Читать книгу Eulenzauber (12). Die magische Botschaft - Ina Brandt - Страница 9
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Prinzessin Flora
Am nächsten Morgen stand Flora früh auf. Eigentlich hätte sie die letzten Ferientage noch ausnutzen müssen, um richtig lange zu schlafen. Aber dazu war es viel zu warm und außerdem wollte sie möglichst bald mit Miri auf dem Reiterhof sein. Dann war dort nicht so viel los und sie konnten sich in Ruhe um Miris Pferd Dusty kümmern. Zum Schluss, wenn Miri mit dem Reiten fertig war, durfte auch Flora meistens ein paar Runden mit Dusty drehen. Das war natürlich das Größte!
»Guten Morgen, Frühaufsteherin«, begrüßte ihre Mutter sie, als Flora in die Küche kam. »Warum bist du denn schon wach?«
»Ich treffe mich gleich mit Miri auf dem Reiterhof«, erklärte Flora, während sie sich eine Ladung Müsli in den Teller schüttete.
Ihre Mutter schmunzelte. »Das hätte ich mir eigentlich denken können. Manchmal habe ich das Gefühl, ich bekomme meine Familie kaum noch zu Gesicht.
Dein Vater verbringt die meiste Zeit in der Praxis, du auf dem Hof und Felix beim Fußball. Seit er im Verein spielt und jetzt bald das erste Turnier hat, gibt es für ihn sowieso nichts mehr außer dieser Lederkugel.«
»Kann ich echt nicht verstehen«, nuschelte Flora mit vollen Backen.
»Auf jeden Fall fände ich hin und wieder eine gemeinsame Aktion auch schön«, fuhr Frau Faltin fort, während sie mit dem Löffel einen Rest Milchschaum aus ihrer Kaffeetasse kratzte.
Flora horchte auf. Was meinte ihre Mutter denn damit? Eis essen? An den See fahren?
»Heute Nachmittag könnte die Familie Faltin zum Beispiel gemeinsam den Pflaumenbaum abernten«, schlug ihre Mutter mit einem strahlenden Lächeln vor, als ob das die tollste Sache der Welt wäre. Noch toller als Eis essen und schwimmen zusammen.
»Das ist ja eine … super Aktion«, war alles, was Flora dazu einfiel.
Ihre Mutter warf ihr einen forschenden Blick zu und die steile Falte auf ihrer Stirn wurde gleich noch etwas steiler.
»Du und Felix schnallt euch einen Eimer um und dann dürft ihr auf den Baum klettern und ernten«, erklärte sie. »Klettern macht doch Spaß!«
Flora schob sich den letzten Löffel Müsli in den Mund. Sie verkniff sich die Bemerkung, dass nur Klettern ohne Ernteauftrag Spaß machte, sonst bekam ihre Mutter schlechte Laune. Und dazu war so ein Ferientag doch viel zu schade.
Als Flora zum Reiterhof radelte, dachte sie nicht länger an Frau Faltins Pläne für den Nachmittag. Es war so ein herrlicher Morgen. Die Spatzen zwitscherten in den Obstbäumen links und rechts des staubigen Schotterwegs. Flora staunte, wie groß die Äpfel waren, manche hatten sogar bereits rote Streifen. Bald konnten sie Pfannkuchen mit frischem Apfelmus essen. Bei dem Gedanken daran lief ihr gleich das Wasser im Mund zusammen. Wie lecker!
Schon von Weitem sah sie Miris Fahrrad an der Stallwand lehnen. Typisch, dachte Flora. Im Gegensatz zu ihr war Miri ein echter Frühaufsteher.
Miau, erklang es da hinter Flora. Und schon schoss Whisper um die Ecke und strich mit hochgerecktem Schwanz um Floras Beine. Der getigerte Hofkater maunzte weiter und rieb seinen Kopf an Floras Hose.
»Na, mein Kleiner, ist dir langweilig? Vermisst du Schemali?«, fragte sie und beugte sich hinunter, um Whisper zu streicheln. Whispers Ohren zuckten und er schaute Flora aufmerksam an. Auch wenn er nicht sprechen konnte, wusste Flora, dass sie recht hatte. Während Nathalie mit ihrer Familie im Urlaub gewesen war, hatte sich Whisper ganz lieb um ihr kleines Kätzchen gekümmert. So wie auch damals, als Schemali Sarah zugelaufen war. Da hatte Whisper das kleine Kätzchen wie sein eigenes Junges behandelt.
Flora erinnerte sich noch, wie Nathalie die beiden beobachtet hatte. Als würde sie durch die zwei Katzen erkennen, dass man eine Familie sein konnte, selbst wenn man nicht miteinander verwandt war. So wie bei Nathalie, die adoptiert war und ihre richtigen Eltern gar nicht kannte.
Nun fing Whisper an zu schnurren und Flora hätte ihn am liebsten immer weiter hinter den Ohren gekrault. Heimlich beneidete sie Nathalie ja um Schemali, denn sie wünschte sich schon sooo lange selbst ein Haustier.
Als Flora die Stallgasse betrat, sah sie ganz hinten Miri mit Dusty. Das schwarz-weiß gescheckte Pony hob sofort den Kopf und wieherte ihr entgegen. Floras Herz machte vor Freude einen Hüpfer. Dusty war echt das netteste Pferd im ganzen Stall und er war immer superbrav, wenn Flora auf ihm reiten durfte. Ganz anders als Benni, das Schulpferd, der ein richtiger Sturkopf sein konnte.
»Hallo, Miri! Dusty glänzt ja schon richtig«, meinte Flora zu ihrer Freundin und fuhr mit der Hand über Dustys seidig schimmerndes Fell.
»Dafür werde ich immer staubiger«, meinte Miri und wischte sich ein paar Pferdehaare aus dem verschwitzten Gesicht. In den hellen Streifen aus Sonnenlicht, die durch die Fenster in die Stallgasse fielen, tanzte tatsächlich der Staub.
»Komm, ich helfe dir«, sagte Flora, während Miri einen Schluck aus ihrer Wasserflasche nahm. Mit langen Strichen fuhr sie mit der Bürste über Dustys Rücken. Sie sah, wie er den Kopf senkte und seine Augenlider nach unten fielen. Das genoss er in vollen Zügen.
»Für die Alpakas muss es jetzt auch wahnsinnig warm sein«, meinte Miri. »Die würden sich bestimmt gern mal das Fell ausziehen.«
Dieser Gedanke ließ Flora schmunzeln. Das wäre ja was.
»Auf jeden Fall war es eine super Geburtstagsparty und alle waren begeistert«, meinte Miri.
»Ich fand’s auch toll«, bestätigte Flora und lächelte. »Selbst Nathalie hat’s gefallen. Glaube ich zumindest. Auf jeden Fall hat sie sich sämtliche blöden Kommentare verkniffen. Und das will bei ihr was heißen.«
Miri nickte. Nathalie war bekannt für ihre bissigen Bemerkungen und deswegen wollte Miri sie auch nicht zu ihrem eigenen Geburtstag einladen. Doch Flora hatte Angst gehabt, wie Nathalie reagieren würde, selbst wenn Goldwing ihr für diesen Fall zaubereulenstarke Unterstützung zugesichert hatte. Aber Flora wusste, Nathalie konnte auch ganz okay sein, und jetzt war sie froh, dass sie sie trotzdem eingeladen hatte. Nathalie hatte sich wirklich sehr zurückgehalten. Flora war richtig verwundert gewesen.
»Sie war echt ungewöhnlich ruhig«, meinte Miri, der es anscheinend ähnlich ergangen war. »Ein paar Mal stand sie einfach nur da und hat so vor sich hin geglotzt. Als ob sie mit den Gedanken ganz woanders wäre.«
»Ist mir auch aufgefallen«, erwiderte Flora. »Das war komisch. Normalerweise will sie doch immer im Mittelpunkt stehen.«
»Vielleicht war irgendwas im Urlaub?«, überlegte Miri. »Irgendwas, das sie so nachdenklich gemacht hat?«
»Oder sie hat sich … verliebt?«, raunte Flora und riss theatralisch die Augen auf. »In den süüüßesten Surfer der Welt …«, ahmte sie Nathalies Stimme nach.
Miri lachte. »Wenn sie dadurch netter wird, von mir aus gern!«, kicherte sie. Sie half Flora, die Putzsachen wegzuräumen und Dustys Sattel aufzulegen.
»An deiner Stelle würde ich mich jetzt mal um meine Haare kümmern, bevor Sarah kommt«, meinte sie mit einem Blick auf Floras verwuschelten Kopf, der heute noch nicht einmal eine Bürste gesehen hatte. Wie alle Reitlehrer legte Sarah Wert darauf, dass die Haare zusammengebunden waren.
Flora suchte in ihrer Hosentasche nach einem Haargummi. Mist, da war keines. In der anderen auch nicht. »Ich hatte doch ganz sicher …«, murmelte sie und prüfte noch mal ihre Taschen, ohne Erfolg.
Miri hatte leider auch kein zweites Gummi.
Da betraten Emilie und Lea den Stall. »Ich frag mal die beiden«, sagte Flora und ging ihnen entgegen.
»Ihr seid aber früh dran!«, stellten die mit einem Blick auf Dusty und Miri fest.
»Anscheinend zu früh«, erwiderte Flora. »Ich habe mein Zopfgummi vergessen. Habt ihr vielleicht eins übrig?«
Die beiden nickten und suchten in ihren Hosentaschen herum. Doch auch sie hatten keins dabei.
»Wir könnten in Nathalies Schrank schauen«, schlug Emilie vor. »Da hat sie so ein Täschchen mit Gummis, Lipgloss und so weiter.«
»Eben alles, damit man auch im Stall top gestylt ist«, fügte Lea mit einem Grinsen hinzu.
»Und wenn sie mich damit sieht?«, fragte Flora besorgt.
»Keine Angst, die kommt heute nicht«, beruhigte Lea sie. »Hat keine Zeit. Deswegen kümmern wir uns um Aurora. Los, wir schauen einfach mal.«
Gemeinsam gingen sie Richtung Sattelkammer, wo sich die alten, verbeulten Metallspinde befanden. Lea drehte ein paar Mal am Zahlenschloss, dann sprang es auf und sie öffnete die Tür. Unten in dem schmalen Schrank standen Nathalies Reitstiefel, neben einem Sack Karotten und einigen Gerten. Auf dem oberen Fach lagen ihr Reithelm, ein Paar Handschuhe und ein Täschchen aus pinkfarbenem Glitzerstoff.
»Dann schauen wir uns dieses Schatztäschchen doch mal genauer an«, murmelte Lea und begann, darin herumzuwühlen. »Lipgloss, Sonnencreme, Deo … Ah, hier haben wir was!« Triumphierend hielt sie Flora eine Haarspange hin, die mit künstlichen Edelsteinen in allen Farben und Größen verziert war. Normalerweise würde Flora im Laden so ein Ding nicht mal in die Hand nehmen.
»Steht dir sicher super«, meinte Emilie und zwinkerte Flora zu.
»Ja, ganz sicher«, erwiderte Flora und verdrehte die Augen. Schnell nahm sie ihre Haare zusammen und klickte die Spange darum, während Lea und Emilie ihr zuschauten.
»Wow, Floras neuer Style!«, sagten sie lachend und hielten den Daumen hoch.
Flora wollte lieber gar nicht wissen, wie sie aussah. Sie kam sich vor wie eine Barbieprinzessin mit Krönchen. Aber besser das als gar nichts …