Читать книгу Studenten haben gefragt - Zeitzeugin erzählt - Ingeborg Schob - Страница 7
Kapitel 05 Die Lebensmittel werden knapp
ОглавлениеEs war besonders schön, wenn sich die Familie gemeinsam um den Tisch zum Essen versammelte. Die Lebensmittelknappheit machte uns aber bereits zu schaffen. Oft gab es nicht besonders viel zu essen. Eines Mittags teilte unsere Mutter heiße Würstchen aus. Jeder von uns bekam eines davon auf seinen Teller gelegt, und alle warteten geduldig mit dem Essen, bis sich Mutter auch an den Tisch gesetzt hatte. Nur Angela hatte solch einen großen Hunger, dass sie sofort ihr Würstchen in die Hand nahm und es ganz schnell verputzte. Als Mutter endlich saß und alle anfingen zu essen, war ihr Teller bereits leer, und sie fragte ganz empört:,,Gibt es denn heute nichts als gar-nix auf den Tisch?" Alle lachten und Vater meinte nur: ,,Das hast du nun davon, wenn du nicht warten kannst!" Zum Nachtisch gab es, Gott sei Dank, noch einen von Muttis berühmten Puddingen zu essen, so dass Angela am Ende doch zufrieden war. Nur ich aß nicht gerne Pudding. Oft tauschte ich mit Vater meinen Nachtisch gegen handfestes Essen.Wir halfen bei der Versorgung der Familie mit Nahrungsmitteln mit. So passten wir zum Beispiel auf, wann das kleine Fischgeschäft bei uns gegenüber am späten Nachmittag frische Waren bekam. Dazu mussten die Jungs oben am Fenster Wache halten, bis dort frischer Granat und Räucherfisch angeliefert wurde. Sie sausten dann wie der Blitz nach unten und kauften für uns genügend davon ein, denn zum Glück brauchte man zu diesem Zeitpunkt dafür außer Geld, noch keine Lebensmittelkarten. Wir alle aßen gerne Räucherfisch und Granat und konnten uns wenigstens am Abend satt essen. Trotz immer wieder unvorhergesehenen Fliegeralarms gab es für uns Kinder immer noch genug Abwechslung.Zu unserer großen Freude bekamen wir alle, wie jedes Jahr zu Weihnachten, von unserem Großvater Jahreskarten für die Tiergrotten und das Marienbad geschenkt. Fast täglich gingen wir schwimmen oder besuchten die Tiergrotten. Immer noch war das Aquarium besonders interessant, weil wir die täglichen Veränderungen in den einzelnen Becken sehr genau studieren konnten. Leider wurde der gesamte Hafenbereich wegen der bedrohlicher werdenden Kriegsereignisse 1943 völlig gesperrt. Das schränkte unsere Bewegungsfreiheit stark ein, und unsere Tiergrotten-Besuche waren damit nicht mehr möglich. Wir bedauerten diese Entwicklung sehr und verfluchten den Krieg, durch den wir so viele Schwierigkeiten und Enttäuschungen hatten.