Читать книгу Giacometti hinkt - Isolde Schaad - Страница 6

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Der ökologische Fussabdruck

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Beni: Hört, hört, du fliegst also noch? Predigst uns zwar die 1000-­­ Watt-Gesellschaft, bist aber ein Umweltsünder der übelsten Sorte?

Mike: Sachte, mein Freund. Ich hab zwar meine Prinzipien, doch ein Missionar war ich nie. Und wenn einer wie ich alle zwei Jahre mal den Flieger nimmt, brauchst du nicht gleich Schaum vor dem Mund zu kriegen.

Beni: Klar, jeder hat da doch seine kleine Ausweichstelle, alle haben ihre Ausrede, und so ändert sich nichts. Weisst du, dass du beinahe ein Jahr lang täglich nach Paris pendeln kannst, um einen einzigen Langstreckenflug zu kompensieren?

Mike: Was soll diese doofe Aufrechnung, ich will nun mal nicht nach Paris, ich will, ach was. Und ist dir eigentlich klar, dass es mit­t­lerweile ein Ammenmärchen ist, dass der Flieger der Luftverpester Nummer eins ist?

Der andere schüttelt den Kopf: Es geht nicht um den Sprit, es geht um die Erhitzung der Atmosphäre, die der Flieger mit seinen Kondensstreifen anfacht, die sind das Problem.

Der Freund gluckst: Dir kann man doch alles weismachen, du glaubst ja auch an den Weihnachtsmann, Beni. Weisst du was? Ich denke, WIR sind das Problem. Wir selber. Und das lösen wir nicht mit Google Wissen, oder hast du’s von Wikipedia?

Beni: Du willst einfach nichts dazulernen, nicht wahr.

Mike: Mach mal halblang, Beni. Wenn du’s genau wissen willst, ich hab mein Auto verschenkt. So eine Grosstat würde ich kaum von dir verlangen, aber ein wenig Eindruck schinden, mein Freund, das sollte sie schon.

Beni: Mmmhhh.

Mike: Bist doch kein Fundi, Beni, hey. Früher warst du doch ein Verfechter der Widersprüche. Dialektik, Mann, das ist nach wie vor angesagt.

Beni: Das ist doch reiner Alt-Achtundsechziger-Kack, einer wie du sollte doch endlich erwachsen werden und den Tatsachen ins Auge blicken.

Mike: Von wegen Tatsachen, mein Freund, die nächste, die mir einfällt, ist deine Zweitwohnung im Engadin. Das möchte ich einfach feststellen, ohne den Zeigefinger zu erheben.

Der Freund sagt missmutig: Die war Karins Wunsch, nicht meiner. Ausserdem planen wir, sie abzustossen, weil wir zu selten dort sind. Du siehst, ein Ansatz zur Besserung, Mike. Ich weise ausserdem darauf hin, dass die Wohnung im Vextal liegt, wo ausschliesslich gewandert wird.

Der andere, ärgerlich: Das Wandern ist des Müllers Lust. Klingt beschissen. Das Wandern ist die Alibiübung der Happy Few.

Beni: Hörst du mir eigentlich zu?

Mike: Ich höre, aber dein Ton gefällt mir nicht.

Von wegen Wandern. Nach dem Vextal und dem Piemont folgt dann der Himalaya-Trek, die Müllhalde der europäischen Naturliebe, da sind wir dann ganz unter uns.

Beni: Du fährst die billige Tour, wenn du den Spiess einfach umdrehst. Und ich nehm sie dir nicht ab, Mike. Dein Gehabe klingt nach Neid. Seit deiner Scheidung bist du ein Sauertopf. Erhebst dich über alles, was nicht aus der linken Retorte stammt.

Mike: Asche auf mein Haupt. Ich werde Abbitte leisten, indem ich zu Hause bleibe und mich nicht mehr rühre, bis der Sensenmann kommt.

Beni: Schluss jetzt mit dem Selbstmitleid. Such dir doch endlich eine Freundin, Mike. Die wird dich auf bessere Gedanken bringen.

Mike: Nun sind wir genau an dem Punkt, den ich vermeiden wollte. Wenn auch du mit den Wölfen heulst.

Beni: Ich heule nicht, ich rate dir als Freund.

Mike: Siehst du mich etwa in Thailand, bei den Eurogreisen im Mangrovenbordell? Ganzkörpermassage als Demenzprävention, alles inklusive. Sorry, aber dafür bin ich noch nicht alt genug.

Beni: Mit dem Flieger hab ich nicht den Bumsbomber gemeint, vorhin.

Mike: Dein Wohlwollen ist schwer erträglich, weisst du. Wie hiess noch der Spruch der Achtzigeraktivisten? Du hast keine Chance, also nutze sie. Sehr konstruktiv.

Beni: Komm schon, du weisst genau, was ich meine. Auch die Jungen gehen auf Parship.

Eine Pause entsteht. Dann sagt Beni: Überhaupt. Warum kommst du eigentlich nicht mehr zu uns? Karin sorgt sich um dich.

Mike: Das glaube ich kaum. Sie ist ja noch fanatischer als du. Das letzte Mal hat sie mir ordentlich den Kopf gewaschen.

Beni: Komm jetzt, gehen wir einen heben, das bessert deine Stimmung.

Mike: Nur unter einer Bedingung.

Beni: Und die wäre?

Mike: Themawechsel. Ich habe nämlich schon gebucht.

Beni: So sag schon, wo geht’s hin?

Mike: Ich gestehe, es geht zum Kite-Surfen nach Costa Rica.

Beni: Du wirst es kaum glauben, das finde ich klasse. Ich meine, für dich.

Mike: Nun wird’s Tag, Beni. Übrigens kommt Noah, dein grüner Gewährsmann, auch mit.

Giacometti hinkt

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