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Drei Jahre zuvor

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„Ailly, der Sohn des Herzogs erwartet Euch, eilt Euch, zieht das neue Kleid an.“

Die dickliche Kammerzofe wirbelte wie von der Tarantel gestochen in dem weitläufigen Raum herum, bemüht, sämtliche Kleidungsstücke für die Prinzessin zusammenzusuchen. Ailly hatte sich, wie schon oft, in ihrem Ankleidezimmer eingeschlossen und zupfte unmotiviert an den Saiten ihrer Laute herum. Sie wollte den Sohn des Herzogs nicht kennenlernen, genauso, wie sie auch kein Interesse an den fünf Fürstensöhnen gehabt hatte, die diesem vorausgegangen waren. Wenn sie ehrlich war, hatte sie auch keine Lust, ihr neues Kleid anzuziehen. Sie machte sich wenig aus kratzigem Stoff und dem Gefühl, ständig angestarrt zu werden, weil jeder sie sofort als Angehörige des Hofes wiedererkannte. Die Zofe hämmerte empört mit geballten Fäusten an die Tür und wollte Ailly durch ihr Gezeter dazu bewegen, endlich den Raum zu verlassen und sich ankleiden zu lassen. Doch die junge Prinzessin dachte nicht einmal daran, sich von ihrem Lieblingsplatz fortzubewegen. Plötzlich flogen kleine Steinchen durch das offene Fenster und landeten mit einem leisen Poltern vor den Füßen der jungen Frau. Ailly eilte zu dem Gitter, das sie von der Außenwelt trennte und blickte in den Burghof hinab. Lächelnd stand er unter ihrem Fenster.

„Ihr versteht Euch immer besser auf das Musizieren, holde Maid“, rief der gerüstete Mann zu dem Fenster hoch, während er in gespielter Höflichkeit den Blick zu Boden wandte. Ailly grinste und legte den Zeigefinger auf ihre Lippen. Weder ihre Eltern noch ihre Zofe durfte etwas davon bemerken, dass Ailly aus einem ganz bestimmten Grund nicht an den Fürstensöhnen dieses Landes interessiert war. Dieser Grund hieß Leijon, stand in seiner schönsten Rüstung unter ihrem Fenster und war einer der berittenen Bogenschützen des Königreichs ihrer Eltern.

Ailly schlüpfte in ein Kleid aus moosgrüner Wolle und kämmte sich mit den Fingern das Haar. Sie öffnete die verschlossene Tür, was zur Folge hatte, dass die zeternde Zofe beinahe kopfüber in den Ankleideraum gepurzelt wäre.

„Sagt dem Sohn des Herzogs, dass er sich gedulden soll. Die Prinzessin ist gerade unpässlich und natürlich untröstlich.“

Sie wandte sich nicht mehr um, doch Ailly konnte sich den verzweifelten Blick ihrer Kammerzofe nur zu gut vorstellen, als sie mit wehendem Kleid nach draußen lief. Ailly nahm immer zwei Stufen auf einmal, als sie die Wendeltreppe zum Burghof hinabstürmte. Im Laufschritt bewegte sie sich zu den Ställen und hielt dabei Ausschau nach potenziellen Beobachtern. Sie konnte an diesem Morgen niemanden entdecken. Da Leijon nicht mehr unter dem Fenster stand, ging Ailly davon aus, dass er sich bereits an ihrem gewohnten Treffpunkt befand.

Der warme Geruch zahlreicher Pferde schlug Ailly entgegen, als sie die Tür zu den Ställen öffnete und in den dunklen Raum stürmte. Ganz am Ende des Raumes stand Leijon und hatte ihr den Rücken zugewandt. Sie rannte auf ihn zu und umarmte ihn so stürmisch, dass sie beide im Stroh landeten. Bevor der Elf in der glänzenden Rüstung protestieren konnte, verschloss Ailly seine Lippen mit einem zärtlichen Kuss. Strohhalme pieksten die Prinzessin in die nackten Beine und Leijons Rüstung fühlte sich hart und kalt an. Doch als sie mit geschickten Fingern die Riemen seines Brustharnischs zu öffnen begann, fühlte sich Ailly so frei, wie bei jedem ihrer vorhergegangenen Treffen.

Minne

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