Читать книгу Kritik der reinen Vernunft - Immanuel Kant - Страница 20
Der transzendentalen Elementarlehre E R S T E RT E I L Die transzendentale Ästhetik § 1
ОглавлениеAuf welche Art und durch welche Mittel sich auch immer eine Erkenntnis auf Gegenstände beziehen mag, so ist doch diejenige, wodurch sie sich auf dieselben unmittelbar bezieht und worauf alles Denken als Mittel abzweckt, dieA n s c h a u u n g.Diese findet aber nur statt, so fern uns der Gegenstand gegeben wird; dieses aber ist wiederum, uns Menschen wenigstens, nur dadurch möglich, dass er das Gemüt auf gewisse Weise affiziere. Die Fähigkeit (Rezeptivität), Vorstellungen durch die Art, wie wir von Gegenständen affiziert werden, zu bekommen, heißt Sinnlichkeit. Vermittelst derS i n n l i c h k e i talso werden uns Gegenstände gegeben, und sie allein liefert unsA n s c h a u u n g e n;durch den Verstand aber werden sieg e d a c h t,und von ihm entspringenB e g r i f f e.Alles Denken aber muss sich, es sei geradezu (direkte) oder im Umschweife (indirekte), vermittelst gewisser Merkmale, zuletzt auf Anschauungen, mithin bei uns auf Sinnlichkeit beziehen, weil uns auf andere Weise kein Gegenstand gegeben werden kann.
Die Wirkung eines Gegenstandes auf die Vorstellungsfähigkeit, sofern wir von demselben affiziert werden, istE m p fi n d u n g.Diejenige Anschauung, welche sich auf den Gegenstand durch Empfindung bezieht, heißte m p i r i s c h.Der unbestimmte Gegenstand einer empirischen Anschauung heißtE r s c h e i n u n g.
In der Erscheinung nenne ich das, was der Empfindung korrespondiert, dieM a t e r i ederselben, dasjenige aber, welches macht, dass das Mannigfaltige der Erscheinung in gewissen Verhältnissen geordnet werden kann, nenne ich die Form der Erscheinung. Da das, worinnen sich die Empfindungen allein ordnen und in gewisse Form gestellt werden können, nicht selbst wiederum Empfindung sein kann, so ist uns zwar die Materie aller Erscheinung nur a posteriori gegeben, die Form derselben aber muss zu ihnen insgesamt im Gemüte a priori bereit liegen, und daher abgesondert von aller Empfindung können betrachtet werden.
Ich nenne alle Vorstellungenr e i n(im transzendentalen Verstande), in denen nichts, was zur Empfindung gehört, angetroffen wird. Demnach wird die reine Form sinnlicher Anschauungen überhaupt im Gemüte a priori angetroffen werden, worinnen alles Mannigfaltige der Erscheinungen in gewissen Verhältnissen angeschaut wird. Diese reine Form der Sinnlichkeit wird auch selberr e i n eA n s c h a u u n gheißen. So, wenn ich von der Vorstellung eines Körpers das, was der Verstand davon denkt, als Substanz, Kraft, Teilbarkeit etc., imgleichen, was davon zur Empfindung gehört, als Undurchdringlichkeit, Härte, Farbe etc. absondere, so bleibt mir aus dieser empirischen Anschauung noch etwas übrig, nämlich Ausdehnung und Gestalt. Diese gehören zur reinen Anschauung, die a priori, auch ohne einen wirklichen Gegenstand der Sinne oder Empfindung, als eine bloße Form der Sinnlichkeit im Gemüte stattfindet.
Eine Wissenschaft von allen Prinzipien der Sinnlichkeit a priori nenne ich die transzendentale Ästhetik9. Es muss also eine solche Wissenschaft geben, die den ersten Teil der transzendentalen Elementarlehre ausmacht, im Gegensatz mit derjenigen, welche die Prinzipien des reinen Denkens enthält und transzendentale Logik genannt wird.
In der transzendentalen Ästhetik also werden wir zuerst die Sinnlichkeit isolieren, dadurch, dass wir alles absondern, was der Verstand durch seine Begriffe dabei denkt, damit nichts als empirische Anschauung übrig bleibe. Zweitens werden wir von dieser noch alles, was zur Empfindung gehört, abtrennen, damit nichts als reine Anschauung übrig bleibe, welches das Einzige ist, dass es zwei reine Formen a priori gebe, nämlich Raum und Zeit, mit deren Erwägung wir uns jetzt beschäftigen werden.