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Endlich wieder Schule

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„Wahnsinn, da bin ich einmal nicht dabei und schon erlebt ihr ein Abenteuer!“, beschwerte sich Suki am Gartentisch. „Ha, und was für ein Abenteuer“, meinte Aimee stirnrunzelnd und schaute zu Onta und Sophie, die sich mit ihren roten Nasen hinter der Karaffe mit der Zitronenlimonade zu versteckten versuchten.

Aimee hatte ja recht, ihre Mutter hatte ja auch recht gehabt, allerdings klang Sophie deren Standpauke, immer noch in den Ohren: unverantwortlich und gefährlich, wenn ihnen was passiert wäre. Zu einem „Aber“ war Sophie gar nicht gekommen, das ansteigende Fieber hatte ihren Kampfeswillen einfach erstickt. Drei Tage war sie jetzt im Bett gelegen, rotzend und schlapp. Heute war der erste Tag, an dem sie aufstehen konnte. Und da schleppte sie sich zu ihren Freundinnen ins geliebte Törtchenparadies und erhält die nächste Standpauke. Sophie seufzte und Onta machte mit. Verstohlen warfen sie sich einen Seitenblick zu. „Aber Spaß gemacht hat es trotzdem“, nuschelte Onta leise. „Ja und am meisten hat es, glaube ich, Lulu Spaß gemacht. Hast du gesehen, wie sie Vic angeschaut hat?“, grinste Onta vergnügt. „Ja, doch glaube ich, der hat er ihre Kuhaugen und Wimpernschläge gar nicht bemerkt“, erwiderte Sophie trocken und nahm einen tiefen Schluck Limonade. „Echt“, hauchte Suki. Sophie und Onta nickten heftig mit ihren Köpfen. „Kinder“, hörten sie Aimee tadelnd sagen, doch auch sie musste sich ein Grinsen verkneifen. „Dafür seid ihr doch viel zu jung.“ „Ach was, Schwesterherz, Lulu ist fünfzehn geworden und wir sind bald vierzehn, wann soll man sich dann verlieben?“, neckte Onta ihre Schwester und schaute Beifall heischend zu Suki und Sophie, die beide verlegen wegschauten. „Zuerst einmal kommt die Schule, meine Lieben“, erinnerte Aimee sie, als sie aufstand.

Man konnte schon ein bisschen von dem Bäuchlein sehen, fand Sophie, als ihr Blick Aimee hinterher folgte. Onta schnaufte: „Sie hat ja recht. Und morgen früh geht es ja schon wieder los.“

Der Bus hielt. Die Türen öffneten sich fauchend. Schnell wie ein Wiesel quetschten sich die Mädchen durch die kaum geöffnet Tür nach draußen. Sophie sah auf. Der Morgennebel hüllte das Anwesen, in der die Friedrich-Stein-Schule residierte ein. Wie als wollte er es vor der anstürmenden Schülerschar beschützen. Fröhlich zwitschernd, lachend und rufend entließ der Bus und die ankommenden Autos die restlichen Schüler. Im Mittelstufenbau atmete Sophie erst mal tief durch. Es hatte sich nichts verändert. Von ihr aus, könnte die Direktion den typischen Geruch der Schule: Altes trockenes Gemäuer, Rosen- und Lavendelduft gemischt mit Bonnerwachs, in Flaschen abfüllen und verkaufen. Jeder der mal Schüler war, würde es kaufen, davon war sie überzeugt. „Komm, vielleicht sind Lulu und Alba schon da“, rief Onta begeistert, hakte sich bei ihren Freundinnen unter und riss sie einfach mit. Wirbelwind Onta, schoss Sophie durch den Kopf und versuchte mitzuhalten.

Ihr Klassenzimmer sah aus wie immer, bis auf den fehlenden Arbeitsplatz von Alexandra, dachte Sophie mit Bedauern. Sie hatte es nicht geschafft. Ein perlendes Lachen unterbrach ihren Gedankengang. Natalia stand mit Ines in einer Ecke und lachte. Natalia hatten ihre langen Haare zu einem kurzen Bob schneiden lassen. Sie sah erwachsener aus als Suki, Onta oder sie selbst. „Ah, da sind ja Alba und Lulu“, rief Onta und begrüßte den Rest vom Törtchen-Team. „Na gut erholt?“, hörte Sophie sie fragen. Die Antwort der beiden Mädchen ging in der Ankunft der Jungs unter.

Alle schienen sich zu verändern. Die Jungs waren größer geworden, hatten vereinzelt Stoppeln im Gesicht, und wenn man Paul, Tobias und Arne reden hörte, konnte man meinen sie hätten zu viel Helium inhaliert. Stimmbruch, blöde Sache – allerdings nur für die Jungs, fand Sophie und schmunzelte. „Warum grinst du?“, fragte Suki leise. Schnell murmelte Sophie ihr zu, was sie gedacht hatte. Suki blickte sich um. „Bei Masaru war es dasselbe“, lächelte Suki zurück.

„Mesdames et Messieurs“, ertönte die spröde Stimme von Madame Pinoir, der Französischlehrerin. Streng mit Dutt und kerzengerade stand sie in der Tür. „Wenn ihr mir bitte folgen würden“, forderte sie die Schüler auf. Im Gänsemarsch ging es in die Mensa.

„Genau wie beim letzten Mal“, flüsterte Onta. Die Lehrer standen wieder an der Seite, die Stühle waren aufgereiht und Herr Oberreut und Direktor Grün erwarteten sie. „Ah, ich heiße euch herzlich zum neuen Schuljahr willkommen“, begrüßte sie Direktor Grün, nachdem sich alle gesetzt hatten. Wir werden immer weniger, dachte Suki, nachdem sie die Schülerschar durchgezählt hatte. Fünf Schüler fehlten. „Auch in diesem Jahr warten auf euch neue Herausforderungen und Überraschungen.“ Direktor Grün machte eine Pause. „Zuerst geht ihr auf Studienreise, bei der ihr euer kleines Geschenk brauchen werdet.“ Aha, dachte Sophie, und wenn es nicht funktioniert, was dann? „Und danach beginnt euer eigentlicher Schulalltag. Eine Neuerung wird sein, dass die naturwissenschaftlichen Fächer komplett auf Englisch gehalten werden.“ Sophies Magen krampfte sich zusammen. Sie spürte, wie sie anfing zu schwitzen. Sie mochte solche Neuerungen nicht. „Und eine weitere wird sein, dass ihr ein neues Fach bekommen werdet, das von zwei Lehrern unterricht wird: Herr Fröbes und Madame Fine teilen sich das Fach Kultur. Des weiteren wird sich Frau Linse im Dezember für ein Mutterschaftsjahr von uns verabschieden“, fuhr er fort. Ein Raunen ging durch die Menge und alle versuchten einen Blick auf die Physiklehrerin zu erhaschen, die mit rotem Kopf neben Herrn Pauli, ihrem Ehemann stand. Applaus brannte auf. „Bitte“, versuchte Herr Grün zu beschwichtigen. „Davon bekommt das Kind, doch Angst.“ Onta beugte sich zu Sophie und Suki. „Die sieht aus wie Aimee“, flüsterte sie. „Weshalb der Physikunterricht von Herrn Kaslow weitergeführt wird.“ Ein kleiner dunkelhaariger Mann verbeugte sich. „Hinzu kommt, dass es einmal im Monat an jedem ersten Freitag ein Seminar geben, das durch ehemalige Schüler gehalten wird. Eure Pfingstferien sind in diesem Jahr gestrichen, denn in dem Zeitraum werdet ihr ein Praktikum absolvieren.“ Wieder ging ein Raunen durch die Menge, diesmal lauter. „Das kann nicht sein“, hörte Sophie und die anderen Natalia kieksen. „Und zu guter Letzt erwartet euch am Ende des Schuljahrs die Abschlussprüfung“, und mit diesen Worten verabschiedete sich der Direktor schmunzelnd. Verhaltener Applaus geleitete ihn nach draußen. Zu Geschockt waren die Schüler. Jedes Jahr dasselbe, dachte er bei sich, als er die Mensa verließ. Der Lehrkörper ging mit ihm nach draußen und nur ihr Mittelstufendirektor, Herr Oberreut, blieb bei den Schülern.

Er räusperte sich kurz, wartete, bis es wieder Still wurde, und ergriff das Wort: „Also ich nehme mal an, ihr habt ein paar Fragen? Ja?“ „Bei wem und wie soll das Praktikum ablaufen?“, wollte Paul wissen. Ruhig und bestimmt erklärte Herr Oberreut, dass sie im Lauf des Schuljahres durch die Seminare Einblicke in später Berufsfelder bekommen würden. Spätestens nach den Osterferien müssten sie sich entscheiden, wo und bei wem sie ihr erstes Praktikum bestreiten wollten. Sie würden an einem Projekt mitarbeiten und einen Bericht verfassen.

Dieses Jahr schien wirklich eine Herausforderung zu werden, dachte Sophie und schaute die anderen an. Suki trippelte kaum merklich mit ihren Füßen, was für sie ein Zeichen höchster Nervosität war. Onta spielte mit ihren Fingern, während Alba ruhig und entspannt da saß. Lulu allerdings war bleich wie ein Laken und auch Sophies Magen, schien sich in einen Betonklotz verwandelt zu haben. Dabei hatte der Morgen so schön angefangen, bemerkte sie mulmig. „Und was hat das mit der Studienreise und den GPS-Tracker auf sich?“, fragte Angelika. Alle Köpfe schauten wieder zu Herrn Oberreut. Verschmitzt lächelte er seine Schüler an. „In zwei Wochen werdet ihr den Tracker benötigt. Eine Liste mit den Sachen, die ihr brauchen werdet, wurde vor einem Monat euren Eltern beziehungsweise euren Erziehungsberechtigten geschickt“, erklärte er. Aha! Die Mädchen schauten sich fragend an. Doch bevor es wieder unruhig wurde fuhr ihr Lehrer fort: „Ihr werdet in Fünferteams reisen, müsst Zelte aufbauen können, euch selbst bekochen und euch mittels des Trackers orientieren.“ Oje, na hoffentlich wird das nicht zu einem Fiasko, schoss Sophie durch den Kopf. „Werden wir die ganze Zeit allein sein?“, fragte Tobias und grinste. „Nein“, antwortete Herr Oberreut schnell. „Euch werden Oberstufenschüler begleiten, als Aufsichtsperson sozusagen. Die euch aber nur im Ausnahmefall helfen.“ Er schaute die Jungs streng an. „Und keine Sorge, ihr werdet abends viel zu erschöpft sein, um auf dumme Gedanken zu kommen“, fügte er hinzu.

Onta grinste verschmitzt zu Sophie und Suki. „Ein Abenteuer“, raunte sie ihnen fröhlich zu. Lulu und Alba verdrehten die Augen. „nicht schon wieder“, stöhnten sie. Ein Lächeln stahl sich auf Sophies Gesicht. Na denn, auf zu einem weiteren Abenteuer eben. Ein Zuckerstückchen sozusagen, bevor die Schule ernst wurde.

Das Törtchen-Team und Madame Fine

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