Читать книгу 26 x 4 Drabbles - Ilka-Maria Hohe-Dorst - Страница 5

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B wie BLUME


Gold-Krokus

Ein Krokus quält sich mit letzter Kraft durch die Erde und entfaltet sein strahlendes Gelb. Zufrieden schaut er sich um: Rundum steht fettes Gras, und über ihm leuchten Magnolienblüten in zartem Weiß und Rosé. „Schön,“ denkt er und lässt sich von der Frühlingsluft umschmeicheln. Doch sein Blick auf eine benachbarte Krokus-Maid lässt ihn erschauern. Vorsichtig spricht er sie an. „Du bist ein hübsches Ding, aber weshalb bist du so blau?“

Die Blaue seufzt: „Bin zu früh gekommen. Dieser herzlose März war bitterkalt.“

Der Gelbe nickt verständnisvoll. „Ich durfte noch warten, weil meine Muhme gedachte, mich in den April zu schicken.“

Blumenstreit

Eine Ringelblume und eine Kornblume streiten, wer bei den Insekten die Begehrtere sei.

„Meine Blüten leuchten so gülden wie die Sonne,“ prahlt die Ringelblume.

„Meine Blüten strahlen so blau wie der Sommerhimmel,“ kontert die Kornblume.

Eine Biene setzt sich auf die Ringelblume, nascht von ihrem Nektar und hebt wieder ab. „Komm bald zurück,“ ruft die Ringelblume ihr nach. Die Biene antwortet nicht.

Derweil ist ein Falter auf der Kornblume gelandet und kostet ihren Duft. „Komm bald wieder,“ ruft die Kornblume dem Falter nach, als er davonfliegt.

„Daraus wird wohl nichts,“ ruft dieser zurück, kurz bevor der Mähdrescher beide Blumen köpft.

Baccara

Jan schaut gedankenverloren aus dem Fenster. Das Herbstlaub der Bäume leuchtet in der Sonne. Er spürt die Hand seines Kollegen auf der Schulter. „Alles in Ordnung, Alter?“

Jan schüttelt den Kopf. „Gestern habe ich meiner Frau eine Rose mit nach Hause gebracht.“

„Das ist ja großartig, so viel Romantik hätte ich einem Buchhalter gar nicht zugetraut.“

„Seit unserer Hochzeit habe ich ihr jeden Tag eine rote Baccara-Rose geschenkt.“

„Das Symbol der Liebe. Deine Frau muss ein glücklicher Mensch sein.“

„Als ich ihr gestern die Rose überreichte, sah sie mich kaltlächelnd an, knickte den Stil und ließ sie zu Boden fallen.“

Der Verehrer

Für Lisa war ein Rosenstrauß am Empfang abgegeben worden. Sie holte ihn ab, verwundert, von wem er sein könnte, denn ihm lag keine Karte bei.

Jeden Tag erhielt sie einen neuen Rosenstrauß, und die Kolleginnen warfen ihr fragende Blicke zu, denn Lisa war verheiratet. Weil sie nicht in Verdacht geraten wollte, hieß sie die Empfangsdame, den nächsten Strauß nicht mehr anzunehmen.

Eine Weile geschah nichts, also schien der Verehrer Lisa verstanden zu haben. Doch dann kam wieder ein Rosenstrauß, diesmal mit Begleitbrief. Lisa öffnete ihn: „Ich bitte Sie um Verzeihung, denn Sie hatten recht: Es war eine Rose zu wenig.“

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