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Der rote Hof

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„Gringa, ich hätte dich töten sollen, als du deinen widerwärtigen weißen Fuß auf unser heiliges Land gesetzt hast!“ Die rabenschwarzen Augen der Frau sprühten vor Hass.

„Ja, da magst du wohl recht haben, liebe Itza.“ Mara schlug provozierend langsam das eine Bein über das andere, während sie ihr Gegenüber anlächelte. „Aber da haben wohl deine göttlichen Kräfte versagt.“ Ihre Stimme troff vor Sarkasmus. „Als die hochedle Göttin, für die die Leute dich gehalten haben, hättest du wissen sollen, dass Pferde keine göttlichen Wesen sind, sondern dumme Tiere, die spanische Soldaten durch das Land trugen. Als Göttin mit allmächtigen Kräften wäre es deine Aufgabe gewesen, die Gefahr zu erkennen, die von ihnen drohte. Du hättest sie vernichten können, zertreten wie räudige Hunde und ins Meer zurückwerfen. Aber das hast du nicht getan. Du bist nämlich keine kluge und edle Göttin, sondern nur eine dumme Todesfee.“

Itzapapalotl spürte, wie übermächtige Wut in ihr hochstieg. Schwarze, gläserne Krallen wuchsen aus ihren Händen. Gleich würde sie diese Vampirin packen, sie schütteln, zu Boden zwingen und ihr das herausreißen, was vor langer Zeit einmal ein Herz gewesen war. Sie hätte das schon vor Jahrhunderten tun sollen!

„NEIN.“

Itza vernahm die Stimme mehr in ihrem Kopf als in ihren Ohren. Warum hielt die weise Schlange sie zurück? Mit aller Kraft gelang es ihr, sich zu beherrschen.

„Ich dulde nicht, dass sich die Mitglieder dieses Hofes gegenseitig bekriegen. Wir haben weitaus größere Probleme. Mara hat um den Schutz dieses Hofes gebeten. Sie hat ihn erhalten und ist genauso ein Teil davon wie du, Obsidian-Schmetterling. Und ich muss ihr recht geben. Es war deine Aufgabe, über unser Volk zu wachen und Schaden von ihm fernzuhalten. Du hast damals versagt und wie es scheint, bist du dabei, es wieder zu tun. Vielleicht ist es deine Natur, dein ungestümes Wesen, das dich zu überstürzten Handlungen hinreißen lässt.“

„Es war nicht klug?“ Itzas Stimme wurde schrill. „Erneut fallen Gringos in unser Land ein. Dieses Mal nicht mit Schiffen und mit Pferden, mit Christenpriestern und Schwertern, mit Goldgier und mit Seuchen. Nein, heute kommen sie mit Coca-Cola und Koffern voller Geld. Sie rauben wieder die Schätze unseres Landes und geben uns wertloses Papier anstelle von Glasperlen. Sie besudeln es mit ihrer primitiven Art zu denken. Sie zerstören, was immer ihnen in die Hände kommt. Es reicht ihnen nicht, die Menschen zu versklaven, jetzt wenden sie sich gezielt gegen uns. Sie erkennen uns. Sie brachten ihre eigenen Geschöpfe mit. Ihre Oger töten unsere Feen. Ihre verdrehten halbmagischen Wesen vermögen, selbst die Stärksten unter uns anzugreifen. Sie töten uns! Hast du diejenigen gesehen, die ihre Opfer wurden, ehrwürdige Schlange?“

Ein Klagelaut klang aus den Tiefen des Raumes.

„Und statt herauszufinden, was das für Leute sind, wer sie schickt, wo ihre Schwachstellen liegen, kommt die schlaue Itza auf die Idee und bringt einen unbedeutenden Menschen um. Glaubst du nicht, sie werden einen anderen schicken, der ihre Spezialeinheiten befehligt?“ Maras Stimme wurde leise. „Diese Leute sind K-Programme, Itza! Weißt du überhaupt, was das ist? Die Amerikaner haben es geschafft, Wesen zu erschaffen, die uns besiegen können! Es ist vollkommen schwachsinnig, einen Krieg heraufzubeschwören. Eine offene Schlacht werden wir verlieren, genauso wie ihr vor fünfhundert Jahren verloren habt! Ach ja, du kennst ja K-Programme. Ist dir nicht vor nicht allzu langer Zeit eins entwischt? Hast du nicht getönt, du wolltest ihr Herz rausreißen?“ Mara machte eine Kunstpause und legte fragend den Zeigefinger an die Lippen. „Ach nein. Unsere schlaue Itza hat es nicht geschafft. Ein einzelnes kleines K-Programm und unsere großartige Itza war überfordert! Was haben wir gelacht …“

Itza keuchte auf vor Wut. Sie erinnerte sich sehr gut an diesen Tag. Ja, es mochte ein K-Programm gewesen sein, aber das war es nicht, was sie bezwungen hatte. Ein einzelner magisch veränderter Mensch war kein Gegner, der ein ernstzunehmendes Problem darstellte. Aber diese Frau war etwas anderes. Mächtige Magie, größer als die ihre, schützte sie. Sie war ein Mitglied des schwarzen Hofes. Sie war eine Drachentochter. Sie trug das Zeichen des Drachen, der sogar die gefiederte Schlange besiegt hatte. Auch diese aufgeblasene Vampirin wäre an ihr gescheitert, aber es hatte keinen Zweck, weiter darüber zu sprechen. Mara mochte ihr körperlich unterlegen sein, aber sie besaß das Vertrauen der gefiederten Schlange. Es war sinnlos, diesen Disput weiterzuführen. Mit einem Fauchen drehte sie sich um. Ihre Gestalt löste sich in tausende winzig kleine schwarze Schmetterlinge auf, die durch das Fenster hinausflogen.

Mara räkelte sich zufrieden in ihrem Sessel. Es war immer gut, seinen Gegner zu kennen und möglichst viel über ihn zu wissen. Der Obsidian-Schmetterling war die einzige Person, die zwischen ihr und der absoluten Macht stand. Mit unschuldigem Lächeln wendete sie sich der gefiederten Schlange zu, die zurückgesunken auf ihrem Lager ruhte.

„Es tut mir so leid, dass es zu diesem dummen Streit kam. Ich will doch nur das Beste für den roten Hof.“ Ihre Stimme klang seidig und einschmeichelnd. „In einem hat Itza recht. Sie tun den Unsrigen grauenhafte Dinge an. Sie suchen sich nicht die Starken, die ihnen gewachsen sein könnten, nein, sie vergreifen sich an den kleinen Tierwesen, an den Flussfeen und weißen Hexen. Es reicht ihnen nicht, zu töten. Sie foltern sie, verbrennen sie mit angezündeten Reifen, reißen sie in Stücke. Sie verschonen niemanden, weder Frauen noch Kinder.“

Ein weiteres dumpfes Stöhnen entfuhr der gefiederten Schlange. Mara war zufrieden.

„Ich habe eine Idee, wie wir es schaffen, die Fremden zu besiegen. Willst du sie hören?“

Die gefiederte Schlange nickte.

Schattenkriege

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