Читать книгу Von Lippenstiften & Intrigen - Isabelle Lindner - Страница 6

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Kapitel 1

Von unsichtbaren Codes

In der Lobby des eleganten Bürogebäudes tummelten sich bereits über dreißig junge Frauen. Angespannt blickten sie in alle Richtungen und warteten darauf, abgeholt zu werden. Sie wirkten wie eine Gruppe verängstigter Hasen, umzingelt von einem Rudel hungriger Wölfe. Einige begannen aus Verlegenheit ein Gespräch. Doch mehr als oberflächlichen Smalltalk brachte niemand zustande. Allesamt waren es ehrgeizige junge Frauen, die bei Durand Prestige Cosmetics ihr Arbeitsleben starteten und schnell die Karriereleiter erklimmen wollten.

Ich erfreute mich jedes Mal an dem Anblick der noch unschuldig wirkenden Berufsanfängerinnen. Doch schon bald würde sich herausstellen, wer das Zeug zur Marketingleitung hatte. Allerdings würden auch genauso bald die ersten Tränen auf der Damentoilette fließen und einige zu der Erkenntnis kommen, dass Fleiß allein kein Erfolgsgarant ist. Aber es war ihr erster Tag und die Faszination und Aufregung, in einem der größten Beauty-Konzerne arbeiten zu dürfen, erfüllte den imposanten Eingangsbereich mit einer spürbaren Energie.

Mit strammem Stechschritt ging ich auf das Drehkreuz zu. Einige der Neuankömmlinge folgten mir mit ihren Blicken und fragten sich wahrscheinlich, weshalb ich die Geschwindigkeit nicht verringerte und somit Gefahr lief, die Absperrung zu rammen. Wie von unsichtbarer Hand öffnete sich kurz vorher die Drehtür. Mit einem freundlichen Nicken schaute ich zum Rezeptionisten rüber, der mir die Tür automatisch geöffnet hatte. Ein kleiner Vorteil, der mir als Personaldirektor wohl einfach zugutekam. Normalerweise musste jeder Mitarbeiter seinen Firmenausweis gut sichtbar tragen und diesen vor die Scanner halten, um Einlass zu bekommen. Vielleicht auch ein klein wenig beängstigend, dass sich bereits im Eingangsbereich die unsichtbaren Codes der Unternehmenskultur offenbarten. Eigentlich begann das Ganze schon vor dem Gebäude. Wer direkt an den drei Meter hohen goldenen Buchstaben, die den Firmennamen repräsentierten, einen reservierten Parkplatz hatte, genoss ein seltenes Privileg und war somit Teil des exklusiven Kreises der ›Top 8‹. Alle anderen Mitarbeiter mussten sich einen Parkplatz in der engen Tiefgarage suchen. Die DNA des global agierenden Beauty-Imperiums mit über vierzig Kosmetikmarken im Portfolio basierte auf Status und Prestige. Dies spiegelte sich nicht nur im Namen des Konzerns, sondern in jedem Molekül des Gebäudes und gleichwohl im Habitus der Mitarbeiter wider.

Ich stieg in den Aufzug und drückte den Knopf mit der Nummer 16, die oberste Etage. Unterwegs stiegen zwei Frauen dazu. Nun startete unwillkürlich mein Scanner-Blick. Wie immer schaute ich zuerst auf die Schuhe, denn sie verrieten schon die ersten Geheimnisse über eine Person. Beide trugen leuchtend pinke Peeptoes und hatten perfekt pedikürte Füße mit lackierten Nägeln in der Trendfarbe Pastell-Türkis. Die Frauen hatten allerdings sehr sichtbare Hallux valgus. Sicher trugen sie häufig High Heels, was diese auffällige Schiefstellung ihres großen Zehs wahrscheinlich noch begünstigte. Ihre Kleider stammten aus aktuellen Kollektionen von Jungdesignern, die ihr Debüt auf der letzten Fashion Week in Berlin gehabt hatten. Als Sponsor erhielt Durand exklusive Front-Row-Karten der Shows und weitere Naturalien in Form von Kleidern und Handtaschen oder die beliebten Goodie Bags. Offenbar gehen die Damen regelmäßig ins Gym, haben aber auch schon den einen oder anderen Gin Tonic zu viel getrunken. Die Haut vergisst nichts. Mitte vierzig die eine, wohlwollend gemeinte Ende vierzig die andere. Mein Resümee: Das Alter einer Geschäftsleitung haben sie, aber ihnen fehlt die gewisse Attitude, analysierte ich.

Die Führungspersönlichkeiten von Durand umgab eine gewisse Aura, die ihrem Umfeld manchmal fast die Atemluft aus den Lungenflügeln presste. Die Gespräche der beiden waren dafür jedoch zu belanglos. Es ging um Sitzplätze im Flugzeug. Eine der beiden hatte ein Upgrade in die Business Class bekommen. Nichts, womit sich eine Geschäftsleitung beschäftigte, da sie sowieso diesen Status bei Flugreisen genoss. Es ist fast zu einfach, dachte ich ein wenig gelangweilt. Sie gehörten zur PR-Abteilung. Ihre Position enthielt einige Vorteile wie die Reisen zu den internationalen Pressekonferenzen von Durand gemeinsam mit den Journalisten der Lifestyle-Magazine. Es gab kein Traumziel, das zu weit weg gewesen wäre. Mein Namensgedächtnis lief auf Hochtouren: Das sind Eva und Michelle. Sie waren zuständig für die Pressearbeit für zwei unserer wichtigsten französischen Marken, Blanchard und Girard.

Die beiden stiegen in der neunten Etage aus. Sie warfen mir ein fröhliches, jedoch respektvolles Lächeln zu. »Viel Erfolg bei euren Pressekonferenzen!«, entgegnete ich. Nun strahlten sie mich an und riefen gleichzeitig: »Vielen Dank!« Sie waren offensichtlich geschmeichelt, ich hatte sie erkannt. Das wichtigste Geheimnis in meinem Job: Beobachte alles. Kenne jeden. Halte dich dezent im Hintergrund.

In meinem Büro angekommen, lehnte ich mich erst einmal zurück. Meine Assistentin Birgit brachte mir netterweise einen frisch gebrühten Latte macchiato, den ich dankbar entgegennahm. Sie hätte das nicht tun müssen, aber wir unterstützten uns gegenseitig, vor allem in stressigen Zeiten. Ein Tag voller Termine wartete auf mich. Ich würde erst am Abend zum Lesen meiner Mails kommen.

Albert steckte den Kopf durch die Tür. »Hast du sie schon gesehen?«, fragte er mit einer leichten Aufregung in der Stimme. Ich verneinte. Albert war der Leiter unserer Rechtsabteilung und mit mir zusammen im Vorstand. Wir hatten beide gemeinsam, dass wir jeden Tag einen schwarzen Anzug mit Krawatte trugen. Zum einen wurde dieser förmliche Dresscode in klassischen Konzernen bei Managern erwartet, zum anderen diente er auch als gewisse Maskerade und half bei der Aufrechterhaltung der Unnahbarkeit und Professionalität. Es war der erste Tag unserer neuen Länderchefin. Das erste Mal, dass eine Frau diesen Posten bekleidete.

Sophie Bernard betrat die Chefetage und nahm Kurs auf ihr neues Büro. Sie war umgeben von dieser charismatischen Aura voller Selbstbewusstsein und Zielstrebigkeit. Anders als ihre Vorgänger war sie kein Durand-Eigengewächs, sondern extern rekrutiert worden. Als Vertriebsdirektorin hatte sie jüngst einen der größten Lebensmittelkonzerne, MC Jake Foods, restrukturiert. Philippe Fontaine, der CEO von Durand, hatte bereits in seiner Neujahrs-Videobotschaft einen tiefgreifenden Paradigmenwechsel angekündigt. Der Aktienkurs war in den letzten Jahren nicht mehr so stark gestiegen. Der Beauty-Markt unterlag einem immer härter werdenden Wettbewerb. Offensichtlich wurde es Zeit für drastischere Maßnahmen.

Sophie schloss gelassen ihr neues Büro auf. Wie rein zufällig ging ich den Gang entlang, um die Chance zu nutzen, sie als Erster aus ihrem Führungsstab willkommen zu heißen. Sie war komplett in Schwarz gekleidet. Ihr äußeres Erscheinungsbild war geprägt von moderner Eleganz. Die spitzen Stilettos von Louboutin, die enge Lederhose und dazu eine Bluse mit schimmernden Pailletten unterstrichen ihre selbstbewusste und zugleich feminine Energie. Unter ihrem Arm klemmten eine schlichte schwarze Lederhandtasche von Saint Laurent und einige Mappen.

»Bonjour, Sophie!«, rief ich freundlich, aber bestimmt.

Sie blickte hoch. Sofort sah ich ein breites Lächeln und ihre perfekt weißen Zähne. Der knallrote Lippenstift, die funkelnden Augen und der klare Long Bob zeigten mir eine Frau, die rein äußerlich wie gemacht war für den Posten der Länderchefin eines Kosmetikkonzerns. Sie würde zweifelsohne eine harte Linie fahren, um große Veränderungen durchzusetzen und den Erfolg für sich verbuchen zu können. Ich ging auf sie zu und wusste, dass ich nun einen festen Händedruck brauchte. Gerade als ich mich vorstellen und ihr die Hand entgegenstrecken wollte, rief sie lebhaft: »Ah, Thomas, ça va?«, und hauchte mir links und rechts einen angedeuteten Kuss auf die Wange. Sie sprach meinen Namen französisch aus. Sie verschluckte das ›s‹ am Ende und betonte die zweite Silbe. Ich war verblüfft und gleichzeitig etwas verunsichert, dass sie direkt wusste, wer ich war. Guillaume Robert, ihr Vorgänger, hatte offenbar schon ein Personalbriefing durchgeführt und den Staffelstab bereits übergeben. Mein erster Eindruck wurde bestätigt. Diese Frau war vorbereitet und überließ nichts dem Zufall.

Kurze Zeit später rief Nicole, ihre Assistentin, alle Vorstandsmitglieder zusammen, damit wir sie offiziell bei einem Glas Champagner begrüßen konnten. Sophie setzte zu einer kurzen, jedoch kraftvollen Ansprache an: »Liebe Kolleginnen und Kollegen, ich freue mich sehr, euch als mein Vorstandsteam kennenzulernen. Wir haben viel vor und werden Durand Prestige Cosmetics gemeinsam auf einen neuen Erfolgskurs bringen. Damit meine ich konkret, dass wir die Effizienz der Organisation massiv erhöhen werden. Ich möchte im zweistelligen Bereich Umsatzwachstum generieren und den Profit um dreißig Prozent steigern.«

Wir schauten uns ernst an, natürlich wagte es niemand, auch nur ein leises Raunen von sich zu geben. Die Zahlen klangen utopisch. Deutschland war ein ›reifes‹ Land, was die Durchdringung von Kosmetikprodukten anging. Wir waren schon froh, wenn wir unser jährliches Umsatzlevel überhaupt halten konnten. Ich klammerte mich an meinem Glas Champagner fest.

Sophie ergänzte charmant: »Ich spüre eure Bedenken. Ich habe ja noch nicht erwähnt, in welchem Zeitraum ich diese Ergebnisse mit euch erreichen möchte.«

Ein versöhnliches Gelächter erhellte sogleich den Raum.

»Ich kann euch versichern, ich werde mir die nötige Zeit nehmen, um alles in Ruhe zu analysieren und mit euch gemeinsam die Strategien zu erarbeiten. Ich freue mich auf eine spannende Zeit mit euch.«

Ich nippte nur an meinem Glas und stellte es unauffällig ab. Meine Anspannung war immer noch viel zu groß und ich brauchte gerade in diesem Moment einen klaren Kopf. Mit sechsunddreißig Jahren war ich der jüngste Personaldirektor, der je in den Vorstand berufen worden war. Natürlich war ich stolz auf das entgegengebrachte Vertrauen und darauf, zu den ›Top 8‹ zu gehören. Aber es lastete auch ein immenser Druck auf mir. Ich konnte noch nicht genau erkennen, welche wahren Hintergründe der abrupte Wechsel von Guillaume zu Sophie hatte und was es konkret für mich und den Personalbereich bedeutete. Nach jedem Wechsel des Länderchefs, der üblicherweise alle zwei Jahre stattfand, gab es signifikante Veränderungen. Jeder neu ernannte Landeshäuptling wollte der Firma seinen eigenen Stempel aufdrücken und war voller Elan, sich ein Denkmal zu setzen. Eine erfolgreich absolvierte Amtsperiode war die effektivste Weichenstellung für eine Beförderung in den erweiterten Führungsstab von Philippe Fontaine. Dort wurden die Millionengehälter verdient. Die Pariser Zentrale war das eigentliche Zentrum der Macht. Deshalb musste ein Länderchef mit großen Projekten international für Aufmerksamkeit sorgen. Gern setzten die Neuen in ihrem Land Pilotprojekte aus der Zentrale um, die dann weltweit ausgerollt werden konnten. Es ging immer darum, First Mover zu sein. Und dies war bereits einer der wichtigsten Erfolgsschlüssel: Verstehe das System! Verstehe die unsichtbaren Gesetze und Codes des Konzerns. Mein Bauchgefühl sagte mir, dass es dieses Mal anders sein würde: unberechenbarer, drastischer, härter.

Ich schaute mich unauffällig im Raum um. Mein Scanner-Blick lief zur Hochform auf. Dies war eine jener Situationen, in denen es um vieles ging, aber bestimmt nicht um die informelle Begrüßung der neuen Länderchefin bei einem lockeren Glas edlem Prickelwasser. Bereits hier und jetzt würden sich erste Lager bilden. Meine engsten Kollegen Albert Niehaus, Leiter der Rechtsabteilung und Henryk Jacobi, der seit über sieben Jahren erfolgreich den Logistik-Bereich führte, sowie unser CFO Stéphane Martin, verantwortlich für die Finanzen, standen neben mir. Wir sollten wohl nichts weiter zu befürchten haben, mutmaßte ich. Mein Blick wanderte eher zu den Direktoren der Business Units. Große Veränderungen fanden immer nah am Marktgeschehen statt, vor allem im Marketing und Vertrieb. Ich schaute jeden einzelnen an und versuchte, ihre Körpersprache zu deuten. Welche Geheimnisse kann ich dieser hochinteressanten Situation wohl entlocken? Ich grinste in mich hinein.

Richard Beckmann, Direktor der Premiummarken, stand mit gewohnter Gelassenheit am Rande und beobachtete ganz ruhig die Situation. Mit Ende fünfzig war er der Silberrücken der illustren Runde und strahlte daher eine natürliche Autorität aus. Er trug wie so häufig eine maßgeschneiderte Kombination aus einer dunkelblauen Tweed-Hose und einem dazu passenden, dezent karierten Sakko mit etwas schwülstig wirkenden goldenen Knöpfen. Aus der Brusttasche lugte ein gekonnt drapiertes kastanienbraunes Seiden-Pochette. Selbstredend trug er dazu einen farblich abgestimmten Ledergürtel und blitzblanke Budapester. In sich selbst ruhend schaute er durch seine Halbrand-Hornbrille, die sowohl Seniorität als auch seine künstlerisch-intellektuelle Ader unterstrich. Über dreißig Jahre Erfahrung bei Durand ließen auch ein wenig Bequemlichkeit zu. Routiniert war er mit jeder vermeintlichen Krise in der Vergangenheit umgegangen und hatte den Kahn bisher immer in einen ruhigen Hafen manövriert. Er genoss leidenschaftlich die Vorzüge, die das elitäre Umfeld seiner Beauty-Marken zu bieten hatte und ließ sich gern zu exklusiven Veranstaltungen der Medienunternehmen einladen. Schließlich war es vor allem das Durand Media Investment, was die einschlägigen Printmagazine am Laufen hielt. Allerdings würde sich Richard wahrscheinlich am schwersten mit größeren Veränderungen tun. Er würde noch einige wenige Jahre im Dienst von Durand stehen und dann mit einer königlichen Unternehmenspension in Rente gehen. Er hatte schon viele Länderchefs miterlebt und überlebt. Des Weiteren war er sehr gut vernetzt im Unternehmen und hatte Jahre zuvor schon unter Philippe Fontaine gearbeitet, als dieser seinerzeit Länderchef in Deutschland gewesen war. Beide verband also ein langer, manchmal auch steiniger Karriereweg. Sie hatten auch schon Federn gelassen auf dem Weg nach oben.

Interessanter war jedoch der Blick auf Jérôme, der seine Nervosität zu verbergen versuchte. Er verlagerte sein Gewicht abwechselnd von einem Bein auf das andere – ein erkennbares Zeichen seiner inneren Unruhe. Er war hochgewachsen, hatte eine charismatisch-sonore Stimme und einen ausgeprägten Charme. Offenbar versuchte er direkt, einige Sympathiepunkte bei Sophie gutzumachen. Warmherzig prostete er ihr zu, setzte sein einnehmendes Lächeln auf und unterstützte Sophies Bestrebungen mit einem gekonnt flapsigen Spruch: »Wir werden dich nicht enttäuschen. Die Deutschen sind doch sowieso Streber. Sorg du nur für ausreichend Champagner.« Er trug einen schwarzen Anzug mit für meinen Geschmack etwas zu dicken weißen Nadelstreifen. Sein Handgelenk zierte eine auffällige Rolex. Das Ziffernblatt leuchtete Kobaltblau und stand im grellen Kontrast zum goldenen Armband. Ich schätzte den Wert der Uhr auf mindestens zwanzigtausend Euro, wenn nicht gar dreißigtausend. Bei seinen dunklen Haaren half er gewiss mittlerweile etwas nach mit einem unserer Colorationsprodukte. Jérôme Favre war französischer Schweizer, Ende vierzig und hatte noch große Ambitionen bei Durand. Für ihn hing viel ab von einer guten Zusammenarbeit mit Sophie. Eher Franzose als Schweizer hatte er schon gefühlt einen kleinen Vorteil gegenüber den deutschen Kollegen. Die Franzosen bei Durand hielten zusammen.

Sophie prostete freundlich zurück und ging auf sein Umgarnen ein: »Glaub mir, wir werden genug gemeinsame Erfolgsmomente haben, sodass der Champagner in Strömen fließen wird.«

Die Runde lachte. Aha, Sophies Ego zu schmeicheln, scheint zu funktionieren. Punkt für Jérôme. Nun wirkte er sichtlich zufrieden. Das Tippeln hörte auf und er lehnte sich entspannt an der Wand an und kreuzte locker seine Füße. Ich war nichtsdestotrotz gespannt, wie sich die Beziehung zwischen den beiden wohl entwickeln würde. Denn die Business Unit der Friseurprodukte, die Jérôme leitete, hatte bereits seit einigen Jahren stark zu kämpfen, vor allem mit sinkender Profitabilität. Sophie war nicht die Frau, die fehlende Performance einfach weglächelte.

Mein Blick fiel auf Angela Brehm, der das blanke Entsetzen ins Gesicht geschrieben war. Schweigend stand sie neben Richard und nippte verkrampft am Glas. Durch ihre Brille wirkten ihre aufgerissenen Augen noch größer. Wenn sie doch nur mal zwischendurch blinzeln würde. Sie sah aus wie ein verschrecktes Reh im Scheinwerferlicht und war schon rein optisch das komplette Gegenteil von Sophie. Während die neue Länderchefin die starke Ausstrahlung einer Topmanagerin hatte, die sich zudem über die stilsichere Eleganz ihrer Kleidung manifestierte, wirkte Angela wie ein zerzaustes Mauerblümchen. Ihre aschblonden, lockigen Haare hingen unfrisiert an ihren Schultern herunter. Sie nutzte kein Make-up und wirkte dadurch noch blasser. Ihre Kleidung entsprach nicht der einer repräsentativen Führungskraft bei Durand. Sie trug eine unmodern blumige Bluse und dazu eine beige Stoffhose. Flache Gesundheitsschuhe rundeten das Trauerspiel ab. Ich mochte Angela. Sie war sehr clever und verstand ihr Business. Zudem war sie sehr menschlich zu ihren Mitarbeitern und hatte immer ein offenes Ohr. Sie war damals mangels Alternativen recht früh aus den eigenen Reihen befördert worden, nachdem ihr Vorgänger in Rente geschickt worden war. Doch allen anfänglichen Unkenrufen zum Trotz hatte sie die Herausforderung, die Business Unit der Naturkosmetik-Marken zu leiten, hervorragend gemeistert. Warum nur kleidet sie sich nicht etwas vorteilhafter? Sie macht sich nur unnötig das Leben schwer.

Stéphane, Albert, Henryk und ich gingen direkt im Anschluss gemeinsam in die quirlige Kantine und konnten es kaum abwarten, uns auszutauschen. Wir überspitzten natürlich wie immer die Situation. Henryk setzte das erste Statement: »Wir sind uns doch einig, dass Richard alles gemütlich aussitzen wird.« Er machte dabei eine eindeutige Geste: Er schloss die Augen und nickte zufrieden. Wir prusteten los. Richard hatte mit körperlichen Leistungstiefs zu kämpfen. Bei langen Konferenzen versank er häufig in einen Sekundenschlaf. Wenn er dann wieder aufwachte, überspielte er dies mit einem zustimmenden Nicken bei gütig geschlossenen Augen.

Als wir merkten, dass wir neugierige Blicke der Belegschaft auf uns zogen, sprachen wir etwas leiser.

»Jérôme hingegen brachte sich direkt bei Sophie in Position. Er will in zwei Jahren ihre Nachfolge antreten und in Deutschland Chef werden«, bemerkte ich schmunzelnd.

Albert erwiderte trocken: »Auf die plumpen Flirtversuche bin ich jetzt schon gespannt. Aber Angela wird heute Abend bestimmt wieder ihren Psychotherapeuten aufsuchen und die Situation ausdiskutieren wollen.«

Wir schluckten das Lachen hinunter, damit wir nicht wieder auffielen.

Wir also waren der Vorstand von Durand Deutschland. Man hätte meinen können, dass wir eine verschworene Einheit waren und erwachsen die Firma zu ihrem Besten leiteten. Doch die Direktoren der Business Units waren sich häufig nicht einig. Jeder hatte herausfordernde Ziele für seinen eigenen Geschäftsbereich zu erfüllen. Oftmals wurden in der Vergangenheit naheliegende Entscheidungen im Sinne des gesamten Unternehmens nicht getroffen, sondern aufgrund von Eigeninteressen zerredet und schließlich verhindert. Guillaume hatte schon viel bewegt in seiner kurzen Amtsperiode als Länderchef und zu mehr Kooperation aufgefordert. Doch knapp fünfzehn Monate waren einfach zu kurz gewesen, um die festgefahrenen Machtstrukturen aufzubrechen. Sophie hatte daher immer noch genügend Herausforderungen zu bewältigen und genau wie Guillaume eine anspruchsvolle Doppelrolle im Vorstandsgremium inne. Sie war sowohl die neue übergreifende Länderchefin und somit Ranghöchste als auch Direktorin der umsatzstärksten Business Unit der Massenmarktprodukte. Obwohl sie daher vordergründig den größten Einfluss hatte, musste sie trotzdem einen Konsens mit den anderen herbeiführen. Durand war ein politisch geprägter Laden. Bei Alleingängen würden sich die anderen drei Direktoren gegen sie stellen und sich an die einflussreichen Vorgesetzten in Paris wenden. Sie könnten die neue Länderchefin gekonnt schachmatt setzen. Wie groß wiederum der Einfluss von Sophie auf die obere Riege in Paris sein würde, mussten wir alle noch herausfinden. Wir waren gespannt auf die erste Vorstandssitzung, die Sophie leiten sollte. Würde sie die verzwickte Gruppendynamik aufbrechen können? Würden wir effizienter zu Entscheidungen kommen?

In der Vergangenheit war das monatliche Meeting geprägt von aufgeplustertem Kampfhahngehabe. Wie in der Schule musste mittlerweile jeder die Hand heben, bevor gesprochen werden durfte. Meist waren es Albert oder ich als neutrale Instanz, die schlichtend baten, dass nicht alle wild durcheinanderredeten. Wir hatten bisher stets eine überfüllte Agenda abzuarbeiten. Morgens um 8:30 Uhr ging unsere Zusammenkunft los. Die Tagesordnungspunkte reichten, um uns bis abends 18 Uhr beschäftigt zu halten. Meist saßen wir jedoch bis 20 Uhr oder gar länger zusammen. Ermüdende und emotionale Diskussionen über Kleinigkeiten waren die Regel. Häufig fielen vor allem die letzten Punkte auf der Agenda runter und wurden auf das nächste Meeting vier Wochen später vertagt. So schob man Themen über Monate weiter und zögerte Entscheidungen bewusst hinaus.

Außerhalb der offiziellen Pflichtmeetings gingen sich die Direktoren der Units eher aus dem Weg. Jeder fokussierte sich auf seinen Geschäftsbereich und ließ sich nicht gern in die Karten schauen. Wir vier standen uns daher umso näher und hielten uns aus den offenen Gefechten bewusst heraus.

Am nächsten Morgen fuhr ich direkt zu einem alten Hangar etwas außerhalb der Stadt. Heute war Vertriebskonferenz der Premiummarke D’Or des Champs-Élysées. Pompös würde das Marketingteam den Vertriebsmitarbeitern die neuen Produkte und die Strategie zur Markteinführung vorstellen. Ein Spektakel, welches seinesgleichen suchte. Vor allem bei der Einführung eines neuen Duftes standen besonders große Marketingbudgets zur Verfügung. Demnach rissen sich die Produktmanager um Jobs dieser Kategorie. Jede Produktsparte hatte ihre eigenen Gesetze, was Launch-Zyklen, benötigtes Mediabudget oder Presseinszenierung anging. Eine Duftlancierung musste immer direkt ein Senkrechtstarter auf dem Markt sein. Es gab Hunderte von neuen Düften, die jedes Jahr die Parfümerien überschwemmten. Nur wenige schafften es, sich zumindest drei Jahre in den Regalen zu halten. Ziel war es, einen Longseller zu etablieren, der zu einer Ikone wird und sich über Jahrzehnte als Lieblingsduft bei den Konsumentinnen hält. Wem dieser Geniestreich gelang, konnte eine sehr profitable P&L und somit eine ›Cashcow‹ vorweisen.

Pünktlich zum Start der Weihnachtssaison wurde Le Ciel Étoilé, was Sternenhimmel bedeutete, lanciert. Vor der riesigen Halle wartete bereits das Empfangskomitee und begrüßte die geladenen Gäste. Ich ging im grellen Scheinwerferlicht und Blitzlichtgewitter über den dunkelblauen, mit funkelnden Silbersternen übersäten Teppich. Sechs hübsche Praktikantinnen in langen Abendkleidern begrüßten mich überschwänglich und baten mir ein Glas Champagner an.

»Guten Abend die Damen, vielen Dank, das sieht ja alles toll aus!«

»Oh ja, warten Sie nur, bis Sie die Installation sehen«, entgegnete eine der jungen Frauen.

Ich konnte mir natürlich denken, dass die Inszenierung der Bedeutung des Launches entsprach. Nach elf Jahren bei Durand hatte ich schon an diversen Konferenzen teilgenommen, und doch schafften es die dynamischen Marketingteams immer wieder, meine Erwartungen zu übertreffen. Es war eine der größten Lancierungen für Durand in diesem Jahr. Mir verschlug es tatsächlich den Atem, als ich die Halle betrat. Eine riesige Halbkugel hing von der Decke herab. Es war eine 3D-Leinwand der neuesten Technologie. Sie simulierte perfekt den nächtlichen Sternenhimmel über Paris. Es gab neben der Hauptbühne noch sechs weitere Eventflächen. Alles war im Look des Paris um die Jahrhundertwende gestaltet. Das Marketing hatte extra eine Kulisse bauen lassen. Ein Zeppelin schwebte in zehn Metern Höhe. Auf dem riesigen Ballon stand: ›Seulement le ciel est notre limite!‹ – Nur der Himmel ist unsere Grenze. Das Motto der Veranstaltung. Ich erspähte Feuerschlucker, Zauberer, die kleine Tricks aufführten, Schlangenmenschen und eine Wahrsagerin, die den Gästen die Karten legte.

Dann erblickte ich in der Menge einige junge Frauen in einem engen Schnürkorsett mit Strapsen und Netzstrümpfen. Sie trugen einen Bauchladen vor sich her und verteilten fröhlich Zuckerstangen. Ich eilte zu Marc Winter, dem verantwortlichen Marketingleiter. »Wir sind doch hier nicht im Moulin Rouge! Was habt ihr euch dabei gedacht? Sag mir nicht, dass das unsere Praktikantinnen sind!«, flüsterte ich mit einer leichten Anspannung in der Stimme.

Marc legte locker seinen Arm um meine Schulter und zog mich etwas zur Seite. »Bleib cool. Es ist alles mit der Rechtsabteilung abgestimmt. Sie haben einen Schrieb unterzeichnet. Genieß die Show.«

Ich nickte, war jedoch immer noch etwas beunruhigt. Daher beschloss ich, Albert eine Nachricht zu schreiben. ›Sag mal, habt ihr wirklich die Straps-Girls auf der Champs-Konferenz genehmigt?‹

Schon erklang eine markante Männerstimme über die Lautsprecher: »Bitte nehmen Sie Ihre Plätze ein, es geht gleich los!«

Hunderte von Menschen eilten zu den Stühlen. Ich setzte mich in die erste Reihe auf meinen reservierten Platz direkt neben Richard. Die Teilnahme an den Großveranstaltungen war wichtig für mein Team und mich. Hier konnten wir screenen, wer Peak Performance leistete, eine Lancierung perfekt inszenieren und die Meute der Außendienstler für sich gewinnen konnte. Nur wer über eine prägnante Persönlichkeit und eine eloquente Durchsetzungskraft verfügte, würde die nächsten Stufen der Karriereleiter erklimmen. Ein Jetset-Leben mit internationalen VIP-Events auf Kosten der Firma waren dabei inklusive. Durand wirkte wie ein Magnet auf junge Universitätsabsolventen. Der Konkurrenzkampf war daher groß. Man musste sich unter Hunderten von Produktmanagern hervorheben und zeigen, dass man das Zeug zur Marketingleitung und zu weitaus mehr hatte. Es gehörte zu meinem Job, diese Rohdiamanten aufzuspüren und eine langfristige Karriere zu planen. Es gab den sogenannten ›Fast Track‹. Nur wenige High Potentials schafften es in dieses geheime Programm. Die Persönlichkeiten wurden früh identifiziert und erhielten exklusive Seminare in Paris, bei denen sie bereits wichtige Kontakte knüpfen konnten. Dort wurden sie engmaschig beobachtet. Es galt, die zukünftige Führungselite systematisch aufzubauen. Nur wenigen würde dieses Privileg vorbehalten sein.

Die Halle war nun stockfinster und allmählich wurde es still. Die Spannung stieg. Schließlich betrat ein Zauberer die Bühne, umhüllt von dem hellen Lichtkegel eines Scheinwerfers. Er schaute ernst ins Publikum und zwirbelte nachdenklich seinen Moustache. Dann schwang er seinen Zauberstab und tippte damit kraftvoll auf seinen Zylinder. Das war das Zeichen für die Pyrotechnik. Mit einem großen Knall zündeten die Rauchkanonen und ein Wasserfall aus hell glühenden Funken umgab uns. Sogleich war der Zauberer verschwunden, an seiner statt stand nun Marc auf der Bühne. Selbstherrlich genoss er den tosenden Applaus des Publikums. Das Spiel hatte er für sich entschieden. Er war beliebt beim Vertrieb und lieferte ihnen immer das, was sie wollten: eine große Show mit viel Entertainment. Mir war natürlich bewusst, dass die Straps-Girls einen entsprechenden Beitrag dazu bereits geleistet hatten. Trotzdem musste ich als Personaldirektor darauf achten, dass wir uns sowohl innerhalb der Grenzen einer geschmackvollen Etikette aufhielten als auch einen ethischen Codex respektierten. Diese Grenzen waren zugegeben häufig recht verschwommen.

»Ich präsentiere Ihnen unsere neue Star-Lancierung Le Ciel Étoilé«, rief Marc feierlich im edlen Frack des Direktors eines Pariser Varieté Theaters um 1900. Im gleichen Moment seilten sich kopfüber zehn Akrobatinnen in glitzernden Bikinis von Trapezen herab. Sie hielten Gestelle mit den dunkelblauen Flakons, auf denen silberne Sterne funkelten. Es waren echte Kristalle.

Die Gäste drängelten sich um die kopfüber hängenden Damen und griffen nach den Düften. Kurze Zeit später war der komplette Saal mit dem neuen Parfum erfüllt. Es war eine gelungene Komposition aus sowohl edlen pudrigen als auch belebend floralen Duftnuancen wahrnehmbar. Richard schien unbeeindruckt und saß regungslos neben mir auf seinem Stuhl. Natürlich war er wieder eingeschlafen und war drauf und dran, seinen Einsatz zu verpassen. Marc schaute unauffällig, aber merklich nervös zu ihm hinunter. Ich ließ mein Notizbuch fallen und streifte Richard beim Aufheben bewusst am Arm. Als ich mich wieder aufrichtete, lächelte er mich noch etwas benommen an. »Welch schöne Inszenierung, und der Duft ist der Wahnsinn!«, stachelte ich ihn an, um ihn schnell in die Gegenwart zurückzuholen. Er verstand meine Botschaft und griff nach einem Mikrofon. Leichtfüßig sprang er die Stufen zur Bühne hinauf und richtete wertschätzende Dankesworte an das Marketingteam: »Marc und sein Team haben mir wieder gezeigt, dass WIR die Champs sind. Wenn es darum geht, einen neuen Duft auf den Markt zu bringen, können unsere Wettbewerber einpacken.« Kumpelhaft klopfte er Marc dabei auf die Schulter. Die Menge klatschte anerkennend.

So, und nun wird es Zeit, die Vertriebsmannschaft anzufeuern, dachte ich.

Feierlich rief Richard sogleich ins Mikrofon: »Mit dieser Duftrakete habt ihr etwas ganz Außergewöhnliches im Gepäck. Ich wünsche euch einen starken Einverkauf.«

Und jetzt wird Richard seine Stimme senken und noch einige bewegende emotionale Worte folgen lassen, lächelte ich wissend in mich hinein.

Er machte bewusst eine kleine Pause und fuhr in bedeutungsschwerem Ton fort: »Ich weiß, das Business auf der Straße draußen ist härter geworden.« Es ging ein Raunen durch die Halle und die Menschen nickten zustimmend. »Daher bin ich so unglaublich stolz, eine so starke Mannschaft da draußen zu haben.« Dann erhob er seine Stimme wieder und rief mit immer mehr Volumen: »Wenn ihr eure Ziele für das Weihnachtsgeschäft schafft, dann wird die Jahresauftakt-Konferenz in Sankt Moritz stattfinden mit ordentlich viel Champagner!« Richard ballte siegessicher seine Hand zur Faust.

Die Menge tobte. Marc klatschte auch, schaute aber dabei nur zu mir und verzog seine Mundwinkel zu einem anerkennenden, jedoch verschmitzten Lächeln. Meine diskrete Art, Richard aus seinem Nickerchen zu holen, hatte ihn offenkundig amüsiert.

Die Teams machten viele unbezahlte Überstunden bei Durand und arbeiteten hart. Richard wusste, wie er die Belegschaft bei Laune halten konnte. Schließlich war er ein Profi und hatte schon diverse Rhetoriktrainings absolviert. Aufrichtige Wertschätzung durch den Direktor der Business Unit war für die Mitarbeiter wie Balsam für die Seele. Ich war mir sicher, dass das Team unter der Leitung von Marc die Duftlancierung zum Erfolg führen würde. Durand übte eine große Faszination aus, denn es gab keinen langweiligen Arbeitsalltag. All die Mühen und Überstunden vor einer Lancierung wurden königlich belohnt mit Partys und VIP-Events der Printverlage und TV-Sender, bei denen wir unser üppiges Mediabudget ausgaben. Zudem waren die Schränke in den Büros der Produktmanager voll von Produkten unserer Marken. Natürlich wurde unter ihnen rege getauscht. Den neuen Duft von Champs gab es gegen einige Mascaras und Lippenstifte von Blanchard. Doch der stärkste Motivationstreiber war die Anerkennung für die jungen Leute. Es war möglich, schon innerhalb weniger Monate in die heiligen Hallen von Durand nach Paris eingeladen zu werden, um vor dem kompletten Executive Board die erfolgreiche Launch-Strategie und erste Umsatzzahlen zu präsentieren. Natürlich wollte jedes Land für sich den Status des mit Ruhm überhäuften ›First Movers‹ für sich verbuchen und nicht eines sein, welches einen fremden Best Case nur noch brav umsetzen sollte. Das Schmeicheln des Egos war eine starke Kraft auf jeder Hierarchie-Ebene, die niemals unterschätzt werden sollte.

In der Pause ging ich kurz vor die Tür, um auf meinem Handy Mails zu checken. Zwei junge Frauen versuchten auf dem Parkplatz, eine dritte zu trösten. Sie trugen alle das knappe Korsett mit den Strapsen. Offenbar hatte eine von ihnen nicht in dem Kostüm auftreten und die Zuckerstangen verteilen dürfen. Sie sollte sich Backstage aufhalten. Marc hatte sie spontan ausgemustert, da er sie als etwas zu dick empfand. Ich rief Nadine Sander aus meinem Team an. Sie war die zuständige Personalreferentin für die Praktikantenbetreuung und würde die Unglückselige aus Marcs Umfeld entfernen. Der spontane Wechsel in ein anderes Team sollte unter dem Deckmantel eines prioritären Business Needs vollzogen werden. Ich einigte mich mit Nadine auf diese offizielle Sprachregelung. Somit erhielt Marlena die einmalige Chance, an einem großen Produkt-Launch direkt von Beginn an kreativ mitarbeiten zu dürfen; der Traum eines jeden angehenden Marketingmanagers. Auch Schadensbegrenzung war Teil meines Jobs. Derartige Vorfälle mussten schnell und vor allem diskret gelöst werden. Wir konnten uns schlechte Publicity unter keinen Umständen leisten. Es würde noch ein offizielles Personalgespräch mit Marc folgen. Er war eine exzentrische Persönlichkeit, nicht immer leicht zu führen, aber seine Fähigkeit, erfolgreich die wichtigsten Launches für Durand umzusetzen, war einzigartig.

Nach der Präsentation startete direkt die ausgelassene Party. Letztlich zufrieden fuhr ich gegen zwei in der Nacht nach Hause. Die jungen Leute feierten noch weiter bis in die frühen Morgenstunden. Die unzähligen Partys und Teambuilding Events waren der Klebstoff des Unternehmens. Sie hielten die jungen Leute bei der Stange und waren ein elementarer Teil unserer Kultur. Bevor ich ins Bett ging, schaute ich ein letztes Mal auf mein Handy. Albert hatte geantwortet: ›Kein Straps-Girl-Check seitens Rechtsabteilung! Let’s talk …‹

Am nächsten Morgen fuhr ich ausnahmsweise erst gegen 9:30 Uhr ins Büro. Noch etwas müde stieg ich gemeinsam mit vier jungen Frauen in den Aufzug. Sie nahmen keine Notiz von mir, was mir stets am liebsten war. Als stiller Beobachter erfuhr ich mehr über das aktuelle Stimmungsbarometer der Belegschaft als in den formellen Personalgesprächen. Automatisch sprang mein Analysemodus an. Um mich selbst herauszufordern und meine tägliche Routine zum Wachwerden etwas spannender zu gestalten, fing ich dieses Mal nicht bei den Schuhen an. Mein Augenmerk fiel zunächst auf ihre Uhren. Drei von ihnen trugen klassisch schlichte Uhren von Junghans, Jaeger-Le-Coultre und Glashütte. Die vierte eine von Daniel Wellington, die zwar hipp, aber auch bezahlbar für den kleineren Geldbeutel war. Mein erstes Zwischenergebnis: Diese Frauen sind zweifelsohne Junior-Produktmanagerinnen. Das war nicht schwer zu erraten. Mich interessierte vielmehr die Gruppendynamik zwischen den Frauen. Welches Geheimnis kann ich ihnen wohl noch entlocken? Die drei mit den teuren Markenuhren kommen vermutlich von einer privaten Eliteuniversität. Die vierte möchte gern dazugehören. Ihre Prada-Tasche hängt etwas zu auffällig über ihrer Schulter. Man soll auf jeden Fall das Logo sehen können. Wahrscheinlich sind ihre ersten Gehälter dafür draufgegangen, mutmaßte ich. Die anderen strahlten diese natürliche Selbstsicherheit eines Sprösslings aus reichem Hause aus. Meine Vermutung wurde gefestigt, als ich die frischen Streifen vom Bikini auf den Schultern sah. Just in dem Moment warf eine der offenkundig privilegierten jungen Frauen schwärmend ein: »Wir waren im COMO Shambhala auf Bali. Die indische Nackenmassage war fabelhaft. Hey, die bekommt man auch im COMO Shambhala in London. Sollen wir übers Wochenende hinfliegen?«

Nun fokussierte ich mich ausschließlich auf die Reaktion der vierten. Sie schaute die anderen fasziniert an und nickte zögerlich mit. Die ›Kaschmir-Clique‹, so nannte ich insgeheim die elitäre Gruppe bei Durand, machte derzeit offenbar gern Yoga Retreats. Es waren allesamt Kinder aus sehr einflussreichem Hause mit viel Geld, die noch nie eine Rechnung selbst bezahlen mussten. Sie waren untereinander eng vernetzt und fuhren immer wieder gemeinsam zu den Anwesen der Familien. Es waren die Hotspots der Reichen wie Marbella und St. Tropez, aber auch New York, San Francisco oder Tokio. Ihr Ehrgeiz und Motivationsbestreben waren meist überschaubar. Für sie war es lediglich eine Zwischenstation, bis sie in wenigen Jahren dann die Führung der elterlichen Firmen übernehmen sollten. Jene Unternehmen waren eng mit Durand vernetzt. Mir war klar, dass die internationale Wirtschaftselite zusammenhielt. Für das Arbeitsklima war es allerdings nicht immer förderlich.

Es war zwar überflüssig, aber meinen letzten Blick warf ich auf ihre Schuhe. Dreimal Markenschuhe der aktuellen Kollektion von Armani, Jimmy Choo und Valentino und einmal Kaufhausschuhe mit bereits leicht sichtbaren Tragespuren.

Ihre Unterhaltung wurde jäh unterbrochen, als auf der fünften Etage zwei weitere junge Frauen einstiegen. Sie redeten aufgeregt über die gestrige Abendveranstaltung. »… und dann wurde Marcs Auftritt auch noch mit einem gigantischen Wasserfall aus Funken gekrönt! Er sah natürlich wieder mal fantastisch aus«, schwärmte eine der beiden. Daraufhin erwiderte die andere grinsend: »Na ja, das fand eine der Zuckerstangen-Girls wohl auch …«

Die zwei nahmen nun wahr, dass ihnen neugierig zugehört wurde. Sie ließen daher das Gespräch schnell verstummen und blickten verlegen auf ihre Smartphones.

Die kurze Fahrt im Aufzug war wieder sehr aufschlussreich. Als ich ausstieg, kam mir Nicole eilig mit einem großen Karton entgegen.

»Hey, ziehst du in ein anderes Büro?«, fragte ich.

»Nein, aber Sophie.«

Ich schaute sie ungläubig an. Auf der sechzehnten Etage gab es am Ende des Ganges das für den Länderchef vorgesehene Büro. Es war selbstverständlich das größte mit einer hochwertigen Einrichtung nebst Vorzimmer für die Assistentin. Philippe Fontaine selbst hatte dieses während seiner Zeit als Länderchef bezogen und nach seinem Geschmack einrichten lassen. Niemand hatte allerdings seither gewagt, auch nur ein Detail der etwas aus der Mode gekommenen Inneneinrichtung zu verändern. Philippe hatte in dem Büro seine Leidenschaft fürs Segeln verewigt. Es hatte eine dunkle Holzvertäfelung. Hinter dem riesigen massiven Holzschreibtisch stand ein wulstiger, durchaus bequem anmutender, aber mittlerweile etwas durchgesessener Lederdrehstuhl. An den Wänden hing ein hölzernes Steuerrad mit Messingbeschlägen, eine hinter Glas angebrachte antike Landkarte und einige Ölgemälde mit etwas angestaubten Motiven. Zu sehen waren historische Segelyachten mit zwei oder drei Masten, die auf bewegter See vor einem vergilbten hellblauen Himmel einem unbekannten Ziel entgegenschipperten. Philippe und seine Nachfolger hatten früher geraucht in dem Büro. Erst seit wenigen Jahren war dies im kompletten Gebäude verboten worden. Die noch übrig gebliebenen Raucher wurden in dafür vorgesehene kleine Ecken an den Hinterausgängen zurückgedrängt.

Nicole sagte gespielt arrogant: »SIE zeigt jetzt mal den Herren, wie man richtig Kosmetik verkauft.«

Ich runzelte die Stirn. Und entgegnete möglichst politisch korrekt: »Für eine Branchenfremde ist das eine sehr mutige Aussage.«

Nicole verzog die Mundwinkel zu einem schelmischen Grinsen. Ich hatte sie vor sieben Jahren eingestellt. Sie war eine sehr loyale und vor allem verschwiegene Assistentin. Wir haben mit der Zeit eine sehr gute zwischenmenschliche Ebene gefunden, ohne unsere Verschwiegenheitsklauseln zu verletzen. Dass Sophie dieses Büro gänzlich ablehnte, war ein Affront. Die Handwerker hatten bereits auf der gegenüberliegenden Flurseite eine Wand eingerissen. Aus zwei Büros, in denen bisher das Corporate Controlling gesessen hatte, war ein großes geworden. Die Wände waren frisch gestrichen und die Möbelpacker trugen eine komplett neue Büroeinrichtung herein.

Dana, Verantwortliche aus der Corporate Communication, bemerkte sehr treffend im Vorbeigehen: »Die Frau traut sich was, Respekt.«

Schwere dunkle Holzregale verließen die Etage, neue weißlackierte Designer-Möbel mit Edelstahl kamen. Es war ein klares Statement. Sophie weigerte sich schlichtweg, das Büro mit der ›Alt-Herren‹-Energie zu beziehen. Sie durchbrach damit die Folge der linientreuen Vorgänger.

»Das wird auf jeden Fall für Gesprächsstoff sorgen«, entgegnete ich salopp. Doch vielmehr war ich überrascht, als ich einen Blick in das frühere Büro des Länderchefs warf. Es war bereits ›entweiht‹ und zu einem nichtssagenden Standard-Meetingraum degradiert worden. Für die meisten wird Sophies Aktion sicher nur das Umdekorieren eines gewöhnlichen Raumes sein. Für mich war es ein klares Zeichen der Verachtung, die sie für ihre Vorgänger empfand. Das Ganze wurde gekrönt von einem klinisch anmutenden Spender mit Desinfektionsmittel für die Hände, der vor der Tür neu angebracht worden war.

Vor dem Gebäude stand bereits ein großer Müllcontainer. Die Überreste der alten Einrichtung wurden brachial entsorgt. In einem unbeobachteten Moment nahm ich hastig die Ölgemälde, das Steuerrad und den Rahmen mit der antiken Landkarte, dessen Glasscheibe gesprungen war, und legte sie in meinen Kofferraum. Obwohl ich noch nicht genau wusste, was ich mit den Relikten einer längst vergangenen Zeit machen sollte, fühlte es sich auf eine merkwürdige Art richtig an, sie in Sicherheit gebracht zu haben. Auch wenn ich Veränderungen offen gegenüberstand, ging mir das alles viel zu schnell. Meine Sentimentalität überraschte mich.

Am darauffolgenden Tag, frühmorgens kurz nach sechs Uhr, würden nach und nach alle Vorstandsmitglieder am Hamburger Flughafen eintrudeln. Ich saß bereits fünfundvierzig Minuten vor dem offiziellen Boarding am Gate. Mit einem Kaffeebecher in der Hand und meinem Laptop auf dem Schoß checkte ich in entspannter Versunkenheit meine Mails, bis sich die etwas überdrehte Angela neben mich setzte und einfach drauflos brabbelte. »Guten Morgen, Tom. Ach, du bist also auch so deutsch wie ich und fährst extra früh los, um auf keinen Fall den Flieger zu verpassen.«

Ich lächelte ihr freundlich zu. Während sie das sagte, kramte sie wirr in ihrer großen fleischfarbenen Lederhandtasche, in der auch ihr Laptop lose hin und her schlenkerte und holte ein bereits benutztes Taschentuch hervor, um sich die Nase zu putzen. Ihre noch nassen Haare klebten wie traurige Spaghetti auf ihrem beigen Trenchcoat. Schnell schrieb ich noch eine letzte Mail an Birgit mit der Bitte, einen Termin mit Isabelle Dubois, der Marketingleitung von Blanchard, in der kommenden Woche zu vereinbaren. Dann klappte ich den Laptop zu und wandte mich Angela zu.

»Ach, mach ruhig weiter«, flötete sie und holte dabei ihren Laptop heraus, an dem einige Brötchenkrümel klebten.

»Und, wie ist die Stimmungslage?«, fragte ich locker. Ich wusste, dass Angela mir sofort ihr Herz ausschütten würde.

Sie schnaufte und schüttelte dabei den Kopf: »Na, ich bin ja mal gespannt, wie das werden soll. Ich fürchte, Sophie wird viel zu schnell große Änderungen herbeiführen, um ihrem Ruf gerecht zu werden. Und dass ich nicht ihr Typ bin … nun, um das zu erkennen, dafür muss man keine Intelligenzbestie sein. Ich weiß, dass ich nicht wie die typische Direktorin einer Business Unit aussehe.«

Ich schaute sie unverbindlich an. Angela war frisch geschieden und nun alleinerziehende Mutter von zwei Kindern. Ihre Tochter war noch nicht in der Schule und ihr Sohn mochte so in der dritten oder vierten Klasse sein. Auch sie lebte ausschließlich für Durand. Sie hatte mir vor einigen Wochen erzählt, sie habe es nicht mal gemerkt, dass sich ihr Mann von ihr emotional entfernt hatte und schon länger unglücklich war. Sie gab sich selbst die Schuld für ihre Situation. Viel zu häufig war sie mehrere Tage in der Woche in Paris auf internationalen Meetings gewesen und musste dann am Wochenende die liegengebliebene Arbeit aufholen. Darunter hatte ihre Ehe natürlich gelitten. Das war leider der Preis, den viele von uns zahlen mussten. Auch ich hatte zwei Jahre zuvor den Laufpass von meiner langjährigen Freundin erhalten und war seitdem Single. Angela war trotz allem so erfrischend authentisch. Ich fühlte mich sehr wohl mit ihr als Kollegin im Vorstandsgremium. Wir konnten immer sachlich und konstruktiv über Herausforderungen sprechen und Lösungen erarbeiten. Das war doch das Wichtigste. Wer Karriere bei Durand machen wollte, musste kontinuierlich gefühlt zweihundert Prozent geben. Leider war tatsächlich zu befürchten, dass sich Sophie wie ein Raubtier als Erstes auf Angela stürzen würde. Die neue Länderchefin hatte selbst drei Kinder und noch jeweils bis einen Tag vor den Entbindungen freiwillig an wichtigen Meetings teilgenommen. Nach nur knapp drei Monaten fing sie offiziell wieder an zu arbeiten – in Frankreich durchaus nicht unüblich. Natürlich hatte sie schon direkt wenige Tage nach den Geburten ihre Tätigkeit wieder aufgenommen. Sie kokettierte damit, dass ihr Team zu ihr nach Hause gekommen sei und dort Meetings abgehalten habe. Sie würde demnach wohl kaum Verständnis für Angelas angespannte private Situation haben.

Sophie kam als Letzte von uns locker plaudernd mit Jérôme zum Gate. Natürlich flogen wir Business Class und nutzten das Priority Boarding. Stéphane saß im Flieger neben Sophie, und sie gingen angeregt gestikulierend diverse Kostentabellen durch. Wahrscheinlich wollte sie vor Ort die Gelegenheit nutzen und ihre Agenda mit Philippe noch einmal abstimmen.

Wir waren alle routiniert darin, kompakt für zwei Tage zu packen, damit unsere Trolleys als Handgepäck durchgingen. So sparten wir wichtige Zeit am Charles-de-Gaulle-Flughafen in Paris und eilten direkt zum Ausgang, wo unser Chauffeur mit einem komfortablen Mercedes-Kleinbus bereits auf uns wartete. Nicole hatte für die Fahrt in den Pariser Norden einen Shuttleservice gebucht. In der morgendlichen Rush Hour hätten wir uns sonst in eine lange Schlange am Taxistand einreihen müssen. Wir waren sowieso immer knapp dran. Der informelle Welcome Coffee startete immer ab 8:30 Uhr. Die wichtigsten Gespräche fanden außerhalb der offiziellen Meetings statt. Die Kollegen in Paris klärten die ungemütlichen Themen gern unter vier Augen bei einem Espresso in der Cafeteria. Die größte Herausforderung unserer Marketingteams lag immer in der Kommunikation mit der Zentrale. Die Franzosen des Headquarters waren paradoxerweise sowohl unsere Bosse als auch unsere Dienstleister. Wenn es in Paris zu Lieferverzögerungen bei den großen Produktlancierungen kam, was fast immer der Fall war, so war es stets ein Tanz auf rohen Eiern für die Länderteams. Natürlich empfand sich der stolze Durand-Franzose nicht als Lieferant von Produkten und Werbematerialien, auf die man ihn challengen durfte. Es war daher ganz und gar nicht klug, sich lauthals in einem der länderübergreifenden Meetings über Probleme zu beschweren, wenn man weiterhin seinen Job behalten wollte. Der Durand-Franzose ließ sich nicht gern rügen. Als Führungskraft in einem der weltweiten Standorte war es demnach unumgänglich, die Ego-getriebene Unternehmenskultur voll und ganz zu dekodieren und sich mit Bedacht auf dem internationalen Parkett zu bewegen. Philippe Fontaine hatte eine klare Meinung. Er betonte, es sei die DNA und die absolut einzigartige Stärke und Innovationskraft des Unternehmens, auch im letzten Moment noch ein Produkt-Launch zu überdenken und ein qualitativ besseres Produkt etwas später zu lancieren. Er legitimierte somit unwiderruflich die oftmals unstrukturierte, zum Teil chaotische Arbeitsweise der Marketingteams in der Zentrale. Bei einem großen Gesichtspflege-Launch hatte er einst nur sechs Wochen vor Einführung im Handel und Start der großen TV-Kampagne plötzlich alle Arbeiten gestoppt. Ihm hatte schlicht die Farbe des Tiegels nicht mehr zugesagt. Das Violett war ihm zu penetrant in Richtung Flieder ausgefallen. Er hatte sich ein gedeckteres Mauve gewünscht. Die Entwicklungsingenieure in Paris hatten fast rund um die Uhr gearbeitet, um neue Pigmente zu mischen und in entsprechender Menge beim Lieferanten kurzfristig zu ordern. Es waren einige Tonnen benötigt worden, um die weltweit flächendeckende Erstbelieferung des Handels sicherzustellen. Die großen Parfümerie- und Drogerieketten in Deutschland hatten jedoch mindestens sechs Monate Vorlaufzeit für die logistische Planung der Neulancierungen und die entsprechende Aussteuerung der Marketingaktivitäten am POS. Wenn von unserer Seite die neuen Produkte nicht rechtzeitig angeliefert wurden, gab es große Probleme mit den wichtigsten Großkunden. Die freigewordenen Regalplatzierungen gingen dann oftmals bewusst an die Konkurrenz. Der entstandene finanzielle Schaden war kaum zu kompensieren. Marketing- und Vertriebsteams mussten dann kurzfristig in mehreren Nachtschichten angemessene Alternativen für den Handel ausarbeiten. Wir hatten, was unsere Pünktlichkeit betraf, keinen guten Ruf. Unsere Wettbewerber waren zwar auch nicht perfekt, doch waren vor allem die deutschen und amerikanischen Kosmetikkonzerne im Vergleich wesentlich strukturierter in ihren operativen Prozessabläufen. Andererseits konnten wir die schlechte Laune unserer Handelspartner zuverlässig mit neuen innovativen Produkten und glamourösen Marketingkampagnen wieder ausgleichen oder gar überkompensieren. Was Innovationskraft und Kreativität anging, konnten uns die Wettbewerber bei Weitem nicht das Wasser reichen. Wahrscheinlich waren dies die Hauptgründe für die faszinierende Anziehungskraft, die Durand Prestige Cosmetics ausstrahlte. Wer Marketing studiert hatte, für den gab es wohl nirgendwo ein dynamischeres Umfeld. Die Lernkurve war steil und kreative Köpfe konnten sich frei entfalten. Schnell bekam ein Junior-Produktmanager mehr Verantwortung und mehr Budget zugewiesen. Wahrscheinlich gab es kaum eine andere Firma, bei der die Marketeers in solcher Perfektion und Hingabe zum Produkt von der Pike auf das Marketing erlernten. Starre Stellenbeschreibungen waren bei Durand ein Fremdwort. Jeder Mitarbeiter hatte die Möglichkeit, an spannenden Projekten beteiligt zu werden. Für gute Ideen wurde immer zusätzliches Budget gefunden. Marc hatte zur Einführung des neuen Duftes knapp 800.000 Euro on top bekommen. Er investierte das Geld für eine deutschlandweite Party-Reihe in fünfzehn Großstädten. Die Angestellten in den Parfümerien sollten dadurch emotional aufgeladen werden. Selbst Philippe war wohl sehr angetan von Marcs Inszenierung des neuen Duftes. Die Partys sollten nachhaltig dieses Gefühl des Glamours vermitteln. Es lag schließlich in den Händen der Fachverkäuferinnen, entsprechend vorrangig unseren neuen Duft der Konsumentin anzupreisen. Mit dieser Beeinflussung des Handels würden wir mit hoher Wahrscheinlichkeit erfolgreich sein. Zudem hatten wir eines der größten Mediabudgets der Branche.

Erst kurz nach neun Uhr erreichten wir das Foyer des großen Saals der Firmenzentrale. Das Meeting hatte wie erwartet noch nicht begonnen. Schnell mischten wir uns unter die Menschenmenge, die bereits wild gestikulierend und lautstark durcheinander quasselte. Es waren bestimmt über tausend Leute aus den verschiedensten Nationen anwesend.

Ich freute mich schon, meine Pendants der anderen Länder zu treffen. Schnell griff ich nach einem der letzten Croissants vom fast vollständig abgegrasten Frühstücksbüffet und schnappte mir eine Flasche Mineralwasser.

Wir waren zum internationalen Executive Committee geladen, welches in diesem großen Rahmen nur einmal im Jahr stattfand. Philippe Fontaine ließ es sich nicht nehmen, kurz vor Jahresende noch einmal ein finales Commitment für die geplanten Jahresziele von den Länderchefs von Angesicht zu Angesicht einzuholen und einen Ausblick auf die Strategie zu geben. Es war das letzte offizielle Meeting im Jahr.

Grazile Hostessen kamen auf uns zu und baten uns dezent, in den Saal zu gehen und Platz zu nehmen. Die jungen Damen standen echten Topmodels in nichts nach. Alle trugen das gleiche schwarze Etuikleid, hatten glänzende lange Haare und ein auffallend goldenes Augen-Make-up.

Der moderne Saal, der mit dem neuesten Stand der Technik ausgestattet war, füllte sich schnell. Ich nahm zwischen Henryk und Albert Platz. Die üppigen Samtsessel waren sogar bequemer als die aus den Premierenkinos und rochen noch neu. Anerkennend strichen wir über den flauschigen und zugleich glatten Stoff und schauten uns fasziniert um. An der Decke hingen aufwendige Stahlkonstruktionen mit verschiedenartigen Scheinwerfern. Vorn gab es eine riesige Bühne. Es war das erste Meeting in dem erst kürzlich fertiggestellten Salle de Victoire, Durands neues Zentrum für internationale Zusammenkünfte.

Die Türen wurden geschlossen und das Licht wurde auf ein Minimum gedimmt. Schnell verstummte das Gemurmel und es herrschte eine erwartungsvolle Stille im Raum. Dann erklang laute Musik, ein treibender Rhythmus aus elektronischen Klängen. Die Sitze unter uns vibrierten zu den schwungvollen Basstönen. Riesige Bildschirme wurden heruntergefahren und ein kunstvoller Film mit aufwendigen Farbexplosionen lief überall synchron. Es war eine emotionale Hommage an unsere Produkttexturen. Wir ließen uns tiefer in die Sitze gleiten und genossen die Darbietung. Jetzt erkannten wir das Lied. Es war Marciella Jayce mit ihrem aktuellen Song ›Victory‹. Die Menge fing an, im Rhythmus zu klatschen. Die Geschwindigkeit des Songs steigerte sich. Gespannt fingen wir an zu jubeln. Dann kam zu unserer aller Überraschung Marciella auf die Bühne, die schon die ganze Zeit den Song live performt hatte. Wir sprangen sofort von unseren Sesseln auf. Alle tanzten und jubelten ihr zu. Wir konnten es kaum glauben, dass wir ein Privatkonzert von ihr höchstpersönlich als Auftakt zu dem Meeting bekommen sollten.

Am Ende des Songs verbeugte sie sich tief. Der Jubel nahm kein Ende. Dann kam Philippe Fontaine auf die Bühne, was das Level an tosendem Beifall schlagartig auf ein Maximum erhöhte. Ich bekam eine Gänsehaut. Freudig ging er auf sie zu. Sie umarmten sich vertraut. Den Beifall genießend begrüßte Philippe seine Gäste. Tja, der CEO eines der größten Beauty-Imperien der Welt kommt nicht einfach auf die Bühne, um trockene Businesszahlen zu präsentieren. Er freute sich schelmisch wie ein kleiner Junge, dass seine Überraschung offensichtlich gelungen war. Er gab Marciella schließlich einen galanten Handkuss und sie verabschiedete sich langsam von der Bühne.

Es dauerte bestimmt noch mal zwei Minuten, bis sich der Applaus gelegt hatte. Wir arbeiten in der aufregendsten Firma der Welt, dachte ich.

Philippe startete nun offiziell seine Rede und gab einen plakativen Überblick über die weltweiten Geschäftsergebnisse. Auch ohne Pop-Ikone an seiner Seite war er auf dieser riesigen Bühne präsent. Er trug einen makellosen schwarzen Anzug. Seine markanten Gesichtszüge, die stahlblauen Augen und sein dichtes, leicht graumeliertes Haar zeigten einen attraktiven Franzosen; nicht viel älter als fünfzig. Und nun erschien auf den Bildschirmen die Zahl Drei. Er erklärte smart: »Wir wachsen dreimal schneller als der Markt. Vor allem China, aber auch Russland sind unsere Wachstumsmotoren. Sie werden in diesem Jahr ein Umsatzplus von jeweils über zwanzig Prozent abliefern. René und Piotr, bitte, steht doch mal kurz auf.«

Die beiden Länderchefs erhoben sich und genossen bescheiden den anerkennenden Beifall.

»Wir können voller Stolz auf das zurückliegende Jahr blicken«, fuhr Philippe fort und zeigte nun eine Weltkarte mit den globalen Ergebnissen. Obwohl wir einer der führenden Beauty-Konzerne waren, gab es immer noch so viel Potenzial auf der Welt. Europa war am weitesten entwickelt. Hier gab es pro Land nur kleine Wachstumszahlen zwischen zwei und vier Prozent, ein klarer Sättigungseffekt. Ich nahm schnell mein Notizbuch, um einige Zahlen mitzuschreiben. Philippe präsentierte die neuesten Markenzukäufe und die erfolgreichsten Produktlancierungen. Neben dem offiziellen Ranking zur Gender Equality, bei dem Durand führend war, gab er einen Überblick über die mittlerweile CO2-neutralen Fabriken und den Rückgang von Müll von über achtzig Prozent während der Produktionsprozesse. Er zeigte innovative und biologisch abbaubare Verpackungsmöglichkeiten. Dann kam Philippe zum ›Durand Charity Day‹. Er zeigte Fotos mit fröhlichen Menschen jeden Alters. Die Mitarbeiter von Durand waren leicht zu erkennen, da alle einheitlich das gleiche T-Shirt mit dem Logo der Aktion trugen. Jeder Mitarbeiter konnte sich an einem bestimmten Tag im Jahr für soziale Projekte in der näheren Umgebung ehrenamtlich engagieren. Philippe betonte die Wichtigkeit dieser weltweiten Maßnahme. »Wir alle tragen Verantwortung. Es ist unsere Pflicht, der Welt einen Teil von unserer Zeit und unserem Wohlstand zurückzugeben. Umso mehr freue ich mich, dass die Zahl der Teilnehmer jedes Jahr stark wächst. Ich ermuntere alle, dass ihr euch auch an weiteren Tagen im Jahr für diese Projekte einsetzt. Ihr müsst nicht auf den Charity Day warten.«

Die Menge klatschte und bekräftigte ihn mit Jubelrufen.

In der Pause warteten die Hostessen bereits mit Stapeln von Marciellas neuer CD. Jede einzelne war handsigniert. Schnell wurden wir vom Servicepersonal umzingelt, die auf Silbertabletts diverse Canapés anboten. Die Pause sollte nur fünfundvierzig Minuten dauern, die Agenda war prall gefüllt. Ein fulminantes Galadiner war erst für den Abend geplant. Während des Vormittages gehörte Philippe die Bühne wie immer allein. Nach der Mittagspause übergab er traditionell das Mikro an die Mitglieder seines Executive Boards.

Mittlerweile waren große weiße Sofas auf der Bühne platziert worden, auf denen alle fünfzehn Mitglieder Platz fanden. Zusätzlich gab es ein Rednerpult, auf dem ein Laptop stand. Jeder einzelne aus dem Führungsstab von Philippe stellte die bisher erreichten Ergebnisse aus seinem Verantwortungsbereich vor. Zusätzlich wurden die wichtigsten Schlüsselpersonen aus den Business Units auf die Bühne gebeten. Einer der auffälligsten Präsentatoren an jenem Tag war wohl Cyrill Dupont. Eine exzentrische, aber hochkreative Persönlichkeit. Er verantwortete die globale Marketingleitung für die Marke Blanchard. Mit einem glücklichen Händchen hatte er diverse Topmodels unter Vertrag genommen und arbeitete mit Harper Publix, einer der größten Werbeagenturen weltweit, fast täglich im Studio an Shootings für neue Hochglanz-TV-Spots. Man munkelte, er bräuchte nur vier Stunden Schlaf pro Nacht. Er genoss zudem das Pariser Nachtleben ausgiebig. Sein Perfektionismus war kaum zu übertreffen. Ich wollte mir gar nicht erst vorstellen, wie es wohl sein mochte, unter ihm zu arbeiten. Schon einige Karrieren aufstrebender Marketingmanager waren seinetwegen gescheitert. Wenn Cyrill jemanden aus dem Team warf, konnte derjenige entweder direkt seinen Hut nehmen oder bei einer kleinen, unwichtigen Marke des Konzerns ohne nennenswertes Budget sein Dasein weiter fristen. Sein Einfluss im Konzern war groß. Den zuständigen Personaldirektor in der Zentrale beneidete ich keineswegs. Nur mit dem größten Fingerspitzengefühl wurden jene Positionen im Umfeld von Cyrill besetzt. Isabelle Dubois war eine der handverlesenen High Potentials, die erfolgreich ihre zwei Jahre in seinem Team absolviert hatte und nun in Deutschland als eine der jüngsten Marketingleitungen für die Marke Blanchard tätig war. Ihr enger Kontakt zu ihm war von großem Vorteil. Diplomatisch platzierte sie Änderungswünsche, wenn wir für den deutschen Markt eine Adaption seines TV-Spots brauchten. Die deutschen Konsumentinnen hatten eine andere Vorstellung von Glamour und Schönheit. Es musste alles etwas natürlicher und weniger ›sophisticated‹ sein. Die Skandinavier, Österreicher und Holländer schlossen sich dann Isabelle immer gern an und übernahmen die etwas heruntergekochte Version des TV-Spots aus Paris.

Gegen 19 Uhr beendete Philippe offiziell den ersten Tag. Er bat alle, pünktlich um 20:30 Uhr am Louvre zu sein, dort, wo das Galadiner stattfinden sollte.

Sofort fuhren wir in unser nahegelegenes Hotel und bezogen unsere Suiten. Nach einer schnellen kalten Dusche, um wieder fit zu werden, zog ich mir meinen Smoking nebst schwarzer Fliege an. Der Dresscode für die abendliche Veranstaltung musste nicht gesondert auf der Einladung erwähnt werden. Die Damen trugen selbstverständlich bodenlange Roben.

Unser Fahrer setzte uns direkt an der gläsernen Pyramide vor dem Louvre ab. Der gesamte Vorplatz war hell erleuchtet und ein roter Teppich führte bis zum Eingang. Es war schon viel los, als wir ankamen. Die Hostessen vom Vormittag begrüßten uns mit einem Glas Champagner. Jetzt trugen auch sie lange Kleider.

Das Diner fand in den prunkvollen Sälen mit goldverzierten Deckenfresken aus der Renaissance statt. Überall waren runde Tische mit weißen Tischdecken und Stühle mit passenden Hussen platziert. Des Weiteren krönten schwere silberne Platzteller und feinstes Besteck die Szenerie.

Jérôme fand unseren Tisch auf einer der Tafeln mit der Sitzordnung. Wir folgten ihm. Geschickt setzte er sich direkt neben Sophie. Wir überließen Stéphane ihre andere Seite, da sie noch immer etwas zu besprechen schienen. Albert, Henryk und ich schmunzelten uns unauffällig zu. Uns war es egal, neben wem wir saßen.

Sophie trug ein elegantes schwarzes Abendkleid, das tief ausgeschnitten war. Auch Angelas Garderobe war dem Anlass entsprechend überraschend schick. Sie trug ein nachtblaues Kleid aus edler Seide und hatte offensichtlich noch schnell ihre Haare mit einem Lockenstab zurechtgelegt sowie Lidschatten, Rouge und Lippenstift aufgetragen. Ihre Brille hatte sie gegen Kontaktlinsen eingetauscht. Angela war kaum wiederzuerkennen.

Nach einem opulenten Sieben-Gänge-Menü war endlich Zeit, auch mit den Kollegen aus den anderen Ländern zu sprechen. Sophie verschwand gemeinsam mit Stéphane. Ich vermutete, dass sie Philippe abpassen wollten.

Ich schaute mehrmals nach Guillaume Robert, Sophies Vorgänger, aber leider erfolglos. Er war nirgendwo zu erblicken. Es war bisher auch noch nicht kommuniziert worden, welches seine nächste Rolle im Unternehmen sein würde.

Gegen halb drei in der Nacht kamen wir völlig ermüdet wieder am Hotel an.

Ausnahmsweise startete die Agenda am nächsten Tag erst ab zehn Uhr. Philippe und sein Führungsstab gaben einen Ausblick auf das kommende Jahr. Schnell schrieb ich die wichtigsten Produkt-Launches und die strategischen Pfeiler mit. Die größten Wachstumspotenziale sah der CEO im boomenden Make-up-Sektor, aber auch im Bereich der Gesichtspflegeprodukte für die ältere Zielgruppe. Die Berücksichtigung des demografischen Wandels war vor allem in Europa, aber auch in Asien von großer Bedeutung. Er zeigte klar auf, dass wir das Feld der Männerpflege bisher größtenteils den Wettbewerbern überlassen hatten. Auch diesen Sektor wollte Durand mit jüngst dazugekauften Marken im Portfolio unversehens angreifen.

Gegen 17:30 Uhr beendete Philippe fast pünktlich mit seinem Abschlussplädoyer die letzten beiden Tage: »Hinter uns liegt ein erfolgreiches Jahr. Aber, und das meine ich ganz ernst, noch ist das Jahr nicht beendet. Die wichtigste Zeit, das Weihnachtsgeschäft, steht uns unmittelbar bevor. Motiviert eure Teams durchzuhalten und das Jahr erfolgreich abzuschließen. Piotr, ich weiß, du hast deine Ziele schon jetzt erfüllt, aber ich bitte dich, weiter durchzuhalten! René für China, du auch, weiter so! Ihr seid die Wachstumsmotoren von Durand auch im nächsten Jahr. Ihr müsst Europa helfen und die kleine Marktflaute auf dieser Seite des Planeten ausgleichen.«

Im Saal erschallte lautes Gelächter. Aus den Augenwinkeln beobachtete ich Sophie, die mit versteinerter Miene Philippes Worten gefolgt war. Obwohl sie gefühlt erst seit gestern Teil des Konzerns war, überließ sie offenbar nicht gern den anderen das Feld.

»Ah, wir haben ja jetzt Sophie an Bord für Deutschland, worüber ich sehr froh bin. Bitte, heißt sie in der Durand Gruppe herzlich willkommen.«

Die Menge klatschte laut. Sophies Miene war immer noch ernst. Doch ihre Mundwinkel verzogen sich kaum sichtbar zu einem siegessicheren Lächeln. Sie musste Philippe am Vorabend von ihrer Agenda offenbar vollends überzeugt haben. Und nun genoss sie spürbar, dass sie namentlich von ihm im großen Plenum erwähnt worden war. Ob er sie bewusst so lange hingehalten und erst kurz vor knapp ihren Namen erwähnt hat?

Hastig stiegen wir in unseren Kleinbus. Es war mittlerweile schon fast halb sieben. Um den letzten Flieger zu erreichen, mussten wir uns beeilen. Keiner von uns hatte Lust, noch eine weitere Nacht in Paris zu bleiben und erst am Samstagvormittag zu Hause anzukommen.

Auf der Fahrt wurde nur wenig gesprochen. Angela, die sich neben mich gesetzt hatte, war nach wenigen Minuten eingeschlafen. Ihr Kopf war zur Seite gesackt und ruhte vertraut auf meiner Schulter. Natürlich ließ es sich Henryk nicht nehmen, einen Schnappschuss von uns zu machen.

Gerade Freitagabend waren die Staus am schlimmsten. Nicht selten dauerte es fast zwei Stunden, den Flughafen im Nordosten von Paris von der Firmenzentrale aus zu erreichen. Wir hatten jedoch Glück und unser Chauffeur umfuhr gekonnt einige Staus. Ohne Umwege gingen wir zur Sicherheitskontrolle und reihten uns an das Ende der langen Warteschlange ein. Die Abfertigung war jedes Mal umständlich. Es mussten auch die Schuhe ausgezogen werden, was ich nur ungern nach einem langen Arbeitstag tat. Ich versuchte, mir jedoch vor meinen Kollegen nichts anmerken zu lassen und reihte mich hinter Albert als Letzter ein.

Die Wartehalle an den Gates war voll und es gab keine Sitzplätze mehr. Die Menschen sahen allesamt abgespannt aus und wollten ebenso wie wir schnell nach Hause. Es gab einen kleinen Kiosk, an dem ich mir mit Henryk einen Cappuccino holte, um die Wartezeit zu verkürzen.

Erschöpft stiegen wir schließlich in das Flugzeug, das gegen 21 Uhr endlich abhob. Kurz vor Mitternacht fiel ich dann in mein Bett und schlief sofort ein.

Von Lippenstiften & Intrigen

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