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1989 - Zarifa - Der Anfang vom Ende

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„Wer von Euch ist der Anführer?“, herrschte der Tarmane die kleine Gruppe von Rebellen an. Er war ein kleiner, fettleibiger Mann mit strähnigen, mausgrauen Haaren und hatte vom linken Auge über die ganze Wange eine leuchtend rote Nabe laufen, sodass Rayan ihn für sich spontan „Scarface“ taufte.

Seine Leute traten dicht um ihn herum, so als wollten sie ihn schützen. Sie waren alle jung: fünf Männer und eine Frau. Sie wussten genau, dass er besonders gefährdet war, auf seinem Kopf stand ein Todesurteil.

„Keiner? Dann müsst ihr das alle büßen – ganz wie ihr wollt“, und er wollte sich schon abwenden, als Rayan sie zur Seite schob. Stolz richtete er sich zu voller Größe auf. „Ich bin das. Ich bin der Anführer dieser Gruppe“.

Der Tarmane musterte ihn: „Du halbe Portion? Na kein Wunder, dass wir Euch gefasst haben. Wurde Zeit, ihr habt ja lange genug Unsinn gemacht.“ Er lachte über seinen eigenen Witz.

Mit halber Portion meinte er wohl eher das Alter, denn Rayan war noch 15, in mehr als einem halben Jahr erst würde er 16 werden. Die Zeit in der Wildnis mit den Rebellen hatte seinen Körper noch durchtrainierter werden lassen. Die tägliche Bewegung im Freien und das viele Trainieren sorgten dafür, dass er kein Gramm Fett besaß, dafür jede Menge Muskeln. Außerdem war er gewachsen, er maß inzwischen stolze 1,82 m, und wie es aussah, würde er auch noch etwas weiter wachsen.

Nach seiner Flucht von Zarifa und vor seinem Vater hatte er wenige Tage in der Wildnis allein gelebt. Das war kein Problem für ihn, er war schon von früher Kindheit an immer draußen gewesen und wusste, worauf es ankam.

Dann hatte er die Spuren der Rebellen gefunden und sie aufgespürt. Er erinnerte sich, seinen Vater von ihnen reden gehört zu haben: Es handelte sich überwiegend um Menschen, die der Scheich aus Zarifa hatte verbannen lassen oder die freiwillig vor seiner Tyrannei geflohen waren.

Sie hatten in der höheren Bergregion von Zarifa, so weit weg, wie möglich vom Tal in dem ihr früherer Herr lebte, eine kleine Siedlung angelegt, die schwer erreichbar in einem einsamen Seitental lag. Alte, Junge und mittlerweile auch ein paar Babys gehörten zu der Gruppe, die ca. 80 Personen umfasste.

Durch kleine Räubereien besorgten sie sich die notwendigsten Dinge, die sie zum Leben brauchten und hatten sich damit eine kleine Heimat geschaffen.

Es ärgerte den Scheich maßlos, dass es ihnen so gut ging, sollten sie doch durch die Verbannung ein Einsiedlerdasein fristen und vor sich hin darben. Er hatte sie daher alle kurzerhand zu „Staats- und Stammesfeinden“ erklärt.

Als seine Krieger vor zwei Jahren eine kleine Gruppe ausfindig machten, ließ er alle hinrichten. Selbst die beiden Frauen, die mit dabei waren, wurden auf seinen Befehl hin enthauptet.

Das verbitterte die Rebellen so sehr, dass sie fortan begannen, in kleinen Truppen organisierte Angriffe auf die Männer des Herrschers durchzuführen. Immer aus dem Hinterhalt und lediglich wenn es sich um wenige Personen handelte. Es war ihnen gelungen, einzelne Krieger zu töten. Doch ihr Rachedurst war bei Weitem noch nicht gestillt.

Rayan hatte sich ihnen nicht nur angeschlossen, er war im Laufe der Zeit zu einem ihrer Anführer geworden. Er kannte seinen Vater und dessen Krieger und hatte auch sonst ein erstaunliches Insiderwissen. Was die Rebellen jubeln und die Leute seines Vaters fluchen ließ.

Natürlich ließ es sich nicht vermeiden, dass sich das Wort verbreitete, wer derjenige war, der die Rebellen auf einmal so erfolgreich machte.

In einem Wutanfall verkündete sein Vater, dass sein Sohn für ihn tot war und dass seine Krieger seinen Sohn eigenhändig aufhängen und für seinen Verrat büßen lassen sollten.

Scarface packte Rayan vorne am Hemd und holte ihn so in die Realität zurück. Er zog ihn zu sich heran. „So mein Freund, du verrätst mir nun, wo sich das Nest der Rebellen befindet.“ Voller Verachtung spukte Rayan ihm ins Gesicht.

„Das heißt wohl, dass du es mir nicht freiwillig sagst, was? – na umso besser“ – und mit einem gemeinen Grinsen im Gesicht wischte er sich den Speichel ab. Rayan schwante Fürchterliches.

Ein zweiter Mann kam hinzu und zu zweit schleiften sie ihn zu einem Holzgestell und banden ihn fest.

Als gerade die Sonne aufging, hing er mit den Armen nach oben an einem Holzbalken, der zwischen zwei schlanken Bäumen befestigt worden war. Sie banden ihm auch seine Beine an die beiden Stämme, sodass er zwar stehen konnte, aber nur breitbeinig der Dinge harren konnte, die sie mit ihm vorhatten.

Als sie ihm das Gewand vom Körper rissen, um seinen Rücken freizulegen, wusste er was kommen würde. Dann traf ihn auch schon der erste Peitschenhieb mit voller Wucht. Einer der Männer hinter ihm hatte den Schlag ausgeführt, während Scarface mit verschränkten Armen vor ihm stand und ihn grinsend ansah. Die Peitsche war aus rohem Leder, sodass sie nicht nur Striemen hinterließ, sondern die Haut verletzte.

Rayan biss sich auf die Lippe, um nicht zu schreien. Er spürte, wie das Blut begann, seinen Rücken hinunterzulaufen. Doch es gelang ihm, dass kein Laut aus seinem Mund kam.

Nach zehn Hieben hörten sie auf. Sein Peiniger trat wieder mit seinem unablässigen Grinsen an ihn heran. Diesmal hatte er einen Eimer Wasser in der Hand: „Du scheinst ja ein ganz harter Kerl zu sein, was? Na, ich hab schon andere weichgekocht.“ Und statt einer Abkühlung überschütteten sie ihn mit Salzwasser. Es brannte wie Feuer in den Wunden auf seinem Rücken und Rayan wurde schlecht vor Schmerzen. Doch er erlaubte sich noch nicht einmal ein Stöhnen. Sein Stolz ließ es nicht zu, dem Gegner den Triumph zu geben, seine Pein auszukosten. Er spürte den Hass heiß in sich brennen und wäre er frei gewesen, hätte er in diesem Moment nicht gezögert, den Mann zu töten. Doch die Fesseln hielten ihn an seinem Platz und so konnte er nichts tun, als Scarface wütend anzustarren.

Inzwischen kam die Sonne am Horizont hoch und erleuchtete die grausige Szenerie, als wollte auch sie Rayan verhöhnen.

„So mein Freund, nun hast du zwei Stunden Zeit über das Rebellenversteck nachzudenken, danach machen wir weiter.“

RAYAN - Die Serie (Teil 1 - 4)

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