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Prolog

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29. Oktober 1344 NGZ

Die Isla Bartolomé lag still in der flirrenden Oktobersonne. Es war ruhig geworden um die Galapagos-Inseln, seit sich die Verwandten jener Menschen zurückgezogen hatten, die mittlerweile den »Nukleus« bildeten. Auch die Berichterstattung in den Medien hatte sich von den Galapagos-Inseln wieder auf aufregendere Schauplätze verlagert. Der TERRANOVA-Schirm rund um das Solsystem und die jederzeit durch Traitanks präsente Bedrohung durch TRAITOR boten weitaus spannendere Bilder und berührten das Sicherheitsempfinden der Bürger sehr viel mehr als die Idylle von Galapagos und der schweigend verharrende energetische Nukleus.

Nur Space-Jets von TLD und LFT kreisten noch über dem Ozean, und in zwanzigtausend Metern Höhe bildeten mehrere Großraumer vom Typ ENTDECKER II eine wahre Glocke über dem Terrain, auf das die Terraner im Abwehrkampf gegen die Terminale Kolonne TRAITOR so große Hoffnungen setzten. Der am weitesten vorgeschobene, stationär verankerte Schiffsriese war am Himmel wie ein riesiger, künstlicher Mond zu sehen.

Die Inseln wurden nicht nur aus der Luft lückenlos überwacht. Tausende Sensoren, die energetische Veränderungen protokollierten, und das Umfeld filmende Mikro-Kameras protokollierten jedwede Veränderung, die das seit jüngstem so hochsensible Terrain betrafen. Auf der Isla selbst taten Mannschaften des TLD Dienst; zudem waren mit Trim Marath, Startac Schroeder und Marc London drei der wenigen Mutanten der LFT anwesend, darüber hinaus Perry Rhodans »verlängerter Arm« Mondra Diamond und die Botin des Nukleus, Fawn Suzuke.

Eine kleine Ziegenherde – sechs dieser Tiere, um genau zu sein – graste friedlich, und im Meer zogen Fischschwärme dahin, kreisten Raubfische auf der Suche nach Beute und schwammen vereinzelt Exemplare der legendären großen Galapagos-Schildkröte.

Der Tag war freundlich, der Wind lau und die Strömung mäßig.

Alles war, wie es seit Jahren war.

Daher schenkte niemand der Riesenschildkröte Beachtung, die gemächlich auf die Insel zuschwamm. Der hoch gewölbte Panzer des über 200 Kilo schweren Kolosses schien mit seiner Oberfläche schwer auf dem Wasser zu treiben, zielgerichtet auf die Insel zu, bis er den Strand erreichte. Die Schildkröte kroch aus den heranspülenden Wellen, wuchtete sich schwerfällig an Land und schob sich auf kräftigen Beinen weiter über den feinkörnigen hellen Sand, eine deutliche Spur hinter sich herziehend. Sie arbeitete sich vor, bis sie offenes Grasland mit Moosen, Flechten und anderem niedrigen Bewuchs vor dem Saum der mächtigen Mangrovenbäume vor sich hatte.

Dort wartete sie. Ihr schwerer, massiger Schädel schwenkte langsam und wuchtig von einer Seite zur anderen wie der sich drehende, suchende Kopf eines Periskoprohrs. Dann lag sie still, ein runder Felsen zwischen anderem Geröll.

Stunden vergingen, ohne dass sich etwas auf der Insel regte. Die Schildkröte schien zu dösen, unbeeindruckt von den Aktivitäten rings um die vor der Bucht gelegene Siedlung Schohaakar, von der zwei Meter durchmessenden strahlenden Kugel an den Hängen des mächtigen Kalkfelsens und von der noch viel größeren Wölbung des Raumschiffs auf der anderen Seite der Doppelbucht.

Die Sonne hatte ihren Höchststand erreicht, als sich eine braun gescheckte Ziege dem Strand näherte.

Das Tier trottete heran, hob den Kopf, sah sich um, sah die Schildkröte …

… näherte sich zögernd weiter …

Wenige Meter vor dem gepanzerten Koloss blieb die Ziege stehen. Wie gebannt starrte sie auf das andere Tier, eine Minute lang, zwei, dann schüttelte sie mit einem kläglichen Meckern den Kopf und drehte sich um.

Langsam, mit unsicheren, mechanischen Bewegungen, stakste sie unter dem zwingenden Blick der Riesenschildkröte über den Strand und ins Meer, bis sie, ohne sich noch einmal umzublicken, in den heranschäumenden Wellen verschwunden war. Es geschah ohne Aufbäumen.

Der seelenlose Blick der Schildkröte verharrte noch einen Augenblick an der Stelle, an der das Tier schließlich untergegangen war. Sie hatte nicht einmal versucht zu schwimmen, nicht gegen ihr Schicksal aufbegehrt.

Der schuppige Kopf nickte langsam. Die Raubfische, Krebse und anderen Meerestiere in Küstennähe würden sich des Kadavers annehmen und die Spuren des kurzen Dramas schnell und verlässlich beseitigen.

Mit der Schildkröte jedoch begann eine unheimliche Veränderung.

Kopf, Hals und Gliedmaßen zogen sich in den Panzer zurück, der plötzlich sanft schillerte und sich wie eine Seifenblase ausdehnte. Bewegungen liefen über die Oberfläche, dann wurden tentakelartige Fortsätze ausgestülpt und gerannen in der Luft zu braun behaarten, dürren Beinen, zu einem Euter, einem drahtigen, langen Schweif, einem mageren Hals mit knochigem Schädel … bis schließlich eine leidlich gute Kopie jener braun gescheckten Ziege zwischen dem beginnenden Geröll stand, die vor wenigen Minuten in den Fluten des Pazifiks ihr Leben ausgehaucht hatte.

Die »Ziege« starrte noch für einige Sekunden auf das Meer. Dann drehte sie sich um und begann, ihre Schritte inseleinwärts zu setzen. Anfangs noch unbeholfen, wurden sie mit jedem Meter sicherer.

Perry Rhodan 2323: Kinder der Erde

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