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Gesellschaftliche Auswirkungen

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Trotz der raschen Zulassung der dargestellten Impfstoffe fiel der Impfstart in Deutschland und Österreich nur schleppend aus. In den ersten Monaten wurde nur ein vergleichsweise geringer Prozentsatz der Bevölkerung, verglichen vor allem mit den Vorreitern Kanada, den USA, Israel und Großbritannien, versorgt. Es ist nach wie vor umstritten, worauf diese Verzögerung zurückzuführen ist. Einigkeit besteht dahingehend, dass die genannten Staaten ein Vielfaches der jeweiligen Bevölkerung an Impfstoffdosen bestellt und auch der bis dorthin weithin unbekannten neuartigen mRNA-Technologie den Vorzug gegeben hatten. Zu dem Zeitpunkt, als noch völlig unklar war, welcher Impfstoff wann und ob überhaupt zugelassen werden würde, wurden bereits millionenfach Dosen bei Moderna und BioNTech bestellt. Die EU war demgemäß zurückhaltender und hat zunächst auf die anscheinend sichere Variante AstraZeneca gesetzt. Hier hat man bewusst auf eine herkömmliche Substanzvariante vertraut und wollte kein Risiko einer Fehlinvestition eingehen. Auch wurden europaweit, mit ausdrücklicher Ausnahme von Großbritannien, nur so viele Dosen bestellt, wie dies dem Grundsatz nach der Bevölkerung entspricht.

Dadurch hatten sich allerdings entschlossene und gleichzeitig agile Nationen einen nicht unbeträchtlichen Vorteil gesichert. Diese wurden in den ersten Monaten mit Impfstoffen regelrecht überschwemmt, während andere Staaten dem tatenlos zusehen mussten. Andere, in der Impfverbreitung weit fortgeschrittene Länder nach und nach öffnen zu sehen, bisherige Beschränkungen abstreifend und zu einem gewohnten Leben zurückkehrend, während im eigenen Bereich noch Lockdowns und Depression herrschten, führte zu breitem Unmut in der Bevölkerung.

Die reichen Industrienationen werden von anderen Staaten als egoistisch kritisiert. Diesen ist kaum eine Möglichkeit verblieben, an Impfstoffe zu kommen; es sei denn, durch Überlassungen der vorrangigen Besteller. Gerade Länder der Dritten Welt waren darauf angewiesen, auf Impfstoffe russischer und chinesischer Provenienz zurückzugreifen, die jedoch über deutlich geringere Schutzwirkung verfügen und deren Zulassungsstudien teilweise weder offengelegt noch als wissenschaftlich seriös beanstandet werden.

Staatliche Eindämmungsmaßnahmen wurden als staatliche Willkür gebrandmarkt. Der Ruf nach Abschaffung der sogenannten „Coronadiktaturen“ wurde europaweit laut und tausendfach auf die Straßen getragen. Dies wurde wiederum von jenen Personen, die sich der eigenen Verantwortung bewusst waren und penibel Abstandsvorschriften einhielten und Masken trugen, als blanker Hohn empfunden: Videoaufnahmen zu sehen, in denen auf engstem Raum zusammenstehende Demonstrant*innen, ohne Maske und entsprechend agitiert, lautstark „Diktatur!“, nach „Freiheit!“ und „[wer auch immer] muss weg!“ riefen, erschien vielen unzumutbar. Dieses Bild völliger Verantwortungslosigkeit wurde noch verstärkt durch die Tatsache, dass Tausende in Bussen quer durch die Republik gekarrt wurden, um an solchen Kundgebungen teilzunehmen. Auch auf den Fahrten war die Verwendung von Masken ein Fremdwort, ja wurde höchstens als Schimpfwort zurückgewiesen. Es wird spekuliert, dass solche Demonstrationen mit Abertausenden Teilnehmern für Hunderte Infektionen und eine Vielzahl von Todesfällen unmittelbar verantwortlich gewesen sein sollen.

Anfängliche Probleme der Beschaffung und Verteilung von Impfstoffen wurden allerdings spätestens mit Beginn des Sommers 2021 behoben. Zu diesem Zeitpunkt sind im deutschsprachigen Raum ausreichend Impfstoffe zur Verfügung gestanden. Sämtliche Impfstoffe sind grundsätzlich allen erwachsenen Personen offen gestanden. Eine Wahlfreiheit, welchen Impfstoff man individuell bekommen möchte, hat es jedoch anfangs nicht gegeben.

Die Risiken der Impfung sind, soweit dies bislang abgeschätzt werden kann, gering. Weltweit sind schon Milliarden von Menschen geimpft worden. Bekannte Impfreaktionen, wie diese bei jeder Impfung und naturgemäß bei jeder Injektion auftreten können, sind auch bekannt geworden. Kopfschmerzen, Übelkeit, Schmerzen im Injektionsbereich, teilweise – abhängig vom verwendeten Impfstoff – auch stärkere Symptome, die eine ein- oder auch mehrtägige Ruhephase erforderlich gemacht haben. In Einzelfällen sind Thrombosen und schwerwiegende Komplikationen berichtet worden, wobei ein Nachweis der Kausalität noch aussteht.41 Kausalität bedeutet, dass eine Reaktion tatsächlich nachgewiesener Weise auf einen konkreten Umstand zurückzuführen ist. Es müsste daher, um den Kausalitätsnachweis führen zu können, ausgeschlossen werden, dass eine andere Ursache gegeben ist. Dies fällt angesichts des Beobachtungspools von jedenfalls Millionen Menschen sehr schwer: Auch schwerwiegende Erkrankungen treten in einer derart riesigen Gruppe tausendfach auf. Es ist durchaus möglich, dass es sich bei solchen Erscheinungen um bloße Korrelationen – die zufällig im zeitlichen Zusammenhang mit einer Impfung auftreten – handelt.

Dass Impfungen gegen Covid-19 sinnvoll sind, wird wissenschaftlich jedoch nicht mehr bestritten. Die Risiken einer Erkrankung und deren Folgen, die von schweren Verläufen bis zum Tod und selbst bei leichten zu dauerhaften Schädigungen (Long Covid) führen können, überwiegen die Impfrisiken bei Weitem.42

Mit Stand Beginn des zweiten Halbjahres 2021 sind in Deutschland knapp fünfzig Millionen Personen geimpft worden, der Anteil der Zweitimpfung beträgt knapp über 35 Millionen. Dies entspricht einem gesamten Bevölkerungsanteil von knapp sechzig beziehungsweise 45 Prozent.43 In Österreich sind zu diesem Zeitpunkt rund neun Millionen Dosen verimpft worden, vier Millionen Personen sind vollimmunisiert. Die Quote beträgt hier rund zwei Drittel beziehungsweise ebenso 45 Prozent.44 Die Impfquote ist bis September 2021 auf knapp 65 Prozent Erstimpfungsanteil und sechzig Prozent Vollimmunisierung in Deutschland45 beziehungsweise 62 Prozent und 58 Prozent in Österreich46 gestiegen.

In den letzten Wochen hat die Impfbereitschaft massiv abgenommen. Es wird vermutet, dass dies mit einer gewissen mentalen Erschöpfung durch das monatelange Pandemiegeschehen, der Sehnsucht nach einem gewohnten Alltag wie aus präpandemischen Zeiten bekannt, vor allem aber mit der steil abfallenden Infektionsrate mit Sommerbeginn und den diesbezüglichen Urlaubsreisen zusammenhängen dürfte. Die nun bestimmende Delta-Variante erweist sich jedoch als Treiberin eines abermalig ansteigenden Infektionsgeschehens. Wir dürften uns am Beginn der Vierten Welle befinden, die im Herbst 2021 voll wirksam werden dürfte.47

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