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CHARLES DARWIN II
12. Februar 1461 NGZ, 0.11 Uhr
Schrill gellte der Raumalarm durch die Zentrale der CHARLES DARWIN II.
»Massive energetische Entladungen rund zweihunderttausend Kilometer über dem Jupiter!«, meldete Ortungsspezialist Schack Mors. »Ursprung nicht identifiziert.«
»Auswertung!«, befahl Kommandantin Hannan O'Hara.
»Auswertung läuft. Soweit ich das schon erkennen kann, war die Erscheinung hyperphysikalischer Natur«, gab Mors zur Antwort.
»Polarlichter!« O'Hara deutete mit einem knappen Kopfnicken auf die Bildwiedergabe.
Die CHARLES DARWIN II stand über der Äquatorebene des Gasplaneten. Optisch war nur die Nordpolregion zu erkennen. Was sich dort abspielte, wurde mit einer Zeitverzögerung von rund zwei Sekunden von den Optiken erfasst, war also nahezu aktuell.
Ein kräftiges, blaues Leuchten breitete sich aus. Als ob es pulsierte ... ein Eindruck, der den flackernden Blitzentladungen zuzuschreiben war.
»Die Erscheinung ist um ein Mehrfaches intensiver als die üblichen Polarlichter«, teilte Mors mit. Das holografische Abbild des Zaliters mit den charakteristisch kupferfarbenen Haaren und der rotbraunen Haut schwebte zur Linken O'Haras über der Kommandokonsole.
»Der Mond Io ist mit Jupiter über Magnetfeldlinien verbunden, das ist mir bekannt«, bestätigte die Kommandantin. »Zwischen beiden Himmelskörpern fließt ein permanenter Strom von gut einer Million Ampere. Wo die Magnetfelder die Atmosphäre berühren, entladen sie sich. Auch von Europa und Ganymed führen Magnetfelder zu dem Planeten.«
»Ganymed ist verantwortlich für dieses intensive Flackern«, sagte der Ortungsspezialist. »Vom Eismond springt ein hohes Potenzial über.«
Das Leuchten in der Nordpolregion des Gigantplaneten weitete sich aus. Bläulich weiß schien die Jupiteratmosphäre aufzureißen. Eine irrlichternde Entladung griff auf den inneren Hauptring und von da auf die beiden Gossamer-Ringe über. Für wenige Sekunden sah es so aus, als stehe die gesamte Nordhälfte des Gasriesen in Flammen.
Bis zur Umlaufbahn des kleinen Monds Thebe reichte das Ringsystem. Schon Io lag fast doppelt so weit vom Jupiter entfernt.
»Atemberaubend schön – aber zugleich eine tödliche Bedrohung«, stellte Case Morgan fest, der Zweite Pilot. »Lässt sich wenigstens annähernd erkennen, welche Energiemengen da freigesetzt werden?«
»Genug, um jede Micro-Jet wie eine Motte verbrennen zu lassen, die ins Feuer fliegt«, antwortete die Kommandantin. »Bull hat recht: Wir müssen Perry Rhodan und seine Begleiter zurückholen.«
Ofdenham grinste selbstgefällig. Es fehlte nur noch, dass er sich ein »Hab ich doch gesagt« oder so etwas geleistet hätte.
O'Hara schob ihren Ärger beiseite und wandte sich an ihren Zweiten Piloten: »Case ...?«
Der Angesprochene verzog das Gesicht. »Wäre das erste Mal, dass ich etwas unversucht lasse. Die Frage ist nur, ob wir die Jet tatsächlich finden. Falls sie irgendwo da drin stecken, wird selbst die Energiesignatur ihres Schutzschirms schwer aufzuspüren sein. Vorausgesetzt, der Schirm hält das aus.«
»Haben wir einen Beweis dafür, dass das Artefakt diese Veränderungen herbeiführt?«, wollte Waffenoffizier Morrison wissen.
»Wir haben ebenso wenig einen Beweis, der für das Gegenteil spricht. Was schlägst du vor?«
»Ovadja Regio evakuieren und dann eine gezielte Transformsalve. Das sollte genügen, um dem Spuk ein Ende zu machen. Ich habe den Angriff simuliert – mit den Strahlgeschützen erreichen wir nichts. Aber die Transformkanonen sollten diesem Ding den Garaus machen.«
»Und falls mit einem solchen Angriff alles noch schlimmer wird? Ich kann einen Waffeneinsatz zurzeit keinesfalls befürworten!«, sagte O'Hara.
»Wir dürfen den Verteidigungsminister nicht vergessen«, warf Yoshimi Cocyne ein. Mit dem Raumalarm hatte ihre Freischicht offiziell geendet. Sie war bereit, Morgan jederzeit abzulösen, wenn es nötig werden sollte.
Die CHARLES DARWIN II kam Jupiter fortwährend näher. Der Kugelraumer befand sich nur noch rund sechshunderttausend Kilometer vor dem Gasplaneten und somit schon innerhalb der Umlaufbahn des Monds Europa. Die Distanz zu Ganymed wuchs hingegen stetig an.
»Bull hat jede Unterstützung abgelehnt!«, erinnerte der Erste Offizier.
»Und?«, fragte die Kommandantin.
»Er wird nicht erfreut sein, wenn seine Anordnung missachtet wird.«
»Das muss er dann mit Rhodan ausmachen«, stellte O'Hara schroff fest. Wie beiläufig rieb sie sich mit der Handwurzel der rechten Hand die Stirn und strich dabei mit den Fingern über ihr Haar. Sie schien das nicht einmal zu bemerken. Erst als sie Ofdenhams abschätzenden Blick bemerkte, zog sie die Hand zurück.
»Rhodans Befehl war eindeutig, und er hat ihn bislang nicht widerrufen. Holt Bully da raus! Schickt eine Korvette runter!« O'Hara lächelte. »Genau das werde ich befolgen.«
»Mit Verlaub, der Verteidigungsminister hat diesen Befehl widerrufen«, wandte Ofdenham abermals ein.
»So habe ich seine Worte nicht verstanden. Und selbst wenn: Die Störungen im Funk haben zeitweise alles überlagert.«
»Bull hat unmissverständlich ...«
Die Kommandantin schnippte mit den Fingern. Ihr Lächeln, das selbst in extremen Situationen nicht weichen wollte, wurde frostig. Wer länger mit O'Hara zu tun hatte, kannte dieses Warnsignal. Sie kehrte ihre Autorität hervor, danach wurde es ungemütlich.
»Ich wünsche keine Diskussion über vorrangige Befehlsberechtigungen, Libius«, sagte sie schneidend scharf. Das war nicht mehr der sonst eher fürsorgliche Tonfall. »Mir ist egal, ob Bull Rhodans Befehle aufheben kann oder nicht. Libius – du erhältst das Kommando über die CD-K 7. Ich will dich in spätestens zehn Minuten nicht mehr an Bord sehen! Hast du Fragen? Gut. Falls Bull auf seiner Ablehnung beharrt: Warteposition! Über kurz oder lang wird er auf die Korvette zurückgreifen, davon bin ich überzeugt.«
Noch war Gelegenheit, eines der Beiboote auszuschleusen. Ob das später ebenso möglich sein würde, wagte O'Hara zu bezweifeln.
»Mischa, du gehst ebenfalls an Bord der Korvette!«, wandte sie sich an Ordeway, den Zweiten Waffenoffizier. »Und jetzt raus mit euch!«