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„Whites only!“ – „Negroes only!“
Оглавление1950 absolvierte der junge, aufstrebende Journalist Hugo Portisch die sechsmonatige „School of Journalism“ an der University of Missouri und arbeitete dabei als Praktikant bei der „New York Times“. Zwischendurch unternahm er ausgedehnte Reisen und sammelte Eindrücke im „Vaterland der Demokratie“ – staunenswerte und beschämende.
In Memphis, der Hauptstadt von Tennessee, hatte ich zweierlei Erlebnisse. Eines war: Die Schwarzen haben da im Süden nichts zu reden! Überall stand „Whites only“ oder „Negroes only“ – nicht „Blacks“, sondern „Negroes“! Totale Rassentrennung!
Oben im Kino, wo es heiß war, durften die Schwarzen sitzen. Die Weißen saßen im kühleren Raum unten. Im Autobus durften die Schwarzen nur hinten sitzen, weil es da mehr holperte als vorne. In Drugstores, wo man nicht nur Medizin bekommen hat, sondern auch Eiscreme und Coca-Cola – wo man also zur Erholung, zur Erfrischung in diesem wahnsinnig heißen Staat gegangen ist –, durfte kein Schwarzer rein! Wenn sich da einer zur Tür getraut hätte, wäre er schon geflogen!
Also, in Memphis, Tennessee, haben wir die Rassentrennung in ihrer übelsten Form kennengelernt! Natürlich haben die Verteidiger dieses Systems gesagt: Das ist nur eine räumliche Trennung, sonst haben alle die gleichen Rechte. Das war natürlich ein Riesenschmäh! Und für uns war das ein doppelter Schlag, weil wir ja aus einem Land kamen, wo die Rasse eine ungeheure Rolle gespielt hatte und der Nazismus die Juden bis zum Tod verfolgt hat! Und jetzt kommen wir ins Vaterland der Demokratie – und auch hier werden Rassen in hohem Maße diskriminiert!
Natürlich haben wir den Unterschied erkannt: So wie die Nazis mit den Juden sind die Amerikaner mit den Schwarzen bei Gott nicht umgegangen! Sie wollten sie nicht ausrotten, sondern ihre Arbeitskraft benutzen. Auch diesbezüglich hatte ich ein denkwürdiges Erlebnis … Wir gingen in einen „Slum“. Dort, wo die Schwarzen wohnten. Und da waren zwar keine Villen, aber saubere Holzhäuser. Die hatten alle kleine Vorbauten – sogenannte „Porches“. Auf denen standen Hollywoodschaukeln. Darauf saßen ältere Damen und ältere Herren. Haben sich geschaukelt. Haben Coca-Cola getrunken. Vor fast jedem Haus stand ein Auto.
Wir sind in die Häuser reingegangen, alle hatten einen Kühlschrank. Die meisten hatten Fernsehen – für uns damals unbekannt! Radio sowieso. Habe ich gesagt: „Bitte, wo sind wir da? Das ist ein Slum?! Die haben alles, was wir nicht haben. Wir haben noch immer zerbombte Häuser, und wir haben kein Auto und keinen Fernsehapparat! Jedenfalls haben diese „Slums“ nicht im Entferntesten so gewirkt, wie sie heute in Südafrika ausschauen oder unter der Apartheidregierung ausgeschaut haben!
Trotzdem: Die Schwarzen konnten ihre Kinder damals nicht in die richtigen Schulen schicken. Da sie nicht gebildet waren, mussten sie die Drecksjobs übernehmen und wurden schlecht bezahlt. Sie mussten sich überall „ducken“. Das war die Kehrseite der Medaille.