, ob sie zum Abfalle von Orötes fähig wären. Da er nun sah, daß sie große Ehrfurcht vor den Briefen und noch größere vor ihrem Inhalte hatten, gab er jetzt einen ab, der die Worte euthielt: "Perser, der König Darius verbietet euch, des Orötes Leibwächter zu bleiben." Wie sie Das hörten, legten sie vor ihm die Lanzen nieder; und wie Bagäus diesen ihren Gehorsam gegen den Brief sah, da gab er schon ganz getrost seinen lebten Brief dem Schreiber, worin geschrieben stand: "Der König Darius befiehlt den Persern in Sardes, den Orötes zu tödten." Wie die Trabanten Das hörten, so zogen sie ihre Säbel und todteten ihn auf der Stelle. So ereilten also den Perser Orötes die Rachegeister des Samiers Polykrates.

129. Nachdem die Schätze des Orötes nach Susa hinauf gebracht waren, begab sich's nicht lange Zeit hernach, daß der König Darius auf der Wildjagd bei einem Sprünge vom Pferde sich den Fuß verrenkte. Und diese Verrenkung war so stark, daß ihm der Knöchel aus der Gelenken wich. Nun hatte er schon zuvor diejenigen Aegyptischen Aerzte, die für die Ersten galten, immer bei sich. Diese machten mit gewaltsamem Einrichten des Fußes das Uebel ärger. Und so ließ den Darius sieben Tage und sieben Nächte lang sein Uebel nicht schlafen, bis am achten Tage, da ihm gar schwach war, Einer kam, der schon früher in Sardes von der Kunst des Krotoniaten Democedes Etwas gehört hatte, und es dem Darius kund that. Dieser befahl alsbald, ihn herzuholen. Und wie sie ihn unter den Sklaven des Orötes fanden, ganz vernachläßigt, brachten sie ihn herbei in den Ketten, die er schleppte, und in den Lumpen, die er anhatte.

130. Da er so vorgestellt ward, fragte ihn Darius, ob er die Kunst verstünde? Er aber gestand es nicht zu, aus Furcht, wenn er sich entdeckte, für immer auf Hellas verzichten zu müssen. 140 Darius durchschaute aber diese Verstellung seiner Geschicklichkeit, und befahl Denen, die ihn gebracht hatten, Geißeln und Stacheln herbeizuschaffen. Da entdeckte er sich, mit der Erklärung: genau verstehe er sich eben nicht darauf; nur durch Umgang mit einem Arzte habe er einiges schwache Geschick. Als hierauf Darius sich ihm anvertraute, brachte er's durch Hellenische Heilmittel und Anwendung gelinder nach den starken dahin, daß er Schlaf bekam, und stellte in kurzer Zeit seine Gesundheit her, nachdem er gar nicht mehr gehofft hatte, wieder Fußfest zu werden. Nach Diesem beschenkte ihn Darius mit zwei Paar goldenen Ketten. Da fragte er ihn, ob er ihm mit Fleiß sein Unglück verdopple, weil er ihn gesund gemacht habe? Dieß Wort gefiel dem Darius, und er schickte ihn zu seinen Frauen, wo ihn die Verschnittenen herumführten und zu den Frauen sagten, das sey Der, welcher dem Könige sein Leben gerettet habe. Da schöpfte Jegliche mit einer Schale aus ihrem Goldkasten ein so reichliches Geschenk für Democedes heraus, daß sein Diener, welcher hinter ihm ging, mit Namen Siton, von den aus den Schalen herabfallenden Stateren, die er auflas, sich einen ganzen Haufen Goldes zusammenlas.

131. Dieser Democedes war folgendermaßen von Kroton aus in Polykrates Umgang gekommen. In Kroton hatte er an seinem Vater einen zornmüthigen Mann, mit dem er's zuletzt nicht mehr aushalten konnte; und so machte er sich davon nach Aegina. Da er hier sein Bleibens fand, übertraf er im ersten Jahre die ersten Aerzte, obgleich er uneingerichtet war, und aller Werkzeuge zu seiner Kunst entbehrte. Und im zweiten Jahre miethete ihn die Volksgemeine der Aegineten um ein Talent, 141 im dritten Jahre die Athener um Hundert Minen, 142 und im vierten Jahre Polykrates um zwei Talente. So kam er nach, Samos. Und von diesem Manne nicht zum Wenigsten sind die Krotonischen Herzte zu ihrem Rahme gekommen. Das geschah nämlich, als die Krotonischen Aerzte die Ersten in Hellas genannt wurden, und die Cyrenäischen die zweiten. Zur selben Zeit hießen auch die Argiver die Ersten unter den Hellenen in der Musik.

132. Jetzt hatte denn Democedes nach der Heilung des Darius ein sehr großes Haus in Susa, war Tischgenosse des Königs, und überhaupt, außer dem Einen, daß er nicht nach Hellas zurück konnte, ging ihm Nichts ab. Und erstlich, als die Aegyptischen Aerzte, welche den König vorher behandelt hatten, auf Pfähle gespießt werden sollten, weil sie von einem Hellenischen Arzte übertroffen worden, so erlöste er sie durch seine Fürbitte bei'm Könige vom Tode; zum Andern erlöste er auch einen Seher aus Elis, aus dem Gefolge des Polykrates, der unter den Sklaven ganz vernachläßigt war. Und Niemand vermochte Mehr bei'm Könige, als Democedes.

133. In kurzer Zeit nach diesem begab sich auch Folgendes. Atossa, die Tochter des Cyrus und Frau des Darius, bekam ein Gewächs an der Brust, das zuletzt aufbrach und nun weiter griff. So lange es noch kleiner war, verheimlichte sie's, schämte sich auch, und entdeckte sich Niemanden; als ihr aber das Uebel zu groß ward, ließ sie Democedes rufen, und zeigte es ihm. Er nahm ihr nun, unter den Versprechen, sie gesund zu machen, einen Schwur ab, daß sie ihm dafür den Gegendienst leisten wollte, den er sich ausbitten würde. Er werde ich aber Nichts ausbitten, was zur Schande gereichen könnte.

134. Als er denn sie behandelt und ihre Gesundheit hergestellt hatte, da richtete nun auch Atossa, nach der Anweisung des Democedes, im Bettgemache folgende Rede au Darius: "König, bei deiner großen Macht sitzest tu stille, ohne den Persern noch ein Volk oder eine Macht zu gewinnen. Es sollte aber doch ein Mann, so jung und so vieler Schade Herr, etwas Ausgezeichnetes von sich sehen lassen, damit auch die Perser inne würden, daß sie von einem Manne beherrscht werden. Und Dieses zu thun, hat dir ein zweifaches Absehen, sowohl daß die Perser sich überzeugen, es sey ein Mann, der an ihrer Spitze steht, als auch, daß sie sich im Kriege abarbeiten, und nicht Muße haben, um Anschläge auf dich zu machen. Nun aber mußt du eben jetzt durch ein Werk doch auszeichnen, da du noch jung an Jahren bist. Denn mit dem Wachsthume des Leibes wächst auch zugleich der Geist, und mit dem Altern des Leibes altert er gleichfalls und wird zu allen Geschäften abgestumpft." Dieß sagte sie angewiesenermaßen. Und darauf gab er die Antwort: "Alles, was du da sagst, Frau, habe ich selbst schon im Sinne, zu thun. Denn ich bin entschlossen, über eine Brücke, die ich schlagen will, aus unserm Festlande in das andere Festland gegen die Scythen ein Heer in's Feld zu führen. Und Das soll in Kurzem zu Stande kommen." Da sprach Atossa: "Sieh zu, daß du der Zug gegen die Scythen vorerst bleiben lässest. Denn Die werden immer noch, wann du willst, dein seyn. Nein, ziehe mir gegen Hellas zu Felde. Denn ich möchte gern, wovon ich mit habe sagen lassen, Lakonierinnen zu meinen Dienstmädchen bekommen, und Argiverinnen, und Attische und Korinthische. Auch Hast du den allertauglichsten Mann, um dir in jedem Stücke über Hellas Anweisung und Auskunft zu geben, an dem Arzte, der dir deinen Fuß geheilt hat." Darauf antwortete Darius: "Nun, Frau, wenn du denn für gut hältst, daß wir's zuerst mit Hellas versuchen, so halte ich für's Beste, zuerst von meinen Persern mit dem Manne, von dem du sagst, Späher hinzuschicken, daß sie von jedem Stücke Kunde und Einsicht nehmen, und uns dann Bericht erstatten. Bin ich so erst genau unterrichtet, dann will ich mich an sie machen."

135. Das sagte er; und wie gesagt, so gethan. Sobald nämlich der Morgen anbrach, Berief er gleich fünfzehn ehrenhafte Perser, welchen er befahl, in Democedes Geleite den ganzen Küstenstrich von Hellas zu durchreisen, und daß sie ja den Democedes nicht ausreißen Taffen, sondern ihn durchaus wieder mitbringen sollten. Nach solchem Befehle an Diese berief er zum Zweiten den Democedes selbst, welchen er bat, wenn er den Persern ganz Hellas kennen gelehrt und gezeigt habe, wieder zurückzukommen. Dabei hieß er ihn Alles, was er von Hause mitnehmen könne, für Vater und Brüder zusammenpacken, mit dem Versprechen, ihm solches wohl wieder zu ersetzen; überdieß wolle er auch zu seinen Geschenken ihm noch ein Schiff mit allen möglichen Gütern laden und mitfahren lassen. Das verhieß ihm Darius, meines Dafürhaltens, ohne alle Arglist. Democedes aber, welcher befürchtete, Darius möchte ihn auf die Probe stellen, nahm nicht zutäppisch alles Dargebotene an; sondern erklärte, das Seine wolle er im Lande lassen, um es bei seiner Rückkunst wieder zu haben; aber das Lastschiff, das ihm Darius zum Geschenke für seine Brüder verhieß, nehme er an. Nachdem nun Darius auch Diesem solchen Befehl gegeben, sandte er sie nach dem Meere.

(Die ersten Persischen Späher in Hellas, um die 64ste Olympiade, v. Chr. 523.)

136. So gingen sie hinab nach Phönizien, und zwar nach der Stadt Sidon im Phönizischen, wo sie alsbald zwei Dreiruder ausrüsteten, und nebst diesem auch einen großen Kauffahrer mit allem möglichen Gute. Und wie Alles fertig war, schifften sie nach Hellas, wo sie immer anhielten, um den Küstenstrich zu beangenscheinigen und zu verzeichnen, bis sie nach Beangenscheinigung des meisten und nahmhaftesten Theils nach Tarent in Italien kamen. Da nahm zum Vorschube für Democedes Aristophilidas, der König von Tarent die Steuer von den Medischen Schiffen weg; dann hielt er auch die Perser selbst, als wären sie Späher, fest. Und während ihnen Dieß widerfuhr, kam Democedes fort nach Kroton. Und erst, nachdem er zu Hause angekommen war, ließ Aristophilidas die Perser los, und gab ihnen, Was er von ihren Schiffen genommen hatte, zurück.

137. Die Perser schifften nun von da dem Democedes nach, bis sie in Kroton ankamen, wo die ihn auf dem Markte fanden und Hand an ihn legten. Nun war ein Theil der Krotoniaten aus Furcht vor der Persischen Macht bereit, ihn preiszugeben; ein anderer aber legte auch Sand an und schlug mit seinen Stöcken auf die Perser, die dagegen den Vorhalt machten: "Ihr Krotoniaten, seht zu, Was ihr thut; ihr wollt einen Mann losbekommen, der ein Ausreißer vom Könige ist! Wird sich der König Darius diese Gewaltthätigkeit gefallen lassen? Und wird euch der Streich gut bekommen, wenn ihr Raub an und begeht? Gegen welche Stadt werden wir dann eher im Kriege ziehen, als gegen diese? Und an welche werden wir eher gehen, um sie zu verknechten?" Das sagten sie, ohne jedoch die Krotoniaten zu bewegen, sondern mußten den Democedes aufgeben, und sammt ihm den Kauffahrer, den sie bei sich hatten, hergeben, und so nach Asien zurückschiffen. Auch dachten sie nicht mehr daran, Hellas noch weiter zu befahren und kennen zu lernen, nach Verlust ihres Führers. So viel indessen gab ihnen Democedes bei'm Abschiede noch auf, daß sie dem Könige Darius sagen sollten, Democedes vermähle sich mit Milon's Tochter. Vom Ringer Milon war nämlich viel Redens bei'm Könige. Und eben deßwegen beschleunigte auch, nach meiner Meinung, Democedes diese Heirath mit großem Kostenaufwande, damit Darius sähe, er sey auch in seiner Heimath ein ehrenhafter Mann.

138. Nach Abfahrt der Perser von Kroton wurden Ihre Schiffe nach Japygien verschlagen, und sie kamen daselbst in Knechtschaft, woraus sie aber Gillus, ein verbannter Tarentiner, löste und zum Könige Darius zurückführte. Dieser war dafür bereit, ihm zu geben, Was er wolle. Da wählte Gillus seine Heimführung nach Tarent, nachdem er sein Schicksal erzählt hatte. Um aber nicht zugleich Hellas zu beunruhigen, wenn seinetwegen ein großes Schiffsheer nach Italien fahren sollte, versicherte er, an den Knidiern allein schon genug zu haben, wenn ihn Dieselben heimführten; in Hoffnung, durch Diese, als Freunde der Tarentiner, am ehesten seine Wiederkehr zu erlangen. Das versprach ihm Darius, und führte es aus, indem er einen Boten nach Knidus sandte, mit dem Geheiß, den Gillus heimzuführen nach Tarent. Dem leisteten die Knidier Folge, konnten aber die Tarentiner nicht bewegen, und waren auch nicht im Stander Gewalt zu brauchen. Das wurde denn so ausgeführt, und das waren die ersten Perser, die aus Asien nach Hellas den kommen sind, und nach dem besagten Vorgange die Späher machten.

139. Nach Diesem nahm König Darius Samos zuerst ein unter allen Hellenischen und Barbarischen Städten, aus einer Ursache, wie folgt: Aus Kambyses, Cyrus Sohn, gegen Aegypten im Kriege war, kamen überhaupt viele Hellenen nach Aegypten; Einige, wie natürlich, des Handels wegen, Andere zum Kriegsdienste; Andere aber auch, um das Land selbst zu sehen, unter welchen Syloson war, Aeaces Sohn, ein Bruder des Polykrates und Verbannter aus Samos. Diesem Syloson begegnete folgender Glückszufall: Bekleidet mit einem hochrothen Mantel, war er in Memphis auf den Markt gegangen, als Darius, der noch Trabant des Kambyses und ohne sonderliche Bedeutung war, ihn erblickte, und solche Luft nach dem Mantel bekam, daß er ihn anging und darum feilschte. Wie nun Syloson Darius große Lust nach dem Hantel sah, sagte er, nicht ohne göttliche Fügung: "Ich verkaufe ihn um keinen Preis; allein ich schenke dir ihn, wenn es durchaus so seyn soll." Dazu sagte Darius mit Freuden Ja, und nahm das Gewand von ihm.

140. Nun wußte es Syloson nicht anders, als daß er einfältiger Weise darum gekommen sey. Wie aber im Vers laufe der Zeit Kambyses starb, die Sieben gegen den Magier sich empörten, und aus den Sieben Darius das Königthum bekam, erfuhr Syloson, daß eben der Mann zum Königthume gelangt sey, dem er einst, auf seine Bitte, in Aegypten sein Gewand geschenkt hatte. Nun ging er nach Susa hinauf, setzte sich in die Vorhalle des königlichen Pallastes und erklärte sich, für einen Wohlthäter des Darius. Das richtete der Thürhüter dem Könige aus, welcher ihm verwundert entgegnete: "Was? Ein Hellene soll der Wohlthäter seyn, dem ich zu Dank verpflichtet sey, da ich kaum erst an der Regierung bin, und, wenn's Viel ist, Einer von ihnen zu uns heraufgekommen ist! Ich, weiß nicht, was ich von einem Hellenen hätte. Fährt ihn aber doch herein, damit ich sehe, Was er mit dieser Behauptung will." Der Thürhüter führte den Syloson herein, und da ward er vorgenommen und von den Dolmetschern befragt, Wer er sey, und Was er gethan habe, daß er sich des Königs Wohlthäter nenne. Nun gab Syloson die ganze Geschichte mit dem Mantel an, und er selbst sey jener Geber. Da antwortete Darius: "O du edelster Mensch, du bist Der, welcher mir, als ich noch gar keine Macht hatte, ein Geschenk machte, wenn auch ein geringes? - Wohl, nun soll doch mein Dank dafür derselbe seyn, als wenn ich jetzt etwas noch so Großes empfinge; und du sollst dafür Silber und Gold die Fülle von mir haben, auf daß dich's nie gereue, dem Darius, Hystaspes Sohn, Gutes erzeigt zu haben!" Darauf sagte Syloson: "Gold, mein König, oder Silber schenke mir nicht; sondern ich möchte von dir mein Vaterland Samos wiederhergestellt bekommen, welches jetzt, nach Ermordung meines Bruders Polykrates durch Orötes, ein Knecht von uns hat. Das möchte ich von dir bekommen, ohne Blutvergießen und Verknechtung."

141. Auf Dieses hin sandte Darius ein Heer ab unter dem Feldherrn Otanes, Einem der Sieben, welchem er befahl, dem Syloson Alles, was er von ihm bitten würde, zu vollführen. Otanes ging an's Meer hinab, und setzte das Heer in Bewegung.

142. In Samos aber hatte Mäandrius, Mäandrius Sohn, die Obergewalt, welchem die Herrschaft von Polykrates zur Verwaltung übergeben war, und der sich als den gerechtesten Mann hatte erweisen wollen, aber nicht zu Stande kam. Sobald ihm nämlich Polykrates Tod verkündigt war, machte er's, wie folgt: Zuerst errichtete er einen Altar Seus, des Befreiers, und steckte rings darum den heiligen Bezirk ab, der jetzt in der Vorstadt ist. Dann beriet er, wie er Das veranstaltet hatte, eine allgemeine Bürgerversammlung und sprach: "Ich habe, wie ihr schon wißt, das Scepter und die ganze Macht des Polykrates in Verwaltung, und es steht jetzt bei mir, euer Herrscher zu werden; aber Was ich an meinem Nächsten schelte, das will ich selbst nach meiner Macht auch nicht thun. Denn weder an Polykrates gefiel mir sein Schalten über seines Gleichen, noch an jedem Andern, der Solches thut. Nun aber hat Polykrates sein Schicksal erfüllt, und ich übergebe die Herrschaft an Ade und entbiete euch bürgerliche Freiheit. Indessen halte ich noch für Recht, daß mit folgende Ehrengaben anheimfallen: einmal vom Vermögen des Polykrates sechs Talente 143 für mich zum besondern Vorzuge; außerdem für mich, und für meine Nachkommen jeder Zeit, die Priesterschaft Zeus, des Befreiers, wie ich denn sein Heiligthum selbst gegründet habe und euch die Freiheit verleihe." Das kündigte er den Samiern an, als Einer sich dagegen aufwarf und sagte: "Ja, du verdienst aber auch nicht, unser Herrscher zu seyn, nach deiner Schlechtigkeit und Bosheit; sondern vielmehr, daß du Rechenschaft gebest über die Schätze, die du unter Handen genommen hast."

143. Das sagte ein unter den Bürgern ehrenhafter Mann, mit Namen Telesarchus. Mäandrius, welchem zu Sinne ging, es werde, wenn er die Herrschaft aufgebe, bald ein Anderer statt seiner zum Machthaber werden, hatte nicht mehr im Sinne, sie aufzugeben; sondern zog sich sofort auf die Burg zurück, ließ Einen nach dem Andern holen, als um Rechenschaft über die Schätze zu geben, griff sie da und legte sie in Bande. Und Diese waren in Banden; den Mäandrius aber überfiel nach Diesem eine Krankheit. Und in Erwartung, daß er sterben würde, brachte sein Bruder, mit Namen Lykaretus, um leichter mit Samos fertig zu werden, die Gefangenen alle um. Die Samier wollten ja doch, wie man sieht, keine Freiheit.

144. Da also die Perser, welche den Syloson heimführten, nach Samos kamen, hob Niemand eine Hand gegen sie auf, und die Partei des Mäandrius, wie Mäandrius selbst, erklärte sich bereit, in Kraft eines Vertrages die Insel zu räumen. Nachdem Otanes hierauf eingegangen und der Vertrag geschlossen war, ließen sich die Edelsten der Perser auf Thronsitze im Angesichte der Burg nieder.

145. Mäandrius aber, der Machthaber, hatte einen Bruder von halbtoller Gemüthsart, mit Namen Charilaus, welcher gerade eines Vergehens halber in einem Kerker steckte. Als Dieser vernahm, Was vorging, und aus seiner Grabe hervorschaute, wo er die Perser ganz ruhig dasitzen sah, schrie er laut und rief: er wolle mit Mäandrius sprechen. Wie Das Mäandrius vernahm, hieß er ihn herauslassen und vor sich bringen. Sobald Derselbe vorkam, trieb er ihn mit Schmähen und Schimpfen zu einem Angriffe auf die Perser, indem er also sprach: "Mich, du heilloser Mensch, der ich dein Bruder bin, und kein solches Verbrechen beging, womit man Bande verschuldet, hast du der Kerkerstrafe schuldig gehalten; von der Persern aber lässest du dich verstoßen und heimathloß machen, ohne den Muth, sie zu züchtigen, da sie doch so leicht zu überwältigen sind. Nun denn, wenn du Furcht vor ihnen hast, so gib mir die Söldner, und ich will sie für ihre Hieherkunft büßen lassen; dich aber bin ich bereit, von der Insel zu entsenden."

146. Das sagte Charilaus; und Mäandrius nahm den Vorschlag au; aber, so viel ich glaube, nicht darum, weil er so vom Verstande gekommen wäre, um seiner Macht die Ueberwindung der königlichen zuzutrauen; sondern vielmehr aus Neid gegen Syloson, wenn er nun ohne Mühe die Stadt in ihrem besten Zustande übernehmen sollte. Darum wollte er durch Aufhetzung der Perser Samos so schwach als möglich machen, bevor er es übergäbe; sattsam überzeugt, daß die Perser ihren erlittenen Schaden den Samiern schwer eintränken würden, und für sich gewiß, immer noch einen sichern Ausweg aus der Insel zu haben, sobald er nur wolle. Denn er hatte sich eigens einen verborgenen Gang graben lassen, der aus der Burg an das Meer führte. So schiffte Mäandrius selbst von Samos fort, Charilaus aber waffnete alle Söldner, öffnete die Thore und fiel auf die Perser heraus, die sich Nichts der Art versahen, und wirklich meinten, es sey schon alles in Ordnung. Die Söldner stürzten sich über die Perser auf den Tragsesseln, als die angesehensten, und tödteten sie. Das thaten Diese; das übrige Persische Heer schritt aber zur Wehre, worauf die Söldner bedrängt und in die Burg zurückgeworfen wurden.

147. Wie nun der Feldherr Otanes den großen Schaden sah, den die Perser erlitten, ließ er die Befehle, die ihm Darius mit auf den Weg gegeben hatte, keinen Samier zu tödten oder zu verknechten, sondern die Insel unbeschädigt dem Syloson wiederzugeben - er ließ diese Befehle aus seinem Sinne fahren, und entbot dem Heere, Alles, wie es in ihre Hand falle, Groß oder Klein, zu tödted. So belagerte das Heer zum Theil die Burg, zum Theil tödteten sie, Was ihnen unter den Weg kam, im Heiligthume so gut, wie draußen.

148. Mäandrius aber, der aus Samos entkommen war, schiffte nach Lacedämon, und nach seiner Ankunft und Ausladung der Habe, womit er abgegangen war, that er Folgendes. So oft er seine silbernen und goldenen Trinkgeschirre sich hatte aufstellen lassen, spülten seine Diener sie ab, und während dieser Zeit führte er den Kleomenes, Anaxandridas Sohn, Sparta's damaligen König, im Gespräche heran bis in's Haus. Wenn nun Kleomenes die Trinkgeschirre sah, gerieth er vor Bewunderung in Erstaunen, worauf Jener ihn davon mitnehmen hieß, so viel er wollte. Da Dieß Mäandrius zwei- und dreimal gesagt hatte, erwies sich Kleomenes als den gerechtesten Mann, indem er selbst Etwas von ihm zu nehmen nicht für recht fand, wohl aber bedachte, daß er durch Geschenke an andere Bürger sich Hülfleistung verschaffen würde, und zu den Ephoren 144 ging, mit dem Bedeuten: es wäre gerathener für Sparta, den Fremden von Samos aus dem Peloponnes zu entfernen, damit er nicht ihn selbst , oder einen andern Spartiaten zu einer Schlechtigkeit vermöchte. Das befolgten sie, und ließen dem Mäandrius ausbieten.

(Samos vom Großkönige dem Syloson übergeben Ol. 67, 1. v. Chr. 512.)

149. Samos aber durchzogen die Perser mit einer allgemeinen Treibjagd, 145 und übergaben es dem Syloson menschenleer. Hernach aber half es der Feldherr Otanes bevölkern, in Folge eines Traumgesichts bei einer Krankheit, die er an der Scham bekam.

150. Während des Seezuges gegen Samos fielen die Babylonier ab, nach einer sehr vollkommenen Vorbereitung. Denn so lange der Magier herrschte und die Sieben sich empörten, hatten sie, die ganze Zeit der Verwirrung über, sich auf die Belagerung vorbereitet, und konnten Das wirklich noch heimlich thun. Darauf aber, wie sie offenermaßen abfielen, thaten sie Folgendes. Nach Aussonderung der Mütter las sich jeder noch eine Frau aus seinem Hause aus, welche er wollte, und, die Uebrigen erwürgten sie alle auf einen Haufen. Die Eine nämlich las sich Jeder aus zu seiner Speisefarn, und die Andern erwürgten sie, damit sie ihnen nicht den Speisevorrath aufzehrten..

151. Auf die Nachricht hievon zog Darius seine ganze Macht zusammen und rückte gegen sie in's Feld. Und er warf sich vor Babylon und belagerte es, ohne daß sie um die Belagerung sich kümmerten. Denn die Babylonier stiegen immer auf die Vorwälle ihrer Feste, und verhöhnten und verspotteten den Darius mit seinem Heere. Da sprach Einer von ihnen das Wort: "Was liegt ihr hier, ihr Perser? Geht doch lieber heim! Denn einnehmen werdet ihr uns, wenn einmal die Maulthiere gebären." Das sprach ein Babylonier, in der Zuversicht, kein Maulthier werde je gebären.

152. Nach Verfluß von bereits einem Jahre und sieben Monaten grämte sich das ganze Heer sammt Darius, daß et nicht vermögend war, Babylon einzunehmen, obschon Darius alle Liften und Kunstgriffe gegen sie angewandt hatte. Dennoch aber konnte er sie nicht einnehmen; auch nicht, da er unter andern Versuchen diejenige List, wodurch Cyrus die Stadt einnahm, versucht hatte. Denn die Babylonier waren gewaltig auf ihrer Hut, und er brachte die Einnahme nicht zu Stande.

153. Da kam am zwanzigsten Monate Zopyrus, dem Sohne des Megabyzus, welcher mit unter den sieben Männern war, welche den Magier niedermachten dem Sohne dieses Megabyzus, Zopyrus, kam das Wunderzeichen, daß von den Maulthieren, die ihm den Speisevorrath trugen, eine gebar. Wie ihm Das hinterbracht ward, und zur Steuer seines Unglaubens Zopyrus selbst das Junge gesehen hatte, untersagte er's den Knechten, den Vorfall bekannt werden zu lassen, und ging mit sich zu Rathe. Nun dünkte ihn rücksichtlich des Ausspruches von jenem Babylonier, der gleich von Anfang geäußert: wenn einmal die Maulthiere gebären, dann würde die Feste erobert werden - rücksichtlich dieser Aeußerung dünkte dem Zopyrus Babylon bereits der Eroberung verfallen, indem nicht ohne Gott Jener so gesprochen, und ihm sein Maulthier geboren habe.

154. Da ihm nun bereits die Eroberung über Babylon verhängt dünkte, ging er zu Darius, und wollte erfahren, ob ihm so gar Viel daran liege, Babylon einzunehmen. Und da er erfuhr, wie ihm Das Viel gelte, ging er wieder mit sich zu Rathe, wie er selbst die Einnahme vollbringen, und wie sie sein Werk seyn müßte. Solche verdienstliche Thaten gereichen nämlich unter den Persern zu ganz vornehmlicher Größe. Nun bedachte er aber, daß er kein Mittel habe, sie zu Fall zu bringen, als wenn er sich verstümmle, und so zu ihnen überlaufe. Da achtete er's denn nicht für Raub, nicht ganz heillos zu verstümmeln, indem er sich Nase und Ohren abschnitt, dazu sein Saar schmählich abschor, und sich zergeißelte. Und so ging er zu Darius.

155. Darius aber hielt es fast nicht aus, den ehrenhaftesten Mann so schmählig verstümmelt zu sehen, und sprang von seinem Throne mit einem Schrei und der Frage auf, Wer ihn so verstümmelt habe, und warum? Da sprach er: "kein Mensch, außer dir, hat solche Macht, um mich also zuzurichten; auch hat keine fremde Hand, mein König, Dieses an mir gethan, sondern ich selbst: so arg war mir's, daß die Assyrier den Perser lachen sollen." Darius antwortete: "du entsetzlicher Mensch, der schändlichsten That gibst du den edelsten Namen; daß du nämlich um der Belagerten willen dich so heillos zugerichtet hast! Und werden nun, du Thor, da du verstümmelt bist, die Feinde um so schneller zu Paaren gehen? Hast da nicht vielmehr den Verstand aufgegeben, daß du dich so verunstalten konntest?" Da sprach er: "wenn ich mein Vorhaben dir erst vorgelegt hatte, so hättest du mir's nicht zugelassen; nun habe ich auf meine eigene Faust gehandelt. Und wofern es auf deiner Seite nicht fehlt, so nehmen wir jetzt Babylon ein. Ich nämlich will, wie ich da bin, in die Feste überlaufen, wo ich aussagen werde, du habest mich so gemißhandelt, und sofort hoffe ich auf den Glauben hin, daß dem also sey, ihr Heer in die Hand zu bekommen. Du aber stelle von dem Tage, da ich in die Feste - gehe von da am zehnten Tage stelle von demjenigen Theile deines Heeres, um den es nicht eben schade ist, tausend Mann an das sogenannte Thor der Semiramis, und nach diesem zehnten Tage wieder am siebenten stelle mir andere Zweitausend an das sogenannte Ninische Thor; und nach diesem siebenten laß zwanzig Tage aus: dann schicke mir wieder vor das sogenannte Chaldäische Thor Biertausend hin. Doch sollen weder die Frühern, noch Diese, eine Wehr haben, außer ihren Messern, welche man ihnen lassen mag. Nach dem zwanzigsten Tage aber befiehl geradezu dem ganzen Heere, die Feste ringsum zu berennen: nur die Perser stelle mir an das sogenannte Belische und Cissische Thor. Denn ich halte dafür, nach solcher Ausführung von großen Thaten werden die Babylonier mir Alles anvertrauen, und namentlich auch die Schlüssel der Thore. Alsdann aber will ich mit den Persern dafür sorgen, Was weiter zu thun ist."

156. Nach diesem Auftrage ging er unter häufigem Umwenden auf's Thor los, als wie ein rechter Ueberläufer. Da nun die dazu Aufgestellten ihn von den Thürmen herab erblickten, liefen sie hinunter, machten den einen Thorflügel ein wenig auf, und fragten, Wer er sey und Was er wolle? Er gab ihnen den Bescheid, daß er Zopyrus sey und als Ueberläufer zu ihnen komme. Auf diese Antwort führten ihn die Thorhüter vor die Obrigkeiten von Babylon. Und als er vor diesen stand, ergoß er sich in Klagen, und gab an, daß ihm Darius Das gethan hätte, was er sich selbst gethan hatte; und zwar darum, weil er ihm den Abzug des Heeres ans gerathen hätte, da ja kein Weg zur Eroberung zu sehen sey. "Und nun," sprach sofort, "komme ich euch, ihr Babylonier, zum größten Vortheile, dem Darius aber und seinem Heere und den Persern zum größten Schaden. Denn wahrlich, diese Vierschändung meiner soll ihm nicht so hingehen, und ich kenne alle seine Anschläge rechts und links."

157. So sprach er; und die Babylonier, die den ehrenhaftesten Perser an Ohren und Nase verstümmelt und mit Blutstriemen bedeckt sahen, glaubten zuversichtlich, er sage die Wahrheit und komme zu ihnen als Mitstreiter, und was sey bereit, ihm, Was er verlangte, anzuvertrauen. Und er verlangte ein Heer. Und als er dieses von ihnen bekommen, machte er's so, wie er's mit Darius verabredet hatte. Er führte nämlich am zehnten Tage das Heer der Babylonier hinaus, umzingelte die Tausend, welche zuerst zu stellen er dem Darius aufgegeben hatte, und hieb sie zusammen. Nun waren die Babylonier von ihm überzeugt, daß er seinen Worten mit den Thaten nachkomme, und in der größten Freude vollends bereit, ihm Alles nach Willen zu thun. Nach Auslassung der bestimmten Tage führte er dann wieder eine erlesene Schaar der Babylonier hinaus, und hieb die Zweitausend vom Kriegsvolke des Darius zusammen. Und nun hatten die Babylonier, auf diese neue That hin, den Zopyrus mit beständigem Lobe auf der Zunge. Und wiederum nach Auslassung der bestimmten Tage führte er sie auf den vorbesprochenen Platz hinaus, wo er auch die Biertausend umzingelte und zusammenhieb. Wie er nun auch Dieses ausgeführt hatte, da war Zopyrus Alles in Babylon, und wurde zu ihrem Heerführer und Befehlshaber ihrer Feste ernannt.

158. Als aber Darius die Feste verabredetermaßen ringsum berennen ließ, da zeigte Zopyrus erst seine ganze Lift. Denn während die Babylonier auf die Mauern stiegen und das ernennende Heer des Darius abwehrten, öffnete Zopyrus das sogenannte Cissische und Belische Thor, und ließ die Perser ein in die Feste. Diejenigen Babylonier nun, die den Streich sahen, flohen in das Heiligthum des Zeus Belos; die es aber nicht sahen, blieben überall auf ihren Posten, bis auch sie inne wurden, wie sie verrathen waren.

(Darius erobert Babylon 516 v. Chr.)

159. So also wurde Babylon zum Zweitenmal eingenommen. Darius aber ließ, sobald er der Babylonier Herr war, erstlich ihre Mauern einreißen und alle Thore abbrechen; da Cyrus bei der frühern Eroberung von Babylon deren Keines gethan hatte; sodann ließ Darius vom Volke an Dreitausend ihrer Häuptlinge auf Pfähle spießen, und den übrigen Babyloniern gab er die Stadt wieder zur Wohnung. Daß aber die Babylonier Weiber hätten, damit sie eine Nachkommenschaft bekämen, dafür sah Darius folgendermaßen vor. Weil nämlich die Babylonier ihre eigenen, wie gleich von Anfang ist angezeigt worden, erwürgt hatten, so legte er den umwohnenden Völkerschaften auf Weiber nach Babylon zu liefern, und zwar den Einzelgen in verschiedenen Lieferungen so viel, daß die Gesamtzahl der Weiber fünfzigtausend ausmachte. Und von diesen Weibern kommen die jetzigen Babylonier her.

160. Zopyrus aber ist an Thatenverdienst, nach dem Urtheile des Darius, von keinem Perser übertroffen worden, weder nach ihm, noch vor ihm, außer von Cyrus allein; welchem sich nämlich kein Perser jemals zu vergleichen erlaubt. Und oft soll Darius die Aeußerung gethan haben, er wollte lieber den Zopyrus frei von seiner Verunstaltung, als noch zwanzig andere Babylon haben. Auch ehrte er ihn hoch, indem er ihm die Geschenke, welche bei den Persern die ehrenvollsten sind, alljährlich schenkte, und ihm für sein ganzes Leben Babylon ohne Zins zu verwalten gab. Dieses Zopyrus Sohn ist Megabyzus, 146 der in Aegypten gegen die Athener und ihre Bundesgenossen Feldherr war; und dieses Megabyzus Sohn ist Zopyrus, welcher aus Persien als Ueberläufer nach Athen kam. 147

88 462 vor Chr. unter König Artaxerxes.

89 457 oder 456 v. Ch. unter Artaxerxes.

90 408 v. Ch. unter Darius Nothus.

91 Herodot gebraucht das Wort, welches nachmals Glas bezeichnete. Das Glas war zwar dem Herodot wahrscheinlich auch schon bekannt, wenn der Ausdruck: "gegossener Stein, Gußstein," welcher II, 69. vorkommt, mit Recht auf Glas gedeutet wird. Aber dann folgt eben daraus, daß an unserer Stelle nicht Glas gemeint seyn kann, da sich hier Herodot eines andern Ausdrucks bedient, welcher, ehe er die Bedeutung "Glas" erhielt, jede durchsichtige Masse, wie Steinsalz, Bernstein, Harz u. s. w. bezeichnete.

92 Man will, nach andern Angaben, lieber lesen: Dreieck.

93 Auch hier ändern Einige: unter der Zunge.

94 Herodot dachte vielleicht an Apoll.

95 Eines Fäustlings-, oder richtiger Halbellenmännleins (denn Pygme war ein Längenmaß von der Ellenbogenspitze bis zur gebauten Faust). Von den Pygmäen spricht Homer in der Iliade (III, 2. ff.), die Schlachtmusik der Troer habe gelautet, Wie der Kraniche rauschender Klang vom Himmel herabtönt, Welche, so oft sie dem Winter entfloh'n und unendlichen Schauern, Zu des Oceanos Strömen im Flug mit rauschendem Klang zieh'n, Dem Pygmäengeschlecht Mord bringend und Todesverhängniß. Duftige Frühzeit ist es, wenn schlimmen Streit sie beginnen.

96 Opp. ed. Bockh, T. II. P. 2. P. 640. Nach dem Sinne des Dichters wohl eigentlich das Gesetz. Aber in alten Zeiten sind Sitte und Gesetz Wechselbegriffe.

97 Oder im Karpathischen Meer. Karpathus, eine Insel des gleichnamigen Meeres im Süden des Aegäischen, das jetzige Scarpanto, ist kaum tausend Stadien (25 D. M.) von Samos entfernt.

98 Mit der Eigenthümlichkeit und dein bürgerlichen Charakter der Spartaner hing auf's genaueste ihre berühmte Wortkargheit zusammen. Aller Ueberfluß an Worten schien ihnen Fehler, so daß sie schon ihre Knaben zu vielsagender Kürze im Sprechen, als zu einer Pflicht, anhielten. So fanden sie auch hier die weitschweifigen Bitten der Samier tadelnswerth; wenn auch einige Affectation, oder vielleicht die Beabsichtigung eines Aufschub's der Entscheidung, im Spiele war. Da nun aber die Samier das andremal ihren Fehler so trefflich zu verbessern wußten, daß sie ihre Bitte in mehr als Spartanische Kürze gefaßt zu haben schienen, so hätte der Nationalstolz der Spartaner darunter gelitten, wenn sie durch eine minder bündige Antwort sich für übertroffen hätten erkennen müssen. Sie hielten sich aber in der That meisterhaft in ihrer Rolle. Denn die kurze, energische Bitte der Samier (die, besonders nach dem Griechischen Wortsinn, das Doppelte aussagt: der Sack brauche Brod, -als Sack, - und bitte um Brod), beantworteten sie noch kürzer (im Griechischen sind es nur drei Worte), und das mit dem schlagenden Doppelsinn, daß sie einmal den Bittstellenden, wie spielend, hinwarfen: den Sack hatten sie nicht nöthig gehabt, zu nennen (da sie ihn ja vorzeigten. Sie hatten also nur sagen sollen: der braucht Brod); dann aber auch allgemeiner, und für die Samier noch stechender, mit denselben Worten aussagten, sie hätten über diesen Sack (der die Samier und ihre Angelegenheit vorstellte) schon zu viele Worte verloren. Und endlich lag in dem vollen Sinn dieser Antwort auch noch die Andeutung, daß die Sache bereits entschieden sey. Daß die Samier die Art dieser Entscheidung erst aus Dem, was gethan wurde, absehen mußten, war nicht minder der ganzen Situation und der Spartanischen Art überhaupt angemessen. Vielsagende und durch Kürze gesalzene Sprüche und Witzworte der Art, wie die beiden Antworten der Lacedämorier in unserem Capitel, hießen Apophthegmen. Plutarch hat solche gesammelt. Darunter auch jene erstere Antwort.

99 Vergl. I, 70.

100 Im Text steht ein Menschenalter; aber durch blose Verdopplung des Anfangsbuchstavens wird die Lesart gewonnen, welche den, im andern Falle eintretenden, chronologischen Fehler hebt.

101 Es ist dieß nicht genau zu nehmen, da die nächstgenannten Knaben noch dem Alyattes, Vater des Krösus, geschickt wurden, welchem der geraubte Misch trug bestimmt war.

102 Tyrann von Korinth, seit Ol. 38, I (v. Ch. 628.) bis IV . 48, 4 (v. Ch. 585.). Vergl. auch 1, 20. Kurz vor seinem Tode muß er die Knaben abgeschickt haben. Vergl. 49. Anfang.

103 Von Corcyra, dem jetzigen Corfu, einer Insel an der Westküste Griechenlands, im Ionischer Meer, gegenüber von Epirus; früher Scheria, auch von ihrer Gestalt Drepana (die Sichel) genannt. Sie war von Korinth kolonisirt, war aber, wie auch Herodot sagt (C. 49), mit der Mutterstadt immer im Streit; was auch eine Hauptveranlassung zum Peloponnesischen Kriege gab. Siehe Thucyd. I, 25 ff.

104 Nicht allein über diese Peloponnesische Stadt (jetzt Pidavro), am Winkel des Saronischen Meerbusens, herrschte er, sondern auch über die gegenüberliegende Insel Aegina.

105 Μαλακόν ένδούναι.

106 Es war gewöhnlich, daß Geldstrafen an Heiligthümer entrichtet wurden, wo auch meist die öffentliche Kasse war.

107 Auch Lacedämon hatte eine politische Lokaleintheilung, ähnlich der Attischen in Demen oder Gauen, unter welchem Namen Flecken und Städte mit ihren, einen bestimmten Volkstheil bildenden, Bewohnern begriffen waren. Bei den alten Spartanern werden sie Phylen, (Stämme) genannt. Es werden die vier Pitana, Limnä, Masoa und Cynosura angegeben. Pitana war als Ort und Gemeinde bedeutend. Es lag nahe bei Sparta, oder war vielleicht ein Theil desselben.

108 Eine der Cykladen im Aegäischen Meer; jetzt Sifano, im westlichen Theil der Inselgruppe.

109 Hermione, alte Stadt am Argolischen Meerbusen, von einem Dryoper-Stamm besetzt, vor dem Perserkriege Mitglied der Lacedämonischen Bundesgenossenschaft, nach demselben von Argos eingenommen. Jetzt ist da der Flecken Castri.

110 Gegenüber von Hermione unter dem Saronischen Meerbusen, das jetzt wohlbekannte Hydra.

111 Trözen auf derselben Halbinsel, wo Hermione, aber nördlicher, am Saronischen Meerbusen, alte Stadt der Ionier nach der Dorischen Wanderung dorisirt, jetzt Damala, ein Flecken.

112 Bedeutende Stadt an der Nordküste von Kreta; noch jetzt ist Canea durch Handel bekannt.

113 Es waren also zuerst, bevor Samier und nach ihnen AeginetenCydonia besetzten, Anpflanzer aus Zakynthus das selbst, der im Ionischen oder Adriatischen Meer, Elis gegenüber, gelegenen Insel, die jetzt Zante heißt. Wenn diese Kretischen Zakynthier nicht aus altem Nationalhaß, als ein Achäerstamm, von den Samiern, die Ionischen Stammes waren, bekriegt worden sind, so war es wohl ein Handelskrieg.

114 Diktyna oder Diktynna, die Diana der Samier auf Kreta, hernach mit der dortigen Britomartis identificirt.

115 Man hat sich Das wohl so zu denken, daß der erstere Graben mit zwei Mündungen, um den zweiten, den Wasserkanal, herumlief, mit der Bestimmung, für die Erhaltung der Wasserleitung den Aufsehern und Ausbesserern Zugang zu geben, weswegen auch der zweite, der Rinngraben, vier tiefer, jener aber, der ihn einfassende Hohlgang, um fünf Fuß breiter war.

116 Zwölfhundert Klafter.

117 Susa lag nicht in dem eigentlichen Persis (Farsistan), sondern in Susiana (Lilienland, dem heutigen Chusistan Feinem größten Theile nach), auf der Ebene Cissia (auch Kissii von den Bewohnern genannt), am Choaspes (oder Euläus-Fluß), wo die jetzige Hauptstadt Toster (Schuster) am Fluß Toster (auch Karun) liegt.

118 Vergl. II, 138.

119 Vergl. Cap. 65 am Ende.

120 Wahrscheinlich war die erste Veranlassung zur Auswanderung der (nichtgriechischen) Magneten (Bewohner des südöstlichen Landstriches von Thessalien am Pelion) der Eindrang der Thessalien aus Thessalien in's Pelasgische Argos (50 I. nach Troja's Zerst.), wodurch die Magneten vertrieben, zuerst nach Delphi und Kreta, von da nach Ionien und Aeolien in Kleinasien kamen. Es blieben aber auch Magneten in den alten Sitzen zurück.

121 Vgl. I, 173.

122 Es ist hier nicht möglich, über die Völker, werde in den folgenden Capiteln aufgezählt werden, und zum Theil unbekannt, zum Theil geographisch kaum zu bestimmen sind, nähere Erörterungen zu geben, wie sie in Larcher's geographischem Inder zu Herodot, und in Rennell's Geographical System of Herodotus versucht worden sind.

123 Andere: Parätacenern.

124 Die Anwohner des Kaspischen Meeres sind schon im vorigen Capitel genannt, und können hier nach der geographischen Ordnung, die Herodot befolgt, schwerlich gemeint seyn; weßhalb Einige Kaspiren (ein Indien benachbarter Partherstamm), Andere Kasier lesen, eine Landschaft nördlich von Indien. Eine dritte Aenderung wäre Kalatier oder Kalantier. Vgl. C. 38. 97.

125 Andere: Marsen, Mardern.

126 Hiezu gibt Schweighäuser folgende Bemerkung: "Dieß waren neuntausend fünfhundert und vierzig Euböische Talente. Da aber diese Zahl zum Folgenden nicht paßt (wenn anders aller Tribute angegeben wird, richtig ist), so muß die Zahl neuntausend achthundert und achtzig, welche in einer Handschrift anstatt der obigen neuntausend fünfhundert und vierzig steht, ächt seyn, welche Zahl sonst (denn sie steht am Rande) von einem gelehrten Verbesserer konnte herzurühren scheinen. Allerdings machen viertausend sechshundert und achtzig, abgezogen von der Summe vierzehntausend fünfhundert und sechzig, den Rest: neuntausend achthundert und achtzig. Und mit jenen viertausend sechshundert und achtzig hat es seine Richtigkeit, da die dreihundert und sechzig Talente Goldsand in dem dreizehnfachen Werthe, den ihnen Herodot selbst bestimmt, wirklich viertausend sechshundert und achtzig Euböische Silbertalente ausmachen. Dagegen ist aber nicht klar, wie unser Schriftsteller jene Gesamtsumme von vierzehntausend fünfhundert und sechzig Talenten, und die andere (in welcher der Goldsand noch nicht gerechnet ist) von neuntausend achthundert und achtzig Talenten Herausgebracht hat. Denn die von den neunzehn Kreisen einzeln angegebenen Tributsummen machen zusammen siebentausend siebenhundert und vierzig Babylonische Talente, welche, nach dem Verhältnisse von sechzig zu siebzig (wie es Herodot selbst C. 89. angab), neuntausend und dreißig Euböische Talente geben; und hiezu die viertausend sechshundert und achtzig von den Indiern gerechnet, ergibt sich eine Hauptsumme von dreizehntausend und siebenhundert Talenten. Nimmt man nun zu diesen noch zweihundert und vierzig Talente, die der Mörissee abwarf (vgl. C. 91. und II, 149.), so erhält man dreizehntausend neunhundert und fünfzig Talente. Folglich muß entweder in der Zahl vierzehntausend fünfhundert und sechzig (zu Ende unseres Capitels) ein Fehler seyn, oder muß derselbe in einer oder mehreren der oben angegebenen einzelnen Summen stecken; ober endlich müßte Herodot die Summe von sechshundert und zehn Talenten, die uns zu seiner vollen Summe von vierzehntausend fünfhundert und sechzig noch fehlt, stillschweigend mit dazu gerechnet haben, als Betrag des Getreides, das den hundert und zwanzigtausend Mann in Aegypten verabreicht wurde." So weit Schweighäuser. Hievon ist nun so viel offenbar und richtig, daß die dreihundert und sechzig Talente Indischen Goldrandes nach Herodot's eigener Werthansetzung und Berechnung viertausend sechshundert und achtzig Silbertalente machen. Richtig ist auch, daß, wenn mit diesen die Gesamtsumme von vierzehntausend fünfhundert und sechzig Silbertalenten herauskommen soll, die Summe der übrigen Tribute (aus den neunzehn Kreisen) nicht, wie ich unserm Texte geschieht, auf neuntausend fünfhundert und vierzig ans gesetzt werden darf, sondern auf neuntausend achthundert und achtzig, wie jene eine Handschrift bei Schweighäuser hat. Da sie aber eben nur diese Handschrift, und auch diese nur am Rande hat, und da sie nur aus der Subtraction der viertausend sechshundert und achtzig Indischen Talente von der Totalsumme von vierzehntausend fünfhundert und sechzig Talenten, die Herodot zuletzt angibt, keineswegs aber aus der Addition der einzelnen Tributsummen sich ergibt, so muß sie als bloßer Verbesserungsversuch einer fremden Hand angesehen werden. Weil nun aber diese Summe von neuntausend achthundert und achtzig Talenten eben so wenig das Facit der neunzehn einzelnen Tributsummen ist, als die im Texte stehenden neuntausend fünfhundert und vierzig Talente herauskommen, wenn man jene Einzelsummen addirt und auf Euböische Talente umsetzt, so erscheint der Text überhaupt als verdorben, man mag nun die neunzehn Tribute nach dem Texte zu neuntausend fünfhundert und vierzig Euböische Talente ansetzen, oder mit jenem Verbesserer in der Handschrift S. zu neuntausend achthundert und achtzig, oder nach Schweighäuser's Addition und Berechnung zu neuntausend und dreißig, oder, wie ich herausbringe, zu achttausend achthundert sechs und sechzig und zwei Drittel Euböischen Talenten (siebentausend und sechshundert Babylonische sind gleich achttausend achthundert sechs und sechzig Euböischen Talenten und vierzig Euböischen Minen). Der von Schweighäuser eingeschlagene Weg hilft uns Nichts. Denn Herodot scheidet bestimmt, wo nicht den Ertrag vom Morissee (der, wenigstens nach Diodor I, 52, nicht dem Darius, sondern seiner Frau, als Nadelgeld, zufloß), doch das den Söldnern zu verabreichende Korn von den hier aufgezählten Tributgeldern. Eben darum ist es auch falsch, wenn man die auf die Cilicische Reiterei verwandten hundert und vierzig Talente zu den Tributeinkünften des Darius rechnet, wie Schweighäuser gethan hat (daher die Differenz seiner und unserer Tributsumme), während doch Herodot ausdrücklich bemerkt, die andern dreihundert und sechzig (nicht die ganzen fünfhundert) Talente flossen dem Darius zu. Eher könnte man noch versucht seyn, die Cilicischen Pferde und die Babylonischen Knaben, die Mörisgelder etwa auch noch, auf keinen Fall aber das Korn, zur Hauptsumme zu schlagen, wobei aber kein genauer Werthansatz möglich wäre. Begnügen wir uns mit dem allgemeinen Ergebnisse, daß Darius ungefähr zwanzig Millionen Reichsthaler an Tribut einnahm.

127 Vgl. Cap. 100. 101.

128 Das heißt: jedes andere Jahr, wie auch im Folgenden "an jedem fünften Jahre" zu verstehen ist: "alle vier Jahre." Denn bei allen solchen Zählungen rechneten die Griechen den Anfangspunkt mit ein.

129 Oder: ein Kleid vom Baste einer Wasserpflanze.

130a Man sieht, daß diese Annahme gang auf den scheinbaren Weg der Sonne von Osten nach Westen gegründet ist, dem zu Folge das östlichste Pole bei Sonnenaufgang ihren Strahlen am nächsten, bei Sonnenuntergang am fernsten seyn müßte.

130 Ein Gummi-Baum oder Strauch.

131 S. II, 75.

132 Vgl. C. 97.

133 Diesen Thalkessel suchte Mannert in Kaschmir, und hielt den Fluß Aces oder Acis, der auch unter dem Namen Acesines vorkommt, für den jetzigen Ischunab oder Ischinab, welcher sich von Osten her in den Indus ergießt. Sainte-Croix, Barbier du Bocage, Gatterer und Heeren finden es wahrscheinlicher, Ebene weit vom Inbus weg östlich vom in Kaspischen Meere, zu setzen, und unter dem Strome den Oxus zu verstehen.

134 Dascyleum, ein Ort im südlichen Bithynien, bekannt wegen eines Landsee's, Sitz des Satrapen von Mysien und Kleinphrygien, also dem dritten Kreise. Vgl. 90. 126.

135 Weil die Alten auf Polstern lagen, und nicht auf Stühlen saßen.

136 Im ersten Kreise. Vgl. C. 90. u. Anmerk.

137 Im Gegensatze gegen die Götter- und Halbgöttergeschlechter der mythischen Zeit, zu welcher Minos noch gehörte. Wir würden sagen: "in historischer Zeit."

138 In den Tempel der Juno. Vgl. 60.

139 Herodot meint die Brüder Gelon und Hieron, welche die Komödiendichter Phormis und Epicharmus, den Tragiker Aeschylus und die Lyriker Pindar, Simonides und Bacchylides mit reichen Geschenken an ihrem Hofe ehrten, so wie wir oben (122.) Anakreon bei Polykrates fanden, und aus anderweitigen Zeugnissen wissen, daß auch der Dichter Ibykus aus Rhegium gastlich von ihm aufgenommen ward. Ueberhaupt liebte Polykrates, wie Pracht und Luxus, so die Kunst, und legte auch eine Bibliothek an.

140 Kroton, woher Democedes stammte, war eine Dorisch-Hellenische Pflanzstadt; und diese, so wie überhaupt die Griechischen Pflanzstädte, in Unteritalien und Sicilien sowohl, als die östlichen in und über Kleinasien, wurden immer zum Gesammtvolke der Hellenen gerechnet.

141 D. h. eintausend dreihundert fünf und siebzig Reichsthaler.

142 Ein Talent und vierzig Minen, beinahe zweitausend und dreihundert Thaler.

143 Achttausend zweihundert und fünfzig Reichsthaler.

144 Die vom Volke gewählten fünf Ephoren (Aufseher) hatten zuerst Aufsicht über den Markt und das Aerarium, und Gericht über Mein und Dein, dann die Censur aber alle Bürger und aber die Magistrate, auch die Könige (s. VI, 28.), mit der Macht, Bußen aufzulegen und Kriminalgerichte zu ermächtigen; außerdem auch bedeutenden Einfluß auf die Volksversammlung und Politik (s. VI, 63; IX, 8; IX, 7. 10.) als die eigentlichen Geschäftsführer des Volkes. Im Kriege folgten Zwei derselben dem Könige als Kriegsrath (s. IX, 76).

145 Vgl., VI, 31.

146 Ol. 80. v. Chr. 456. Vgl. Thucyd. I, 109.

147 Kurz vor Artaxerxes Tode, ungefähr Ol. 88, 4. (v. Chr. 425.), im sechsten Jahre des Peloponnesischen Krieges, als Herodot bereits in Thurii ansäßig und 59 Jahre alt war.

Der Ursprung der Geschichte: Herodot und Thukydides

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