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Kapitel 32 – Neuigkeiten


Nach einem anstrengenden Arbeitstag ließ ich mich erschöpft ins Bett fallen.

Anna hatte mir selbstredend einige Fehler unter die Nase gerieben. Glücklicherweise konnte sie mir damit nicht mehr dermaßen wehtun, wie noch eine Woche zuvor. Lediglich ein Gedanke an Jan – und unangenehme Emotionen verpufften. Seine Liebe wirkte wie ein Schild, welcher mich vor sämtlichen Angriffen schützte.

Meine Seele sich leicht wie eine Daune anfühlend kuschelte ich mich tief ins Kissen.

Sollte ich mein neu erstandenes Trailermusic-Album Kaleidoscope von Jo Blankenburg anhören, oder doch lieber nur an Jan denken?

Ich brauchte nicht lange darüber nachzugrübeln, denn mein Herz nahm mir die Entscheidung gerne ab.

Wie würde der Samstag verlaufen? Was würde Jan mit mir anstellen?

Jäh zog mein Magen sich krampfhaft zusammen.

Das Treffen!

Meine Eltern!

Ich musste noch meine Eltern anrufen! Ich hatte es komplett vergessen …

Dabei war heute bereits Freitag!

Die Woche war wie im Fluge vergangen – einerseits aufgrund der vielen Arbeit im Büro, andererseits aufgrund Jans und meiner ewig andauernden Telefongespräche. Jeden Tag hatten wir uns angerufen, weniger über die Arbeit denn vielmehr über unser Wochenende gesprochen. Über all die erregenden Dinge, die wir getan hatten, und ebenso viel über das Thema Hochsensibilität.

Mit wild hämmernden Herzen griff ich nach dem Handy und rief den Kontakt meiner Mutter auf.

Hoffentlich hatten sie sich nichts vorgenommen … Hoffentlich war ich nicht zu spät dran …

»Liza!« Die Stimme meiner Mutter überschlug sich regelrecht – und ich konnte mich nur mit Glück davon abhalten, einen Satz in die Luft zu machen.

Gab es Probleme? War jemand erkrankt?

Noch nie hatte Mama sich dergestalt aufgewühlt angehört.

»Ist etwas passiert?« Bleierne Sorge umwickelte mein Herz. »Geht es dir gut?«

»Nein, ja … alles bestens!«, rief sie freudetrunken aus. »Du hast ja keine Ahnung, was für gute Neuigkeiten ich habe!«

Mein Herzschlag mäßigte sich. »Gott sei Dank … Du hast mich ungemein erschreckt.«

Großartig besser fühlte ich mich dadurch dennoch nicht. Schließlich war ich eben dabei, ein Treffen auszumachen, damit meine Eltern meinen ersten Freund kennenlernten …

Meinen ersten Freund.

Dreißig Jahre alt hatte ich werden müssen.

Das war doch wahnsinnig …

»Aber ehe du mir sagst, was los ist«, fuhr ich schluckend fort »Eine schnelle Frage: Habt ihr beide am Samstag etwas vor?«

Ein Moment der Stille folgte. »Nun … es kommt ganz darauf an.« Ihr verschwörerischer Tonfall war vieles, jedoch zweifelsohne keine Hilfe, um meine auflodernde Panik zurückzudrängen.

Krampfhaft ignorierte ich ihre eigenartige Bemerkung sowie allfällige Adrenalinausstöße meinerseits. »Ich würde nämlich gerne zu euch kommen. Habt ihr Zeit? Wenn nicht, dann ist es natürlich ebenfalls kein Problem.«

Einer kurzen Galgenfrist war ich nicht abgeneigt …

Selbstverständlich wollte ich meinen Eltern Jan vorstellen. Immerhin liebte ich ihn – wie nichts anderes auf dieser Welt. Ebenso war ich mir der Tatsache gewahr, mit ihm mein restliches Leben verbringen zu wollen. Angesichts der vielen möglichen Komplikationen dieser gänzlich neuen Situation fühlte ich mich allerdings – gelinde gesagt – überfordert.

Ich wollte keine Fehler machen. Weder wollte ich Jan beschämen noch meinen Eltern Schande bereiten.

Und dann gab es da noch mich selbst.

Wie verhielt man sich – neben Eltern und großer Liebe? Welche Themen sollte ich ansprechen? Was würden meine Eltern von Jan denken, wenn dieser mich neben ihnen leidenschaftlich küsste?

Fragen über Fragen, die wie ausgebrochenes Wild durch meinen Verstand hetzten.

»Nein … nein!«, brachte meine Mutter mich zurück in die Realität. »Das trifft sich bestens. Dann erzähle ich dir die tolle Neuigkeit, wenn du bei uns bist.«

Was war es wohl, was sie mir sagen wollte? Hatten sie sich ein neues Auto gekauft? Eine Reise gebucht? Den Garten umdekoriert?

Meine Mutter liebte einen ordentlichen Garten – gepflegte Wiesen, schön geschnittene Hecken und Bäume, üppig blühende Grünpflanzen … Womöglich hatte sie sich endlich diese innigst von ihr gewünschte Trauerweide gekauft und damit die abseitsgelegene sonnenarme moosige Gartenecke aufgehübscht.

»In Ordnung.« Mein Herzschlag beschleunigte sich. Meine Hände begannen zu zittern. »Übrigens habe ich ebenfalls eine kleine Überraschung, welche ich euch am Samstag zeigen werde.«

»Eine Überraschung?«, flötete sie. »Was denn? Kuchen?«

Ich musste kichern.

Wenn sie wüsste! Und welch Augen sie machen würde, wenn sie Jan neben mir erblickte!

»Nein, kein Kuchen … Etwas Besseres.«

»Jetzt hast du mich aber gewaltig neugierig gemacht. Willst du es mir nicht schon jetzt verraten?«

»Nein.« Gut gelaunt aber beträchtlich nervöser schüttelte ich den Kopf. »Keine Chance. Du brauchst dich ja nur bis morgen zu gedulden.«

»Du klingst so fröhlich. Fühlst du dich besser?«

Sie bemerkte meine Stimmungen allzeit viel zu gut …

»Ja, mir geht es tatsächlich viel besser.«

Ein erleichtertes Ausatmen ihrerseits erweckte altbekannte Gewissensbisse. »Das ist ja wundervoll. Dann wird das morgen bestimmt ein wunderschöner Tag.«

Welch fürchterlicher Mensch war ich bloß!

Unerheblich wie weit wir voneinander entfernt wohnten oder wie alt ich war – stets musste ich meinen Eltern Sorgen bereiten.

Eine jede andere Tochter in meinem Alter lebte längst mit einem Partner zusammen. Einzig ich tanzte aus der Reihe.

Hätte ich Jan bloß fünf oder acht Jahre früher kennengelernt! Dann hätten meine Eltern sich nicht andauernd den Kopf über mein Singledasein zerbrochen und Jan und ich hätten uns ewig lange Jahre der Einsamkeit erspart …

Wie dem auch sei. Die Vergangenheit konnte ich nicht mehr ändern. Aber dafür die Zukunft!

Für mich war klar: Ab dem heutigen Tage durfte ich etwaige Probleme unter keinen Umständen mehr preisgeben.

Niemals mehr.

Und mit Jan an meiner Seite musste dieser Vorsatz leicht zu halten sein!

»Ja, es wird sicherlich schön werden«, antwortete ich. »… Zumindest hoffe ich es.«

Ob Probleme, Kummer, Ängste oder nicht – meine Hauptsorge galt nach wie vor dem Zusammentreffen zwischen Jan und meinen Eltern.

Wie würden sie auf ihn reagieren? Würden sie ihn wohl mögen? Würden sie ihn akzeptieren?

»Wann wirst du denn circa bei uns ankommen?«

Ich richtete den Blick zum Fenster, welches mir einen von Wolkentürmen umgebenen blutroten Sonnenuntergang präsentierte. »Um die Mittagszeit, denke ich.«

»Sehr gut. Soll ich für dich mitkochen?«

Ach Mama.

Immerdar bemühte sie sich um mich! Eine bessere Mutter gab es nicht auf dieser Welt.

»Nur, wenn es dir keine Umstände bereitet.«

»Das tut es nie!«, erwiderte sie seufzend-tadelnd. »Und das weißt du auch.«

Ein Grinsen stahl sich auf meine Lippen. »Du hast ja recht … aber ich will schlichtweg nicht zur Last fallen. Das weißt du ja auch.«

Ich vernahm ihr liebliches Kichern. »Das stimmt … Und wie geht es dir in der Arbeit?«

Für den Moment eines Wimpernschlags erhöhte sich mein Herzschlag.

»Besser.«

»Wirklich?«

»Ja, wirklich. Ich lüge nicht.«

Dieses Mal nicht. Und hoffentlich auch in Zukunft nicht mehr.

»Ach Liza! Du hast ja keine Ahnung, wie sehr mich das freut! Anscheinend geht es langsam aufwärts, hm?«

Nach Jahrzehnten der Einsamkeit und des Ausgestoßen-Seins hatte ich endlich meine andere Hälfte gefunden. Im Job lief es besser. Und meine Mutter klang ebenfalls unbeschreiblich glücklich.

Es schien nicht nur aufwärtszugehen – es ging aufwärts.

»Es sieht ganz so aus«, gab ich zurück. »Ich kann ehrlich zugeben: Das erste Mal seit Langem fühle ich mich unfasslich gut und leicht.«

»Unfasslich?« Mama gluckste. »So einen Ausdruck hab ich ja noch nie gehört.«

Ich errötete.

Mein Wortschatz, meine Gefühle, mein Auftreten hatten durch Jan eine Hundertachtzig-Grad-Wendung vollzogen.

Meine Seelenhälfte hatte etwas in mir erweckt, das jahrelang ungeduldig darauf gewartet hatte, in Erscheinung treten zu dürfen. Nun hatte es seine Flügel ausgebreitet – mit dem einzigen Ziel: die rechte Gelegenheit abzupassen, um abzuheben und dem Leben entgegenzusegeln. Einem Leben, welches gekennzeichnet war von gegenseitigem Respekt, zärtlicher Liebe und verwichenen Werten.

Aber gleichwohl ich nichts lieber tat, denn mich mit Jan auf diese kostbare Weise zu unterhalten, musste ich mich langsam vorsehen. Ein falsches Wort zur falschen Zeit – und ich machte mich zum größten Gespött.

Räuspernd wich ich aus. »Wie mir scheint, bist auch du viel fröhlicher.«

»Das liegt an meiner guten Nachricht.«

»Die du mir nicht sagen willst.«

Sie lachte. »Ganz genau!«

Und ich gähnte. »Dann haben wir morgen ja viel zu bereden.«

»Was soll ich denn kochen?«

Grinsend richtete ich mich auf. »Du kennst mich doch. Ich habe keine Ahnung … Aber warte! …«

In der Vergangenheit hatte sie mich des Öfteren angerufen und gefragt, was sie kochen sollte. Und jedes Mal hatte mir nichts Vernünftiges einfallen wollen.

Nicht so heute.

»Wie wäre es mit einem Burger? Dinkelbrötchen, Hühnerfleisch, Cocktailsoße, Eissalat und Rucola – schmeckt gut und braucht nicht lange. Und wenn du mehrere davon machst, hättest du auch noch welche fürs Abendbrot.«

»Hey, das klingt gar nicht mal schlecht … Ich werde darüber nachdenken.«

Und Jan bekäme eine Portion, ohne Mama über seinen Besuch in Kenntnis setzen zu müssen …

Die mir bis vor vorhin noch gnädig gewesene Müdigkeit nahm allmählich an Kraft zu. Sie drückte meine Lider nach unten, brachte meine Augen zum Brennen und schickte mir dieses kuschelig-schwere Gefühl der Ermattung in die Glieder.

Ich schaute zur kleinen goldenen mir zwanzig Uhr fünfundvierzig anzeigende viereckige kleine Tischuhr, welche ich auf der rechten Bürotischseite platziert hatte. »Ich glaube, es ist besser, wenn wir aufhören. Ich bin schon ungemein müde. Die Gewitter, welche da die letzte Zeit durchziehen, machen mich ganz schön fertig.«

Wetterfühligkeit quälte mich mittlerweile seit einem Jahrzehnt. Einst noch recht selten hatten Beschwerden wie Müdigkeit und leichte Kopfschmerzen sich in den darauffolgenden Jahren stetig erhöht.

Die teils heftigen Gewitter der letzten zwei Tage – selbst mit Hagel und Orkanböen hatte Klagenfurt erneut vorliebnehmen müssen – hatten an meinen Kraftreserven jedoch um einiges beträchtlicher genagt, denn üblicherweise … Nun … womöglich trugen auch Jans und meine bis in die Nacht angedauerten Telefongespräche eine Mitschuld. Schlief ich für gewöhnlich um zwanzig Uhr dreißig längst tief und fest, hatte ich in den letzten Tagen kein einziges Mal vor zweiundzwanzig Uhr die Augen zugemacht.

»Mir gehts nicht anders«, erwiderte meine Mutter. »Morgen sollen auch Regenschauer durchziehen. Vielleicht liegt es ja daran.«

Hoffentlich nicht weitere Gewitter! Jan sollte sich nicht neuerlich dergestalt arg fürchten müssen. Andererseits fand ich seine sanfte Ängstlichkeit überaus niedlich. Seine nackte Panik war es, welche mir das Herz selbst jetzt zusammenzog …

Aber wie auch immer das Wetter morgen werden würde, wenigstens musste Jan sich in Seedorf nicht mit Gewittern herumplagen. Laut seiner Erzählung wurden sie dort zwar öfters von Starkregen heimgesucht – von Blitz, Donner und Hagelstürmen hingegen waren sie in den letzten Jahren durchwegs verschont geblieben.

»Ja, bestimmt liegt es daran.« Ich stand auf, trat zum Fenster und ließ das Rollo hinunter. »Dann sehen wir uns also morgen. Sollte etwas dazwischen kommen, gib mir einfach Bescheid.«

»Mach ich«, antwortete sie. »Also dann … bis morgen, Schätzchen. Und fahr langsam.«

Lächelnd aktivierte ich die Farbwechsellampe. »Das tue ich doch immer … Und grüß Papa von mir.«

»Werde ich. Schlaf gut.«

»Du auch.«

Ich legte auf – und rief sodann Jan an.

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