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§ 16 Von der ursprünglich-synthetischen Einheit der Apperzeption
ОглавлениеDas:I c hd e n k e,muss alle meine Vorstellungen begleitenk ö n n e n;denn sonst würde etwas in mir vorgestellt werden, was gar nicht gedacht werden könnte, welches ebenso viel heißt als: die Vorstellung würde entweder unmöglich oder wenigstens für mich nichts sein. Diejenige Vorstellung, die vor allem Denken gegeben sein kann, heißtA n s c h a u u n g.Also hat alles Mannigfaltige der Anschauung eine notwendige Beziehung auf das: Ich denke, in demselben Subjekt, darin dieses Mannigfaltige angetroffen wird. Diese Vorstellung aber ist ein Aktus derS p o n t a n e i t ä t,d. i. sie kann nicht als zur Sinnlichkeit gehörig angesehen werden. Ich nenne sie die reineA p p e r z e p t i o n,um sie von der empirischen zu unterscheiden, oder auch dieu r s p r ü n g l i c h eA p p e r z e p t i o n,weil sie dasjenige Selbstbewusstsein ist, was, indem es die VorstellungI c hd e n k ehervorbringt, die alle anderen muss begleiten können und in allem Bewusstsein ein und dasselbe ist, von keiner weiter abgeleitet werden kann. Ich nenne auch die Einheit derselben diet r a n s z e n d e n t a l eEinheit des Selbstbewusstseins, um die Möglichkeit der Erkenntnis a priori aus ihr zu bezeichnen. Denn die mannigfaltigen Vorstellungen, die in einer gewissen Anschauung gegeben werden, würden nicht insgesamt meine Vorstellungen sein, wenn sie nicht insgesamt zu einem Selbstbewusstsein gehörten, d. i. als meine Vorstellungen (ob ich mir, ihrer gleich nicht als solcher bewusst bin) müssen sie doch der Bedingung notwendig gemäß sein, unter der sie allein in einem allgemeinen Selbstbewusstsein zusammenstehen können, weil sie sonst nicht durchgängig mir angehören würden. Aus dieser ursprünglichen Verbindung lässt sich vieles folgern.
Nämlich diese durchgängige Identität der Apperzeption eines in der Anschauung gegebenen Mannigfaltigen enthält eine Synthesis der Vorstellungen und ist nur durch das Bewusstsein dieser Synthesis möglich. Denn das empirische Bewusstsein, welches verschiedene Vorstellungen begleitet, ist an sich zerstreut und ohne Beziehung auf die Identität des Subjekts. Diese Beziehung geschieht also dadurch noch nicht, dass ich jede Vorstellung mit Bewusstsein begleite, sondern dass ich eine zu der anderenh i n z u s e t z eund mir der Synthesis derselben bewusst bin. Also nur dadurch, dass ich ein Mannigfaltiges gegebener Vorstellungen in einemB e w u s s t s e i nverbinden kann, ist es möglich, dass ich mir dieI d e n t i t ä td e sB e w u s s t s e i n si nd i e s e nV o r s t e l l u n g e nselbst vorstelle, d. i. diea n a l y t i s c h eEinheit der Apperzeption ist nur unter der Voraussetzung irgendeiners y n t h e t i s c h e nmöglich.15 Der Gedanke: diese in der Anschauung gegebenen Vorstellungen gehören mir insgesamt zu, heißt demnach so viel, als ich vereinige sie in einem Selbstbewusstsein oder kann sie wenigstens darin vereinigen; und ob er gleich selbst noch nicht das Bewusstsein derS y n t h e s i sder Vorstellungen ist, so setzt er doch die Möglichkeit der letzteren voraus, d. i. nur dadurch, dass ich das Mannigfaltige derselben in einem Bewusstsein begreifen kann, nenne ich dieselben insgesamt meine Vorstellungen; denn sonst würde ich ein so vielfarbiges verschiedenes Selbst haben, als ich Vorstellungen habe, deren ich mir bewusst bin. Synthetische Einheit des Mannigfaltigen der Anschauungen, als a priori gegeben, ist also der Grund der Identität der Apperzeption selbst, die a priori allem meinem bestimmten Denken vorhergeht. Verbindung liegt aber nicht in den Gegenständen und kann von ihnen nicht etwa durch Wahrnehmung entlehnt und in den Verstand dadurch allererst aufgenommen werden, sondern ist allein eine Verrichtung des Verstandes, der selbst nichts weiter ist als das Vermögen, a priori zu verbinden und das Mannigfaltige gegebener Vorstellungen unter Einheit der Apperzeption zu bringen, welcher Grundsatz der oberste im ganzen menschlichen Erkenntnis ist.
Dieser Grundsatz der notwendigen Einheit der Apperzeption ist nun zwar selbst identisch, mithin ein analytischer Satz, erklärt aber doch eine Synthesis des in einer Anschauung gegebenen Mannigfaltigen als notwendig, ohne welche jene durchgängige Identität des Selbstbewusstseins nicht gedacht werden kann. Denn durch das Ich, als einfache Vorstellung, ist nichts Mannigfaltiges gegeben; in der Anschauung, die davon unterschieden ist, kann es nur gegeben und durchV e r b i n d u n gin einem Bewusstsein gedacht werden. Ein Verstand, in welchem durch das Selbstbewusstsein zugleich alles Mannigfaltige gegeben würde, würdea n s c h a u e n;der unsere kann nurd e n k e nund muss in den Sinnen die Anschauung suchen. Ich bin mir also des identischen Selbst bewusst, in Ansehung des Mannigfaltigen der mir in einer Anschauung gegebenen Vorstellungen, weil ich sie insgesamt meine Vorstellungen nenne, die eine ausmachen. Das ist aber so viel, als dass ich mir einer notwendigen Synthesis derselben a priori bewusst bin, welche die ursprüngliche synthetische Einheit der Apperzeption heißt, unter der alle mir gegebenen Vorstellungen stehen, aber unter die sie auch durch eine Synthesis gebracht werden müssen.