Читать книгу Doktor Dolittles Zirkus - Hugh Lofting - Страница 6
DER VERTRAG
Оглавление„Guten Tag, Sarah“, sagte Johann Dolittle, als er sich endlich zu ihr durchgewunden hatte. „Wie gut und rund du aussiehst!“
„Aber ganz und gar nicht, Johann“, antwortete Sarah streng. „Bitte, sei so freundlich und teile mir mit, was du dir dabei denkst, dich wie ein Clown auf dieser Bühne herumzutreiben? Genügt es dir nicht, die beste Praxis der westlichen Provinzen wegen weißer Mäuse, Frösche und dergleichen wegzuwerfen? Besitzest du denn gar keinen Stolz? Was hast du dort oben zu suchen?“
„Ich will zum Zirkus gehen“, sagte der Doktor.
Sarah schnappte nach Luft und führte ihre Hand zur Stirn, als ob sie in Ohnmacht fallen wollte. Da trat ein langer, magerer, wie ein Pfarrer gekleideter Mann hervor, der neben ihr gestanden hatte, und nahm ihren Arm.
„Was ist denn geschehen, meine Liebe?“ fragte er.
„Lancelot“, antwortete Sarah schwach, „dies ist mein Bruder Johann Dolittle. Johann, dies ist Seine Hochwürden Lancelot Dingle, Rektor von Grimbledon, mein Gatte. Johann, du kannst dich nie anständig benehmen. Zum Zirkus gehen, wie abscheulich! Du scherzest wohl — und wer ist dieser Mensch da?“ fügte sie hinzu, als Matthäus Mugg herbeigeschlurft kam und sich der Gesellschaft anschloß.
„Das ist Matthäus Mugg“, antwortete der Doktor. „Du erinnerst dich doch noch an ihn, nicht wahr?“
„Pfui! Der Rattenfänger!“ sagte Sarah und schloß vor Entsetzen die Augen.
„Aber durchaus nicht, er ist Fleischverkäufer“, sagte der Doktor. „Herr Mugg, Hochwürden Lancelot Dingle.“ Und der Doktor stellte seinen zerlumpten, schmierigen Freund vor, als sei er der König in Person. „Herr Mugg ist mein bester Patient“, fügte er noch hinzu.
„Aber Johann, höre“, rief Sarah, „wenn du diesen verrückten Beruf ergreifst, versprich mir, daß du es unter einem anderen Namen tun wirst. Denk doch nur, wie es uns schaden würde, wenn man hört, des Rektors Schwager ist ein gewöhnlicher Schaubudenmann!“
Der Doktor dachte einen Augenblick nach und versprach Sarah lächelnd, unter einem andern Namen aufzutreten. Wenn ihn aber trotzdem jemand erkennen würde, könnte er nichts dafür.
Nachdem sie sich von Sarah verabschiedet hatten, gingen der Doktor und Matthäus wieder zu dem Zirkusdirektor, der jetzt am Eingang saß und in aller Ruhe sein Geld zählte.
Johann Dolittle beschrieb das Stoßmich-Ziehdich und sagte, er wolle sich mit diesem wunderbaren Tier dem Zirkus anschließen. Alexander Blossoms Bitte, ihm das Tier hier vorzuführen, schlug der Doktor ab. Er meinte, es wäre einfacher und besser, wenn der Direktor nach Puddleby käme, um es sich dort in seiner eigenen Behausung anzusehen.
Blossom willigte ein, und so machten sich der Doktor und Matthäus, sehr zufrieden mit ihrem Erfolg, wieder auf den Heimweg.
„Wenn Sie mit Blossoms Zirkus herumziehen“, bat Matthäus, als sie, ihre Sardinenschnitten kauend, die Landstraße hinuntertrotteten, „müssen Sie mir bitte mitnehmen, Doktor. Ich kann mir dort sehr nützlich machen, die ganze Gesellschaft versorgen, füttern, säubern und so weiter.“
„Sie sind mir sehr willkommen, Matthäus“, sagte der Doktor. „Aber was wird aus Ihrem eignen Geschäft?“
„Ach das“, sagte Matthäus und biß gereizt in ein neues Brot. „Darin steckt doch kein Geld nich. Außerdem ist es eine zu zahme Angelegenheit, Fleischstücke auf Holzstäbchen an überfütterte Pudel zu verabreichen. Darin steckt kein, wie heißt es doch?“ (und er schwenkte sein Brot zum Himmel empor) — „darin steckt kein Abenteuer nich. Ich habe eine abenteuerliche Ader — eine direkt leichtsinnige — seit je her, schon von der Wiege an. Zirkusleben! Ja, das ist das Wahre für einen echten Mann!“
„Aber was wird aus Ihrer Frau?“ fragte der Doktor.
„Theodosia? Ach, die kommt mit. Die hat auch so eine abenteuerliche Ader. Sie kann Kleider flicken und andre Arbeiten machen.“
Am späten Abend, als der Grimbledoner Jahrmarkt schon geschlossen war, besuchte Direktor Blossom den Doktor in Puddleby. Nachdem man ihm beim Schein einer Laterne das Stoßmich-Ziehdich gezeigt hatte, das grade auf dem Rasenplatz graste, kehrte er mit dem Doktor in die Bibliothek zurück und fragte ihn, wieviel er für das Tier haben wolle.
„Nichts“, sagte der Doktor, „ich verkaufe es nicht.“
„Ach Unsinn“, antwortete der Direktor, „Sie können ja gar nichts damit anfangen, jeder Mensch sieht, daß Sie kein richtiger Schaubudenbesitzer sind. Ich zahle Ihnen vierhundert Schillinge dafür.“
„Nein“, sagte der Doktor.
„Sechshundert“, rief Blossom.
Der Doktor schlug auch dieses Angebot ab.
„Achthundert — tausend“, steigerte der Direktor sich und ging höher und immer höher hinauf, schließlich bot er ihm einen Preis, der des Katzenfuttermanns Augen vor Erstaunen größer und größer werden ließ.
„Es hat keinen Zweck“, sagte Johann Dolittle endlich. „Entweder müssen Sie das Tier und mich in Ihren Zirkus hereinnehmen oder das Tier dort lassen, wo es sich befindet. Ich habe versprochen, selbst darauf zu achten, daß es ordentlich behandelt wird.“
„Was wollen Sie damit sagen?“ fragte der Schaubudenbesitzer, „wem haben Sie das versprochen? Gehört es Ihnen denn nicht?“
„Es gehört sich selbst“, antwortete der Doktor. „Es ist aus Gefälligkeit gegen mich mitgekommen. Dem Stoßmich-Ziehdich selbst habe ich es versprochen.“
„Was, sind Sie verrückt?“ rief der Schaubudenmann.
Matthäus Mugg wollte schon Blossom auseinandersetzen, daß der Doktor die Tiersprache spräche, als Johann Dolittle ihm einen Wink gab, den Mund zu halten.
„Sie müssen also entweder mich und das Tier nehmen, oder das Tier lassen, wo es ist“, wiederholte er.
Auf eine solche Abmachung wollte sich aber Blossom nicht einlassen, und zu Matthäus großer Enttäuschung nahm er seinen Hut und ging.
Er hatte nämlich erwartet, der Doktor würde seine Meinung ändern und nachgeben; aber nicht mehr als zehn Minuten waren vergangen, als die Türglocke wieder läutete, und Blossom von neuem um das Stoßmich-Ziehdich zu handeln begann. Das Ende vom Liede war, der Schaubudenbesitzer bewilligte alles, was der Doktor verlangte. Das Stoßmich-Ziehdich bekam einen neuen Wagen ganz für sich, und galt das Tier und seine Begleitung auch als ein Teil des Zirkus, so blieben sie doch vollkommen frei und unabhängig. Das für die Besichtigung des Stoßmich-Ziehdich eingenommene Geld wurde zu gleichen Teilen zwischen dem Doktor und dem Zirkusdirektor geteilt. Das Stoßmich-Ziehdich bekam einen freien Tag, wann immer es einen haben wollte, und Blossom versprach, jede Art Futter, die es verlangte, heranzuschaffen.
Nachdem alle Abmachungen getroffen waren, sagte Blossom, er würde am nächsten Tage den Wagen schicken, dann stand er auf, um zu gehen.
„Übrigens“, fragte er, „wie heißen Sie eigentlich?“
Der Doktor wollte es ihm gerade sagen, als er sich an Sarahs Bitte erinnerte.
„Ach, nennen Sie mich nur Johann Smith“, sagte er.
„Gut, Herr Smith“, antwortete der Schaubudenbesitzer, „halten Sie Ihre Gesellschaft für morgen früh um elf Uhr bereit. Guten Abend.“
Sobald sich die Tür hinter ihm geschlossen hatte, kamen Dab-Dab, Göb-Göb, Jip, Tuh-Tuh und die weiße Maus, die sich in verschiedenen Ecken des Hauses versteckt und gehorcht hatten, in die Halle gelaufen und fingen alle auf einmal aus voller Kehle zu schreien an.
„Hurra!“ grunzte Göb-Göb. „Es lebe der Zirkus!“
„Meiner Seel“, sagte Matthäus zum Doktor, „schließlich und endlich sind Sie doch kein so schlechter Geschäftsmann nich. Sie haben Blossom dazu bekommen, Ihnen in allem nachzugeben. Er wollte sich die Sache nich durch die Lappen gehen lassen. Haben Sie gesehen, wie schnell er zurückkam, als er fürchtete, das Geschäft würde ihm entgehen? Ich wette, er glaubt durch uns eine Menge Geld zu verdienen.“
„Liebes altes Haus“, seufzte Dab-Dab und staubte zärtlich den Hutständer ab, „daß wir dich so schnell wieder verlassen müssen!“
„Hurra!“ rief Göb-Göb und versuchte, auf den Hinterbeinen zu stehen und des Doktors Hut auf seiner Schnauze zu balancieren. „Es lebe der Zirkus! Hurra! Morgen geht’s los. Quiek!“