Читать книгу Der Voyeur von nebenan! - Isabelle Boves - Страница 4
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ОглавлениеAn einem sehr heißen Sommernachmittag, lagen Sarah und Louis nackt in einem Kornfeld, das an dieser Stelle ganz nah an einen Bach reichte. Auch gegenüber war nichts zu sehen als noch grüner, weicher Roggen. Aber dieses Feld war eingezäunt. Mit sehr vielen, viel zu vielen Pfählen, und jeder Pfahl hatte ein hohles Auge.
Sarah lag auf dem Rücken, die Beine leicht, die Arme weit ausgebreitet. Louis stützte sich mit seinem linken Ellenbogen ab, sodass er sich über sie wölben und sie küssen oder streicheln konnte. Beide Körper schwitzten und rochen nach Haut. Ihre Gerüche waren verschieden, mengten sich aber in den des Korngrases und glichen sich an, bis sie eins waren. Doch der Schweiß störte nach wie vor. Es war Sarah unangenehm, dass manchmal ein Tröpfchen von seinem Gesicht auf das ihre fiel. Und Louis passte es nicht, dass seine Hand an der Feuchtigkeit ihrer Haut kleben blieb. Aber beide fürchteten, die brodelnde Hitze der Wollust in ihrem Leib zu löschen, wenn sie in dem Bach badeten.
Keiner mochte sagen, was er wollte. Deshalb benutzten sie vielsagende, weniger ausdrücklich verbotene Gebärden. Deshalb ließ Sarah ihre Beine so auseinanderfallen, dass ihre blankrasierte Scham ganz zugängig wurde. Louis folgte seinem Wegweiser und schlüpfte hinein.
Er verwurzelte sich in ihr. Zugleich lutschte er an Sarahs Zunge, als müsse er oben wieder heraussaugen, was er unten einspritzte. Dann sog sie seine Zunge in den Mund und stöhnte, wie von zwei Penissen aufgespießt.
„Albern“, meinte Mathéo zu Louise, „die ruckhafte Art, mit der dieser Knabe seinen Stößel in ihr Nestchen steckt! Nun sieh dir seine Bewegungen an. Stützübungen sind das. Die beiden treiben Sport. Mehr können sie nicht.“
„Sie scheinen´s aber zu genießen. Du musst auch hören.“
Louise hatte so leise gesprochen, dass man Sarahs und Louis Glücksgewimmer noch deutlich vernehmen konnte.
Mathéo wollte erwidern, dass er nur ein angestrengtes Keuchen höre. Doch der Zeiger seines Unterleibs hätte wie ein Lügendetektor verraten, dass er mehr aus Neid als aus Überzeugung redete. Sein Penis verriet nämlich, wie die „sportliche“ Szene ihn anregte.
Louise wusste, worauf sie mehr zu achten hatte. Sie hockte sich auf den Hochstand und plauderte – immer auf und ab wippend – auf Mathéo ein: „Denke, dass wir es sind, die da im Roggengras liegen. Spürst du, wie es in dich hineinwächst, Halm um Halm. Der Schauer zieht durch deinen Körper zu mir herauf. Ist dein Gesicht nicht, als bögen sich darin Sonnenstrahlen, die nicht hinaus wollen? Auch ich, oh, ein ganzer Winter taut und zerrinnt in mir.“
Solche übertriebenen Vergleiche konnten Mathéo auf die Nerven gehen. Auch jetzt, in dieser Situation, ärgerte er sich ein wenig. Als er in Louise hineinspritzte, stellte er sich vor, sich nicht nur zu vergnügen, sondern zugleich – so phantasierte er – einen schmerzhaften Torpedostoß auszuführen.
Als Louise vor Ermattung zusammenbrach, hatte Mathéo „einen Luxusdampfer abgeschossen“. Er dachte das nicht nur, er sagte das auch. Im Grunde war er auch im geilsten Zustand noch zynisch. Louise empfand es anders.
„Du könntest viel öfter einen Orgasmus haben, wenn du nicht zu viel dabei dächtest.“
So etwas sagte sie aber erst, wenn sie wieder neben ihm lag, wenn sie wieder ausgeruht war und wenn sie schon wieder ein kleines bisschen Lust verspürte.
Er pflegte darauf zu erwidern: „Solange ich´s aushalte, soll das einzige, was von meinen Körperteilen stehen kann, auch stehen bleiben.“
„Prahl nur nicht mit Aushalten, womit du ja wohl eine Art von Selbstbeherrschung meinst. Du spritzt wie andere Männer auch, das spüre ich doch. Es ist ein Phänomen und keine Leistung, dass dein Zepter nicht zu beugen ist.“
„Wie meinst du das?“, fragte Mathéo argwöhnisch, denn er war sich nicht sicher, ob Louise nur seinen Penis meinte oder das Zepter als Machtsymbol.
Seine Kanzlerin aber wollte nicht antworten – oder doch?
Louise rollte von Mathéo weg, drehte sich dann um neunzig Grad, sodass ihre nun aufgestützten Füße an seiner linken Kopfseite lagen und bat: „Leck mich!“
Die Auster, aus der Mathéo ihren und seinen Saft schlecken sollte, lag riechbar nahe. Er brauchte nur seinen Kopf hinzuwenden. Das tat er auch und war nun viel begieriger bei der Sache als vorher.
Louise dachte: Wie ein Blutsauger, eines Tages wird er vielleicht mein Blut wollen.
Dann dachte sie nur noch in Bildern, sah nur noch einen dunstigen, rosigen Penis. Der war groß und säulenhaft, wie ihre zunehmende Geilheit und weich wie eine raue leckende Zunge. In den steilen Sekunden vor dem Orgasmus, stieg Louise dem einzigartigen Glück entgegen, das keine befleckenden oder auch nur fleckigen Gedanken mehr zulässt.
„Ist doch noch ganz schön was draus geworden“, flüsterte Louise mit einem dankbaren Blick auf den Monitor, wo auch Sarah und Louis erschöpft nebeneinander lagen.
„Es war ganz gut mit dir“, meinte Mathéo, dessen Glied langsam schrumpfte.
„Ich kann nicht mehr“, beugte Louise vor.
„Wasch mich“, kommandierte Mathéo unerwartet unwirsch.
„Ich rufe das Dienstmädchen.“
„Nein, heute nicht, tu´s heute selber. Ich möchte sonst niemanden mehr um mich haben.“
Louise holte eine Porzellanschale mit weicher Lauge und reinigte seinen Penis behutsam mit Watte.
„Ich möchte jetzt schlafen! Vergiss nicht, auch dein Nest zu reinigen. Worum handelt es sich denn bei dir?“
„Das kommt ganz auf den Vogel an, der mich anfliegt. Für einen Zaunkönig hab´ ich ein kleines Nestchen, für einen Adler einen Horst.“
„Sehr witzig.“
„Warum fragst du dann? Übrigens wolltest du doch schlafen.“
„Ach nein, ich habe es mir anders überlegt. Ich möchte lieber ein bisschen regieren. Es herrscht zu viel Unordnung in meiner Stadt. Schalte doch mal ein Gerichtszimmer ein. Vielleicht erleben wir einmal, dass ein gerechtes Urteil gesprochen wird.“
„Sehr unwahrscheinlich.“
„So schlimm ist es auch wieder nicht“, widersprach er, der es nicht haben konnte, dass andere sich über seine Stadt so kritisch äußerten wie er selber.
Auf einem Monitor erschien ein junger Amtsgerichtsrat, der eben dabei war, ein Schiedsurteil zu diktieren. An sich eine langweilige Angelegenheit. Aber die Sekretärin, der er diktierte, saß auf seinem Schoß, und seine Hände fummelten unter ihrem Kleid in ihrem Schoß. So geriet nicht nur das Urteil völlig daneben, sondern auch die Niederschrift, die der Herr Rat allerdings gar nicht unterschrieb. Beide hatten es plötzlich sehr eilig, Keiler und Bache zu spielen.“
„Liebe ist wichtiger als Gerechtigkeit“, sagte Mathéo. „Aber nicht, wenn sie am falschen Objekt vollzogen wird.“
In diesem Augenblick trat eine gewisse Madame Martial in das Dienstzimmer des Herrn Amtsgerichtsrats.
„Schade“, seufzte er, „jetzt müssen wir ihn entlassen.“
„Wieso jetzt, wieso stand das nicht gleich fest, als wir ihn ficken sahen?“
„Weil ein Vergehen oder ein Verbrechen nur strafbar ist, wenn entweder ich etwas gegen den Täter habe, oder wenn die Öffentlichkeit davon erfährt und von mir als letzter Instanz Gerechtigkeit verlangt. Madame Martial ist eine selbstständige Gerüchteverbreiterin, sie wird also nicht – wie viele andere – von mir beauftragt, ich kann sie nicht zurückpfeifen.“
Louise war Mathéos Kanzlerin. Sie nahm ein an der Wand hängendes Mikrofon, stellte die Nummer des Justizministers ein und ordnete an:
„Der Amtsgerichtsrat Ivrea ist mit Datum von gestern fristlos zu entlassen. Er ist heute von Madame Martial beim Geschlechtsverkehr mit seiner Sekretärin überrascht worden. Lassen Sie durch das Internet verbreiten, dass der Amtsgerichtsrat offiziell nicht mehr im Dienst war, als das geschah. Er hat sich also einer Amtsanmaßung schuldig gemacht. Das Urteil braucht nur unterschrieben zu werden, natürlich ist die von Ivrea für schadenersatzberechtigt erklärte Partei jetzt schadenersatzpflichtig. Wir können nicht annehmen, dass Ivrea in der Lage war, gerecht zu urteilen. Das war er übrigens wirklich nicht.“
Selbstverständlich konnte der hauseigene Justizminister Mathéo nicht einfach hingehen und die Befehle des Kanzlers ausführen. Seine Aufgabe bestand vielmehr darin, die wirklich zuständigen Stellen zu beeinflussen. Das war ein Kinderspiel.