Читать книгу Zaubereulen in Federland (2). Die Magie des Feuerbrunnens - Ina Brandt - Страница 9

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Ein seltsamer Typ

Auch Goldwing war für einen Moment vor Schreck wie gelähmt, doch dann flatterte sie Hupsi schnell hinterher. Der Mann starrte der Eule nach, bis sie zwischen den Bäumen verschwunden war. Erst da kehrte sein Blick zurück zu den beiden Mädchen.

»Sind die einfach so zu euch gekommen?«, wollte er wissen. Flora fiel auf, dass er nicht einmal Hallo gesagt hatte. Und dass er eine ziemlich dicke Brille trug, die seine dunklen Augen irgendwie glupschig wirken ließ.

Weil Paula schwieg, sagte Flora schließlich: »Ja, das sind sie.«

»Ziemlich ungewöhnlich, Eulen schlafen tagsüber eigentlich«, murmelte der Mann. »Seid ihr öfter hier? Habt ihr sie schon mal gesehen?«

Er holte ein Klemmbrett hervor, das er unter dem Arm trug, und musterte prüfend ein Stück vollgekritzeltes Papier. Flora versuchte, einen Blick darauf zu erhaschen, erkannte aber nur Linien. Und eine Art Säule. Mit einer Fahne obendrauf. War das der Turm?

»Na, was ist?«, hakte der Mann nun nach, nachdem von den Mädchen keine Antwort kam. Flora spürte, wie sie wütend wurde. Was fiel diesem Typ eigentlich ein?

»Warum wollen Sie das denn wissen?«, fragte Paula patzig. Offensichtlich war auch ihr dieser Mann nicht sonderlich sympathisch.

»Weil mir neuerdings ziemlich oft Eulen begegnen«, antwortete er, während er mit großen Schritten den Turm ansteuerte. Er ging einmal darum herum, legte einen Zollstock an die grauen Quadersteine, machte sich Notizen und verschwand dann plötzlich grußlos zwischen den Bäumen. Schnell hatte der Wald die zerschlissene Jeans und die grüne Windjacke mit dem seltsamen Auge hintendrauf verschluckt. Diese schwarze Pupille auf dem türkisfarbenen Grund mit dem weißen und tiefblauen Ring drum herum blitzte nur kurz noch ein letztes Mal durch die Zweige. Kopfschüttelnd schauten die Mädchen dem Mann hinterher.

»Das ist ja gerade noch mal gut gegangen«, seufzte Flora erleichtert.

»Komischer Typ«, meinte Paula.

Flora nickte. Irgendwie sah der Mann mit seinen zerzausten Haaren und der hohen Stirn wie ein zerstreuter Professor aus. Aber hier auf der Lichtung gab es doch nichts zu erforschen. Oder doch?

»Was hat er sich da aufgeschrieben?«, fragte nun auch Paula.

»Dieses Gekritzel sah für mich aus wie eine Zeichnung von der Lichtung«, erklärte Flora. »Zumindest den Turm habe ich erkannt.«

»An dem hat er ja sogar rumgemessen. Meinst du, da soll irgendwas gebaut werden?« Paula schaute Flora entsetzt an.

»Das wäre ja schrecklich!« Flora wurde es ganz heiß. »Hier habe ich Goldwing zum ersten Mal verwandelt. Auch der Ring dafür war in einer der alten Mauern versteckt. Die Lichtung ist schon seit so langer Zeit ein Ort für Eulen. Da darf absolut nichts verändert werden!«

Bevor Paula etwas erwidern konnte, kamen die beiden Eulen zurückgeflogen. Mit aufgeregten Kopfbewegungen gaben sie den Mädchen zu verstehen, ihnen zu folgen. Flora und Paula schauten sich kurz an, zögerten jedoch keine Sekunde, dieser Aufforderung nachzukommen.


Die Eulen führten sie in Richtung des Klosters, bis sie schließlich am Waldrand in einer großen Tanne Platz nahmen. Mit den Flügeln deuteten sie zu dem alten Gemäuer und Flora sah sofort, was sie ihnen zeigen wollten. Denn jetzt hielt der Mann dort seinen Zollstock an die Wand, ganz in der Nähe des Türmchens, dem Geheimzugang nach Federland! Nun fuhr er auch noch mit der Hand nachdenklich über die mit Moos bewachsenen Steine und schaute durch das kleine Fenster ins Innere des Türmchens. Was hatte das alles zu bedeuten? Flora und Paula standen da wie erstarrt. Würde er jetzt vielleicht sogar reingehen und weitere Nachforschungen anstellen? Doch da wandte er sich plötzlich ab und lief mit großen Schritten zum Eingangstor des Klosters. Kaum war er dahinter verschwunden, hasteten Flora und Paula ihm nach. Sie drückten sich ganz eng an das dunkle Holz der zweiflügeligen Tür, damit er sie nicht sah, falls er sich umdrehte. Doch da trat Frau Schnabel in den Innenhof und lächelte dem Mann freundlich zu. Er hob nur kurz die Hand, eilte weiter und verschwand in der Bibliothek. Klirrend fiel das alte Eisenscharnier der Tür hinter ihm ins Schloss.

Die Mädchen traten aus dem Schatten und liefen zu Frau Schnabel.

»Wie schön, euch zu sehen«, begrüßte die Falknerin sie erfreut. »Ich habe mich schon gefragt, wann ihr mal wieder kommt. Hat euch die Goldammer geschickt? Oder die Herrscherinnen selbst?«

»Weder noch«, erwiderte Flora. »Wir sind einem Mann gefolgt, der uns auf der Lichtung begegnet ist.«

»Und uns mit Goldwing und Hupsi beobachtet hat«, fügte Paula hinzu. »Beinahe hätte er uns beim Verwandeln erwischt.«

»Dann hat er an dem Turm mit einem Meterstab rumgemessen. Und hier am Kloster auch!«, ergriff Flora nun wieder das Wort. »Bevor er jetzt gerade in der Bibliothek verschwunden ist.«

»Der Mann eben?«, fragte Frau Schnabel. »Das war Herr Grimlich, ein Mitarbeiter der archäologischen Abteilung der Universität. Er schreibt dort irgendeine Arbeit über die Architektur mittelalterlicher Klöster. Also wie man damals gebaut hat. Besonders, wie das Leben Einfluss auf die Bauweise genommen hat.« Als sie in die fragenden Gesichter der Mädchen blickte, schmunzelte sie. »Oder so ähnlich«, meinte sie dann. »Ganz genau habe ich es auch nicht verstanden. Er ist auf jeden Fall vor ein paar Tagen aufgetaucht und seitdem schaut er sich hier jeden Winkel an. Die meiste Zeit verbringt er allerdings in der Bibliothek. Er meint, in den alten Büchern verbergen sich wahre Schätze an Wissen.«

»Bei uns hat er sich nach den Eulen erkundigt«, erzählte Flora. »Ob sie häufiger auf der Lichtung sind, ob sie einfach so zu uns geflogen sind … Finden Sie das nicht komisch? Vielleicht führt er irgendwas im Schilde?«

Frau Schnabel zuckte mit den Schultern. »Mich hat er auch zu Eulen befragt. Die Eulendarstellungen hier im Kloster scheinen ihn besonders zu interessieren. Jede einzelne, die ihm begegnet, zeichnet er in die Baupläne, die er immer mit sich herumträgt. Aber das macht ihn ja nicht gleich verdächtig. Herr Grimlich begeistert sich eben für alte Steine und wie das Leben in einem Kloster früher war. Und wenn man sich immer so mit der Vergangenheit beschäftigt, wird man vielleicht ein bisschen seltsam.«

Flora schaute Frau Schnabel nachdenklich an, doch da tauchten plötzlich zwei Eulen auf. Eine große weiße Schneeeule mit dunklen Tupfen und ein Brillenkauz mit schwarzen Ringen um die Augen. Nordis und Klaro! Jetzt ließen auch Goldwing und Hupsi, die sich etwas abseits niedergelassen hatten, nicht länger auf sich warten. Zu viert zogen sie nun ihre Kreise, wobei Nordis und Klaro immer wieder die Nähe der Falknerin suchten. Flora kam erneut das Wort »Eulenflüsterin« in den Sinn. Das hatte sie schon häufiger gedacht, wenn die Eulen so um Frau Schnabel herumgeflattert waren. Die junge Frau mit den halblangen blonden Haaren und den braunen Augen lebte wirklich für ihre Vögel. Für die ganz normalen Eulen, um die sie sich hier im Kloster kümmerte, und für die beiden Zaubereulen. In beeindruckenden Flugshows zeigte sie Besuchern die Künste ihrer Lieblinge. Und wenn niemand da war, wie jetzt, durften sie auch einfach so zwischen den alten Mauern herumflattern.


Flora freute sich, Nordis und Klaro zu sehen. Nun fehlte nur noch ihr Freund Jona mit seiner Zaubereule Securo, dann wären die Federländer komplett.

»Wollt ihr nicht rübergehen?«, fragte Frau Schnabel und nickte in Richtung des Schuppens bei den Volieren. »Dort könnt ihr euch in Ruhe unterhalten.« Plötzlich fröstelte sie und knöpfte ihre moosgrüne Jeansjacke zu. »Ganz schön kühl geworden.«

Flora wunderte sich. Die Frühsommersonne hatte doch schon richtig Kraft. Wieso war Frau Schnabel da kalt?

»Wenn ich trotz Sonne friere, dann bin ich meistens am nächsten Tag krank«, erklärte Paula.

»Na, das ist ja ermutigend«, erwiderte Frau Schnabel schmunzelnd. »Am besten mache ich mir gleich einen Erkältungstee. Wer sollte denn meine Eulen versorgen, wenn ich im Bett liege?«

»Wir!«, riefen Flora und Paula wie aus einem Mund.

»Wir würden uns richtig gut um alles kümmern!«, versicherte Flora eifrig.

»Absolut!«, bekräftigte Paula.

Frau Schnabel nickte. »Das weiß ich. Aber ihr seid für andere Aufgaben vorgesehen. Schon vergessen?«

»Wenn wir doch bloß eine hätten«, seufzte Flora. »Ich würde so gerne nach Federland.« Sie stockte kurz, weil ihr einfiel, was Paula sie vorhin gefragt hatte.

»Meinen Sie, wir dürften da auch einfach so hin? Also ohne dass wir gerufen wurden?«

Frau Schnabel zögerte kurz. »Warum nicht«, meinte sie dann. »Es ist ja euer Reich.«

In diesem Moment zog Klaro Flora vorsichtig mit dem Schnabel an der Hose. Er deutete mit dem Flügel Richtung Schuppen. Flora verstand. Er wollte jetzt auch mal was sagen. Im Gegensatz zu den anderen Zaubereulen mussten er und Nordis dazu gar nicht erst verwandelt werden. Das war eine Besonderheit der beiden, aber natürlich konnten sie trotzdem nicht mitten im Klosterhof einfach drauflosquatschen.

Also verabschiedeten sich die Mädchen und folgten den Eulen, die schon vorausgeflogen waren.

Kaum hatte Paula die Schuppentür hinter sich geschlossen, platzte Klaro heraus: »Treffen wir uns heute Nacht dann in Federland?« Gespannt blickte er in die Runde.

»Wir sind dabei, sind dabei«, trällerte Hupsi und hüpfte begeistert von einem Bein aufs andere.

»Wir auch«, bekräftigte Goldwing mit einem Blick auf Flora und Nordis nickte nur.

»Sagst du Securo und Jona Bescheid?«, fragte Flora.

»Mache ich«, versprach Goldwing und Flora sah, wie ihre Augen vor Freude leuchteten. Auch sie konnte es kaum erwarten, nach Federland zu kommen. In dieses wunderschöne Zauberreich, das die Herrscherinnen nach dem geheimen Plan der Ureule, der Vorfahrin aller Zaubereulen, für sie errichtet hatten. Damit die Federländer hier alles fanden, um Athenaria zu schützen und so ihre Aufgabe zu erfüllen. Vielleicht wartete ja doch schon bald eine auf sie?

Zaubereulen in Federland (2). Die Magie des Feuerbrunnens

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