Читать книгу Kopfsalat mit Herz gemischt - Ingrid Rathje-Kohn - Страница 6
ОглавлениеHeimat/Natur
Ein Zuhause
Altbau-Charme
hat das Gemäuer
wenn es Denkmalschutz genießt,
Schiefe Mauern, kleine Fenster
Mörtel aus den Ritzen fließt.
Reetgedeckt das Oberstübchen
durch die Türen pfeift der Wind,
feuchte Wände in den Räumen
wo wir aufgewachsen sind.
Badezimmer nicht vorhanden,
Wasser weitab in dem Ort.
Eimer über Eimer schleppen,
Wasser sparen immerfort.
Doch wenn Regen peitscht die Häuser,
dringt das Wasser durch die Wand,
rieselt von den nackten Wänden,
denn Tapete - hält nicht Stand.
Doch an kalten Wintertagen
Wand hat eine Eis-Tapete,
Fliegen könnten Schlittschuh laufen,
wenn der Winter Fliegen hätte.
Eingewickelt in der Decke
vom Kommis für "was weiß ich?"
Heißer Ziegel an den Füßen,
macht der Kälte einen Strich.
Doch wir hatten ein Zuhause
mit Geborgenheit und Pflicht,
denn die Mutter mit drei Kindern
schafft alleine es doch nicht,
waren klein auch unsre Stuben,
hatten wir ein trautes Heim,
und wir hatten niemals Zweifel:
Mutter lässt uns nie allein!!
11.11.2021
Buum-Dörp
"Moin," seggt de Buur, kümmt he in´t Dörp,
will sehn, watt sünst noch dor all löppt,
hett siene Holten Tüffel an,
maal kieken, ob he annern dröppt.
De Köh sünd molken und to Wiesch, -
een Klöönsnack, dorop hett he Lust -
bit Tied vor Fröhstück lütten is
mit Stükker Brot und beten Wust.
Na Lieschen, mußt nich in de Köök?
Ooch, - hest bi Minna Kaffee holt?
Lötts schrieben in dat schwatte Book,
und denn an eersten wart betalt.
So is dat hier, joo, so is dat,
wi sünd op Dörp, wi kennt uns all, -
segg Lieschen, segg mal to, mien Deern,
wat sünd blots diene Been so drall.
"Du-u Schmuster-Kirl, du Sabbel-Muul,
hool diene Grabben blots bi di,
ja, grien du man, ik kenn di goot,
denkst, bi de Kööksch, dor geihst du fri.
Ik wohr mi goot, giff di en Näs,
door löppt denn anners wat maal rut,
hest nich wat öörntlich to vertelln,
denn hool een annermaal dien Schnut."
"Ooch Lieschen, Mensch, du kennst mi doch,
ik schnack doch man een beten lax,
mach geern lütt beten Spaaß vertelln,
und denk mi dorbi gaar-keen klaks."
"Denn is man goot, doch mark di dat,
een Kööksch jongleert mit groote Pött,
und will eer eener an de Schört,
hett he dorachter stuufte Nöt."
6.10.2021
Bin kein Tourist
Der Kreml, wuchtig, wichtig, mächtig,
erhaben und so äußerst prächtig,
beherbergt, was Bedeutung will,
verlangt vom Volke: "Halte still!"
Wer da mal sitzt, bleibt gerne sitzen,
und lässt gemeines Volk mal schwitzen.
Den Kreml hätt ich gern gesehn,
doch bin ich da noch nie gewesen,
mit Bildern und der Bücher Welt,
da spart man furchtbar viele Spesen.
Doch Kopenhagen und Paris,
und Innsbruck konnte ich mal fassen,
und Hamburg und Berlin zu sehn,
das konnte ich ja auch nicht lassen.
Dafür den Heimatort umschwirrt,
mit allem, was gebaut und wächst,
mit Hügellandschaft, Eiszeitmähr,
und mit den Meeren links und rechts.
Vermiss auch nicht die weite Welt,
mein Leben immer war zu Haus,
und ist es noch und bleibt auch so,
mich zieht´s nicht in die Welt hinaus.
27.2.2021
Kein Tourist
Brauch keine Palmen, kein Mittelmeer,
ich hab das Noor, das lieb ich sehr,
hab auch den Eimersee zum Glück,
hab ihn beknipst, so Stück für Stück,
und hab den Hafen und die Bucht,
mein Eckernförde ist ne Wucht.
17.6.2020
Oosten Wind
De Oostenwind speelt mit de Wellen,
he jaagt se wiet hen öbern Strand,
dat bruust, as will he uns verteilen:
passt op, ik kaam glieks hoch an Land.
Treckt ju de Mütz bit naa de Oogen,
dat Water löppt al grad dor rut,
und stickt de Näs rin in den Kragen,
und holt eenmal de lüttje Snut.
Nu puust de Wind di üm de Backen,
twee Paar hest du, nu markst du dat,
dat eene Paar brukst du biet snacken,
dat anner Paar, door sittst du op.
18.2.2021
Windspielerei
Grade eben war noch Sonne,
doch es kommt was von der See,
Wolken ziehen übern Himmel,
an den Enden Schleierfee,
denn da oben weht der Wind
und franst die Wolkenenden aus,
Wolken mögen keinen Wind
und sie ziehen schnell nach Haus.
Unterwegs fällt mal was runter,
und am Boden wird es bunt,
Regenschirme wachsen munter,
rot und grün und gelb und rund.
Unten drunter gehen Leute,
sehen dieses Treiben nicht,
achten nur den Weg zur Arbeit,
hätten lieber freie Sicht.
18.6.2020
Kieselsteine
Der Fels ist Teil der Grundnatur,
steht doch so lang es geht auch nur,
denn Stürme, Frost und Regenschauer,
sind in Natur die Neuerbauer.
Die Erde hat es stets vollbracht,
daß sie aus Felsen Staub gemacht.
Doch erst zerkleinert wird der Berg,
so Stück um Stück rollt er ins Tal,
es scheppert und es klappert arg,
zerbricht auf´s neu ein jedes mal.
Es rollen Steine schwer und groß,
hinab bis an des Berges Schoß.
Dort nimmt sie auf das kühle Nass,
der Bach hat seinen großen Spaß,
er rollt die Steine groß und schwer
im Purzel-Reigen kreuz und quer,
und schleift die Kanten glatt und rund
zu Kieselsteinen klein und bunt.
Du Kieselstein in meiner Hand,
was hast du unterwegs gesehn,
was weißt du noch von jener Zeit,
als du noch warst auf Bergeshöhn.
Was hat die Zeit mit dir gemacht?
Hat abgeschliffen, was da stört -
die Zeit macht alles glatt und rund,
was längst vorbei, kaum noch berührt.
1.3.2021
Urzeit-Weide
Viele Trauerweiden wachsen
groß und klein, von Leben voll,
kürzt du bis zum Grund die Zweige,
sprießt es weiter, grün und toll.
Übers Jahr steht da schon wieder
Weidenbusch, so zart und dicht,
lange, biegsam dünne Zweige -
wunderbar man damit flicht.
Trauerweide, Lebensbaum,
so erschienst du mir vor Jahren,
Urzeit-alt kamst du mir vor
sitzend unter Blätterhaaren.
Wuchtig groß der dicke Stamm,
Trollarm-knorrig dick die Äste,
Krone hängend bis ins Gras,
Weiden-Höhlen-Zelt für Gäste.
Opfer ward die stolze Weide,
nichts blieb mehr von ihrer Pracht,
wo wir in der grünen Laube
frei gespielt und froh gelacht.
Wurzelwerk kann nicht mehr sprießen,
Autos brausen überall.
Statt der Wurzel: - Zufahrtswege
kreuzen sich hier ohne Zahl.
17.7.2020
Andacht
Meine Kirche war immer der Wald,
Natur durch alle Zweige mir hallt,
es segnen mich die Tannenwipfel,
wie Glocken hängen die braunen Zipfel.
Hoch oben wie rote Engel schweben
die Eichhörnchen,
zu sehen grade immer ganz eben.
Erfaßt von dem Auge -?
schon sind sie verschwunden -
wo sind sie geblieben,
ich will es erkunden.
Was ich hier auch seh,
das ist mir so nah,
ich kann es erfassen,
es ist wirklich da.
20.10.2020
Unkraut ??
In der Gartenecke, unter einer Hecke
wächst verborgen und versteckt
ein seltsam Kraut, das dich grad neckt.
Kraut, was bist du für ein Ding,
das mein Auge für mich fing.
Bist du nützlich für mein Leben,
oder sollt es dich nicht geben?
Fehl am Platze? Reiß ich´s raus?
Oder ist hier sein Zuhaus,
schlag erst nach in meinem Buch,
und ich finde, was ich such:
Brennessel und Wegerich,
Katzenminze und Kamille,
Gänseblümchen, Huflattich,
alles geht in die Destille.
Kräuter aus dem Garteneck,
erfüllen einen guten Zweck.
6.10.2020
Stilles Moor
Es lockt das Moor mit seiner Grausigkeit,
was mag da wohl in dem Verborgnen lauern,
wir halten Abstand von dem dunklen Nass,
und fühlen selig es im Geiste schauern.
Es wabern Nebelstreifen über stille Wasser,
doch lichte Sonnenstrahlen tanzen drüber hin,
wo Sonnentau geduldig wartend lauert,
da webt die Spinne emsig um den Fressgewinn.
In ihren Netzen schimmern helle Diamanten,
Gespinst gefertigt für das Festkleid einer Fee,
die schwerelos durch Nebelschwaden schreitet,
und zweifelnd sinne ich, was ich da wirklich seh.
Der Weg zurück im Geiste noch am Moor,
die hohen Tannen schützen mein Gemüt,
umnebelt noch in leichtem Geistesschauern
weil unterschwellig mir ein dunkles Märchen blüht.
2.12.2020
Krone der Schöpfung
Oh schönes Leben der Natur,
der Mensch ist Störenfried oft nur,
verpestet Luft und die Gewässer,
und denkt sich, er ist doch viel besser.
Viel Tausend Jahre ging es gut,
der Industriemensch macht´s kaputt.
28.10.2020
So Bunt
Blumenwiese, Augenweide,
staunend steh ich vor der Pracht,
und es klingt mir in den Ohren,
hör ich hin, dann brummt es sacht.
Bienen, Hummeln, Schmetterlinge,
welch ein Leben wuselt da,
viel zu selten kann man´s sehen,
darum geht es mir so nah.
30.3.2021
Der wegge Wald
Wo ist der Wald, wo ist er hin,
ich weiß jetzt gar nicht, wo ich bin,
hier standen sie, die stolzen Bäume,
ich hoffe, dass ich es nur träume.
Ich kneife mich, au - das tut weh,
es IST real, was ich hier seh -!
Den Wald, in seiner ganzen Pracht
hat man zum Zweckgespenst gemacht.
Im weggen Wald, im weggen Wald,
verwehrt ist dort der Aufenthalt,
ein Kasten steht dort, groß und breit,
vom Schornstein qualmt es hoch und weit,
es riecht nicht gut, die Augen brennen,
da kann man nicht vor Freude rennen.
Wo Vogelzwitschern sonst geschaht,
ist jetzt nur noch der Wegge Wald.
23.2.2021