Читать книгу So sah ich Mein Österreich. Life is a story - story.one - Hugo Portisch - Страница 9

Spaziergang mit Ernst Fischer

Оглавление

Die erste Nationalratswahl der Zweiten Republik fand am 25. November 1945 statt. Die ÖVP unter Leopold Figl ging als Sieger aus der Wahl hervor. Zweiter wurde die SPÖ unter Staatskanzler Karl Renner. Die KPÖ blieb deutlich hinter den Erwartungen. Der Schriftsteller und Publizist Ernst Fischer, bis dahin KPÖ-Staatssekretär für Unterricht der Provisorischen Staatsregierung Renner, hatte sich ein wesentlich besseres Abschneiden der Kommunisten erwartet.

Ernst Fischer, der große KP-Führer und KP-Minister, und ich gingen das Stückerle von der jugoslawischen Botschaft bis zum Donaukanal hinunter, wo der Fischer zu Hause war. Da hat er mir auf dem Weg erklärt, dass sie damit gerechnet hatten, dass freie Wahlen auf jeden Fall für die Kommunisten ausgehen müssten. Mit Abstand hätten sie die gewinnen müssen, denn sie waren ja die Befreier. Es kamen die Sowjettruppen ja als Befreier! Alle diese Völker – so Fischer – mussten doch unter dem Faschismus und unter dem Hitlerismus und unter den Machtinstrumenten wie der Gestapo unendlich gelitten haben, und daher würden sie überwältigend kommunistisch wählen – für die Befreiung. Darüber, dass es dann nirgendwo so war, waren die Kommunisten zutiefst und bitter enttäuscht.

Ich persönlich bin ja der Meinung, dass sich die Russen das selber zuzuschreiben hatten. Denn sie kamen tatsächlich als Befreier, indem sie die Deutschen und die Nazitruppen schlugen und zurückdrängten. Dafür zahlten sie auch einen hohen Blutzoll. Aber die sowjetische Armee, die Rote Armee, hat sich nicht gut benommen. Nirgendwo. Am schlimmsten war es in Deutschland, wo ja der Solschenizyn in seinen „Ostpreußischen Nächten“ in grauenhaften Details schilderte, wie sie nahezu den Auftrag hatten, alle Frauen zu vergewaltigen und nachher zu erschießen! Also, ich zitiere da nicht irgendjemanden, sondern Alexander Solschenizyn, einen angesehenen russischen Autor, der dafür legitimiert war, so etwas zu schreiben.

Schließlich waren ja auch die österreichischen Erfahrungen ganz ähnliche. Wo die Sowjetarmee hinkam, waren Vergewaltigungen an der Tagesordnung. Zu Tausenden wurden die Frauen vergewaltigt! Im Burgenland, in Niederösterreich, in Wien. Das war natürlich ein Grauen. Denn es war ja wie eine „Bestätigung“ dessen, was die Nazipropaganda zuvor als Verleumdung in Umlauf gebracht hatte.

Dabei waren die Fronttruppen, wie ich glaube, noch durchwegs in Ordnung. Die haben sich sehr ordentlich benommen. Aber der Tross, der gleich dahinter kam, der war „dressiert“ auf Plünderung und Vergewaltigung. Das war die reinste Schreckensherrschaft! Und man soll nicht im Nachhinein versuchen, das als „gar nicht so arg“ hinzustellen. Es war sehr arg! Und dieses Eigentor hatten die Russen selbst zu verantworten. Durch das Benehmen ihrer Leute war der Kommunismus für die Menschen hier gestorben.

So sah ich Mein Österreich. Life is a story - story.one

Подняться наверх