Читать книгу "Und ich lebe noch!!° - Ines Vasku - Страница 11

Mobbing

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Wie soeben erwähnt gab es viele Kinder, denen es Spaß machte, mich zu quälen, doch drei von Ihnen waren besonders eifrig bei der Sache. Ich will natürlich keine Namen nennen, also lassen wir sie einfach unter den Aliasnamen Tick, Trick und Track durchgehen.

Tick zum Beispiel, dürfte mein Erscheinungsbild nicht gut genug gewesen sein und meinen Namen hat er von Ines in Behindi-Kindi umgewandelt. Oh was für ein Treffer, er dürfte wohl in Deutsch inhaltlich nicht benotet worden sein.

Trick wiederrum wollte, dass ich nicht einmal in ihre Nähe komme, denn es reichte schon aus, dass ich an ihr vorbeiging und sie mir drohte, dass sie mir alle Knochen brechen würde.

Doch der schlimmste Typ von allen war immer noch Track. Er schien sich zu seiner Aufgabe gemacht zu haben, mich so oft wie möglich zu quälen. Beleidigungen über mich und mein Lachen waren an der Tagesordnung. Er rutschte mir immer wieder, während ich irgendwo langging, mit Anlauf zwischen meine Beine, um mich zum Stolpern zu bringen. Körperliche Attacken waren bei ihm normal. Da er aber allgemein verhaltensauffällig war und eines Tages eine gefüllte zwei Liter Falsche vom zweiten Stock hinunter schmiss und beinahe eine Lehrerin erschlagen hätte, wurde er nach einem Jahr von der Schule verwiesen.

Oft war es auch so, dass meine Schwester Attacken von Mitschülern einstecken musste, ihr wurde dann gesagt: "Wenn wir die Behinderte nicht schlagen dürfen, dann kriegst du es eben ab“. Heute ist mir bewusst, dass diese Gehässigkeiten, die sie wegen mir einstecken musste, ein Grund ist, warum mein Verhältnis zu ihr so schlecht geworden ist, denn das war früher ganz anders.

Und Hilfe war in der Schule nicht zu bekommen, denn die Direktorin war der Meinung, dass wir uns das selbst ausmachen müssen.

Mir fallen zuhauf Geschichten ein, in welche sich über mein Äußeres, meinen Charakter oder einfach nur über meine bloße Existenz lustig gemacht wurde.

Ich konnte durch meine schiefe Haltung immer nur gekrümmt sitzen, das war auch der Grund, warum mir meine Kleidung sehr oft verrutscht ist. Frau Grünberger hat in diesem Fall immer gewitzelt, dass sie mir Unterhemden schenken würde, damit mir nicht alles aushängt und weil ich ja auch so oft krank war.

(Frau G. wenn Sie das lesen, ich warte noch immer auf das Unterhemd)

Für andere Menschen war das Verrutschen meiner Kleidung wieder Anlass genug, um mich zu verspotten und mich fertig zu machen. Wenn ich ging, konnte ich auch nur in gekrümmter Haltung gehen und so rutschte meine Hose auch immer wieder. Sie war weder zu klein noch zu groß - es war einfach meine Haltung.

Komischerweise musste ich feststellen, dass ich ein heimlicher Trendsetter war, denn bei manch beleibten Mädels war es die Körperfülle, die deren Hose runter drückte. Aber da war es natürlich cool und hip.

Auch ein anderes Erlebnis blieb mir nur zu gut in Erinnerung.

Auch meine Schwester war in der Hauptschulzeit immer wieder krank, da sie eine starke Migräne entwickelte, die sie oft ins Bett fesselte. Klarerweise hatte auch sie dadurch einige Fehlstunden vorzuweisen.

Als dann einmal ein Lehrer das Klassenbuch versehentlich liegen ließ und es einer der Mitschüler zwischen die Finger bekam, machte sich die gesamte Klasse einen Spaß draus, alle unsere Fehlstunden zusammenzurechnen und das Ergebnis groß auf die Tafel zu schreiben.

Natürlich konnte sich jeder ausmalen, dass es viele Stunden waren - immerhin musste man bei mir nur von Krankheit reden, schon war ich ans Bett gebunden - aber es war einfach die Tat an sich. Dass wir beide von der gesamten Klasse so vorgeführt wurden, war beschämend, erniedrigend und sehr verletzend. Es war so klassisch - alle gegen einen, in diesem Fall alle gegen uns.

Zusammenfassend muss ich leider sagen, dass die Hauptschulzeit eine sehr harte Zeit für mich war. Diese Zeit trägt für mich maßgeblich Mitschuld an meiner Depression. Die schlechten Erfahrungen und Quälereien sind tief in mir verankert. Vor allem die schlimme Tatsache, dass nicht nur die Schüler sondern auch die Lehrer so häufig ihre Ablehnung mir gegenüber so offen zur Schau gestellt haben.

Neben meiner tollen Deutschlehrerin gab es nur wenige Menschen, die mich nett und/oder freundlich behandelten.

Nachdem ich die Hauptschule abgeschlossen hatte, dachte ich, es könnte nur besser werden.

Doch weil ich keine Arbeitsstelle fand, beschloss ich, ein weiteres, freiwilliges Schuljahr im Polytechnikum anzuhängen. Dazu wechselte ich wieder zurück in meine alte Schule, in der ich auch schon die Volksschule besucht hatte.

Irgendwie hatte ich angenommen, dass es dort besser sein würde, vor allem, weil ich hier wieder auf meine ehemalige Freundin traf, Theresa. Doch sie hatte sich ins komplette Gegenteil gewandelt. Ihre neue Clique gehört der Sorte Menschen an, die sich einen Spaß daraus machten, mich zu quälen und zu schinden. Das Schlimmste daran war aber, dass sie mitzog.

Die Lehrer behandelten mich weder besonders rücksichtsvoll, noch abweisend. Man könnte fast sagen, wie ein normales Mädchen. Die Erlebnisse, die ich aber mit Mitschülerinnen und Mitschülern hatte, waren jedoch genauso deprimierend wie in der Hauptschulzeit. So kann ich mich an Vorfälle im Kochunterricht erinnern, die ich nicht vergessen werde. In dieser Zeit fiel mir das lange Stehen und auch das Gehen immer schwerer und aus diesem Grund konnte ich nicht mehr so gut mithelfen, weil ich mich immer wieder setzen musste. Meine Klassenkollegen fanden das anscheinend unfair, dass ich dann anschließend auch noch mitessen durfte und es passierte sehr oft, dass mir in den Salat gespuckt wurde - auch von meiner ehemals so guten Freundin. Intelligenter weise haben meine netten Mitmenschen das aber so offensichtlich gemacht, dass ich es sogar meist gesehen habe. Eigentlich war ich damals schon sehr prominent, denn das große Zielobjekt für Anfeindungen und Gehässigkeiten blieb ich das ganze Schuljahr über.

Aufgrund meiner schwindenden Gehfähigkeiten bekam ich einen Zentralschlüssel der Schule, mit dem ich auch den Lift benutzen konnte. Genau diesen Schlüssel stahlen mir damals ein paar meiner Quälgeister und plünderten den Vorratsschrank des Schulwartes, der diverse Süßigkeiten beinhaltete. Natürlich wurde versucht mir die ganze Aktion in die Schuhe zu schieben. Ehrlich gesagt frage ich mich heute noch, wie sie dachten, mich dafür verantwortlich machen zu können. Haben diese Genies angenommen, sie könnten unseren Lehrkörpern klar machen, dass ich, Ines Vasku, einen Superman-Anzug unter meinen bürgerlichen Klamotten trage?? Den hätte ich dann ja wohl des Öfteren zum Einsatz gebracht...

Trotz aller Witzelei über das Thema, hatte ich zu dieser Zeit große Angst, die wahren Täter zu verpfeifen. Denn die Rache, das wusste ich, würde folgen. Schließlich vertraute ich mich meiner Mutter an, die die Sache in die Hand nahm und den Direktor informierte. Nachdem der Schulwart ebenfalls Bescheid wusste, wurden die Diebe zwar zur Rede gestellt, aber die Konsequenzen waren für sie nicht besonders großartig.

Ein paar Tage danach hatte ich den Schlüssel unabsichtlich beim Händewaschen liegen gelassen und eine der Drahtzieherinnen des Supercoups kam mir dreist hinterher. Sie übergab mir den Schlüssel und meinte, ich sei selbst schuld daran, wenn damit Unfug getrieben werde.

Zu meinem Glück war die Rache nicht so hart wie ich angenommen hatte und ich musste mich nur den üblichen Standardquälereien stellen.

Obwohl der Besitz des Zentralschlüssels teils eine sehr schwere Bürde war, hatte er auch großartige Vorteile. So konnte ich mich zum Beispiel in Freistunden, wenn andere Turnen mussten, in den Klassen austoben. Da stand zwar nicht unbedingt Tango tanzen für mich am Programm, aber ich konnte im Musikzimmer leise auf dem Schlagzeug trommeln. Wahrscheinlich war ich zu leise - entdeckt hat mich nämlich nie jemand, obwohl ich mich ziemlich gut fand. Übrigens war schon damals Phil Collins mein großes Idol, er war ja ursprünglich auch Drummer, bevor er sich zum Sänger entwickelte. Vielleich sollte ich auch singen.

So ging auch diese Zeit vorüber und hinterließ ebenfalls tiefe Spuren in mir. Es löst immer wieder eine tiefe Traurigkeit in mir aus, wenn ich an das Verhalten ehemaliger Volksschulkolleginnen zurückdenke, die sich so negativ entwickelten, obwohl wir früher eine relativ gute Zeit miteinander verbracht haben.

Heute kann ich sagen, dass ich viele Ereignisse aus dieser Zeit ausgeblendet habe, wohl auch deshalb, weil sich zeitgleich meine Depression schleichend bemerkbar machte.



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