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Nicht das Dritte Reich …

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Ich bin nicht mehrsprachig aufgewachsen – leider! Das lag einfach daran, dass die deutsche Schule die nächste in der Nachbarschaft war.

Hugo Portisch wird am 19. Februar 1927 in Pressburg/Bratislava als zweiter Sohn von Hedi und Emil Portisch geboren, einer Stadt in der jungen Tschechoslowakei, 60 Kilometer von Wien entfernt. Der Vater, Chefredakteur der liberalen, deutschsprachigen „Preßburger Zeitung“, stammt aus St. Pölten. Die Bevölkerung ist dreisprachig und viele beherrschen Deutsch, Slowakisch und Ungarisch. Hugo besucht ab 1933 die deutsche evangelische Grundschule. Dort unterrichten vor allem demokratisch eingestellte Lehrer, und das, wo doch die Zeichen ringsum in Europa allerorten auf Diktatur stehen.

1938 besetzt Hitler zunächst das Sudetenland, dann die von den Nazis so genannte „Rest-Tschechei“. Die Tschechoslowakei wird zerschlagen und in der „selbstständigen“ Slowakei kommt ein autoritäres, antisemitisches Regime von Hitlers Gnaden ans Ruder. Da ist Hugo Portisch zwölf Jahre alt und Schüler im katholischen deutschen Gymnasium in Pressburg. O Wunder, haben auch dort weiterhin liberale Lehrer das Sagen! In der Zeitung lesen die Jungen im Dezember 1941 von der Atlantik-Charta, die die USA und Großbritannien nach dem deutschen Überfall auf die Sowjetunion unterzeichnet haben – ein wichtiger Schritt auf dem Weg zur Gründung der Vereinten Nationen.

Dort wurde berichtet, dass Roosevelt und Churchill nach der Unterzeichnung gemeinsam die Hymne „Onward, Christian Soldiers“ gesungen haben. Da kam unser Englischprofessor herein, ein ungeheuer gemütlicher und musikalischer Bursche, der uns jede zweite Stunde ein neues englisches Lied beigebracht hat.

An diesem Tag hat er gesagt: „Bitte ‚Onward, Christian Soldiers‘. Macht die Fenster zu!“ Dann haben wir die Fenster geschlossen und er hat uns gelehrt: „Onward, Christian Soldiers, onward as to war, with the cross of Jesus …!“ Ich kann es heute noch. Wir haben auch die BBC in allen Sprachen abgehört und ich habe das als ganz normal empfunden.

Im Religionsunterricht hatten wir einen Pfarrer namens Klecka, einen Schlesier, der vor dem Nazismus aus Breslau geflüchtet ist. Es war aber nun vorgeschrieben, in den deutschen Schulen – auch in der Slowakei – mit „Heil Hitler“ zu grüßen. Bei Pater Klecka lief das so: „Heil Hitler im Namen des Vaters, des Sohnes und des Heiligen Geistes, Vater unser, der du bist im Himmel …“

Und der Geschichtslehrer Gratzer hat sich einmal mit dem Ruf „Liberté, égalité, fraternité!“ verabschiedet. Das sind für mich prägende Erlebnisse! In Deutschland wäre das unvorstellbar gewesen. Man hat in der Slowakei eine differenzierte Sozialisierung erfahren. Es war eben nicht das Dritte Reich.

Mitten im Zweiten Weltkrieg wird Hugo Portisch in Pressburg also zum Teil von Nazi-Gegnern unterrichtet und zum Demokraten erzogen. Tatsächlich unglaublich, aber wahr!

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