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3/SCHÖPFUNG DES WELTALLS UND GOTT

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„GOTT IST DIE QUELLE DES LICHTS UND ALLES

UNSICHTBAREN IM UNIVERSUM. ALLES, WAS EXISTIERT,

IST AUSDRUCK DIESES EINEN LEBENS.“

URALTE BRAHMANISCHE WEISHEIT

„DIE NATUR, MIT IHREN NACH STRIKTEN

GESETZEN WALTENDEN KRÄFTEN, IST GOTT.“

BENEDICTUS (BARUCH) DE SPINOZA

„ICH GLAUBE AN SPINOZAS GOTT, DER SICH IN DER

GESETZLICHEN HARMONIE DES SEIENDEN OFFENBART,

NICHT AN EINEN GOTT, DER SICH MIT DEM SCHICKSAL

UND DEN HANDLUNGEN DES MENSCHEN ABGIBT.“

ALBERT EINSTEIN

Das All ist kein Zufall. Alles in ihm läuft nach festen Regeln ab. Das Gesamtuniversum besitzt eine erlesene Schönheit und eine unglaubliche Feineinstellung. In ihm bewegen sich die Galaxien und die Abläufe in ihr nach Regeln gewaltiger göttlicher Kräfte, die zudem seit Anfang des Bestehens des Universums mit ihrer genialen Intelligenz und ihrem göttlichen Geist alles durchdringen. Als sich Protonen und Elektronen zu Wasserstoffatomen zusammenfügten, wurde aus diesem Ur-Stoff all das, was heute existiert. Nur aus Wasserstoff wurden im Laufe der Jahrmilliarden der Verwandlungen durch Super-Noven alle Elemente erzeugt, die uns bekannt sind. Durch gewaltige Sternenexplosionen wurden diese neu erschaffenen Substanzen als interstellarer Staub in den Raum geblasen. Aus diesem Staub wurden neue Sonnen, Planeten und wir. Jedes Atom in unserem Körper ist Sternenstaub und stammt von einer Sonne, in der durch Kernfusion aus Wasserstoff alle anderen Elemente erzeugt wurden. Deshalb kann man ohne Übertreibung sagen, dass wir kosmischer Staub sind. Wir leben in Resten längst verloschener Sterne. Das Eisen im Blut, das Kalzium in den Knochen und alle anderen schweren Elemente wurden bei Super-Nova-Explosionen frei. Das Universum ist aus dem gleichen Stoff wie wir. Wir sind das Universum!

Dabei verfügt unser Sein über genau eingestellte Mechanismen, die mit großer Präzision ablaufen. Schon durch allergeringste Veränderungen, z.B. wenn die Ladung der Elektronen schwächer, wenn die Masse der Protonen nur ein wenig kleiner oder die Gravitationsstärke um Bruchteile verringert wäre, würden Atome auseinanderfliegen, Sterne würden nicht strahlen, und das Leben hätte es nie gegeben. Wäre die Schwerkraft geringfügig stärker oder schwächer, würde das Universum verklumpen oder hätte sich in Leere aufgelöst. Damit dieser Kosmos existieren kann, muss sich Wasserstoff in einer Rate von 0,007 Prozent in Helium umwandeln. Wäre der Wert 0,006, käme es gar nicht zur Kernschmelze. Wären es 0,008, hätte alles in einem gigantischen Feuerwerk geendet. Ein Faktor von nur einem tausendstel Prozent in der Umwandlung des Wasserstoffs entschied über unsere Existenz. Wir werden sehen, dass auf dem langen Weg zum Leben das System genial erdacht und gesteuert wird und etwas ermöglicht wurde, was statistisch hätte nie stattfinden können. Daher glauben viele Menschen seit ewigen Zeiten, dass hinter den Gesetzen des Alls, der Materie und des Seins, eine unglaublich geniale Intelligenz stehen muss.

Auch wenn viele große Denker und Weise der Antike und Neuzeit dieses Detailwissen nicht hatten, waren sie davon überzeugt, dass Gott in allem zu finden und im Weltenraum zu suchen sei. Bereits vor Tausenden von Jahren formulierten die Weisen im Kybalion: Nichts ist in Ruhe, alles bewegt sich, alles ist in Schwingung und miteinander verbunden. Heraklit schrieb, dass alle Dinge eins seien. Alle Dinge würden vom gleichen Prinzip beherrscht, lehrte Laotse. Und viele Indianerreligionen sind der Überzeugung, dass alle Dinge miteinander verwoben sind und Kreisläufe durchlaufen. Im Islam des neunten Jahrhunderts glaubten die Astronomen, Mathematiker und Wissenschaftler, sie würden einen Teil Allahs in den Sternen sehen. Die alten Brahmanen und Atmanen meinten, dass der Schöpfer in dem ganzen Universum enthalten ist und dieses Universum immer wieder aus sich heraus erschafft. Der Mensch wäre ein Teil des gesamten Kosmos, und auch er würde sich in Kreisen bewegen, von Geburt zu Wiedergeburt: "Denn das Ich ist ein Meer, grenzenlos und unermesslich". Auch große Philosophen wie Pythagoras, Platon, Voltaire, Goethe oder Nietzsche hingen diesem Glauben an.

Isaac Newton sah den Kosmos als eine Art mechanisches Uhrwerk mit ewig gültigen Naturgesetzen. Das Universum hat eine Uhr, ergänzte Newton. Das Universum ist eine Uhr, meinte Leibniz. Und Stephen Hawking korrigierte: Das Universum ist. Er sieht den Kosmos als lebendiges Wesen an, das Baby-Universen gebiert und alte sterben lässt. Ein Wesen ohne Anfang und Ende. Mittlerweile haben Astronomen genau dies beobachten können, nämlich wie Galaxien, Sterne und Planeten geboren werden. Im Sternbild der Jungfrau wurde eine sogenannte Proto-Galaxie entdeckt. Es ist eine gigantische, diskusförmige Wasserstoffwolke, die träge im Weltraum kreist. Die aufgespürte Embryonal-Galaxie, 65 Millionen Lichtjahre von der Erde entfernt, weist nur eine geringe Materiedichte auf und daher läuft die Entwicklung des Sternengebildes in Zeitlupe ab. 1500 Lichtjahre entfernt, im Orionnebel, wurden 15 Gasriesen entdeckt. Die Gasmassen, die einst im Begriff waren, selber Sterne zu werden, wurden nie heiß genug, um eine Kernfusion im Inneren zu bilden. Stattdessen verdichteten sie sich zu gewaltigen warmen Wasserstoffkugeln, jede achtmal so groß wie Jupiter, die verwaist durch das All schweben.

In diesem ewigen Werden und Vergehen spielen die Schwarzen Löcher eine besondere Rolle. Um sie herum formten sich rotierende Scheiben aus Sonnen und Planeten und Galaxien wie unsere Milchstraße. Sie sind die Bausteine des Kosmos. Wenn ihre gewaltige fein zerlegte Masse in Form von Sternenstaub durch sogenannte Weiße Löcher ausgestoßen wird, bilden sich neue Sonnen und Planeten aus ihr. Heute ist klar, dass aus superschweren Löchern, wie sie sich in den Zentren der Galaxien befinden, Milliarden von Sternen hervorgingen. Schwarze Löcher sind die Recyclingzentren und Gebärmaschinen Gottes.

Göttliche Intelligenz wird in allen Bereichen vermutet. So entdeckten Wissenschaftler, dass Sonnen ein Magnetfeld umgibt, das dem des menschlichen Gehirns stark ähnelt – nur dass es milliardenfach stärker ist. Wenn der Mensch durch seine Gehirnströme in der Lage ist zu denken, warum können dann nicht auch Sonnen denken und miteinander kommunizieren? Aber nicht nur im Großen, sondern auch im Kleinen wurde Intelligenz entdeckt. So meint der amerikanische Physiker David Bohm: „Das Universum betrachtet sich selbst im Spiegel unseres Bewusstseins. Was umgekehrt bedeutet, dass unser Bewusstsein den ganzen Kosmos in sich enthält.“ Im Versuch bewies er, dass zwei Zwillingsteilchen, die getrennt wurden und im Weltall verloren schienen, auf ewig durch ein unsichtbares Band miteinander verbunden sind. Änderte das eine Teilchen seinen „Spin“, dann machte ihm dies sein Zwillingsteilchen sofort nach. Nach Bohm gibt es tatsächlich lichtschnelle Verbindungen, die aber sofort zerfallen und daher für den Menschen nicht nutzbar sind.

Auch in der Rätselwelt der Quanten die beschreibt, wie sich das submikroskopisch Kleine verhält scheint mittlerweile alles möglich. So titulierte der Spiegel einen Artikel mit „Geballte Intelligenz der Atome“ (14.3.2005, S.174-184). Die Neuigkeit: Atome können nicht nur rechnen, sie können es sogar viel besser und schneller als Transistoren. Den Gleichungen der Quantenmechanik zufolge lässt sich die Intelligenz der Atome verknüpfen und so ein Quantenhirn erschaffen, mit dem sich die versammelte Rechenkapazität der weltweit leistungsstärksten Super-Rechner lässig in den Schatten stellen lässt. Es kann mit einer bisher unvorstellbaren Geschwindigkeit gewaltige Datenbanken durchforsten, Verschlüsselungscodes knacken und aufwendige Rechenoperationen leisten, die alle Vorstellungskraft sprengen. David Deutsch, der Erfinder des Quantencomputers, resümiert, er könne mit ein paar Dutzend Atomen mehr Rechenoperationen schaffen, als es Atome im gesamten Universum gibt. Wohin wir sehen, es offenbart sich göttliches Wissen.

Aber nicht nur die Welt der Galaxien, Sterne und Planeten funktioniert nach göttlichen Regeln, auch die Welt, die unvorstellbar klein ist. Im Teilchen-Zoo der Laboratorien werden ständig neue Kleinstbausteine der Physik entdeckt. Viele dieser Arten sind Bausteine für exotische Materieformen, die nicht auf der Erde existieren, sondern nur im Brutofen der Sonne oder nach dem Urknall entstanden sind. Alle Stoffe der Welt bestehen aus nur zwei Gruppen von Partikeln aus Quarks und Leptonen. Von ihnen existieren jeweils sechs verschiedene Arten. Irdische Materie besteht aus nur einer Sorte Leptonen nämlich dem Elektron und aus nur zwei Sorten Quarks, die als up und down bezeichnet werden. Diese bilden Protonen und Neutronen, die sich wiederum zu Atomkernen zusammensetzen. Der Atomkern ist 10000-fach kleiner als das Atom. Um den positiven Atomkern flitzen die negativen Ladungen der Elektronen wie die Planeten um die Sonne. Die gesamte Masse des Atoms ist im Atomkern konzentriert. Die Anzahl der positiv geladenen Protonen und der negativ geladenen Elektronen, die bei einem stabilen Atom gleich sind, bestimmen das Element. Man kennt 109 verschiedene chemische Elemente, von denen 92 in der Natur vorkommen. Der Rest wird ausschließlich künstlich erzeugt.

Über Hundert neuer Kleinstteilchen haben Physiker im Teilchenbeschleuniger nachgewiesen, mit exotischen Namen wie Neutrinos, Myon, Tau, Lambda, Theta, Omega, Pion oder Hyperon. Hinzu kommt eine klebrige Suppe, die als Bindeteilchen zwischen verschiedenen Partikeln wirkt. Gluonen, die die Quarks zusammenhalten; Photonen, die durch eine elektromagnetische Kraft die Elektronen an Atome und Moleküle binden; Weakonen und Gravitonen, die die Massenanziehung und Schwerkraft verursachen. Zudem kann nicht ausgeschlossen werden, dass sich auch unterhalb dieser Grenze noch immer kleinere Teilchen und auch Leben befinden. Vielleicht führt die Leiter nach unten und oben in neue Lebens- und Bewusstseinsebenen, die aber für uns bisher weder nachweisbar noch vorstellbar sind.

Mit Titan-Saphir-Lasern wurde nachgewiesen, dass Elektronen, die den Atomkern umkreisen, sich genauso verhalten wie die Planeten, die die Sonne umrunden. Und sie weisen im Verhältnis gleiche Distanzen und Massen auf. Daraus ergibt sich die Frage: Ist unser Solarsystem ein Atom oder Molekül eines nächst höheren Lebewesens, die Galaxie Teil eines Organs und die 100 Milliarden Galaxien Teil eines gewaltigen biologischen Körpers? Und gibt es darüber hinaus Lebewesen, die noch gewaltiger und unvorstellbar groß sind? Und gibt es unterhalb der atomaren Grenze Lebewesen und eine Welt, die unvorstellbar klein ist? Vielleicht ist unser Universum nur ein kleiner Teil vieler, noch größerer Universen? Vielleicht gibt es unendlich viele Universen, die sich alle unterscheiden und in verschiedenen Dimensionen existieren? Vielleicht formen Urknalle Universen anderer Dimensionen in die unserige um? Ist Gott das All oder ist er eine höhere Lebensform, die sich aus dem All zusammensetzt oder ein Energiewesen, das alle Regeln des Werdens und Vergehens aufgestellt hat? Wir wissen es nicht.

Von daher sind all dies Spekulationen. Aber, was gesichert ist: Gott handelt nach ökologischen Prinzipien und ist demnach ein Umweltschützer. Die superschweren Löcher, die Materie aufsaugen und zerkleinern und wieder in das All schießen, sind nichts Anderes als gigantische Recyclingmaschinen. Die immense Vielfältigkeit des Alls entspricht der aller Lebewesen auf der Erde. Alle Menschen, alle Tiere und Pflanzen unterscheiden sich und alle Sonnen, Planeten, Monde, Meteoriten usw. unterscheiden sich ebenfalls. Denn Vielfältigkeit ist ein wesentliches ökologisches Prinzip. Je vielfältiger eine Welt ist, umso stabiler ist sie. Und nur genetische Vielfalt ermöglicht körperliche, kulturelle und intellektuelle Spitzenleistungen. Gleichheit ist die Feindin aller Vitalität. Hinzu kommt ein drittes Verdikt: die ökologischen oder universellen Kreisläufe, die alles Leben und alle Materie miteinbeziehen und die alles in gewaltigen Kreisläufen miteinander verbinden und steuern. In diesen drei ökologischen Imperativen manifestiert sich Gott.

Das Wunder des Seins und seine Zerstörung

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