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Bald war Ostern und das war überall zu spüren. Im Einkaufszentrum hatte man eine große Osterhexe am Dach aufgehängt. Sie saß auf einem Besen und ganz vorn auf dem Stiel stand eine wuschelige kohlrabenschwarze Katze. Überall in den Schaufenstern hingen Federn und angemalte Eier.

Früher waren Lollo und sie am Gründonnerstag als Osterhexen herumgegangen. Damit hatten sie vor ein paar Jahren aufgehört, das war nur etwas für kleine Kinder. Aber es war richtig toll gewesen. Man verkleidete sich mit langem Rock, großem Schal, malte sich die Wangen rot und dann ging man mit Osterbriefen in einem Korb von Tür zu Tür. Die meisten freuten sich und legten Geld oder Süßigkeiten in den Korb.

Mindestens ebenso viel Spaß wie herumzugehen und an den Türen zu klingeln machte es, die Osterbriefe zu basteln. Lollo und sie hatten immer Wert darauf gelegt, richtig schöne Briefe zu machen, damit die Leute sich nicht angeschmiert fühlten. Aber es gab andere, die nur irgendetwas aufs Papier kritzelten und das dann einen Osterbrief nannten.

Sibban hoffte fast, sie würde Mama und Mattias treffen, aber die waren offenbar schon wieder gegangen.

Sie hatte noch zwölf Kronen, also ging sie in den Tabakladen und suchte sich einige Süßigkeiten aus. Für zwölf Kronen bekam man ja nicht besonders viel. Sie entschied sich für Salzlakritz und Schaumbärchen. Die rochen so gut. Und es gab so viel anzuschauen. Süßigkeiten, Haargummis, Spielzeug, Zeitschriften und schöne Karten.

Es standen einige vor ihr in der Schlange. Sie kauften Zigaretten. Sie kannte sie, sie gingen in die Siebte und die Achte. Auf dem Tresen lagen alle möglichen kleinen Sachen, Radiergummi, Stifte, Maskottchen und so. Während sie wartete, dass sie an der Reihe war, fiel ihr Blick auf einen Schlüsselring in Form eines Silberpferds. Er kostete dreißig Kronen. Sie nahm ihn in die Hand, er war schwer und glänzte. Vermutlich war es ein Araber. Es gab einen Araber im Reitstall, eine Stute namens Lyzette. Sie war Privatbesitz.

Wenn man ein Pferd kauft, dann müsste das ein Araber sein, sagte Lollo immer, und sie zeichnete auf alles, auf das man zeichnen konnte, einen Pferdekopf. Schlank, gebeugter Hals, gewölbte Augenlider mit dichten Wimpern. Wilde, wogende Mähne.

Plötzlich war Sibban an der Reihe. Der Mann hinter dem Tresen hieß Yasar. Ihm und seiner Familie gehörte das Geschäft. Er nahm ihre kleine Bonbontüte entgegen, wog sie, sie kostete genau zwölf Kronen.

»Du hast aber ein gutes Augenmaß!«, sagte Yasar. Er war nett. Einmal hatte er ihr einen zerbrochenen Lolly geschenkt, den man nicht mehr verkaufen konnte.

Er gab ihr die Tüte.

»Möchtest du sonst noch etwas?«, fragte er und schaute sie mit seinen braunen, glänzenden Augen an.

»Nein!«, rief sie schnell und ging hinaus, und die Tür läutete wie immer und in ihrer Tasche lag das kleine Silberpferd.

Als sie nach Hause kam, suchte sie eine Schachtel heraus und dann packte sie das Pferd ein. Mama bewahrte immer das schönste Papier auf, wenn sie Geschenke bekamen, sie bügelte es mit dem Bügeleisen wieder glatt. Man konnte kaum sehen, dass es schon einmal benutzt war. Sie hatte einen richtigen Vorrat an schönem Papier in ihrer Garderobe.

Erst hatte Sibban das Pferd in ein Osterei legen wollen. Aber dann hätte sie noch mehrere Tage warten müssen, bevor sie es verschenken konnte. Und sie wollte das so schnell wie möglich machen. Noch heute Abend wollte sie das kleine Silberpferd überreichen.

Es gab Rübenmus und Fleischwurst zum Abendessen. Das schmeckte gar nicht so schlecht, zumindest, wenn man viel Senf zur Wurst nahm. Aber eigentlich hatte sie gar keinen Hunger.

Mattias matschte im Rübenmus herum. Er hatte das Mus schon im ganzen Gesicht. Fast verging ihr der Appetit völlig.

Sibban trug ihren Teller hinaus.

»Ich gehe noch mal fort!«

»Habt ihr eigentlich keine Hausaufgaben?«, fragte Papa. »Ich habe das Gefühl, dass ihr nie Hausaufgaben habt. Als ich in die Sechste ging ...«

»Nee, sind ja bald Osterferien«, unterbrach sie ihn.

Eigentlich sollten sie einige Matheaufgaben rechnen. Das würde sie später machen. Wenn sie nach Hause kam. Wenn es denn unbedingt sein musste.

Sie schob das Päckchen in die Tasche und fuhr zu Lollos großer Villa. Lollos Eltern waren reich. Herzspezialisten, das waren natürlich wichtige Personen, da das Herz ja so wichtig war. Wenn das Herz nicht mehr schlug, dann starb man. Deshalb war es nur gut, wenn die Herzärzte viel verdienten.

Vielleicht sollte sie auch Herzspezialistin werden, wenn sie erwachsen war. Dann könnte sie sich so viele Pferde kaufen, wie sie nur wollte. Aber schöner wäre es schon als Tierärztin oder Kioskbesitzerin.

Sie bog in die Einfahrt ein. Das Grundstück wirkte verlassen. Kein Auto stand vor der Garage. Aber hinten an der Regenrinne entdeckte sie Lollos rotes Fahrrad.

Sie klingelte und hörte das Signal im Flur summen, sich weiter in den ersten Stock fortpflanzen, bis in Lollos Zimmer.

Es war so gemütlich unter der Dachschräge. Über dem Bett hingen Fotos der verschiedenen Pferderassen. Das Falabella fanden sie am niedlichsten. Das Falabella, das kleinste Pferd der Welt. Es war kleiner als siebzig Zentimeter Schulterhöhe. Man konnte es sogar im Haus halten, so ähnlich wie einen Hund.

Lollos Eltern waren so reich, dass sie Lollo problemlos ein eigenes Pferd kaufen könnten. Trotzdem taten sie es nicht.

»Alles hat seine Grenzen«, wie Lollos Mutter immer sagte. »Wenn Kinder sich daran gewöhnen, alles zu kriegen, worauf sie nur zeigen, dann wissen sie das Einfache im Leben nicht mehr zu schätzen.«

Aber wenn es nun nur eine einzige Sache war, auf die man zeigte? Ein einziges kleines Pferd?

Sie schellte mehrere Male. Niemand öffnete.

Sie trat ein paar Schritte zurück und schaute zum Fenster hinauf. Plötzlich schien es ihr, als würde sich da oben hinter den Gardinen in Lollos Zimmer etwas bewegen. Sie klingelte noch einmal, aber immer noch waren keine Schritte auf der Treppe zu hören. Nein, sie musste sich geirrt haben.

Niemand war zu Hause. Sie wartete eine Weile, lief im Garten herum. Da gab es eine ganze Menge Blumen, die schon herausgekommen waren, und sie dachte daran, dass bald Sommerferien sein würden.

Merkwürdigerweise freute sie sich gar nicht, als sie daran dachte.

Schließlich schwang sie sich auf ihr Fahrrad und fuhr auf dem Kies herum. Sie fuhr in Kreisen und Achten. Niemand kam. Weder die Mutter, der Vater noch Lollo. Waren sie zusammen fortgefahren? Hatte Lollo gesagt, dass sie mit ihren Eltern in die Stadt wollte oder so?

Ja. So musste es sein. Deshalb hatte sie sich wohl auch so beeilen müssen.

Der Pfirsichkern

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