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2. Einführung in die logischen Grundlagen

Dieses Kapitel kann und soll keinen Ersatz für eine Logik-Einführung darstellen, wie sie in der einen oder anderen Form in den Curricula praktisch aller Philosophie-Studiengänge zu finden sein dürfte; schon der Umfang dieses Kapitels lässt dies nicht zu. Auch sollen hier nicht die mit der Logik verbundenen philosophischen Probleme thematisiert werden, da diese zumeist recht speziell sind und wiederum in einer Einführung in die Analytische Philosophie nicht recht am Platz zu sein scheinen. Analytischen Philosophen wird oftmals eine übertriebene Affinität zu Formeln und zur Logik nachgesagt. Die Logik (wobei der Plural hier vielleicht angebrachter wäre) ist tatsächlich ein, wenn nicht das entscheidende Handwerkszeug des analytisch arbeitenden Philosophen, und die folgenden Kapitel dieser Einführung in die Analytische Philosophie setzen gewisse logische Grundlagen voraus. Diese in dem Umfang zu vermitteln, wie sie für die Lektüre des Buches notwendig sind, ist der Anspruch dieses Kapitels.

Argument Form und Inhalt Schlüssigkeit

In der Logik geht es um die systematische Untersuchung der Form von Argumenten im Gegensatz zu deren spezifischen Inhalten. Eines der Ziele einer solchen Untersuchung ist, schlüssige Argumente von nicht schlüssigen zu unterscheiden. Ein Argument ist genau dann schlüssig, wenn durch die logische Form des Arguments sichergestellt ist, dass die Voraussetzungen (Prämissen) zur Konklusion des Arguments führen: Gesetzt den Fall, die Voraussetzungen treffen zu, kann die Konklusion bei einem schlüssigen Argument unmöglich falsch sein; das Argument ist wahrheitsbewahrend. In einem solchen Fall sagt man, dass die Konklusion aus den Prämissen logisch folgt – und dies ist unabhängig von den eigentlichen Inhalten der Argumente und hängt nur von deren Form ab.

Aufbau von Argumenten

Wie aber sieht ein Argument nun aus? Formal betrachtet kann man ein Argument als eine Folge von Aussagen, den Prämissen, auffassen, auf die eine weitere Aussage, die Konklusion des Arguments, folgt. Die Konklusion wird dabei gemeinhin mittels ‚also‘, folglich‘, ‚daher‘ oder eines Wortes ähnlicher Bedeutung eingeleitet. Dazu ein konkretes Beispiel:

P1:Wenn es Bayerisch Creme in der Mensa gibt, dann tanzen die Dozenten auf den Tischen.
P2:Es gibt Bayerisch Creme in der Mensa.
K:Also: Die Dozenten tanzen auf den Tischen.

Dies ist ein Beispiel für ein schlüssiges Argument: Es ist unmöglich, dass die beiden Prämissen P1 und P2 wahr sind und gleichzeitig die Konklusion K falsch ist. In der obigen Schreibweise trennt der Schlussstrich des Arguments die Prämissen auch optisch von der Konklusion.

Meist liegen die Argumente in der Praxis jedoch nicht in so klarer Form vor. Nicht immer werden alle Prämissen erwähnt, oft wird nicht deutlich gemacht, was die Konklusion des Argumentes eigentlich ist. Es ist daher in solchen Fällen unerlässlich, gegebene Argumente in eine saubere Form zu ‚übersetzen‘, bevor sie logisch untersucht werden können. Für die Zwecke der Logik ist es sinnvoll, nach einer solchen Bereinigung des Arguments einen weiteren Schritt zu gehen und das Argument zu formalisieren: Dazu werden für die konkreten Inhalte des Arguments Abkürzungen in Form von Satzbuchstaben eingeführt, mit denen dann gearbeitet wird.

2.1 Erste Schritte in die Aussagenlogik

In der Aussagenlogik werden Folgerungsbeziehungen zwischen ganzen Aussagen (oder Aussagesätzen, wenn man eine eher sprachliche Auffassung vertreten will) untersucht, wobei in der Regel die Elementaraussagen (atomare Aussagen) als Einheiten herangezogen werden. Im obigen Beispiel tauchen nur zwei solche Elementaraussagen auf, denen jetzt die Satzbuchstaben B und D zugeordnet werden:

B:Es gibt Bayerisch Creme in der Mensa.
D:Die Dozenten tanzen auf den Tischen.

Elementaraussagen

Während die Prämisse P1 eine zusammengesetzte Aussage ist, sind B und D Elementaraussagen: Sie sind nicht mehr in weitere Aussagen zu zerlegen. Die erste Prämisse ist demgegenüber komplex: Sie ist eine zusammengesetzte Aussage, in der die beiden elementaren Aussagen B und D zwar vorkommen, aber in eine Beziehung zueinander gestellt werden: „Wenn B, dann D.“ Ebenso hätte die Prämisse noch komplexer sein können: „Wenn es Bayerisch Creme in der Mensa gibt, dann tanzen die Dozenten auf den Tischen und die Köche schlagen Alarm.“ Formalisiert man die Aussage „Die Köche schlagen Alarm“ mit dem Satzbuchstaben A, dann hätte diese Aussage die Form: „Wenn B, dann D und A.“

Junktoren

Solche Beziehungen zwischen Aussagen heißen Junktoren. Üblicherweise werden in der Logik vor allem die Junktoren betrachtet, die auch in Argumenten der Alltags- und Wissenschaftssprache eine wichtige Rolle spielen:

Die Konjunktion (P und Q; PQ);

die Disjunktion oder Adjunktion (P oder Q; P Q);

das Konditional oder die (materiale) Implikation (wenn P, dann Q; PQ);

die Biimplikation (P genau dann, wenn Q; P↔Q).

Diesen Junktoren ist gemein, dass sie immer zwei Aussagen verbinden. Ein weiterer oft gebrauchter Junktor bezieht sich hingegen auf nur eine Aussage:

Die Negation (nicht P; ~ P).

Neben den hier verwendeten Symbolen finden sich oft alternative Symbole für die Junktoren, deren Bedeutung sich aber meist schnell erschließt.

Formalisiert man das Beispielargument vollständig, ergibt sich folgende Argumentstruktur:

B D

B

D

Die konkreten Inhalte der Aussagen kommen hier nicht mehr vor. Ebenso gut hätte obiges Argument statt von Vorgängen in der Mensa von Bahnstreiks oder von Mitochondrien handeln können – für die logische Bewertung des Arguments ist das unerheblich, die Formalisierung wäre dieselbe.

Extensionalität

Die oben vorgestellten Junktoren sind wahrheitsfunktional (extensional), es gilt das Extensionalitätsprinzip: Das heißt, dass sich der Wahrheitswert einer komplexen Aussage, die eine Verknüpfung von Elementaraussagen mittels dieser Junktoren ist, ausschließlich aus den Wahrheitswerten der in ihr enthaltenen Elementaraussagen, der Art ihrer Zusammensetzung und der Definition der Junktoren ergibt. Dazu wieder ein Beispiel: Die Aussage „Die Dozenten tanzen auf den Tischen oder in der Küche ist der Teufel los“ ist genau dann wahr, wenn (a) die Dozenten auf den Tischen tanzen, (b) in der Küche der Teufel los ist oder auch (c) beides der Fall ist. An diesem Beispiel wird deutlich, dass die Definition derJunktoren in der Logik nicht immer mit unseren Alltagsintuitionen übereinstimmt. Der Fall (c) scheint nicht ganz dem Alltagsgebrauch des Oder zu entsprechen; noch deutlicher wird dies bei dem Beispielsatz „Ich fahre am Wochenende in die Berge oder ans Meer“. Das Oder in der Logik ist ein einschließendes Oder, das eine Aussage auch dann als wahr ausweist, wenn beide Elementaraussagen wahr sind. Unser alltägliches Oder wird demgegenüber häufig als ausschließendes Oder (Kontravalenz) verstanden, das eine Aussage nur dann als wahr ausweist, wenn eine der Elementaraussagen wahr und die andere falsch ist, also als ‚Entweder-Oder‘. Natürlich kann man in der Logik auch mit dem ausschließenden Oder arbeiten, aber üblicherweise formalisiert man entsprechende Aussagen mit dem einschließenden Oder und gegebenenfalls der Zusatzbedingung, dass nicht beide Teilaussagen wahr sind: (A B) ~ (A B).

Wahl der Junktoren

Die Wahl der auf formaler Ebene benutzten Junktoren ist also nicht durch irgendwelche höheren Gesetzmäßigkeiten vorgegeben, sondern richtet sich (auch) nach pragmatischen Gesichtspunkten. Geht es eher um die Bequemlichkeit und Nähe zur normalen Sprache, arbeitet man gerne mit allen fünf (oder noch mehr) Junktoren. Tatsächlich benötigt man aber nicht alle diese fünf Junktoren, um alle möglichen Aussagenverknüpfungen darstellen zu können, sondern kann sie definitorisch wechselseitig ineinander überführen: So lassen sich beispielsweise aus kleineren Junktorenbasen (zum Beispiel den zweielementigen Basen {~, } oder {~, →}) alle anderen Junktoren herleiten. Streng genommen reicht sogar ein einziger Junktor aus, um damit alle anderen zu definieren; dieser muss allerdings spezielle Anforderungen erfüllen. Es gibt zwei derartige ‚funktional vollständige‘ einelementige Junktorenbasen, die nur den Sheffer-Strich ‚|‘, die Exklusion bzw. ‚Nicht-Und‘, oder aber die Peirce-Funktion ‚↓‘, die Rejektion bzw. das ‚Nicht-Oder‘, als Element enthalten.

Wahrheitstabellen

Um nun alle Mehrdeutigkeiten auszuschließen, wird die Bedeutung der Junktoren über eine Definition genau festgelegt. Ist eine solche Festlegung einmal getroffen, können mögliche Streitfälle durch Verweis auf die Definitionen der Junktoren beigelegt werden. Die Definition erfolgt üblicherweise über Wahrheitstabellen. Es wird wieder von den konkreten Inhalten der Aussagen abgesehen und – im Falle der zweistelligen Junktoren – angenommen, dass zwei beliebige Aussagen P und Q vorliegen. Dann werden in den ersten beiden Spalten alle möglichen Kombinationen der Wahrheitswerte von P und Q durchgespielt; jede Zeile der Wahrheitstabelle entspricht einer solchen möglichen Kombination. In der ersten Zeile sind sowohl P wie auch Q wahr (‚w‘), in der zweiten Zeile ist P wahr, Q aber falsch (‚f‘) usw. In den folgenden Spalten der Tabelle wird festgelegt, welchen Wahrheitswert durch die Junktoren verknüpfte Aussagen annehmen – jeder Spalte entspricht dabei eine einfachste, mit dem Junktor gebildete Aussage. Die einzelnen Zeilen einer Spalte geben dann wieder, welchen Wahrheitswert die Aussage unter den entsprechenden Wahrheitswertzuweisungen für die Teilaussagen P und Q hat. Die Spalte legt so den Wahrheitswertverlauf des Junktors fest. Es ergeben sich 16 unterschiedliche Verteilungen, denen man jeweils einen Junktor zuweisen könnte; davon sind aber nur einige von Interesse:


Die Negation bezieht sich immer nur auf eine Aussage; entsprechend sieht auch die Wahrheitstabelle zur Definition der Negation anders aus:


Das Konditional

Beim Konditional ist es im Gegensatz zu den anderen hier aufgeführten Junktoren relevant, in welcher Weise die Wahrheitswerte auf die beiden verknüpften Aussagen verteilt sind. Während es also beispielsweise für den Wahrheitswert der Aussage A B keinen Unterschied macht, ob A wahr und B falsch oder umgekehrt A falsch und B wahr ist, ist das für die Aussage A → B durchaus entscheidend, wie man den Zeilen zwei und drei der ersten Tabelle entnehmen kann. Um entsprechend besser auf die Teilaussagen referieren zu können, ist es üblich, den vorderen Teil eines Konditionals als dessen Antezedens oder Vordersatz, den hinteren Teil als dessen Konsequenz oder Nachsatz zu bezeichnen. A ist also das Antezedens des Konditionals A → B, B dessen Konsequenz.

Oben wurde schon kurz der Umstand angesprochen, dass unsere alltagssprachlichen Intuitionen gelegentlich mit den Definitionen der Junktoren kollidieren. Dies wurde am Beispiel des einschließenden/ausschließenden Oder illustriert. Noch deutlicher wird dieser Umstand beim Konditional. Da das Konditional in der Logik – wie alle Junktoren – lediglich durch seinen Wahrheitswertverlauf definiert ist, spielt der eigentliche Inhalt von Antezedens und Konsequenz keine Rolle. „Wenn der Mond aus kariertem Käse besteht, dann gibt es Bayerisch Creme in der Mensa“ ist entsprechend ein völlig korrektes – und überdies wahres! – Konditional. Dies entspricht wieder nicht unserem Alltagsverständnis, denn es besteht hier (a) kein inhaltlicher Zusammenhang zwischen Antezedens und Konsequenz und (b) scheint es zunächst absurd, diese Aussage als wahr zu klassifizieren. Da das Antezedens aber falsch ist, ist das ganze Konditional wahr, wovon man sich leicht mittels der Definition des Junktors überzeugen kann. Eine Übereinstimmung des Konditionals mit unseren Intuitionen und dem Alltagsgebrauch von ‚wenn … dann‘ ist aber nicht gefordert: Das Konditional ist in der Logik schlicht so definiert, dass es nur dann falsch ist, wenn sein Antezedens wahr und sein Konsequenz falsch ist. Kontraintuitiv ist dabei vor allen Dingen der Fall, in dem das Antezedens falsch ist; hier gilt die Regel „ex falso sequitur quodlibet“ – „aus etwas Falschem folgt Beliebiges“. Andererseits ist ein Konditional auch immer dann wahr, wenn der Nachsatz wahr ist: „verum sequitur ex quodlibet“. Je nach dem zu bearbeitenden Bereich ist es gelegentlich nötig, auch in der Logik andere Arten von Konditionalen zu berücksichtigen. Tatsächlich waren viele Entwicklungen in der modernen Logik durch den Versuch motiviert, eine angemessenere Formalisierung des alltagssprachlichen ‚wenn … dann‘ zu finden.

Bindungsstärke der Junktoren

Bei der Formalisierung ist darauf zu achten, dass die Junktoren unterschiedliche Bindungsstärken haben – das Prinzip ist aus der Mathematik bekannt, wo die schöne Regel ‚Punkt- vor Strichrechnung‘ gilt. In der Logik bindet die Negation (~) am stärksten, dann folgen in absteigender Reihenfolge ihrer Bindungsstärke die Konjunktion (), die Disjunktion (), das Konditional (→) und schließlich die Biimplikation (↔). Wie in der Mathematik kann durch die Verwendung von Klammern eine andere interne Verbindung von Aussageteilen erreicht werden.

notwendig/ hinreichend

Im weiteren Verlauf dieses Buches wird noch verschiedentlich von notwendigen und hinreichenden Bedingungen die Rede sein. Das Gemeinte lässt sich folgendermaßen illustrieren: Eine Frau zu sein ist eine notwendige Bedingung dafür, eine Mutter zu sein; man kann unmöglich Mutter sein, ohne Frau zu sein. Eine weitere notwendige Bedingung ist es, ein Kind zu haben. Frau zu sein oder ein Kind zu haben ist aber nicht hinreichend dafür, eine Mutter zu sein, denn man kann sehr wohl eine Frau sein oder ein Kind haben, ohne auch eine Mutter zu sein. Diese beiden notwendigen Bedingungen zusammengenommen sind aber hinreichend dafür, eine Mutter zu sein: Alles, was eine Frau ist und ein Kind hat, ist eine Mutter. Allgemein dargestellt: A ist eine notwendige Bedingung für B, wenn es unmöglich der Fall sein kann, dass B der Fall ist, wenn nicht auch A der Fall ist. A ist eine hinreichende Bedingung für B, wenn es unmöglich der Fall sein kann, dass A vorliegt, ohne dass auch B vorliegt. Im Konditional treffen nun notwendige und hinreichende Bedingung aufeinander: Wenn A → B wahr ist, dann ist A immer eine hinreichende Bedingung für B: Aus dem Wahrsein von A kann ich auf das Wahrsein von B schließen. Des Weiteren ist aber B auch immer eine notwendige Bedingung für A, denn A kann nicht wahr sein, ohne dass auch B wahr ist.

Eingangs wurde erwähnt, dass die Logik sich primär mit der Untersuchung von Argumenten beschäftigt. Eine vergleichsweise einfache Methode, ein gegebenes Argument auf seine Schlüssigkeit (man sagt auch: ‚Gültigkeit‘) hin zu untersuchen, ist die semantische Methode. Bei dieser wird das zu untersuchende Argument, der Schluss, ‚von seinem Inhalt befreit‘ (formalisiert) und anschließend anhand einer Wahrheitstabelle analysiert. Die Wahrheitstabellen wurden bereits im Zuge der Definition der Junktoren eingeführt; nun soll geschildert werden, wie sie sich zur Überprüfung von Schlüssen einsetzen lassen.

Die Argumentstruktur des Beispielarguments sah folgendermaßen aus:

B → D

B

D

Um die Gültigkeit dieses Schlusses zu überprüfen, muss er zunächst in eine andere Form übertragen werden. Dabei macht man sich zu Nutze, dass ein Schluss wie ein Konditional funktioniert bzw., logisch betrachtet, die Form eines Konditionals hat: Wenn ein Schluss gültig ist, dann muss die Konklusion wahr sein, wenn die Prämissen wahr sind. Die einzelnen Prämissen werden für die Überprüfung entsprechend konjunktiv verbunden und bilden das Antezedens, die Konklusion bildet das Konsequenz des neuen Konditionals:

((B → D) B) → D

Oder, allgemein:

(P1 P2 …) → K

Schlüssigkeit überprüfen: Wahrheitstabelle

Der Wahrheitswert dieser komplexen Aussage ergibt sich nun gemäß dem Extensionalitätsprinzip nur aus den Wahrheitswerten der Elementaraussagen B und D, der Art der Zusammensetzung der Aussage und der Definition der vorkommenden Junktoren – wobei Bindungsstärke und Klammerung zu berücksichtigen sind. Zur Auswertung erstellt man eine Wahrheitstabelle, die alle möglichen Verteilungen der Wahrheitswerte über die Elementaraussagen berücksichtigt. Bei zwei Elementaraussagen ergeben sich wie in diesem Beispiel vier Zeilen, bei drei acht Zeilen, bei vier sechzehn Zeilen – die Anzahl der benötigten Zeilen steigt also mit wachsender Anzahl der Elementaraussagen exponentiell an, woraus sich bereits erkennen lässt, dass diese Methode aus pragmatischen Gründen nur für die Untersuchung von Argumenten mit vergleichsweise geringer Anzahl an Elementaraussagen geeignet ist. Die auszuwertende Aussage überträgt man dann in die Titelzeile der Tabelle und wertet sie der Klammerung bzw. Bindungsstärke der Junktoren nach abschnittsweise aus: Zunächst berechnet man in diesem Beispiel die Wahrheitswertverläufe der inneren Klammern mit den Teilaussagen B → D, dann (B → D) B. Im letzten Schritt wird dann der Wahrheitswertverlauf der gesamten Aussage berechnet, der sich durch den Hauptjunktor, das zweite (äußere) Konditional, ergibt:


In der letzten Spalte ist nun der Wahrheitswertverlauf des äußeren Konditionals und damit des Hauptjunktors des Schlusses abzulesen; dessen Verlauf ist entscheidend für die Bewertung der Gültigkeit des ganzen Schlusses. Finden sich in dieser Spalte ausschließlich ‚w‘ -Einträge, ist die Formel bei beliebigen Verteilungen der Wahrheitswerte auf die Elementaraussagen wahr, sie – und damit auch der Schluss – ist (semantisch) gültig. Das heißt wohlgemerkt nicht, dass die Konklusion wahr sein muss, sondern nur, dass die Konklusion wahr ist, wenn die Prämissen wahr sind: Ist ein Schluss gültig, kann also von der Wahrheit der Prämissen direkt auf die Wahrheit der Konklusion geschlossen werden.

spezielle Eigenschaften von Formeln

Formeln (oder Aussagen), die bei beliebigen Wahrheitswertbelegungen der in ihr vorkommenden Elementaraussagen wahr sind, sind semantisch gültig; man nennt sie auch Tautologien. Der gewissermaßen gegenteilige Fall, wenn sich in einer Spalte nur ‚f‘-Einträge finden, die Aussage also unter allen Wahrheitswertbelegungen der Elementaraussagen falsch ist, wird als Kontradiktion bezeichnet. Finden sich sowohl ‚w‘ als auch ‚f‘ im Wahrheitswertverlauf einer Formel, wird diese kontingent genannt. Einige Autoren unterscheiden noch zwischen Erfüllbarkeit und Widerlegbarkeit: Eine Formel ist erfüllbar, wenn es mindestens eine Wahrheitswertverteilung gibt, unter der die Formel wahr wird, und widerlegbar, wenn es mindestens eine Wahrheitswertverteilung gibt, unter der die Formel falsch wird.

Konsistenz

Oft steht die Frage nach der Konsistenz (Widerspruchsfreiheit) im Raum: Kann ein gegebene Menge von Aussagen, zum Beispiel die Prämissen eines Arguments, überhaupt gleichzeitig wahr sein? Gerade bei Prämissen ist diese Frage von großer Wichtigkeit, denn aus inkonsistenten, also sich widersprechenden Prämissen kann tatsächlich Beliebiges, auch Falsches, gefolgert werden. Auch für den Nachweis der Konsistenz kann die Wahrheitstafel herangezogen werden. Dazu werden alle betreffenden Aussagen nebeneinander gestellt, jede für sich in eine Spalte, und ausgewertet, so dass sich ein Wahrheitswertverlauf für jede einzelne Aussage ergibt. Gibt es dann mindestens eine Zeile der Tabelle, in der sich im Wahrheitswertverlauf aller Aussagen ausschließlich ‚w‘-Einträge finden, ist die Aussagenmenge konsistent – es gibt eine Wahrheitswertbelegung der in ihr vorkommenden Elementaraussagen, bei der alle Aussagen wahr sind. Ist dies nicht der Fall, ist die Aussagenmenge inkonsistent.

Die bisher besprochene Wahrheitstabellen-Methode ist relativ aufwändig, aber vergleichsweise einfach. Zu ihrer Anwendung muss man nur einige einfache Regeln beherrschen, mehr oder weniger mechanisch eine Tabelle ausfüllen und diese schließlich auswerten. Wenn die Methode auch für kleinere Probleme recht nützlich ist, stößt man doch sehr schnell an ihre Grenzen: Eine Wahrheitstabelle mit 16 Zeilen ist schon unpraktisch, eine mit 128 Zeilen kaum noch sinnvoll zu bearbeiten. Diese große Zeilenzahl ist aber schon bei sieben Elementaraussagen nötig, denn es gibt immer 2n unterschiedliche Wahrheitswertverteilungen auf n Elementaraussagen – und damit entsprechend viele Zeilen einer vollständigen Wahrheitstabelle. Nichtsdestotrotz lässt sich prinzipiell die Gültigkeit aller solcher aussagenlogischer Schlüsse mittels dieser Methode bestimmen, so dass die ganze Aussagenlogik sich mit ihr – wenn auch eher theoretisch – betreiben ließe.

Schlüssigkeit überprüfen: Ableitungen

Es gibt jedoch eine Alternative zu den Wahrheitstabellen: die Ableitungen, auch als syntaktische Methode bezeichnet. Bei den Ableitungen gilt es, von den Prämissen über gegebene Ableitungs- und Umformungsregeln zu der gewünschten Konklusion zu gelangen. Der große Vorteil der Ableitungen ist, dass sie auch für eine große Anzahl an Prämissen und Elementaraussagen effizient eingesetzt werden können; im Gegensatz zu den Wahrheitstabellen führt hier aber kein rein mechanisches Vorgehen zum Ziel, vielmehr muss man ein gewisses Gespür für die jeweils geeigneten Regeln und Lösungswege entwickeln. Ist ein Schluss gültig, folgt also dessen Konklusion aus seinen Prämissen, so sagt man auch, dass die Konklusion aus den Prämissen ableitbar ist.

2.2 Der Aussagenkalkül

Spezifikation eines Kalküls

Ein Kalkül ist ein formales Regelsystem, mit welchem sich aus gegebenen Grundzeichen mittels gegebener Regeln komplexe Formeln erstellen und umformen lassen. Ein Kalkül muss wie folgt spezifiziert werden:

1. Die Grundzeichen des Kalküls müssen beschrieben werden. Dies kann in gewisser Weise als das ‚Alphabet‘ oder ‚Wörterbuch‘ des Kalküls betrachtet werden.

2. Die Formationsregeln des Kalküls legen fest, welche Kombinationen der Grundzeichen wohlgeformt und damit Formeln im Sinne des Kalküls sind. Die Anwendung der Formationsregeln auf wohlgeformte Formeln führt immer zu neuen wohlgeformten Formeln. Sie stellen in gewisser Weise die Grammatik des Kalküls dar: Was nicht auf Grundlage der Formationsregeln generiert werden kann, ist keine Formel. Intuitiv verstanden können die Formationsregeln alle Aussagen des Systems generieren, wahre und falsche.

3. Die Transformationsregeln (oder Ableitungsregeln) des Kalküls legen fest, wie aus gegebenen Formeln neue Formeln erzeugt bzw. abgeleitet werden können. Die hiermit erzeugbaren Formeln sind, intuitiv verstanden, die wahren Aussagen – die Transformationsregeln legen fest, wie ich aus gegebenen, wahren Aussagen weitere wahre Aussagen produzieren kann.

4. Die Axiome eines Kalküls schließlich sind optional; im Allgemeinen werden Kalküle mit Axiomen axiomatische Kalküle, solche ohne Axiome Regelkalküle genannt. Axiome sind wohlgeformte Formeln, die direkt verwendet werden dürfen, also ohne erst über die Transformationsregeln hergeleitet werden zu müssen. Intuitiv verstanden handelt es sich bei den Axiomen um einen Grundbestand an allgemeingültigen Aussagen. Dies wird weiter unten noch durch ein Beispiel verdeutlicht.

Ein solcher Kalkül ist zunächst uninterpretiert und wie eine mehr oder weniger komplexe Anleitung zu verstehen, die vorgibt, welche Zeichen wie kombiniert werden dürfen. Gibt man bestimmten Zeichen des Kalküls dann eine Bedeutung, spricht man von einer Interpretation oder einem Modell des Kalküls.

Der Aussagenkalkül

Auch die oben beschriebene Aussagenlogik kann kalkülisiert, das heißt in die strenge Form eines Kalküls übertragen werden:

1. Die Grundzeichen der Aussagenlogik sind die Zeichen für Elementaraussagen (hier: lateinische Kleinbuchstaben), die Zeichen für die Junktoren (siehe oben) und die Gliederungszeichen (Klammern).

2. Die Formationsregeln werden wie folgt rekursiv definiert:

a) Jedes Zeichen für eine Elementaraussage ist eine Formel.

b) Wenn F eine Formel ist, dann ist auch ~F eine Formel.

c) Wenn F und G Formeln sind, dann sind auch F G, F G, F → G und F ↔ G Formeln.

d) Wenn F eine Formel ist, dann ist auch (F) eine Formel.

e) Keine anderen Zeichenketten sind Formeln

3. Die Transformationsregeln sind Regeln, nach denen aus bestimmten Formeln neue Formeln gebildet werden können. Die Transformationsregeln des Aussagenkalküls müssen so beschaffen sein, dass sie nur die Bildung solcher Formeln zulassen, die aus den vorhandenen Formeln tatsächlich aussagenlogisch folgen (intuitiv verstanden: die wahr sind). Hier seien einige Beispiele für Transformationsregeln der Aussagenlogik angegeben:

a) Modus Ponendo Ponens: Aus dem Vorliegen einer Formel F → G und einer Formel F darf man auf eine Formel G schließen (diese ableiten).

b) Modus Tollendo Tollens: Aus dem Vorliegen einer Formel F → G und einer Formel ~G darf man auf eine Formel ~F schließen (diese ableiten).

c) Substitutionsregel: In einer Formel F darf ein Satzbuchstabe durch eine Formel ersetzt (substituiert) werden. Die Begründung hierfür ist, dass Satzbuchstaben lediglich Platzhalter für Aussagen sind. Bei der Substituierung ist auf zwei Dinge zu achten: Wenn ein Satzbuchstabe durch eine Formel ersetzt wird, muss er an jeder Stelle, an der er in F vorkommt, durch die gleiche Formel ersetzt werden. Außerdem dürfen nur Satzbuchstaben eingesetzt werden, die nicht schon in der ursprünglichen Formel (also der Formel F vor der Substitution) vorhanden waren.

4. Die Axiome in der Aussagenlogik sind Tautologien, die jederzeit in den Schlüssen verwendet werden dürfen. Die Wahl der Transformationsregeln und Axiome geht insofern Hand in Hand, als man die Axiome immer auch in Transformationsregeln umwandeln könnte; insofern sind diese Bereiche nicht unabhängig voneinander. Als Beispiel seien hier die Axiome des Aussagenkalküls der Principia Mathematica (Whitehead/ Russell (1910–13)) von Bertrand Russell und Alfred North Whitehead (1861–1947) angegeben, die dort nur durch den Modus Ponendo Ponens und die Substitutionsregel als Transformationsregeln ergänzt werden:

a) P P → P

b) Q → P Q

c) P Q → Q P (Wie sich später herausgestellt hat, kann dieses Axiom aus den anderen abgeleitet) werden; es ist damit redundant.)

d) P (Q R) → Q (P R)

e) (Q → R) → (P Q → P R)

konkrete Ausgestaltung

Es gibt einen extrem großen Spielraum, was die eigentliche Wahl der Transformationsregeln und Axiome angeht: Im Kalkül legt man fest, was überhaupt sinnvolle Aussagen im Rahmen des Kalküls sind und mit welchen Methoden und auf welcher Grundlage mit diesen Aussagen verfahren werden kann, um Beweise zu führen usw. Einerseits möchte man sich dabei möglichst wenig Einschränkungen unterwerfen, andererseits aber auch nicht in einer unüberschaubaren Masse von Möglichkeiten die Übersicht verlieren. Man kann das Aufstellen eines Kalküls mit dem Zusammenstellen eines guten Werkzeugkoffers vergleichen: Auch wenn man mit dem Schweizer Taschenmesser theoretisch alle anfallenden Arbeiten erledigen kann (vielleicht auch, indem man sich damit zunächst weiteres Werkzeug baut), möchte man doch lieber gleich mit etwas mehr Werkzeug loslegen. Andererseits will man auch nicht achtundzwanzig Varianten eines bestimmten Maulschlüssels in seinem Gepäck haben, weil man so schnell die Übersicht verliert.

Ableitbarkeit

Gilt es nun, einen Schluss auf seine Gültigkeit hin zu untersuchen, formalisiert man die gegebenen umgangssprachlichen Aussagen (überträgt sie also unter Berücksichtigung von (1) und (2) in die Sprache des Kalküls) und versucht, mittels der Transformationsregeln (3) und gegebenenfalls der Axiome (4) die formalisierten Prämissen nach und nach so umzuformen, dass das Ergebnis der formalisierten Konklusion des Schlusses entspricht; man sagt auch: die Konklusion aus den Prämissen abzuleiten. Gelingt dies, ist der Nachweis erbracht, dass es sich um einen gültigen Schluss handelt.

Konsistenz und Vollständigkeit

Kalküle können verschiedene Eigenschaften aufweisen, von denen die folgenden zwei die wichtigsten sind:

1. Ein Kalkül kann konsistent (widerspruchsfrei) sein. Dies ist der Fall, wenn sich im Rahmen des Kalküls nicht sowohl eine Formel F und ihre Negation ~F ableiten lassen.

2. Ein Kalkül kann vollständig sein. Dies ist der Fall, wenn sich im Rahmen des Kalküls alle wahren Formeln ableiten lassen.

Es lässt sich zeigen, dass der Aussagenkalkül sowohl vollständig als auch konsistent ist.

2.3 Prädikatenlogik

Was ist aber mit einem Argument wie diesem:

P1:Alle Dozenten lieben Bayerisch Creme.
P2:Johann ist ein Dozent.
K:Johann liebt Bayerisch Creme.

Das Argument scheint völlig plausibel zu sein, aber mit den Methoden der Aussagenlogik lässt sich die Konklusion nicht aus den Prämissen ableiten, die Gültigkeit des Schlusses nicht zeigen. (Eine aussagenlogische Formalisierung sähe so aus: A, B; also C.)

In vielen Fällen ist das Raster der Aussagenlogik für eine angemessene Formalisierung zu grob. Es sind Zusammenhänge zwischen Aussagen deutlich zu erkennen und zu beschreiben, für welche die Ausdrucksmöglichkeiten der Aussagenlogik aber nicht ausreichen. Hier kommt dann die Prädikatenlogik ins Spiel, die auch die innere Struktur von Aussagen einer Analyse zugänglich macht. Die Prädikatenlogik baut auf die Aussagenlogik auf, viele der im letzten Abschnitt diskutierten Begriffe und Methoden haben entsprechend auch in der Prädikatenlogik ihren Platz.

Terme, Prädikate

In der Aussagenlogik wurden (Elementar-)Aussagen als Einheiten betrachtet. In der Prädikatenlogik geht man einen Schritt weiter, indem man die Elementaraussagen als kleinste Einheiten der Aussagenlogik auch noch weiter zergliedert. Dabei ist es möglich, den Inhalt dieser Elementaraussagen so aufzufassen, dass – in einem weiten Sinne verstanden – bestimmten Gegenständen Eigenschaften zu- oder abgesprochen werden. Das kann man an dem Beispielargument oben verdeutlichen. Die zweite Prämisse, „Johann ist ein Dozent“, sagt über einen Gegenstand – Johann – aus, dass diesem die Eigenschaft zukommt, ein Dozent zu sein. In der Prädikatenlogik stehen kleine lateinische Buchstaben für Gegenstände (Terme). Eigenschaften, die Gegenständen zukommen können (z.B. „… ist rot“, „… ist eine Primzahl“) und Relationen, die zwischen zwei oder mehr Gegenständen bestehen können (z. B. „… ist größer als …“, „… ist der Bruder von …“, „… liegt zwischen … und …“), werden durch große lateinische Buchstaben symbolisiert. Dies sind die Prädikate, daher auch der Ausdruck Prädikatenlogik. Den Beispielsatz kann man entsprechend formalisieren als Dj – die Eigenschaft, Dozent zu sein (D), kommt Johann (j) zu. j ist hier ein Term, in diesem Fall eine Individuenkonstante, denn j steht konstant für das Individuum Johann, D ist ein Prädikat. Ähnlich sieht es mit der Konklusion aus. Dort kommt ebenfalls Johann als Gegenstand vor, der entsprechend wieder mit j formalisiert wird. Die ihm zugesprochene Eigenschaft ist jedoch eine andere: Bayerisch Creme zu lieben ist ebenfalls eine Eigenschaft, die hier mit B formalisiert werden soll. Entsprechend ergibt sich für die Konklusion die Formalisierung Bj. In der ersten Prämisse ist nun von keinem bestimmten Gegenstand die Rede, es kommt weder Johann noch ein anderes Individuum vor, dafür aber die beiden schon angesprochenen Eigenschaften, die augenscheinlich in eine bestimmte Verbindung gesetzt werden.

Quantoren

„Alle Dozenten lieben Bayerisch Creme“ besagt aber nicht, dass das Lieben von Bayerisch Creme den Dozenten zukommt, sondern dass jeder einzelne Gegenstand, der die Eigenschaft D hat, auch die Eigenschaft B hat. Entsprechend wird in diesem Satz keine Aussage über einen bestimmten oder unbestimmten Gegenstand gemacht, sondern über alle Gegenstände. Auf formaler Ebene setzt man dafür den Allquantorein:

(x)(Dx → Bx)

„Für alle x gilt: Wenn x ein Dozent ist, dann liebt x Bayerisch Creme.“ Das ‚x‘ ist eine (Individuen-)Variable. Wie in der Mathematik steht es für einen unbestimmten Gegenstand. Analog dazu gibt es einen zweiten Quantor, den Existenzquantor. Dieser wird gelesen als „Es gibt mindestens ein x, so dass …“:

(x)(Dx Bx)

Diese Aussage besagt, dass es mindestens einen Dozenten gibt, der Bayerisch Creme liebt: „Es gibt mindestens ein x, für das gilt: x ist Dozent und x liebt Bayerisch Creme.“

All- und Existenzaussagen dieser Art lassen sich, ähnlich wie die Junktoren, ineinander überführen. Wenn etwas für alle gilt, dann gibt es keines, für das es nicht gilt:

(x)(…) genau dann, wenn ~(x)~(…)

oder, als Beispiel,

(x)(Dx → Bx) genau dann, wenn ~(x)~(Dx → Bx).

Analog gilt: Wenn etwas für einige gilt, dann gilt es nicht für nicht alle:

(x)(…) genau dann, wenn ~(x)~(…)

Aussagen können auch mehrere Quantoren enthalten. So könnte man den Satz „Jeder kennt jemanden (symbolisiert als zweistellige Relation K), der Bayerisch Creme liebt“ beispielsweise so formalisieren:

(x)(Ey)(Kxy By)

Die Reihenfolge der Quantoren spielt hier eine wichtige Rolle. Eine völlig andere Aussage würde sich ergeben, wenn die Reihenfolge der Quantoren vertauscht wäre:

(Ey)(x)(Kxy By)

Dies müsste man entsprechend als die Aussage auffassen, dass es eine Person gibt, die alle Leute kennen, und dass diese Person Bayerisch Creme liebt.

Skous

In diesen Beispielen erstreckte sich der durch die Klammerung festgelegte Gültigkeitsbereich (Skopus) der Quantoren immer auf den ganzen Rest der Formel; das muss aber nicht immer so sein:

(x)(Px → Wx) Py Zx

Hier bindet der Allquantor die ersten beiden Vorkommen von ‚x‘ in dem auf den Quantor folgenden Formelteil; dies ist der Gültigkeitsbereich des Quantors . Diese Vorkommen von Variablen nennt man auch (durch den Quantor) gebundene Vorkommen; die Variablen liegen im Skopus des Allquantors. Das ‚y‘ hingegen wird durch keinen Quantor gebunden, auch das letzte ‚x‘ nicht; dies sind freie Vorkommen der Variablen. Formeln, in denen freie Variablen vorkommen, nennt man Aussageformen, solche ohne freie Variablen Aussagen. Aussagen haben einen Wahrheitswert, sind wahr oder falsch, Aussageformen hingegen nicht. Die in ihnen vorkommenden freien Variablen müssen erst durch Konstanten ersetzt oder aber durch Quantoren gebunden werden, um sie zu Aussagen zu machen.

Auch die Prädikatenlogik kann – wie die Aussagenlogik oben – kalkülisiert werden, wobei lediglich gewisse Ergänzungen zum Kalkül der Aussagenlogik vorgenommen werden müssen. So müssen die Grundzeichen um die Symbole für die Quantoren, Terme und Prädikate erweitert und die Formationsregeln so modifiziert werden, dass sie die Quantoren berücksichtigen. Im Bereich der Transformationsregeln sind die Anpassungen umfangreicher, da hier die Einführung und die Beseitigung der Quantoren mit den damit einhergehenden Restriktionen ergänzt werden müssen. Die Möglichkeit der wechselseitigen Überführung der Quantoren ineinander kann entweder auf der Ebene der Transformationsregeln oder auf der Ebene der Axiome erfolgen. Oben wurde angemerkt, dass der Aussagenkalkül konsistent und vollständig ist. Dies ist auch bei der hier angerissenen Prädikatenlogik erster Stufe der Fall.

Kurt Gödel (1906–1978) hat in seinem Aufsatz „Über formal unentscheidbare Sätze der Principia Mathematica und verwandter Systeme I“ (Gödel (1931)) gezeigt, dass Kalküle ab einer gewissen Komplexitätsstufe nicht mehr sowohl konsistent als auch vollständig sein können; dies ist sein so genannter Unvollständigkeitssatz. Praktisch heißt das, dass es in hinreichend komplexen Kalkülen, die konsistent sind, immer auch wahre Sätze gibt, die sich im Kalkül nicht ableiten lassen. Davon sind auch leistungsfähigere Prädikatenlogiken betroffen.

2.4 Axiomatisierung

Durch die Kalkülisierung sind die Sprachen der Aussagen- und der Prädikatenlogik bereits auf einer formalen Ebene definiert. Oft ist es sinnvoll, derartige formale Sprachen auf den minimalen Grundstock zu reduzieren, aus dem sie noch hergeleitet werden können. Um die Metapher des Werkzeugkoffers wieder aufzugreifen: Bei der Axiomatisierung geht es darum, die kleinste Menge an Werkzeug zusammenzustellen, mit der die entsprechenden Aufgaben noch erledigt werden können. Kein Werkzeug sollte dabei doppelt vorhanden oder anderweitig verzichtbar sein. Wie bei der Kalkülisierung allgemein führt auch dies nicht zu einem eindeutigen Ergebnis: Auch wenn sicher ist, dass man einen Hammer braucht, kann man sich durchaus für unterschiedliche Varianten dieses Werkzeugs entscheiden. Entsprechend ist es auch beliebig, ob man beispielsweise das Gesetz vom ausgeschlossenen Dritten (A ~A) oder das dazu äquivalente Gesetz vom zu vermeidenden Widerspruch (~(A ~A)) als Axiom in das System aufnimmt oder für welche (minimale) Junktorenbasis man sich entscheidet – die resultierenden Systeme würden sich weder in ihrer Leistungsfähigkeit noch in ihrem Umfang unterscheiden.

Wozu kann eine solche Axiomatisierung überhaupt dienen? Ein Vorteil ist, dass man die Voraussetzungen der Sprache klärt – man sieht beispielsweise, dass man nicht fünf Junktoren benötigt, sondern dass man (wie oben angesprochen) mittels eines einzigen Junktors alle anderen Verknüpfungen ‚herstellen‘ kann. Auch wird deutlich, dass man nicht eine Vielzahl von Transformationsregeln benötigt, sondern dass eine bzw. zwei davon ausreichen; ähnlich sieht man, dass viele der zunächst vorausgesetzten Axiome logisch abhängig sind, es also Redundanzen gibt, die sich vermeiden lassen. Hat man seinen Kalkül so überarbeitet und reduziert, können auch bestimmte, den Kalkül betreffende Beweise deutlich einfacher geführt werden.

2.5 Ausblick, Lektürehinweise, Fragen und Übungen

Ausblick

Der oben beschriebenen ‚klassischen Logik‘ liegen zwei Prinzipien zu Grunde: Das Bivalenzprinzip (Zweiwertigkeitsprinzip), das besagt, dass jede Aussage genau einen von zwei Wahrheitswerten (wahr oder falsch) hat, und das Extensionalitätsprinzip, das in diesem Zusammenhang besagt, dass der Wahrheitswert einer komplexen Aussage sich eindeutig aus ihren Elementaraussagen sowie der Struktur und Art der Verknüpfung durch die Junktoren ergibt.

weitere Logiken

Es gibt alternative Logiken, die diese Prinzipien aufgeben. Einige sinnvolle Sätze scheinen weder wahr noch falsch zu sein: Hier kommen mehrwertige Logiken ins Spiel, die auf das Bivalenzprinzip verzichten und mit einem dritten Wahrheitswert (‚unbestimmt‘) oder auch vielen oder gar unendlich vielen Abstufungen zwischen wahr und falsch arbeiten (zum Beispiel Fuzzy-Logic). Gerade in Zusammenhang mit vagen Prädikaten und einigen Paradoxien kann ein Verzicht auf das Bivalenzprinzip hilfreich sein.

Andererseits kann auch das Extensionalitätsprinzip aufgegeben werden, wie es beispielsweise für die Modallogik nötig ist. Die Modallogik arbeitet mit zwei zusätzlichen Operatoren, ‚es ist notwendig, dass …‘ (N, ) und ‚es ist möglich, dass …‘ (M, ◊). Der Wahrheitswert von Aussagen, die mittels solcher Operatoren gebildet werden, zum Beispiel „Es ist möglich, dass p“ (◊p) ergibt sich aber nicht aus dem Wahrheitswert von p und der Bedeutung des Operators – hier ist also offensichtlich das Extensionalitätsprinzip verletzt. Es gibt eine Vielzahl unterschiedlicher modallogischer Systeme, die sich durch ihre Axiome unterscheiden und in denen entsprechend unterschiedliche Aussagen, Theoreme, ableitbar sind.

In der Philosophie werden auch unterschiedlichste Paradoxien behandelt, die zu Widersprüchen führen. Es gibt nun viele Möglichkeiten, mit derartigen Paradoxien umzugehen; oft sind recht komplexe Anpassungen der Logik nötig, um die Paradoxien bzw. die aus ihnen resultierenden Widersprüche zu vermeiden. Lässt man Widersprüche in der Logik zu, kann man aus ihnen – wie sich oben bei der Definition des Konditionals gezeigt hat – Beliebiges folgern. Parakonsistente Logiken heben diesen Grundsatz auf: Sie lassen Widersprüche in ganz bestimmten Bereichen zu, vermeiden aber auf unterschiedliche Weise, dass aus diesen Widersprüchen beliebige Schlussfolgerungen gezogen werden können. Die Dialetheisten vertreten sogar die Auffassung, dass es wahre Widersprüche gibt – eine Position, die längst nicht von allen Verfechtern parakonsistenter Logiken geteilt wird.

Logik ist auch für Bereiche der Philosophie interessant, die man zunächst nicht unbedingt mit ihr in Verbindung bringen würde. So gibt es beispielsweise die Deontische Logik (Normenlogik), mit der ethische Fragestellungen bearbeitet werden können.

Abschließend muss noch gesagt werden, dass die verschiedenen hier angerissenen Logiken – wie auch die vielen hier nicht angesprochenen Logiken – in keinem direkten Konkurrenzverhältnis zueinander stehen: Die Wahl der einen oder anderen Logik erfolgt eher nach pragmatischen Prinzipien und richtet sich nach dem Anwendungsbereich, den es entsprechend zu bearbeiten gilt. Man kann sehr wohl darüber diskutieren, ob zur Lösung eines bestimmten Problems die eine oder andere Logik geeigneter ist: Ob ein bestimmtes Problem beispielsweise einer Lösung im Rahmen der Prädikatenlogik bedarf oder auch mit aussagenlogischen Mitteln angegangen werden kann oder auch welche Modallogik man wählt; es ist aber keine Frage, ob das eine oder andere System nun ‚wahr‘ ist oder nicht.

Lektürehinweise

Eine sehr knappe Logik-Einführung, die sich auch gut für das Selbststudium eignet, ist Zoglauer (2005). Deutlich ausführlicher ist die Einführung von Beckermann (2003). Eine hervorragende Einführung in nicht-klassische Logiken ist Priest (2001). Einen sehr interessanten Blick auf die vielfältigen Anwendungsbereiche der Logik in der Philosophie bieten Spohn u.a. (2005).

Fragen und Übungen

1. Ist folgende Formel tautologisch, kontradiktorisch oder kontingent? Begründen Sie! (((A B) v C) ~C) → A

2. Weshalb kann aus inkonsistenten Prämissen Beliebiges geschlossen werden?

3. In welchem Verhältnis stehen das Gesetz vom zu vermeidenden Widerspruch und das Gesetz vom ausgeschlossenen Dritten zueinander?

4. Geben Sie zwei Interpretation für die Formel Rab Rbc → Rac an: eine, bei der die Implikation wahr ist, und eine, bei der sie falsch ist.

5. Ist es logisch gerechtfertigt zu behaupten: „Der Mörder war am Tatort. Sie waren am Tatort. Also sind Sie der Mörder.“?

Analytische Philosophie

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